Deprimierende Neubauten: Wo bleibt denn hier das Schöne?

  • Zitat

    Seelenloses Rendite-Design und stumme Konformität:

    Ein Architekt erklärt, warum wir uns in neuen Stadtvierteln nicht wohlfühlen.
    von Jörn Köppler
    16.01.2019

    Zitat

    Was die ihr eigenen Momente der Schönheit zu erzeugen vermochte, die wir in der Wucht antiker Säulenarchitekturen, der wundersamen Poesie eines Kapitolsplatzes in Rom oder der Neuen Nationalgalerie Mies van der Rohes finden können. Denn eine solche Schönheit stellt sich nicht von selbst ein, sie ist vielmehr gegründet auf einer spezifischen Perspektive, der architektonisch reflektierten Suche nach Bedeutung, nach Sinn, kurz: der Suche nach Wahrheit, welche aus gelungenen, poetischen Werken spricht, die sie, die Wahrheit, nie besitzen können, aber durch das Werk hindurch auf etwas verweisen, worin sie sich entfalten mag.

    Quelle: https://www.faz.net/aktuell/feuill…n-15990214.html
    (mit Bezahlschranke)

  • Ich habe bisher bei der Neuen Nationalgalerie keine "wundersame Poesie" entdecken können. Bemüht der Autor dieses Beispiel nur, um sich gegen den Verdacht der Rückwärtsgewandtheit zu schützen?

    In dubio pro reko

  • Allein das Fehlen des Schönen zu bemängeln, greift zu kurz, wenn damit nur eine Erweiterung des Kriterienkatalogs des Funktionalismus gemeint ist.

    Es fehlt genauso das Erhebende, das Heimatliche, das Erzählende des natürlich Gewachsenen, das dem sinnlich Eindrucksvollen eine andere Ebene gibt. Das umgreift ja nicht allein die Architektur, sondern alle anderen Künste gleichermaßen, eine tiefe geistige Krise, ein auf die Außenwelt projizierter Selbsthaß, der im Negativismus der Dekonstruktion derer stehenbleibt, die selbst nicht wissen, warum sie auf der Welt sind. Wer sich selbst entfremdet ist, wie will der eine Welt bauen, in der sich die Menschen heimatlich fühlen können?

  • Die zitierte wundersame Poesie der Neuen Nationalgalerie hat sich auch mir nicht erschlossen, obschon es nicht an Versuchen der Indoktrination im universitären Betrieb fehlte.

  • Lachen musste ich hier:

    "Es steht nichts dagegen, mal mit den Sehgewohnheiten zu brechen." (Architekt)

    Tuts ja nicht. Ist derselbe Schrott, den man überall rumstehen sieht. Ein doch recht fundamentales Wahrnehmungsproblem. Da hält sich jemand für innovativ, produziert aber Massenware.

  • Die in dem Zeitungsartikel zitierte Reaktion des Architekten ist schon stark:

    "Er könne sich durchaus vorstellen, dass sich jemand mit konventionellem Architektengeschmack über die Gestaltung des Bauwerks wundere, so Collignon. Sein Rat: "Es steht nichts dagegen, mal mit den Sehgewohnheiten zu brechen.""


    Es ist ihm einfach mal völlig wurscht. Wäre ok, wenn es nur ein Kleiderschrank oder ein Küchenradio wäre.

  • Ein super Artikel zur desaströsen Lage der deutschen Städte, gerade im DAF entdeckt!

    Der Artikel stammt von Rainer Haubrich und ist absolute Pflichtlektüre für alle APH-ler!!!

    Unter dem Titel: Menschenfeindlich, kalt, lieblos – die Misere der deutschen Stadt fasst er das ganze Dilemma der letzten 100 Jahre Städtebau in Deutschland zusammen.

    Zitat von Die Welt

    Warum aber bauen wir nichts gleichermaßen Attraktives mehr wie die Altbauquartiere in Berlin-Prenzlauer Berg, in Hamburg-Eppendorf, in München-Schwabing, in Kölns Belgischem Viertel und in vielen anderen deutschen Großstädten – seinerzeit allesamt Produkte von Bauspekulation, aber bis heute nicht nur schön und menschenfreundlich, sondern in ihrer Langlebigkeit und Dichte auch nachhaltig.Das liegt einerseits daran, dass es inzwischen unzählige Bauvorschriften gibt, etwa zu Abstandsflächen, Nutzung oder Lärmschutz, die eine Annäherung an die in Jahrhunderten erprobten Muster unmöglich machen.
    Der andere Grund ist, dass mit dem Beginn der Moderne nicht nur die Stadt an sich abgeschafft werden sollte, sondern auch das klassische Architekturvokabular. Bis heute lehnen es die meisten Baumeister ab, traditionelle Formen oder Ornament zu verwenden....

    Ganz besonders eindrücklich ist das Fazit, welches der Autor zieht, denn wie soll man aus der Misere heraus kommen?

    Zitat von Die Welt

    Das normale Haus! Hundert Jahre nach dem Beginn der Moderne, Jahrzehnte nach den Verwüstungen durch Krieg und zeitgenössische Stadtplanung klingt das nach einer vernünftigen Idee.

    Quelle: https://www.welt.de/kultur/kunst-u…chen-Stadt.html

    Ein Artikel, der alles auf den Punkt bringt, worüber wir in den letzten Jahren im APH gesprochen haben.

    APH - am Puls der Zeit

  • Vielen Dank für den interessanten und bestätigenden Artikel aus der Welt!

    Besonders finde ich hier auch die vielen einhelligen Lesermeinungen hieruzu: Jedermann ist es mittlerweile glaublich klar, dass die jetzige Architektursprache eine tote, unverständliche Sprache ist, die zur Kommunikation mit der Umwelt untauglich ist. Normalerweise ist der menschliche Geist nicht dumm und korrigiert mit der Zeit gesellschaftliche Fehlläufe von allein. Das Problem hier sind die gleichgeschaltenen Graduierungsfabriken (alias deutsche TUs), die ein selbstständiges Denken und handeln im Keim ersticken, um ihre sektirerischen Dogmen weiter aufrecht zu halten (Ausnahmen TU München und allenfalls TU Dresden bestätigen die Regel).

    Es wäre längst notwendig, dass es in Deutschland auch eine Universitätseinrichtung für traditionelle Architektur gibt a la https://www.institute-of-traditional-architecture.org/schools/ und hier vor allem https://architecture.nd.edu/


    Die Studiengebühren sind zwar gesalzen, aber Qualität (vor allem in der Bildung) kostet eben, macht sich aber im späteren Leben fast immer bezahlt! Das ist leider ein deutsches Dilemma - war es aber nicht immer! Vor hundert Jahren und auch noch bis zu den Weltkriegen gehörten die deutsch(sprachigen) Universitäten neben den britischen Kaderschmieden zu den besten der Welt (1/3 aller weltweit wissenschaftlichen Schriften wurden auf Deutsch publiziert sic!...heute nur noch Fremdschämen). Wo aber kein Wille, da auch kein Weg. Die ETH in der Schweiz ist hier eine, leider die einzige, rühmliche Ausnahme, aber den Schweizern hat man glücklicherweise nicht die Festplatte gelöscht. So, Schmäh ohne, aber so eine "Hochschule für traditionelle Architektur" wäre schon sehr fein und vermutlich würde so eine Einrichtung in Kürze die besten und vor allem kreativsten Studenten von den derzeitigen Graduierungsfabriken abziehen!

  • Aktuell ist ja das Bauhaus mit seinem 100-Jährigen Jubiläum in aller Munde. Damit hat aber m.E. alles angefangen, kompletter Dekonstruktivismus weit über Banalität hinaus, nur die technischen Möglichkeiten setzen Grenzen. Ich sehe keine Chance für eine der Ästhetik und der klassischen Schönheit zugewandten Korrektur, wenn die Mutter aller Hässlichkeit in Deutschland gefeiert wird wie die Offenbarung. Mit dem Label "Bauhaus" werden hier jedes Jahr die übelsten Neubauprojekte geschmückt, und es ist umso "bauhausiger", je mehr es mit der Umgebung in Konflikt geht und die Leute erschüttert. Dabei hat das Bauhaus durchaus großartige Entwürfe hervorgebracht.

    In den aktuellen TV-Berichten fällt mir aber immer wieder auf, das unter dem Bauhaus-Stil oft v.a. Alltagsgegenstände verortet werden, die ich als Kunstliebhaber lieber dem Art-Deko, bzw. dem Expressionismus zuordne. Es ist doch interessant, dass "Bauhaus" also ein Sammelbegriff geworden ist für alles, was den schnörkeligen Jugendstil überwunden hat. Nach wie vor wird dieser Stil als Königsweg beschrieben, wohl nicht trotz, sondern gerade weil er so schwer zu definieren ist bzw. es möglich ist, alles was rechteckig und schnörkellos ist, darunter zu subsumieren. Ein "Bauhaus" hat im Gegensatz zum Jugendstil keinen internationalen Durchbruch gehabt, in den USA z.B. wurden noch in den 1940'ern beeindruckende Art-Deco-Entwürfe realisiert. Erst der Dekonstruktivismus der 1960'er Jahre mit ihren formreduzierten Hochhausquadern brachte dort soetwas wie Bauhaus. Heute wird alles als Bauhaus bezeichnet was so aussieht als habe der Architekt keine Lust zum Zeichnen gehabt.

    In meinen Augen ist dieses "Bauhaus" ein deutsches Ding. In der Schule noch habe ich gelernt, dass Bauhaus Leichtigkeit, Luft, Licht ist, es erschwingliches und komfortables Wohnen möglich macht und zeitlos sei. Ich denke das ist auch heute noch das Dogma aller Zünfte, vielleicht auch gerade weil es ein Deutsches Ding ist. Am deutschen Wesen soll die Welt genesen, das gilt in vielen Zusammenhängen wo unsere Wirtschaft eigene Rezepte anzubieten hat. Einen tiefgreifenden Wandel sehe ich da lange nicht.

  • Besonders finde ich hier auch die vielen einhelligen Lesermeinungen hieruzu: Jedermann ist es mittlerweile glaublich klar, dass die jetzige Architektursprache eine tote, unverständliche Sprache ist, die zur Kommunikation mit der Umwelt untauglich ist. Normalerweise ist der menschliche Geist nicht dumm und korrigiert mit der Zeit gesellschaftliche Fehlläufe von allein. Das Problem hier sind die gleichgeschaltenen Graduierungsfabriken (alias deutsche TUs), die ein selbstständiges Denken und handeln im Keim ersticken, um ihre sektirerischen Dogmen weiter aufrecht zu halten (Ausnahmen TU München und allenfalls TU Dresden bestätigen die Regel).

    Es wäre längst notwendig, dass es in Deutschland auch eine Universitätseinrichtung für traditionelle Architektur gibt a la https://www.institute-of-traditional-architecture.org/schools/ und hier vor allem https://architecture.nd.edu/

    Eine hochklassige Universitätseinrichtung exklusiv für traditionelle Architektur wird es so schnell nicht geben, auch wenn es ohne Zweifel ein erstrebenswertes Ziel ist.
    Letztlich muss die traditionelle Architektur in die bestehenden Universitäten einfließen. Auch wenn es sehr schwer wird, aber genau in diesem Bereich sehe ich eine der künftigen Hauptaufgaben von Stadtbild Deutschland. Uns wird es sicherlich nicht gelingen, die Universitäten im Architektur-Genre komplett umzukrempeln. Aber wir müssen unseren Einfluss in diesem Bereich stetig erhöhen.
    Aber das betrifft nicht nur die Architektur-Studiengänge. Auch im Bereich der Stadtplanung muss das Prinzip des New Urbanism fest verankert werden.

  • In meinen Augen ist dieses "Bauhaus" ein deutsches Ding.

    Zweifellos. Zwar werden sich die "Bauhaus"-Anhänger im Jubiläumsjahr erneut als Opfer der NS-Zeit darstellen und auf Paul Schultze-Naumburg, den ersten "Bauhaus"-Kritiker, einprügeln, obwohl sie doch seit Jahrzehnten die Stühle der Macht besetzen. Aber es kann nicht übersehen werden, dass es in der Anfangszeit keinesfalls klar war, ob der "Bauhaus"-Stil nicht der Baustil der NS-Zeit werden würde. Einige "Bauhaus"-Vertreter liefen zum neuen System 1933 über, sie versuchten ihren Stil als besonders deutsch zu präsentieren, zudem gab es einen internen Kampf um die Baukultur, der letztlich von Hitler entschieden wurde. "Bauhaus" und Heimatschutz (Schultze-Naumburg) wurden mehr oder minder kaltgestellt, stattdessen kamen Speer, Giesler und Co. zum Zug. Letztlich kam es zu einer Dreiteilung - Staatsbauten in Neoklassizismus, Wohnbauten im Heimatschutzstil, Industriebauten im Stil der modernistischen Neuen Sachlichkeit (bzw. "Bauhaus").

    Ein interessanter Artikel zum Thema:

    Bauhaus
    Endstation Berlin
    https://www.welt.de/dossiers/bauha…ion-Berlin.html

  • In memoriam...:

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  • Das sagt wohl mehr als tausend Worte es je machen könnten es ist alles dabei, wirklich alles dabei was so schief läuft und leider weiter läuft.

    Auch wenn die Aussage klar ist kämpfen für ein besseres morgen.

    P,s schaut es euch Ruig mehrmals an,auch die Detail aufarmen, man wird immer etwas neues finden.Die Bild Sprache ist sehr mächtig und doch einfach zugänglich.

  • Wer sich etwas Barbarei antun will:

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  • Die Stadt Retz gilt als denkmalgeschützte, malerische Kleinstadt. Das bewahrt sie nicht vor einem solchen Neubau auf dem zweitgrößten Platz in der ummauerten Innenstadt:

    25583313383_b6148354a2_k.jpg

    Ein Freund sagt dazu ganz spontan: Das ist das hässlichste Haus, das ich je gesehen habe.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • geh wo

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Den schon recht weit gediehenen Bau konnte ich vor kurzem mit eigenen Augen sehen. In absehbarer Zeit wird das Gebäude entrüstet, und ich bin es ebenfalls. Ein hässliches, abstoßendes Ungetüm, am ansehnlichen Winthirplatz.

    https://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenc…eubau-1.4966895

    Als ich vom Baureferat München eine Antwort auf meine Frage erhielt, warum man sich beim anstehenden Neubau an der Ecke Mozart-/Haydnstraße gegen den Erstentwurf des Architekten entschieden hat (zur Erinnerung der folgende Link dazu)

    https://www.abendzeitung-muenchen.de/muenchen/stadt…V2J3q4zP2OX9keo

    meinte man das Gebäude "(...)soll passen zu den umliegenden Altbauten der locker bebauten Ludwigsvorstadt, aber natürlich auch zu neueren Häusern wie dem geschwungenen Post-Gebäude am Goetheplatz. Und, ja, auch zum Royal-Filmpalast, denn der steht nun einmal direkt daneben."

    Man muss dazu erwähnen, dass der Erstentwurf Stilelemente des unmittelbar links stehenden Altbaus aufgegriffen hätte. Der Postbau ist (wenn man vor dem künftigen Neubau stehen wird) nur zu sehen, wenn man unter völliger Missachtung der menschlichen Anatomie und gegen jeglichen orthopädischen Rat den Kopf wie eine Ente ganz nach hinten dreht.

    Würde sich das Baureferat an die oben genannte Regel auch im Umfeld historischer Bebauung halten könnten wir einen Luftsprung machen, denn das hieße ja im Umkehrschluss, dass das Gebäude am Winthirplatz gar nicht in dieser Form gebaut werden dürfte.

    Und nachdem es in München zahlreiche Gründerzeitbauten, Barockkirchen, klassizistische Bauwerke, das eine oder andere Jugendstilgebäude etc. gibt dürfte es folglich in vielen Straßen gar keine modernen Gebäude geben, sondern Wohnhäuser und Bürobauten, die die Formen der angrenzenden Gebäude aufgreifen.

    Aber in München scheint schon der Einbau von Sprossenfenstern architektonischer Hochverrat zu sein.

    Auch der Neubau des Königshofs am Stachus

    dürfte neben dem Justizpalast eigentlich unter keinen Umständen so entstehen, wie er derzeit gebaut wird. Oder beruft man sich hier eher auf den links befindlichen Kaufhof mit seiner "Prachtfassade"?