• Entschuldigt, wenn das irgendwo schon näher diskutiert wurde, aber ich habe nur im Facebook Strang kurz was dazu gefunden. Ich würde vermuten, dass die Anzahl der Anhänger des Bauhauses sich hier in Grenzen hält. Gibt es Pläne sich irgendwie öffentlich damit im Jubiläumsjahr auseinanderzusetzen?

    Mich hat es z.B. amüsiert beim mdr folgende Sammlung von fünf Artikeln zu lesen https://www.mdr.de/kultur/themen/…chdach-100.html , die eigentlich unverblümt konstatiert, dass das Bauhaus unpraktische, teure und nicht funktionale Lösungen hervorbrachte. Die Neue Nationalgalerie fiel mir da auch ein, die von den Museumsleuten als nicht zweckmäßiger, weil schwer zu bespielender Bau verflucht wird.

    Ohne dass ich mir über die Form klar wäre, aber sollte man nicht in diesem Jahr eine Art umfassende Kritik des Bauhauses lancieren, die die zahlreichen Defizite von der Ästhetik bis zur menschlichen Verträglichkeit durchdekliniert? Wenn ich hier https://www.goethe.de/de/kul/des/dos/bau/21343958.html lese, wie der Architekturexperte den Schülern eintrichtert, dass das Bauhaus ja gar nicht "langweilig, schmucklos und nicht schön" ist, wie deren erster, verständlicher Reflex ist, dann frage ich mich, wie man diese Experten stoppen und ihnen was entgegensetzen kann.

  • Das Interview ist ein ziemlich offenherziges Bekenntnis zur Gehirnwäsche. Leider werden die Studenten wegen fehlender Bereitschaft zu Renitenz zu den ersten Opfern dieser Methode. Und das wird dann von Generation zu Generation weitergegeben. Ich weiß nicht, wie man diesem akademischen Mißstand beikommen kann, aber es wäre der Schlüssel zur Veränderung.

    In dubio pro reko

  • Das Bauhaus hätte schon als kleine, regionale und zeitlich begrenzte Antithese zu den vorhergegangenen eklektizistischen Strömungen eine gewisse Berechtigung gehabt.
    Das Schlimme ist, dass seine Protagonisten über alle Maßen und Gebühr verklärt und zu einem bis heute anhaltenden Mainstream gemacht wurden, von dem sich die Architekturgeschichte noch nicht erfangen hat.

    Es hat mE keinen Sinn, zu viel auf einzelne Protagonisten und deren Leistungen hinzupecken.
    besser wäre ein gelangweiltest: na ja, aus dem historischen Kontext heraus ganz nett und nicht ganz unverständlich, wenngleich heute natürlich maßlos überbewertet.

    die wahre städtebauhausliche (-grausliche) Katastrophe ist hier natürlich links hinten im Bild. an Stelle des Hochhauses stand übrigens das hier (allerdings bereits 1913, aslo in der späten Gründerzeit geopfert):

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Das Interview mit Herr Winkelmann beinhaltet einige doch sehr bezeichnende Aussagen.

    Auf die zentrale Frage, was sind die größten Errungenschaften des Bauhaus:

    Es brachte eine neue versachlichte Formsprache, die funktionalen Gesichtspunkten folgt.

    Nun, frühere Gebäude haben ihre Funktion durchaus sehr gut erfüllt, wie im anderen Artikel beschrieben, übrigens beispielsweise auch bei der Abwasserabführung auf dem Dach. Da haben wir sogar ein Beispiel, wo Bauhaus eben nicht funktional ist und seiner eigenen immer wieder vorgetragenen Ideologie zuwiderläuft.
    Man muss an dieser Stelle eine Diskussion anfangen über die Funktion von Gebäuden: Dass sie nicht nur die Funktion haben, dem Menschen ein zu Hause oder einen Ort zum Arbeiten/Einkaufen, usw. zu bieten, sondern ebenso die Funktion haben, eine lebenswerte Umwelt darzustellen. Der Schmuck und das Ornament erfüllen dann genau diese Funktion, nämlich das Aufwerten unseres Lebensraumes. Hier könnte man psychologische Untersuchungen anführen, in welcher Umwelt Menschen sich wohlfühlen und die Wichtigkeit von Details und Kleinräumigkeit. Was aber eigentlich jedem klar sein sollte: Der Grad zwischen "versachlichter Formensprache" und Ödnis, Sterilität und Langeweile ist äußerst schmal. Diese "Errungenschaft" ist das, was einen Großteil der Kritik an der heutigen Architektur begründet.

    Außerdem prägte Bauhaus eine neue Pädagogik: Studenten wurden in Vorkursen auf Null gesetzt, sollten alles vergessen, was sie bisher über Kunst, Gestaltung und Stil gesehen und gelernt hatten. Diese propädeutische Phase und die handwerkliche Ausbildung waren die große Stärke von Bauhaus.

    Es soll eine Errungenschaft sein, das natürliche und im Laufe des Lebens herausgebildete Schönheitsempfinden zu Beginn der Ausbildung auszulöschen? Bedeutet das nicht eine Abkehr der von Kindheit an vorhandenen Instinkte, die mit unserer immer noch vorhandenen Verbindung zu unseren Wurzeln, der Natur und dem Leben in der Wildnis verbunden sind?
    Wo bleibt die Individualität, wenn zunächst alle angehenden Architekten und Künstler praktisch gleichgeschaltet werden? Ist es nicht die Anmaßung einer totalitären Ideologie, dem Inidividuum sein Empfinden und seine Fähigkeit, selbst zu Denken, abzusprechen und durch eine vorgegebene Meinung zu ersetzen?
    Dieser Satz ist ein derartiger Offenbarungseid und ich wusste bisher gar nicht, dass dieses Dogma tatsächlich vom ursprünglichen Bauhaus verfolgt wurde. Dann ist die Entwicklung seit dem Beginn des Bauhauses wirklich keine Überraschung mehr.

    Außerdem war das Studium offen für Frauen, für alle Religionen und alle Nationalitäten. So wurde Bauhaus zum Schmelztiegel hoch kreativer Köpfe aus ganz Europa, der ganzen Welt.

    Wurden zwei Skulpturen von exakt der gleichen Qualität einmal von einem Mann und einmal von einer Frau erschaffen, so haben beide Skulpturen exakt den gleichen Wert. Denn bei Kunst geht es weniger um den Künstler, als um seine Kunstfertigkeit. Es mag aus soziologischer und historischer Sicht zwar begrüßenswert gewesen sein, das die Kunst im Bauhaus auch von Frauen ausgeübt werden konnte und internationalisiert wurde, aber das allein steigert noch nicht den Wert des Ergebnisses.
    Man möchte vielleicht argumentieren, dass es doch positive Folgen haben muss, wenn die Künstlerschaft durch neue Gesichter kreativer und von neuen Ideen beflügelt wird, allein was nützt es, wenn jeder direkt zu Beginn "auf Null gesetzt" wird? Und was sagt es über eine Kunstrichtung aus, die doch angeblich durch eine viel größere Diversität der Künstlerschaft viel diversere Ergebnisse erzielen sollte, dass sie immer nur wieder die selben Würfel in anderer Anordnung zu Stande bringt? Ein "Schmelztigel hoch kreativer Köpfe aus ganz Europa"? Nun, ihre Kreativität wurde offenbar ausgelöscht, ihre dank unterschiedlicher Herkunft unterschiedlichen Stilvorstellungen gleichgeschaltet.
    Die Kunstfertigkeiten des Holzschnitzers, des Bildhauers, des Stuckateurs, des Fresquenmalers, des Erbauers von Fachwerk, Natursteinmauern und aufwändiger Dachlandschaften wurden verworfen, als überflüssig erachtet und ersetzt durch das dumpfe Hochziehen von Kästen aus Beton, Stahl und Glas.
    Im genannten Schmelztigel wurde offenbar alle Vielfalt, alle Kunstfertigkeit und jegliche Individualität zusammengeschmolzen zu einer Masse der Einförmigkeit und der Ideenlosigkeit, die das immer gleiche wieder und wieder reproduziert.

    Sie schulen auch Kunstlehrer zum Thema Bauhaus. Können die noch Neues lernen?

    Sicher, das Interessante ist nämlich: Vieles in der Kunstpädagogik basiert auf Bauhaus. Die elementare Auseinandersetzung an Farben und Formen, der Farbkreis nach Johannes Itten, Materialstudien, die Kunsttechnik der Frottage, die häufig im Kunstunterricht vorkommt – all das ist im Bauhaus entwickelt worden. Das ist vielen Kunstlehrern nicht bewusst.

    Es hat jahrhundertelang das Kunsthandwerk gegeben, was von der Antike zum Mittelalter bis in den Historismus immer neue Blüten und Stile hervorbrachte. Die Welt hat Baumeister gesehen, die unfassbare Leistungen abgeliefert haben, Meisterwerke der Architekturgeschichte. Diese haben ihr Wissen über Jahrhunderte weitergegeben, verfeinert, angepasst, immer neue Architekturstile entwickelt und Ergebnisse von wahrer Schönheit erschaffen.
    Und dieser Architekturhistoriker stellt sich nun hin und behauptet, vieles der Kunstpädagogik, die elementare Auseinandersetzung mit Farben und Formen und Material käme aus dem Bauhaus? Das ist derartig vermessen und ignorant, dass man darüber lauthals lachen möchte. Das Bauhaus verwarf zunächst alles bisherige Kunst- und Architekturwissen, um dann das Rad neu zu erfinden. Und das klägliche Ergebnis soll dann die Grundlage des heutigen Kunstwissens sein. Da fällt einem dann auch nicht mehr viel zu Sagen ein.

    Und doch merke ich gerade in meinen Workshops mit Schülern: Hier ist wieder Vermittlungsarbeit nötig. Die kennen vielleicht die Wagenfeld-Lampe und das Bauhaus-Gebäude, manche auch noch den Wassily-Chair. Aber sie empfinden den Stil als schmucklos, langweilig und als „nicht schön“. Denen erkläre ich dann, dass Bauhaus auch heute noch aktuell ist – auch wenn es schon hundert Jahre alt ist.

    Nun, da kommt einem nur der Satz "Kindermund tut Wahrheit kund" in den Sinn. Aus ihrem natürlichen Empfinden heraus empfinden sie den Stil als das, was er ist: Schmucklos, langweilig, nicht schön.
    Klar, dass der Kunsthistoriker es da schwer hat, wenn er mit Leuten spricht, die noch nicht "auf Null gesetzt" wurden. Die haben schließlich noch ihr natürliches Empfinden und ihre individuelle Meinung.
    Zum Abschluss kann ich da nur sagen: Kunst, die "vermittelt" werden muss, hat schlicht und ergreifend versagt.

  • Lieber Centralbahnhof,

    hervorragend geschrieben und analysiert. Du hast das wirklich grandios auf den Punkt gebracht und wenn ich es so sagen darf, das "Bauhaus" bloß gestellt oder ihm die Maske vom Gesicht gerissen.

  • Wohl kaum eine architektonisch inspirierte Ideologie hat soviel Unheil gebracht wie die Bauhaus-Bewegung. Selbst die trostlosen Sozialsiedlungen in der heutigen Zeit haben einen Ursprung in der modernen Formsprache. Hinzu kommt eine wenig beachtete und erforschte Komponente aus der NS-Zeit. Einer der Chefarchitekten von Auschwitz, Fritz Ertl, war Bauhausschüler (Herr Trüby bitte übernehmen Sie). Mehr unter https://www.juedische-allgemeine.de/kultur/bauhaussiedlung-auschwitz/

    ...

  • Also, eigentlich meint er mit auf "Null-Setzen" etwas anderes.
    Das Kind ist ja eigentlich auf "Null" gesetzt. Ihm wurde noch kein kunsthistorisches Wissen vermittelt. Es hat aber gewisse Grundinstinkte bzw. ein womöglich angeborenes Empfinden von Schönheit, Langeweile. Dieses Grundempfinden wird bei den Erwachsenen durch das Wissen der vorangegangenen Generationen bestätigt und in ein Regelwerk (der traditionellen Architektur) gepackt.
    Beim "Bauhaus" geht es um etwas anderes. Hier sollen Erwachsene sich bewusst von der Tradition und ihren kindlichen Instinkten abschneiden. Warum? Die offizielle Begründung wird sein, weil dann die Kreativität des emanzipierten Individuums zur vollen Entfaltung kommt, befreit von den Fesseln der Vergangenheit und Tradition. Es ist das Gleiche, was im Prinzip auch der Marxismus propagierte, das Sprengen aller "Fesseln". In der Realität (auch wenn viele Bauhaus-Jünger sich damit rechtfertigen, diese hätte nichts mit dem Bauhaus zu tun) aber hat ja das Bauhaus nicht zur Entfaltung eines enormen kreativen Potenzials beigetragen. Die heutigen Flachdach-Block-Siedlungen sehen ja nicht gerade aus, als wären sie nach einem LSD-Trip entstanden. Das auf "Null-Setzen" führte aber dazu, dass die Lehrer absolute Macht erlangen konnten. Wo man die Studenten vom traditionellen Wissen abschneidet, hat man "Null"-Wisser, leere USB-Sticks, vor sich, die man danach beliebig mit den eigenen Anweisungen "füllen" bzw. "überschreiben" kann. Und da die Alternativen weg sind, gibt es keinen Widerspruch. Auf diese Weise ist Bauhaus ein letztlich totalitärer Versuch, den "Neuen Menschen" zu schaffen. Dass dann noch von einem "Schmelztiegel" der ganzen Welt die Rede ist, zeigt den Allmachts-Anspruch. Der ganze Globus soll vom Bauhaus beherrscht werden, unter Abkehr von allen regionalen Besonderheiten.

  • Bauhaus ist und bleibt in der Architektur ein geometrischer Baukasten für unkreative, empathie- und einfallslose Menschen die sich keine Zeit genommen haben um ein menschenliches Stadtbild zu entwickeln, die anfangs BWl studiert haben und aufgrund der niedrigeren Anforderungen an sich selbst dorthin gewechselt sind. Weil es cooler klingt. (Ich weiß, steile These, aber beim Rundumblick in der Stadt fällt es mir nicht schwer das zu glauben).

    Man könnte meinen, sowohl Studenten als auch Architekten haben sich dieser Baukunst verschrieben, um die übrige Zeit für Partys und Kiffen zu nutzen. Als Flucht ihrer drögen inneren Leere.

    Genug gemeckert, was machen wir dafür, damit es besser wird? Nun, wir könnten virtuell das Brandenburger Tor abreißen, den Bundestag und die Frauenkirche. Stattdessen neu aufbauen — im Stile des Bauhauses.

    Oder die 100 Jahre ignorieren, die Vereinsarbeit vorantreiben, Menschen mit Architektur- und zugleich 3D-Kenntnissen ermuntern uns zu unterstützen. Mit zusätzlicher Öffentichkeitsarbeit haben wir in 10 Jahren wieder eine Bevölkerung mit ästhetischem Bewusstsein und gesunder Einstellung zu ihrer Vergangenheit und ihren Ahnen.

  • Es gibt heute eine Baumarkt-Kette "Bauhaus", in Nürnberg gab es bis vor Kurzem einen Bauträger, der sich "Bauhaus - Liebe und Partner" nannte und sich dem Bauhaus verschrieb, und ich kenne auch einen Sci-Fi-Film, in der die Welt aufgeteilt ist in absolutistisch regierende Großkonzerne. Europa ist da beherrscht von einem "Bauhaus"-Konzern.
    Was ich damit sagen will: Das Bauhaus hat ein Akzeptanzproblem, jeder schmückt seine oft einfachen Produkte mit dem Bauhaus-Prädikat. Wenn es hässlich ist, nicht verstanden wird, nicht zur Umgebung passt, unbequem ist, dann kannst du es mit dem Bauhaus-Prädikat adeln. Die Bezeichnung "Bauhaus" steht für nichts mit Wiedererkennungseffekt. Im TV werden immer dieselben Lampen, Stahlrohrstühle und Bauhausgebäude in Dessau gezeigt, die man aus dem Möbelhaus kennt. Aber ich kann nicht erkennen, dass ein normaler Bürger das auch mit Qualität und künstlerischem Anspruch verbindet.

    Ich vermisse also zum 100-jährigem Geburtstag des Bauhaus eine kritische Auseinandersetzung seiner Vertreter/innen mit diesem Begriff und dem, was heute daraus entstanden ist. In meinen Augen ist das nämlich zu einem Sammelbegriff für alles geworden, was anspruchslos ist. Willst du dir keine Mühe geben, nenne dein Produkt "Bauhausstil". Für mich ein Grund das Bauhaus als Prinzip komplett abzulehnen.

  • Nun, da kommt einem nur der Satz "Kindermund tut Wahrheit kund" in den Sinn. Aus ihrem natürlichen Empfinden heraus empfinden sie den Stil als das, was er ist: Schmucklos, langweilig, nicht schön.Klar, dass der Kunsthistoriker es da schwer hat, wenn er mit Leuten spricht, die noch nicht "auf Null gesetzt" wurden. Die haben schließlich noch ihr natürliches Empfinden und ihre individuelle Meinung.
    Zum Abschluss kann ich da nur sagen: Kunst, die "vermittelt" werden muss, hat schlicht und ergreifend versagt.

    Ja, Kinder haben ein natürliche Empfinden. Und deshalb werden sie dann in der Schule umerzogen. Umerziehung statt Bildung ist ohnehin das große Thema des Modernismus, der wähnt, ex nihilo den neuen Menschen, die neue Gesellschaft, die Neue Kunst und eine Neue Welt erschaffen zu müssen. Wenn die jungen Menschen dann Abitur haben und das Architekturstudium beginnen, sind sie überzeugt, dass es vor dem Bauhaus gar keine richtige Kunst gegeben habe.

    Das Ganze erinnert mich an folgende Begebenheit. Ein ästhetisch empfindender, traditionsbewusster Pfarrer hat am Tag der Erstkommunion die Kleinen in die Sakristei gebeten, wo zwei Messgewänder ausgelegt waren: ein historisches, reich besticktes, das einem Ornat glich, und ein modernes, grob gewebtes, schmuckloses, das eher an ein Tischtuch erinnerte. Er fragte die Kinder, welches Gewand er denn für ihren Festtag anziehen solle. Die Kinder entschieden sich einstimmig für das historische Gewand. Hinterher kamen die Eltern und beschwerten sich über den Pfarrer, er habe die Kinder zur Durchsetzung seines rückwärtsgewandten, altmodischen Geschmacks instrumentalisiert und missbraucht.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Ich bin der Meinung, dass das Bauhaus durchaus kreative und interessante Ideen hervorgebracht hat. Allerdings beschränken sich diese auf den Siedlungs- und Einfamilienhausbau, im innerstädtischen Bereich war die neue Sachlichkeit und der Expressionismus deutlich erfolgreicher.

    Im Bereich des Möbel- und Industriedesigns war das Bauhaus aus meiner Sicht extrem erfolgreich, viele der damals entworfenen Produkte sind auch heute noch Ikonen. Zudem waren es die ersten industriell hergestellten Produkte, die nicht das Handwerk imitierten sondern eigenständig gestaltet waren.

    Ich finde nicht, dass wir uns im Jubiläumsjahr gegen das Bauhaus positionieren sollen. Das Problem ist doch vor allem, dass heutige Architekten und Investoren kein Interesse an umgebungsbezogener Architekturgestaltung haben.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Ich finde nicht, dass wir uns im Jubiläumsjahr gegen das Bauhaus positionieren sollen.

    Das sehe ich bezogen auf "wir" auch so. Es ist nicht Sache des Vereins, dazu eine Stellungnahme abzugeben. Sollen sie sich feiern, bis der Schampus aus den Ohren herauskommt. Bloß, kritisch darüber diskutieren dürfen wir ja noch?...

  • in der Stadt des modernen ""Luescherismus"" ist leider alles moeglich:

    Jedenfalls ein Architekturmuseum ist natuerlich sehr interssant aber wird es wolh letztendlich nicht geben:
    vielleicht doch wieder etwas was sich beschaetigt mit der heutigen Politik in Europa , Deutschland usw ??
    z.B mit der heutigen und zukunftigen Migration oder aehnliches?? Oder Museum des Proletariats??

    was mich noch immer erstaunt ist dass man schon seit 1991 ueber den Wiederaufbau spricht, aber dass tatsaechlich in diesen 28 Jahren ausser einer Attrappe, eigentlich nichts geschehen ist.


    Uebrigens:

    Hans Kohlhoff hatte bei seine Wiederaufbau Plaene, Anfang der Neunziger Jahren, die Bauakademie schon eingeplant, uebrigens genau so wie das Schloss.

  • entschuldigung aber was ich gerade geschrieben gehoert natuerlich zur "'Bauakademie""und nicht zur Bauhaus.
    Bauakademie und Bauhaus : Schinkel gegen MIes Van der Rohe, Walter Gropius, usw. unglaublich..


  • Ich finde nicht, dass wir uns im Jubiläumsjahr gegen das Bauhaus positionieren sollen. Das Problem ist doch vor allem, dass heutige Architekten und Investoren kein Interesse an umgebungsbezogener Architekturgestaltung haben.

    Das sehe ich auch so. Das Bauhaus als Architekturstil brauch eigentlich eher eine Emanzipation vom heutigen Standard-Investorenbau. Leider jubeln die Bauhausfreunde darüber, dass heute so vieles unter "Bauhausstil" entsteht und vermarktet wird. Dabei ist das kritisch zu sehen und genau so zu hinterfragen wie wenn man z.B. die sog. "Zuckerbäckerbauten" an der Frankfurter Allee dem Art Deco oder dem Jugenstil zuordnen würde. Nur ich wüsste nicht wie sich Stadtbild Deutschland hier medial einbringen könnte, oder warum es das sollte.

  • Das sehe ich auch so. Das Bauhaus als Architekturstil brauch eigentlich eher eine Emanzipation vom heutigen Standard-Investorenbau. Leider jubeln die Bauhausfreunde darüber, dass heute so vieles unter "Bauhausstil" entsteht und vermarktet wird. Dabei ist das kritisch zu sehen und genau so zu hinterfragen wie wenn man z.B. die sog. "Zuckerbäckerbauten" an der Frankfurter Allee dem Art Deco oder dem Jugenstil zuordnen würde. Nur ich wüsste nicht wie sich Stadtbild Deutschland hier medial einbringen könnte, oder warum es das sollte.

    Naja, im Moment gibt es ja eine allgemeine Jubelstimmung zum Bauhaus-Jubiläum. Stadtbild Deutschland könnte sich schon dazu äußern. Die Verstrickung einiger Bauhaus-Protagonisten im 3. Reich, die Irrwege der Nachkriegsarchitektur und der bis heute bestehende Bruch zu einer menschengerechten Architektur kann man als eindeutig positionierter Verein schon in eine kritische Stellungnahme packen.

    ...

  • Zum Bauhaus zwei Gedanken:

    A) Das Wesen von Bauhaus ist der Bruch mit einer Entwicklung, einer Tradition. Das kann teilweise sinnvoll sein, und hat tatsächlich auch Neues hervorgebracht. Bauhaus steht aber nun vor dem Problem, dass es diesen Bruch in die Länge zieht und selber zur Tradition wurde, und somit sich selber die Legitimität nimmt. Das heisst, durch das Proklamieren des Bruchs mit der Tradition vernichtet Bauhaus sich selber.


    B) Ganz wichtig: Bauhaus wird mit "Modern" gleichgesetzt, und tatsächlich wird auch heutiges Bauen (die besonderen Scheusslichkeiten finden wir z.B. im ehemaligen Elbflorenz) nach Bauhaus-Prinzipien gestaltet. Bauhaus entstand aber ca. 1919, wir haben nun 2019. Diese angeblich "moderne" hochrevolutionäre und angeblich brandneue Architektur ist in Wahrheit also keineswegs "das Neueste" sondern stolze 100 Jahre alt. Das heisst, es handelt sich hier um eine uralte, verstaubte Ideologie die sich in Wahrheit längst überlebt hat, und nur noch in den Hirnen einiger Archikekten existiert die sich aus Angst vor ihrer eigenen Strukturlosigkeit zwanghaft an alte Dogmen klammern. Würden sie loslassen, müssten sie ihre eigene Unfähigkeit und Einfallslosigkeit konfrontieren. Vor diesem Blick in den inneren Abgrund haben "moderne" Architekten eine enorme Angst, also wird weiter am Alten festgehalten. So wird der Vorwurf, die Traditionalisten seien "Rückwärtsgewandt", zum Eigentor.

    Bauhaus ist nicht modern, sondern völlig unmodern. Bauhaus ist obsolet.

    "Die Modernisten sollten sich endlich eingestehen, dass sich die Qualität einer Stadt konventioneller Architektur verdankt" - (H. Kollhoff).

  • Das Wesen von Bauhaus ist der Bruch mit einer Entwicklung, einer Tradition.

    Ich sehe hierin einen Widerspruch. Etwas, was sich entwickelt, ist nicht in Traditionen verhaftet. Das Bauhaus hat mit Konventionen gebrochen, das ist richtig. Nun ist es aber selbst Teil unserer Bautradition geworden, weshalb man ihm auch nicht die Legitimität absprechen kann. Man kann einen historischen Baustil schön oder hässlich finden, aber obsolet wird er dadurch ganz sicher nicht. Jahrzehntelang glaubte man, dem Historismus so begegnen zu müssen. Welch Irrweg!

    Kunsthistoriker, Historiker, Webdesigner und Fachreferent für Kulturtourismus und Kulturmarketing

    Mein Bezug zu Stadtbild Deutschland: Habe die Website des Vereins erstellt und war zeitweise als Webmaster für Forum und Website verantwortlich. Meine Artikel zu den Themen des Vereins: Rekonstruktion / Denkmalschutz / Architektur / Kulturreisen

  • Natürlich ist es ein Widerspruch. Bauhaus fordert den Bruch mit dem Bestehenden. Jetzt ist es aber selber zum Bestehenden geworden. Würde es seiner eigenen Ideologie folgen, müsste es jetzt daher sich selber abschaffen.

    Der Begriff "Entwicklung" ist viel zu unspezifisch, alleine bei Wikipedia gibt es mindestens 10 Definitionen, je nachdem um was für eine Art von Entwicklung es sich handelt, die der Raupe zum Schmetterling ist selbstverständlich anders als z.b. die Kulturelle, um die es hier geht.

    "Tradition" bedeutet doch Weitergabe, insofern schon einer Entwicklung vergleichbar. Du hast natürlich insofern Recht, dass eine Entwicklung zwar aus Weitergabe und Veränderung ihrer Elemente besteht, diese aber an einem Punkt auch so weit verändern kann, dass sie das Weitergegebene aufgibt.

    Daher kann auch der Bruch zur Entwicklung gehören, natürlich. Insofern gehört Bauhaus auch zu unserer Entwicklung bzw. Tradition. Aber noch nie vorher gab es einen solch konsequenten Bruch mit jeglicher Weitergabe von Wissen, es wurde fast alles radikal beendet. Ja, war vielleicht damals sinnvoll, und einiges vom Bauhaus ist auch gut.

    Dennoch ist sein Wesen, wir sagten es bereits, der Bruch mit allem Dagewesenen. Und dadurch löst Bauhaus sich argumentativ selber auf, denn seit 100 Jahren ist es das Daseiende. Seit 1919 gibt es diese Entwicklung , und nun kann auch mit dieser gebrochen werden.

    "Die Modernisten sollten sich endlich eingestehen, dass sich die Qualität einer Stadt konventioneller Architektur verdankt" - (H. Kollhoff).

    Einmal editiert, zuletzt von Petersburg (13. Februar 2019 um 13:49)