• Stella, auch wenn seine Ostfassade sowie die Westfassade des Schlüterhofs eher murks sind, war eh immer ein Freund und Unterstützer der weitgehenden Rekonstruktion des Schlosses. Überall wo umsetzbar, hat er Rekonstruktion zugelassen und sich selbst und seine Arbeit zurückgenommen. Ich finde, er war Alles in Allem eine gute Wahl. Nicht auszudenken, wir hätten, wie leider bei vielen anderen Rekonstruktionsvorhaben, einen Architekten, der die historischen Fassaden hasst und seine eigene Architektur auf Teufel komm raus durchsetzen und in den Vordergrund stellen will.

  • Das war schon eine kühne Idee von Tchoban Voss. Allerdings hätte sie auch ein unauthentisches Fantasieprodukt ergeben, das man dann wohl etwas zurecht mit den bekannten Sprechblasen bezeichnet hätte. Hier sind nochmal Visualisierungen davon zu sehen. Die Spreeterrassen wären in dieser Form auf jeden Fall einladender gewesen.

    Wenn wir uns zugleich vergegenwärtigen, welch buntes Gruselkabinett dieser Schloss-Wettbewerb damals war, kann man über die ruhige, adaptive, schlossfreundliche und recht neutrale Lösung von Stella nur dankbar sein:

    https://www.morgenpost.de/berlin/article…en-koennen.html

    Hier möchte ich widersprechen und dich fragen?! Ist eine integrierte Ostfassade, die sich in das Stadtschloss einfügt bzw. den anderen Seiten anpasst, nicht schöner als eine Ostfassade, die aussieht wie ein fremder Baukörper?

  • Oberflächlich ansprechender, ja. Hätte man es allein deswegen machen sollen? Ich finde nicht.

    Das Schlossprojekt war zu kontrovers dafür. Bei einem weniger entscheidenden Projekt wie der Fassaden-Doppelung eines Bürgerhauses (Wempe) am Dresdner Neumarkt ist das schon eher vorstellbar. Zumal der Tchoban-Voss-Entwurf auch sonst einige Schwächen hatte.

    Ich finde, das Schloss sollte irgendwann auch wieder seine vorbarocke Geschichte zeigen dürfen. Mit Schlossapotheke und Renaissance-Spreeflügel. Dafür wäre eine barockisierende Kunstfassade an der Stelle besonders ungünstig, während Stellas Werk eher wie eine Leinwand agiert, die man noch nach Belieben formen kann.

  • An der Ostfassade werden sich gewiss weiterhin die Geister scheiden. Aber selbst die größten Kritiker Stellas müssten eigentlich zugeben dass Stella überaus großartige neue Raumschöpfungen geschaffen hat, die auch noch in hundert Jahren ästhetisch überzeugen dürften. Dabei ist vor allem die Passage und der "neue" Eosanderhof zu nennen:

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    Weder Kollhoff noch Tschoban sahen an diesen Stellen ähnlich geniale Raumschöpfungen vor. Von daher: Stellas Bau mag Schwächen haben, aber insgesamt hat damals der beste Wettbewerbsbeitrag gewonnen.

  • Stellas Bau hat den Vorteil. Er hat die Räume so aufgeteilt, dass man zu einen späteren Zeitpunkt, Rekonstruktionen im Inneren möglich machen kann.

    Sollte das Schloss in Jahrzehnten doch mal unter Denkmalschutz in der jetzigen Form gestellt werden, dann wird es schwierig nachträglich an der Ostseite Korrekturen vorzunehmen.

  • Der Kollhoff Entwurf war außen in unserem Sinne sehr überzeugend, aber der hat sich - sehr nachvollziehbar - nicht getraut "innen" mehr Schloss zu wagen, womöglich nichtmal die Raumkubaturen. Soweit ich mich erinnere, waren da keine Innenportale und keine Durchfahrten vorgesehen...

    Bei der Passage glaube ich persönlich auch, dass diese auch in 100 Jahren noch bewundert wird. Das große Foyer ist etwas zu plump geraten und der Oberlichtbereich mit der "Industrie Verkleidung" schaut ein wenig billig aus.

  • The reality today with the scandal of the Reuss fellow and is plot to assassinate the Chancellor and overthrow the government, is all the excuse the opponents of the Schloss need to block any more reconstructions including statues for the roof and the great Cartouche (Coat of Arms) on Portal III.

    Sad but this is the reality.

  • ^Das Konstrukt wird ja immer abenteuerlicher. War der Prinz Reuß (der übrigens ja noch gar nicht verurteilt ist) nun etwa unter den Schlossspendern und kann als nächste Kontaktschuld-Attacke gegen den Förderverein und das Skulpturenprogramm verwendet werden?

  • Aber selbst die größten Kritiker Stellas müssten eigentlich zugeben dass Stella überaus großartige neue Raumschöpfungen geschaffen hat, die auch noch in hundert Jahren ästhetisch überzeugen dürften. Dabei ist vor allem die Passage und der "neue" Eosanderhof zu nennen:


    Ist stimme dir bei der Passage aka dem "Forum" zu. Ich empfinde es als sehr gelungen. Von der Idee her und von der Ausführung her, wo sich alt und neu gut ergänzen und vereinen.
    Und da sind wir bei dem Knackpunkt, wo die Agora meiner Meinung nach versagt: Hier vereint sich nicht viel. Allein die Seite des Triumphportals macht diesen Raum aus, macht ihn interessant und so beeindruckend. Den angebauten modernen Würfel blendet man doch ganz aus. Zudem stimme ich einem meiner Vorredner zu, dass der Würfel in der Ausführung teils billig wirkt und im Vergleich zum Portal so stark abfällt.

  • Irgendwie hat auch die Agora was. Auf Bildern weniger, aber wenn man da durchgeht, das ist schon imposant. Selbst vom Portal kommend. Doch ich finde den Raum schlecht genutzt. Weder in der Agora selbst noch auf der Galerie findet irgendwas statt oder gibt es wirklich was zu sehen. Außer eben die Infotresen des HF und die Bildschirme. Dafür ist der Raum dann doch etwas groß, um so wenig genutzt zu werden.

  • Ich finde den neuen Eosanderhof aka Agora wirklich eindrucksvoll. Vielleicht kommt das Eosanderportal heute sogar noch besser bzw. konzentrierter zur Geltung als im alten, breiteren Eosanderhof. Eine gewagte These, ich weiß. Der moderne Eindruck des Raums ergibt sich einfach durch die streng gerasterten Arkaden. Die Verkleidung mit Naturstein wirkt hochwertig, zu diesem Eindruck trägt auch die Fassadengliederung der Arkaden bei. Insgesamt erinnert mich der Raum, obwohl er recht klein ist, aber dennoch eine überwältigende Bühnenwirkung hat an das Teatro Olimpico in Viacenza.

  • Die Verkleidung mit Naturstein wirkt hochwertig, zu diesem Eindruck trägt auch die Fassadengliederung der Arkaden bei. Insgesamt erinnert mich der Raum, obwohl er recht klein ist, aber dennoch eine überwältigende Bühnenwirkung hat an das Teatro Olimpico in Viacenza.


    Wenn du nicht vom rekonstruierten Portal, sondern von den modernen Arkaden sprichst, dann ist das kein Naturstein, sondern Kunststein bzw. Zement.

    Das mit dem Teatro Olympico redest du denen unreflektiert nach. ;) Wenn du dir das Teatro Olympico, die angebliche Inspiration, genauer anschaust, siehst du, dass es bis auf das Triumphportal eigentlich grundsätzlich von der Agora des HFs abweicht. In Grundriss, in Aufbau und Gestaltung. Die Verbindung ist schon etwas weit hergeholt.
    So ein Bisschen überkommt mich das Gefühl, als ob man hier einfach das Teatro Olympico genannt hat, um dem schnöden Kasten etwas mehr italienisches Flair zu geben.

    Ich stimme meinen Vorrednern voll und ganz zu, dass der Raum sehr beeindruckend ist. Aber auch hier würde ich einwänden, ist er das doch nur aus zwei Gründen: Einmal wegen dem Triumphportal und zum Zweiten wegen der schieren Raumgröße, immerhin gut 30x30x30 Meter. Aber dieses Raumvolumen wäre mit anderen modernen Umfassungswänden ebenso gigantisch und daher beeindruckend. Dazu braucht es nicht viel.

  • ^ In der Agora findet sich überhaupt keine Arkade. Der Begriff kommt von arcus - der Bogen. Gemeint ist vermutlich eine Kolonnade (von colonna - die Säule) auch auch diese findet sich hier nicht. Es hanadelt sich um einen Stützengang.

  • Ich finde wie Maecenas , dass die Agora sehr qualitätsvoll ist, weil Stella es durchgesetzt hat, dass die Rückseite des Eosanderportals weitgehend (es fehlen nur die äußeren Säulen und Pilaster) rekonstruiert wurde. Im Zusammenspiel mit den Galerien wirkt das Eosanderportal wie eine Scenae frons und ich sehe darin schon eine Entsprechung (keine Übereinstimmung) mit dem Teatro Olimpico, dessen von Scamozzi entworfenes Proszenium gleichfalls eine Palastfassade mit Triumphbogenmotiv darstellt. Darüber hinaus wird das Auditorium von einer Kolonnade gefasst, die zusammen mit dem Proszenium eine Art Forumsarchitektur simuliert. Diesen Forumscharakter vermittelt auch Stellas Agora (griech: agora = lat. forum).
    Die Galerien sind übrigens aus Beton mit einem hohen Anteil an Sand - eine Spezialanfertigung, die in ihrer Oberflächenbeschaffenheit dem echten Sandstein sehr nahe kommt.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Dass es sich nicht um "Palastfassade mit Triumphbogenmotiv" handelt, sondern um ein aus dem griechischen Theater entwickeltes Proszenium handelt, welches in immer abgewandelter Form in vielen antiken Theatern existierte. Die jeweiligen Tore, maximal drei, deuteten immer auch auf den Kontext des Theaterstücks hin. In Vicenza sollte das Bühnenbild den Eingang zur Stadt Theben und ihre Gassen darstellen. In Wiki steht, dass es sich um die Adaption eines römischen Theaters handelt, die 'orchestra', also dem Raum vor der Bühne ist als Halbrund gestaltet. Beim gr. Theater wäre es ein runder Platz.

    Wa ich sagen wollte ist, dass für Foristen, die sich nicht so sehr mit der Theatergeschichte auskennen, der Hintergrund zum 'Teatro olimpico' doch ganz nützlich wäre,

  • Aber selbst die größten Kritiker Stellas müssten eigentlich zugeben dass Stella überaus großartige neue Raumschöpfungen geschaffen hat, die auch noch in hundert Jahren ästhetisch überzeugen dürften. Dabei ist vor allem die Passage und der "neue" Eosanderhof zu nennen:

    Ich will Stella nicht kritisieren, er hat erreicht, was zu erreichen war. Aber diese Raumwirkungen mit diesen historischen Vorlagen erzielen kann mE wirklich ein jeder.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • will Stella nicht kritisieren, er hat erreicht, was zu erreichen war. Aber diese Raumwirkungen mit diesen historischen Vorlagen erzielen kann mE wirklich ein jeder.

    „Jeder“ moderne Architekt hätte die historischen Vorlagen zu Kontrasten benützt, hätte sich bemüht, ihre Ausstrahlung für die Wirkung seiner eigenen tollen Einfälle zu missbrauchen: hätte sie verfremdet oder sonstwie ad absurdum geführt.

    Stella dagegen hat erreicht, dass diese Vorlagen überhaupt rekonstruiert worden sind - mehr als der Bundestag damals beschlossen hat! Der ehemalige Kleine Schlosshof ist dank der wunderbaren Proportionen der Gliederung der Seitenwände zu einem großartigen Veranstaltungsraum geworden, eine echte Bereicherung der ganzen Stadt - der Berliner Senat hat das nur noch nicht bemerkt. Will er auch gar nicht.

    Alles prüfe der Mensch, sagen die Himmlischen,

    Daß er, kräftig genährt, danken für Alles lern‘,

    Und verstehe die Freiheit,


    Aufzubrechen, wohin er will.


    Hölderlin