Berliner Schloss - architektur- und kunstgeschichtliche Aspekte

  • Ich oute mich als Rookie und gestehe, daß ich heute erst bemerkt habe, daß Portal IV breiter ist, als Portal V.
    Warum ist das so ? Steht es doch dem Bedürfnis nach Symmetrie entgegen - zumal die Gestaltung ansonsten gleich ist.

    Einmal editiert, zuletzt von Babber50 (24. September 2019 um 12:27)

  • Schaust Du hier mal nach: siehe Anhang!


    Zitat von T.Pöschk

    Zusammenfassung
    1. Eosander plante bei seinem Amtsantritt im Süden wie auch im Norden eine symmetrische Fassade mit 3 Portalen, von denen jeweils das Mittelportal verbreitert und aus dem Rhythmus der Fensterachsen gesetzt sein sollte. Eosander begann auch nach diesem alten Plan, der den Abriss des Kurfürstenflügels und der Apotheke voraussetzte, die Lustgartenfassade nach Westen zu erweitern und änderte oder ersetzte diesen mit dem Bau des westlichen Risalits. Erst zu diesem Zeitpunkt hatte sich der Erhalt des Kurfürstenflügels sichtbar in den Planungen niedergeschlagen.
    Eosander versuchte noch nach den Planungsänderungen, die nun unmögliche Symmetrie der Nordfassade annähernd vorzuspiegeln. Er baute daher den westlichen Risalit als Gegengewicht zum Kurfürstenflügel und glich den Bauschmucks von Portal V an den Schmuck von Portal IV an.

  • Ah.... Danke.
    Die Eingriffe in die Planung und das folgende Kuddelmuddel erinnern an heute. Die letztlich daraus entstandene Asymmetrie ist mir eingedenk der damals wenigen und absolutistischen Entscheidungsebenen, unverständlich.
    Der ursprünglich symmetrische Entwurf ist bestechend.

  • Ich finde das fertige Schloss ebenfalls bestechend! Zur Asymmetrie hat eben auch beigetragen, dass mehrere absolutistische Herrscher beteiligt waren: Jeder setzte seinen Willen und Geschmack durch.

    Noch ausschlaggebender für die Asymmetrie war aber wohl die Tatsache, dass die Hauptverläufe der Spree und des Spreekanals (Kupfergraben) nicht parallel zueinander waren und sind. Das Renaissance-Schloss war ausschließlich an der Spree orientiert worden, die Erweiterungsbauten bis zum Kanal hin mussten mit der fehlenden Parallelität fertig werden. Vor allem war das ein Problem, weil ja die Palastteile entlang der Spree nicht abgebrochen wurden und sich dann nicht als neu errichtete Teile des Barockschlosses nach dem Kanal ausrichten konnten. Denn mit der Errichtung des Westflügels von Eosander als neue Hauptfront des Schlosses entstand ja endgültig die Spannung zweier abweichender Richtungen zwischen dem Schlüterbau und dem Eosanderbau.

    Irgendwo in diesem Strang, wenn ich mich richtig erinnere, wurde das einmal bis ins Detail nachgewiesen.

    Ich finde die Lösung Eosanders, die Spannung der unterschiedlichen Teile des Schlosses zu einer Einheit werden zu lassen: Palast des Großen Kurfürsten, Schlüterbau und Eosanderbauten, absolut genial!

    Sichtbare Geschichte Brandenburg-Preußens gegen langweilige Symmetrie. Heute leider nur noch in den genannten „Brüchen“ der Fassaden erlebbar.

    Alles prüfe der Mensch, sagen die Himmlischen,

    Daß er, kräftig genährt, danken für Alles lern‘,

    Und verstehe die Freiheit,


    Aufzubrechen, wohin er will.


    Hölderlin

  • Lieber Bentele,
    ich stimme dir völlig zu, daß die im Baukörper sichtbare Werdungsgeschichte, ebenso bestechend ist.
    Vor Allem die durch Eosander verlagerte Hauptfront auf die Westseite.
    Etwas hinderlich finde ich die Tatsache, daß diese Eosander´sche Hauptfront nun gegen die, in der prominenteren Sichtachse und Stadtlage liegende Nordfront, konkurrieren muss. Zu Zeiten der noch existierenden Bebauung der Schlossfreiheit, musste die Westseite immer verlieren.
    Ich denke da an den unbedarften und zunehmend kulturfremden Teil der Menschen, der intuitiv die natürliche Symmetrie erwartet - wer weiß schon etwas, von der Baugeschichte des Schlosses. Sind doch die Vorbilder, die Herrscherdomizile aus alter Zeit, allermeisten streng symmetrisch errichtet.
    Allerdings hat dieser Umstand,wie schon erwähnt, im Vergleich zum Schloss, auch eine starke Aussage.

    2 Mal editiert, zuletzt von Babber50 (25. September 2019 um 01:27)

  • In der Tat sehr interessant.
    Nur frustrierend ist es für mich immer, dass dieser ganz Kuppelraum einfach verloren geht, und diese Kuppel dann leider nur als Attrape dient.

  • Das die Kuppel eine Attrappe sein soll, finde ich ist nicht richtig. Die Kuppel mit Kreuz und Laterne vollendet das Stadtschloss (HuF). Es ist eine Kuppel, die im Innenraum keine Funktion hat.

    Einmal editiert, zuletzt von Meister Lampe (16. Oktober 2019 um 14:06)

  • Die Kuppel soll eine Attrappe sein, weil der Raum darunter nun anders gestaltet und anders genutzt wird? Dann hätten wir allerdings viele Kuppelattrappen in Berlin und Deutschland.
    Die Kuppel an sich ist eine waschechte Kuppelkonstruktion, da wird einem nichts vorgegaukelt.

  • Die Definition ist mir neu. Dann ist ja jedes Gebäude, dass seine Funktion (wenn auch nur temporär) verliert, dann nur eine Attrappe, die nur vortäuscht ein Gebäude zu sein.

    Die Sache ist nur die, dass die Kuppel nie mehr war als das was sie jetzt auch ist, abgesehen von der (nicht vorhandenen) Innengestaltung und der Abtrennung vom eigentlichen Kapellenraum (welcher bekanntermaßen als separater Raum mit vom Humboldt-Forum genutzt wird).

    Die Kuppel war die Erweiterung des Kapellenraums über dem Eosanderportal gen Himmel. Sowohl Außen als auch Innen eine reine architektonische Maßnahme, würde ich meinen.

    Quelle Wikipedia

    Warum sie nun ist wie sie ist, wurde hier oft genug geschrieben - aber ewig wird es bestimmt nicht so bleiben.

    Es gibt eine Architektur, die zur Landschaft gehört, sowie eine andere, die sie zerstört.

  • Bei Kirchenbauten gibt es oft zwei Kuppeln ineinander resp. übereinander: die äussere Kuppel mit einer Tragstruktur an der Innenseite, die das Bild des Innenraumes stören würde. Deshalb wurde dann oft eine separate Innenkuppel in leichterer Bauweise errichtet, die nicht noch die schwere Metallverkleidung und eine Laterne zu tragen hatte. Wie das beim Berliner Schloss war, weiss ich nicht. Es wird wohl jemand von den Berlin-Kennern einen Schnitt dazu finden.

    Bei der Nikolaikirche in Potsdam war dies offenbar ebenfalls mal so geplant gewesen:
    http://www.potsdamermitte.de/index.php?id=45
    Ist die äussere Kuppel nun eine "Attrappe ohne Gebäudenutzungsänderung"? :wink:

    Einmal editiert, zuletzt von Riegel (15. Oktober 2019 um 01:25)

  • Das ist jetzt ein bißchen Worthuberei hier. Im Grunde hat uhugreg ja nur bedauert, daß der Kuppelraum nicht in seiner ganzen Größe genutzt wird. Für wiederholte Kritik ist dieser Faden doch da.

    Auf die Gefahr hin, daß die Frage auch zum wiederholten Male gestellt wird: Gibt es eine offizielle und vernünftige Erklärung für die Zwischendecke? Klimatische Gründe lasse ich nicht gelten, da es nicht der einzige hohe Museumsraum auf der Welt wäre. Daß man damit jeden Gedanken an eine Rekonstruktion der Schloßkapelle im Keim ersticken wollte, glaube ich auch nicht. huh:)

  • Die Decke wurde eingezogen, weil es das aktuelle Raumkomzept des Museums so vorsieht. So dramatisch ist das allerdings nicht. Sollte sich dieses Raumkonzept irgendwann mal ändern, dann lässt sich diese Decke wieder entfernen und sollten irgendwann mal der Wille und der Wunsch da sein, die Schlosskapelle zu rekonstruieren, dann wird sich das auch machen lassen.

  • Das ist jetzt ein bißchen Worthuberei hier. Im Grunde hat uhugreg ja nur bedauert, daß der Kuppelraum nicht in seiner ganzen Größe genutzt wird. Für wiederholte Kritik ist dieser Faden doch da.

    Auf die Gefahr hin, daß die Frage auch zum wiederholten Male gestellt wird: Gibt es eine offizielle und vernünftige Erklärung für die Zwischendecke? Klimatische Gründe lasse ich nicht gelten, da es nicht der einzige hohe Museumsraum auf der Welt wäre. Daß man damit jeden Gedanken an eine Rekonstruktion der Schloßkapelle im Keim ersticken wollte, glaube ich auch nicht. huh:)

    Nein, ich bedaure dass in diese Kuppel nichs ist ausser diese Trägestruktur. Kuppeln habe eine aüssere, aber Auch innere arhcitektonische Bedeutung. Hier hat mann sich nur auf das aüssere begrenzt, Reko nur zum zweck der Reko, ohne irgend ein Konzept für den Raum zu gestalten. Es ist ein leeres Raum mit nackte Betonwänder. Darum nenne ich es Attrappe, denn es erfüllt seine Funktion nicht. Wenn mann schonn die Kuppel wiederaufbaut, dann sollte mann Auch etwas gescheites daraus machen. Es wurden ja sogar die Fenster wiedereingebaut. Ist aber alles Nutzlos. Nur Dekorum. Und ich will ja nicht zwangsläufig eine neue Kappelle.
    Aber es hätte ein schönes, lichtbefluteter Raum werden können.
    Als Gegenbeispiel, wenn Auch extrem, fällt mir den Kuppelraum des Kunsthistorischen Museum in Wien, daraus ist ein Cafe geworden.

    https://c8.alamy.com/comp/R55TKX/th…tria-R55TKX.JPG
    https://media-cdn.tripadvisor.com/media/photo-s/…-kuppel-des.jpg

  • Ja, die Idee des Cafés für die Kuppel hatten wir ja oftmals genannt. Sehr schade, daß man das nicht so verwirklicht hat.
    Die Akustik im Wiener Kuppelcafé ist allerdings etwas gewöhnungsbedürftig, wenn man intime, stille Gespräche haben will.
    Eigene Erfahrung! Aber dennoch ein unvergleichliches Raumerleben.

  • Stimmt, Uhugreg, Du hast nicht nur die fehlende Funktion sondern auch die unvollständige Rekonstruktion bedauert. Von außen betrachtet hat sie aber schon eine enorme ästhetische Funktion und daher ist die innen unvollständige Kuppel natürlich besser als keine. Da wohl keine zwingenden Gründe für die Zwischendecke bestehen, kann man auf eine Rekonstruktion in paar Jahren hoffen. Das Beispiel des Kunsthistorischen Museums in Wien ist bestechend!