• Ich finde es ja gut, dass die Inschrift der Schlosskuppel uns zu einer christologischen Debatte anregt. Ich gebe UrPotsdamer Recht: "Gezeugt, nicht geschaffen" (genitum, non factum), wie es im Glaubensbekenntnis heißt. Christus ist nicht Geschöpf, er ist der Logos (= Wort, Sinn, Vernunft), von dem es im Prolog des Johannesevangeliums heißt: "Durch ihn ist alles geschaffen und es gibt nicht, das nicht durch ihn geschaffen worden ist". Das Johannesevangelium rezipiert damit bewusst den ersten Schöpfungsbericht des Buches Genesis. Selbst die Einleitung "Am Anfang war der Logos" (Joh 1,1) bezieht sich auf den Beginn von Genesis "Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde" (Gen 1,1). Dann heißt es, dass der Geist Gottes über den Wassern schwebte (Gen 1,2) und dass Gott "sprach: Es werde Licht" (1,3). Für die frühen christlichen Theologen stand damit fest, dass dies eine Anspielung auf die Trinität war. Vater, Geist und der (später in Jesus Christus inkarnierte) Logos erschaffen die Welt.
    Doch selbst wenn man nicht gläubig ist, kann man, wie ich finde, mit einer solchen Inschrift leben. Und wer meint, den personalen Gottesglauben des Christentums pantheistisch umdeuten zu wollen, mag dies auch gerne tun.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Ich glaube nicht, dass die Rippen und runden Fenster der Kuppel vergoldet waren, wie Seinsheim es vermutet und kunsthistorisch herzuleiten versucht. Diese Herleitung mag in sich nachvollziehbar, muss jedoch nicht zwangsläufig damals auch angestrebt gewesen sein. Quadratmeterpreis hin oder her...

    In diesem Gemälde von 1892 von Albert Kiekebusch sieht es so aus, als hätte die Kuppel komplett Patina angesetzt, bis auf die vergoldete Laterne natürlich. So wie es nun in einigen Jahren auch aussehen wird.

    Quelle: Wikipedia

    Auch setzt eine Vergoldung nicht solchen Dreck und eben Patina an.

  • Seinsheim

    Zu der Kuppelinschrift.

    Jesus als Brücke zwischen Mensch und Gott „ich bin der Weg“ hat niemand, das denke und empfinde ich so, treffender formuliert als vor über siebenhundert Jahren Walther von der Vogelweide in seinem weihnachtlichen Reisesegen: Jesus liegt für ihn in der Krippe, ein „junger Mensch und alter Gott“. Das Kind in der Krippe ist Gott, der den Menschen aufwertet, indem er nicht nur seine Gestalt annimmt - in der kleinsten und schwächsten Form, sondern auch sein Fühlen und Leiden. Er bleibt dabei der „alte Gott“und wird gleichzeitig ein „junger Mensch“, der nach einem nur dreißigjährigen Leben in einer entsetzlichen Hinrichtung alle Qualen, denen ein Mensch ausgesetzt sein kann, erleiden muss und erträgt, sich also mit allem Menschlichen voll identifiziert. Erst danach nimmt er durch Auferstehung und Himmelfahrt wieder die Höhe des alten Gottes ein, der er ja als Teil der Dreifaltigkeit ist.

    Man muss als Atheist den alten Gott und auch die Auferstehung und die Himmelfahrt nicht glauben. Aber man kann den Sinn übernehmen, dass ein Weg aus der menschlichen Bedürftigkeit nach Erlösung herausführt durch Mitmenschlichkeit oder auch durch Liebe zur Schöpfung, wie hier dargestellt worden ist, oder andere Wege oder Religionen.

    Ich meine in diesem Sinne kann die Inschrift der Schlosskuppel für jeden Bedeutung gewinnen, wenn er sie betrachtet und über sie nachdenkt. Wenn auch, wie ich zugebe, die Altertümlichkeit und Komplexität der Formulierung das heute nicht mehr einfach macht.

    Alles prüfe der Mensch, sagen die Himmlischen,

    Daß er, kräftig genährt, danken für Alles lern‘,

    Und verstehe die Freiheit,


    Aufzubrechen, wohin er will.


    Hölderlin

  • Es ist nicht die Altertümlichkeit der Formulierung, warum auch?

    Zitat
    Man muss als Atheist den alten Gott und auch die Auferstehung und die Himmelfahrt nicht glauben. Aber man kann den Sinn übernehmen, dass ein Weg aus der menschlichen Bedürftigkeit nach Erlösung herausführt durch Mitmenschlichkeit oder auch durch Liebe zur Schöpfung, wie hier dargestellt worden ist

    Das Problem ist halt, dass diese Prämisse den Atheismus verkennt. Der Atheist kann dazu nicht bereit sein, weil er a) das Bedürfnis nach Erlösung geringschätzen muss b) zwar Mitmenschlichkeit uU sogar als allerhöchstes Gut ansieht, jedoch Jesu Kreuzestod eben nicht als mitmenschlichen Akt, sondern als Torheit oder günstigstenfalls als Götzenopfer ansehen darf (vgl 1 Kor 1,18). Sonst ist er nämlich kein Atheist mehr.

    zu Goldstein Versuch, Jesus als Teil der Natur zu sehen, wäre zu sagen, dass dies natürlich problematisch ist, da Er die Naturgesetze bekanntlich, salopp formuliert, mit Füßen getreten hat. Aber sei's drum: der falsche Ansatz liegt darin, dass die "Natur" an sich im hier gemeinten Sinne christlicherseits keine Vergötzung erfährt, Es ist zwar nicht gut, sie zu zerstören oder zu verschmutzen, schon richtig, aber sie ist kein absoluter Wert, und sie wird eines Tages untergehen.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Beitrag 907

    Bilder sind aus der aktuellen Info des:

    Förderverein Berliner Schloss e.V. Aufnahmedatum: 17.5.2020

    übrigens teilt der Regierende Bürgermeister im Artikel mit, er könne sich eine Umsetzung des Neptunbrunnen vorstellen :applaus: wenn in einem Wettbewerb ein neuer Brunnen vors Rote Rathaus kommen würde. Da bin ich ja mal über die kommende Entwicklung in dieser Frage gespannt. :thumbup: 8 Mio.€ liegen dafür bereit !

  • Das Problem sind aber die Damen Lompscher und Lüscher, beide lehnen den Umzug des Neptunbrunnen ab und sind gegenüber dem BM Müller auch nur sehr bedingt weisungsgebunden.

    Zudem müsste die Fernwärmeleitung auf dem Schlossplatz verlegt werden. Ob das eine Kleinigkeit ist vermag ich nicht einzuschätzen.

    Hier ist das o.g. Statement des BM zu finden

  • Mal eine Frage, für die ich möglicherweise von meinen Forumskolleginnen und -kollegen gesteinigt werde.

    Kann mir jemand sagen, wann die Figuren auf dem Achteck unter der Kuppel aufgestellt werden? Im Netz konnte ich leider keine Antwort finden. Wenn ich mir die nackte Kuppel über die Webcam ansehe, fehlen diese Figuren doch sehr. Daran wird auch die bald zu installierende Laterne nicht viel ändern.

    Edit:

    (...) Sie müssten die acht Propheten Jesaja, Hosea, Zephania, Zacharias, Jonas, Daniel, Jeremias und Hesekiel im Depot einschließen, die einst auf der Balustrade der Kuppel standen, und sie müssten verhindern, dass Moses und Elias wieder an ihren Standort über dem Hauptportal zurückkehren. (...)


    Laut diesem Zitat, sind die acht Figuren zumindest noch erhalten. Wenn da schon ein Kran die Laterne auf die Kuppel hebt, könnte man diese Skulpturen doch gleich mit installieren, oder? :wink:

  • Kann mir jemand sagen, wann die Figuren auf dem Achteck unter der Kuppel aufgestellt werden?

    Für alle Balustradenfiguren werden ja eigens Spenden gesammelt, lt. der speziell dafür neu eingerichteten Spendenuhr fehlen an den benötigten Mitteln für alle Figuren noch 9 von 12 Mio. Euro... Ich nehme an, die kommen suksessive mit der Finanzierungsmöglichkeit, wie am Potsdamer Stadtschloss.

    Edit:

    Hier der Link zu den Spendenuhren... dort steht eindeutig "Rekonstruktion der Balustradenfiguren"... Da scheint nichts brauchbares mehr da zu sein. (Die Presse bringt da oft was durcheinander, wahrscheinlich handelt es sich bei den Figuren, die "im Depot eingeschlossen" werden müssten, um die Gipsvorlagen für die Bildhauer...)

    https://berliner-schloss.de/spenden-system/spendenstand/

    Wer zwischen Steinen baut, sollte nicht (mit) Glashäuser(n) (ent)werfen...

  • ^

    Vielen Dank. Die Spendenuhren waren mir bekannt. Ich hatte nur vermutet, daß vielleicht schon die ein oder andere Figur fertig rekonstruiert ist. Sind ja eine ganze Menge Balustradenfiguren um den gesamten Bau. Am Ende hilft wohl nur warten und überraschen lassen.

    Da werde ich wohl demnächst mal etwas für die Figuren spenden, damit es schneller geht. :wink:

  • Danke für die Fotos vom Schlüterhof:

    Für mich ist HIER die zurecht kritisierte OSTfassade. Sie hällt sich so sehr hinter dem Barock zurück, dass keinerlei Gestaltungswillen mehr zu sehen ist. Ein wirkliches Armutszeugnis.

    Mit der Ostfassade zur Spree kann ich leben, da sie im Kontext des heutigen Berlin halbwegs funktioniert.

    zu den Figuren auf der Kuppel:

    Einen Mobilkran für einen Tag heranzuordern kostet nicht die Welt. Man kann getrost die Figuren Stück für Stück später heraufheben.

    Am Postdamer Schloss gut zu beobachten, sobald neue Figuren fertig sind werden sie angeliefert und heraufgehoben. So füllt sich dort die Dachlandschaft langsam mit Figurenschmuck.

    Somit kann man weitere Spender motivieren. Ein Warten bis alle 8 fertig sind wäre schade.

  • Wer sich noch einmal mit den Fassadenfiguren im Einzelnen beschäftigen möchte, findet ab hier eine Übersicht (und auf den folgenden Seiten), wo fleißige Mitglieder des Forums im Strang zu Architektur und Kunsthistorie des Schlosses versucht haben, Informationen zusammenzutragen. Hier geht's z.B. um die Propheten der Schlosskuppel :daumenoben:

    Ich denke, man wird abschnittsweise vorgehen mit dem Aufsetzen der Figuren, also Portal für Portal und den Kuppelabschnitt als Ganzes. Wohl nicht für einzelne Figuren immer mal mit dem Kran anrücken. Schließlich befindet sich der Haupteingang des Humboldt-Forums am Eosanderportal, unter der Kuppel.

    Ein Teil der Fassadenfiguren wurde und wird über den großen Topf finanziert, weil sie schon darin enthalten und in Arbeit waren, bevor Ende 2019 der neue Topf "Balustradenfiguren" aufgemacht wurde. Es geht im neuen Topf auch nicht ausschließlich um die Figuren, sondern auch um weitere inzwischen realisierbare Teilprojekte wie z.B. Säulen und Stukkaturen an den Vestibülen der Portaldurchgänge IV und V. Details hierzu auf Seite 42 des Extrablatts Nr. 93 des Fördervereins Berliner Schloss.

    Von allen Fassadenfiguren wurden vor der Sprengung wohl lediglich die des Schlüterportals gerettet. Aber auch davon sind einige nachträglich verschollen oder beim Abbau beschädigt worden. Somit werden die Figuren ohnehin entweder Rekonstruktion oder - im Falle vorhandener Figuren - Nachbildung wegen der Standsicherheit.

    Im Artikel "Die Überreste des Schlosses – Grundlage für die Rekonstruktion " des Fördervereins kann man nochmal über die Sicherungsarbeiten, sowie Verbleib und Verwendung der wenigen Originalteile nachlesen.

    Leider habe ich noch keine Informationen zu aktuellen bildhauerischen Arbeiten an den Balustradenfiguren incl. Propheten gefunden.

  • Aktuelle Fotos vom Schloss kann man nie genug haben...

    Das ist eine Ansicht, der ich voll und ganz zustimme. - Bitte mehr davon. :daumenoben:

    Nun denn, dann noch einige Bilder von heute - immerhin mit einer Etage Einrüstungen weniger. Zunächst hieß es doch noch, dass die Gerüste an der Kuppel noch bis zum Aufsetzen der Laternen bleiben müssen?

    dsc019347vktp.jpg

    dsc01931gyk4o.jpg

    dsc01932k3k6u.jpg

    dsc0193578jk5.jpg

    dsc01937pzknx.jpg

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Es gibt in Berlin und Potsdam sehr gute Ergebnisse bei Hüllensanierungen (Schloss Charlottenburg, Schloss Babelsberg). Wann ist mit einer solchen beim Alten Museum zu rechnen?

  • Beim Betrachten von Mantikor s letzten Photo überkam mich nicht nur ein erneutes Bedauern wegen des Dachcafés, sondern auch wegen des Dachs an sich. Wir hatten ja schon einmal diskutiert, dass das Dach im 19. Jh. nachträglich angehoben wurde und nun zur Unterbringung der modernen Haustechnik mit rekonstruiert werden musste. Aber wie schön muss die Kuppel ausgesehen haben, als das Schloss noch (mehr oder weniger) ein Flachdach hatte.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.