Bremen - östliche Vorstadt

  • Der genaue Trassenverlauf war mir tatsächlich nicht bekannt, dabei kenne ich die Gegend sehr gut. Danke für die Aufklärung! Was für ein Irrsinn das alles war.

    Bei dem giebelständigen Gebäude am Körnerwall hatte ich immer gedacht, dass es sich um eine Bombenlücke handle. Mir war nicht bewusst, dass die Trassenplanung zum Abriss führte. Ich finde den Neubau übrigens sehr gelungen, er fügt sich wunderbar ein. Vielleicht könnte man aus diesen unheilvollen Parkplätzen, die als Folge der Trassenplanung entstanden, ebenfalls wieder etwas Gescheites machen (ohne ein unterirdisches Parkhaus ist das aber auch nicht machbar fürchte ich).

  • Vielen Dank, findorffer! Sehr interessant und wie MAK war mir das Ausmaß der Abrisse auch im Steintor nicht bekannt gewesen. Da habe ich richtig noch was dazugelernt, bin zwar auch immer an den offensichtlichen Abrissgrundstücken vorbeigelaufen, habe aber nie gedacht, dass das wirklich gezielte Nachkriegsabrisse waren. Auf dieser Karte:

    (Quelle: rememberti.de)

    ist rechts in orange die Ostertor/Steintortrasse eingezeichnet. Sie sollte tatsächlich südlich des Straßenzugs Ostertorsteinweg/Vor dem Steintor in West-Ost-Richtung verlaufen. Eingezeichnet ist sie hier im Verlauf der heutigen Theodor-Körner-Straße, den Sielwall am Körnerwall kreuzend und in der Tat genau auf der von Dir beschriebenen Abrisstrasse durchs südliche Steintor laufend, auch wenn die Karte leider nicht den ganzen Verlauf zeigt, irgendwo östlich der Schmidtstraße ist Schluss.

    Noch ein kleiner "Fun Fact" zum Körnerwall:

    Beginnen will ich aber trotzdem mit dem Ostertor und zwar mit dem Körnerwall. Zu sehen ist ein Platz mit einer Wiese im Vordergrund und dem Theodor-Körner-Denkmal. Im Hintergrund: zwei Neubauten - einer in der Mitte mit mit einem Giebel und ein zweiter halbrechts. In den Neunzigern waren hier noch Baulücken, die durch Bauvorbereitungsmaßnahmen, sprich Abrisse für die Osttangente, die auf dem breiten Rasenstück im Vordergrund Richtung Steintor verlaufen sollte, entstanden waren. Nachdem klar war, dass es keine Tangente mehr gibt, wurden die Grundstücke verkauft und wieder neu bebaut.

    Der auf Deinem ersten Bild zentral im Hintergrund befindliche weiße Neubau mit den blauen Fenstern ist übrigens eine Art "kritische Rekonstruktion". Der Denkmalschutz bestand an dieser Stelle auf einen Neubau nach dem historischen Vorbild. So ganz passt es dann aber doch nicht, aber immerhin.

  • Ist der Sockel des Denkmals beschädigt? Oder sind das Reste abgerissener Plakate?

    Es handelt sich hier wohl um ein Graffiti, aber keine der üblichen Schmierereien mit künstlerischem Anspruch.

    Zu sehen ist eine Hauswand mit zwei Fenstern, das Blattwerk der Bäume ist geschickt vor die Wand gesetzt. Gehört aber natürlich nicht an den Sockel eines Denkmals.

  • Könnte es sein, dass sich hier einfach die gegenüberliegende Hausfassade im glattpolierten Stein spiegelt?

    Edit: die gelbe Fassade sieht mir stark nach Sielwall 34 aus (auf Google Maps Streetview gut vergleichbar).

  • Könnte es sein, dass sich hier einfach die gegenüberliegende Hausfassade im glattpolierten Stein spiegelt?

    Edit: die gelbe Fassade sieht mir stark nach Sielwall 34 aus (auf Google Maps Streetview gut vergleichbar).

    Sehr aufmerksam, UrPotsdamer.!

    Auf die Idee wäre ich nie gekommen und deshalb bin ich heute nochmals hingefahren und habe mir die Situation vor Ort angesehen. Plötzlich war das Graffito weg und erst, als ich meinen Blickwinkel veränderte, sah ich den von Dir vermuteten Effekt. Erstaunlich, denn auf dem Foto wirkte es wie ein Graffito. Also war nichts mit der "Hauswand mit zwei Fenstern, das Blattwerk der Bäume ist geschickt vor die Wand gesetzt", wie ich schrieb.....

    In den heiligen Hallen von Stadtbild Deutschland wird sich bald das Bonmot verbreiten: "Sei aufmerksam wie ein UrPotsdamer.

  • Ist aber wirklich ein in dieser Ausprägung seltenes Phänomen! Blitzeblank gewienert, der Sockel, würde ich mal sagen - und das mitten im Viertel.

  • Geplanter Abriss des Borgfelder Landhauses sorgt für Unmut:

    https://www.weser-kurier.de/bremen/stadtte…hlvsw4g5u9nm7u1

    "Die Protestnoten sind versandt, die Leserbriefe veröffentlicht. Auch eine Petition haben die Gegnerinnen und Gegner eines Abrisses des Borgfelder Landhauses auf den Weg gebracht. Die Nachricht vom bevorstehenden Exitus des Traditionsgasthauses am Bremer Ortsrand hat die Menschen im Ortsteil, aber auch im benachbarten Lilienthal zu Hunderten alarmiert."

  • "Die Behörden müssen diesen Prozess klug moderieren, meint André Fesser."

    Ich meine dagegen, die Behörden müssen diesen Prozess nicht moderieren, sondern abbrechen. Warum scheut sich der Autor vor soviel Klartext? Weil er sich nicht nachsagen lassen will, gegen "Wohnraum für Geflüchtete" zu sein? Nicht an dieser Stelle, so einfach ist das.

    In dubio pro reko

  • Ein wie ich finde recht gelungener Neubau an der Ecke Am Dobben/Humboldtstraße. An dieser Stelle war über Jahrzehnte ein einstöckiger Bau mit einem recht bekannten Lokal namens Rotkäppchen, der wie ein Nachkriegsprovisorium wirkte. Ich habe nie herausgefunden, ob das Grundstück vorher überhaupt schon mal bebaut war oder ob hier eine Bombenlücke einfach nie weiter als mit dem besagten "Notbau" gefüllt wurde. Leider hat Google sein Streetview aktualisiert, wie ich gerade feststellen musste, somit gibt es kein Vorherbild, nur eines, nachdem das Lokal bereits abgerissen war:

    (wieder AppleMaps)

    Der Käufer des Grundstücks hatte eigentlich vor, hier erneut nur ein einstöckiges Gebäude als Nachfolger des Rotkäppchens hinzustellen (was mich wirklich sehr gewundert hatte), dann ist über Jahre nichts passiert, so dass man schon dachte, oh, das ist wohl nix geworden, und dann hat im letzten Jahr plötzlich der Bau eines recht hohen und großen Neubaus begonnen, der jetzt erstmal fast abgerüstet auch zu sehen ist:

    Man könnte durchaus berechtigt denken, warum denn schon wieder Rotklinker, und das noch in einer Gegend, die von verputzten historistischen Fassaden dominiert ist, aber exakt gegenüber liegt dieses Gebäude:

    Das könnte man großzügig noch als Bezugnahme auffassen. Ich bin ehrlich gesagt eher positiv überrascht, der Klinker ist sehr warm und wirkt hochwertig, die Betonung der Fenster durch die Betonrahmen gefällt mir auch, die Fassade wird durch Vorsprünge etc. etwas gegliedert. Die Höhe ist erstmal gewöhnungsbedürftig, aber das Haus ist kaum höher als sein Pendant gegenüber, passt für mich auch.

    Und in jedem Falle besser als dort völlig absurd erneut einen Niedrigbau hinzustellen, so wirkt die Kreuzung jetzt zwar heterogen, aber doch irgendwie komplett. Der Stil ist aus meiner Sicht erneut als "klassisch modern" zu beschreiben. Wie der Bauherr das allerdings "durchbekommen" hat, bleibt mir unklar, anfangs war er sehr beflissen, gegenüber den Anwohnern zu versichern, dass kein mehrstöckiges Haus entstehen soll. Mir soll's Recht sein, wäre auch so, wenn ich an der Kreuzung wohnen würde. Nur die Bewohner des ersten Hauses in der Humboldtstraße haben ihre nach West herausgehenden Fenster komplett verloren. Dies zeigt mir aber auch, dass hier wahrscheinlich immer ein Gebäude stand und diese Fenster baurechtlich nur toleriert wurden und allenfalls ein Provisorium waren.

  • Mich wundert das milde Urteil. Am Dobben 96, sowie Auf den Häfen 16 geben hier wohl das Omen unter dem die Verwaltung arbeitet: Verdichten was das Zeug hält, historische Bauhöhen, Bauvolumen, Dachlandschaften, alles auf den Müll der Geschichte damit. Andererseits hat Verdichtung offenbar schon länger Bestand, wenn man sich Auf den Häfen weiter bewegt Richtung Michaelkirche. Für meine Augen aber immer noch mit einem Minimalkonsens an Zusammenhängigkeit zum Altbestand ausgestattet im Gegensatz zu den neuesten baulichen Errungenschaften dort. Und so frisst sich sowas weiter in den Altbestand.

    Nachtrag: Nur dass es da kein Missverständnis gibt, auch der Altbau mit dem Ziegel ist in seiner Kubatur unangemessen. Der hat dafür wiederum einen einpassenden Detaillierungsgrad, was der Neubau hier ja auch nicht hat. Der hat gar nichts, außer Rückversetzungen, um formal sich dem Altbestand ,,unterzuordnen".

  • Am Dobben 96 ist natürlich übel, aber aus den 60ern oder so. Meintest Du evtl. Am Dobben 95 direkt daneben? In manchen Stadtteilen hat Bremen die "Berliner Straßennummerierung" mit fortlaufenden Nummern auf einer Straßenseite. Die 95 ist ein Verbrechen, zumal für das Haus ein historistisches Wohnhaus abgerissen wurde ca. 2014, wenn ich mich recht entsinne. Die 96 ist einfach die typische Bremer Nachkriegstristesse, "verschönert" durch schicken beigen Klinker irgendwann in den 70ern.

    Von den dreien wird der Neubau mit großem Abstand das beste Gebäude. Ich habe auch nichts gegen Nachverdichtung, zumal hier wie gesagt keine Grünfläche oder irgendetwas Erhaltenswertes abgerissen wurde, sondern ein massiv untergenutztes Grundstück mit einer gleichzeitig atemberaubend hässlichen, dem Ort absolut unangemessenen Barracke. Bremen hat noch relativ viele dieser einstöckigen, provisorischen Gebäude auf Bombenlücken, selbst in beliebten und innenstadtnahen Stadtteilen.

    Da bin ich explizit anderer Meinung und begrüße eine bessere Nutzung der Flächen. Es passiert nichts Schlimmes, wenn über dem neuen Rotkäppchen jetzt noch 6 oder 8 Wohnungen entstehen. Aber man darf hier gerne anderer Meinung sein. Bremen ist auch in seinen gründerzeitlichen Stadterweiterungen eine der deutschen Großstädte mit der geringsten Einwohnerdichte.

  • Meintest Du evtl. Am Dobben 95 direkt daneben?

    Ah danke für die Korrektur, ich habe die Zahlen aus Google Maps übernommen, die leider auch nicht immer ganz perfekt platziert sind. Genau diese Geschosspyramide meine ich.

    Von den dreien wird der Neubau mit großem Abstand das beste Gebäude. Ich habe auch nichts gegen Nachverdichtung, zumal hier wie gesagt keine Grünfläche oder irgendetwas Erhaltenswertes abgerissen wurde, sondern ein massiv untergenutztes Grundstück mit einer gleichzeitig atemberaubend hässlichen, dem Ort absolut unangemessenen Barracke. Bremen hat noch relativ viele dieser einstöckigen, provisorischen Gebäude auf Bombenlücken, selbst in beliebten und innenstadtnahen Stadtteilen.

    Ich bitte Dich... keiner spricht von einer unangemessenen Nachverdichtung, wenn der Einstöcker ersetzt wird mit einem vier (voll-)geschossigen Bau (sprich eine leicht höhere Dichte als die älteren Gebäude in der Umgebung). Ich rede von Nachverdichtung, die ganz klar den bisherigen Rahmen sprengt, und ich finde das ist hier offensichtlich.

  • (wieder AppleMaps)

    Auch das Rotkäppchen war vorher mal zumindest ansehnlicher, das Haus mit der Dujardin-Brandwand (N°95, offenbar ein Zwilling der N°94) musste später noch dran glauben.

    Quelle: Hansestadt Bremen via Twitter, Bild datiert auf 1961.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Ich hatte vor einiger Zeit auch schon mehrere Fotos von dieser Ecke und daneben stehenden Gebäuden geschossen.. Na ja, da war der Neubau noch nicht soweit fortgeschritten. Da sah das noch so aus (man beachte die unterschiedlichen Geschosshöhen historisches Gebäude : Neubau), Ansicht Humboldstraße:

    Rechts entsteht der Neubau, geradeaus der Viertelblick

    Typische Viertelatmosphäre

    Schauen wir nun auf die andere Seite des Neubaus, Richtung Sielwall. Das Dujardin-Gebäude: ein geglätteter Altbau. Rechts daneben steht wohl der Zwilling und verrät uns, wie sein Bruder mal früher ausgesehen hat.

    66440-amdobben-humboldtstra%C3%9Fe-1961-jpg

    Unten: Aber das ist immer noch besser als das, was da dann hingekommen ist. Links der Nachfolgebau vom Dujardin (könnte aus den 70ern stammen), rechts sein Bruder - aber aus dem Jahre (Schätzung) 2018. Als ich diesen Neubau fotografierte, kam erst eine ältere Dame von der Stadtreinigung vorbei und äußerte, dass ihr das Haus nicht gefalle. Und als wir beide uns darüber unterhielten, stand ein Paar vor uns, schätzungsweise in den 40ern aber mit 68er-Charme und Aussehen, vielleicht Lehrerehepaar. Sie bekamen mit, dass wir über das Gebäude redeten. Die Frau schaute auf das Haus, spuckte vor uns aus und sagte: "Igitt noch mal". Wie kann man hier im Viertel nur so was hässliches hinbauen.Das macht die ganze Straße kaputt. Hatten die Altbremer Häuser hier noch drei Etagen, hat dieses nun 6. Dagegen wirkt sogar das Gebäude ganz links zurückhaltend. Dieser heutige moderne Stil hat so was aufdringliches. Man muss hingucken, obwohl man es gar nicht will.

  • Noch drei Beispiele aus dem Viertel, wie man vor Jahren verschandelt hat. Tatort Sielwall. Bei dem Rotklinker handelt es sich um ein Altbremer Haus, im Stil der beiden daneben stehenden Gebäude. Im Gegensatz zu diesen scheint noch der alte Wintergarten oder Teile davon erhalten geblieben zu sein. Oh, oh ,oh, oh, oh..............

    Auch der mittlere Bau war - oder ist? - ein Altbremer Haus. Man beachte den Eingangsbereich hoch bis zum Dach. Da wäre eigentlich wieder Platz für die hohen Fenster.

    Der gelbe Bau, man glaubt es nicht: ein Altbremer Haus. Sogar die Verzierungen über dem Fenster im ersten Stock hat man stehen gelassen. Die Fenster haben wohl noch die Originalhöhe - na ja, so ungefähr jedenfalls. Das rosa Gebäude rechts war ebenfalls mal ein Altbremer Haus, wie das weiße rechts daneben.. Man erkennt es an den Traufhöhen.

    Sielwall-Szene

  • Ich finde den Neubau ehrlich gesagt total hässlich. Er passt vom Stil her überhaupt nicht zum Charakter des Quartiers, wirkt hier wie ein Fremdkörper. Da fand ich die Ecke vorher erheblich stimmiger!

  • Ich kann mit dieser Meinung gut leben. Ich habe eine andere Perspektive auf den Bau, da er aus meiner Sicht ein sowohl ästhetisch als auch städtebaulich unbefriedigendes Provisorium beendet, und das mit einer zumindest für Bremer Verhältnisse sogar halbwegs gelungenen Gestaltung, man schaue sich nur die Hausnummer 95 an, um zu wissen, wie solche Dinger hier auch aussehen können.

    Es ist am Ende wie immer eine Glas halbvoll oder halbleer-Situation. Könnte ich mir dort etwas Besseres vorstellen? Natürlich. Ist das Gebäude zu hoch? Objektiv vielleicht, aber ich habe nichts gegen ein oder zwei Stockwerke höher an solchen Eckpunkten. In der Summe überwiegt für mich persönlich das Positive.