Bremen - Altstadt - Remmer

  • In der jüngsten Zeit ist in der hiesigen Lokalpresse der Vorschlag laut geworden, das Tradtionslokal 'Remmer' neu zu beleben. Dieser Themenstrang ist daher dem baulichen Werdegang und den diversen Domizilen dieser - vielen Bremern immer noch als 'Institution' in Erinnerung stehenden - Gaststätte gewidmet.

    3 Mal editiert, zuletzt von Pagentorn (21. Dezember 2018 um 20:15)

  • Der ‚Remmer-Keller’


    Die jüngsten Leserbriefe von Ingo Hauser (Bremer Nachrichten vom 14.12.2018) und Kristian Nürnberg (Bremer Nachrichten vom 19.12.2018) sprechen sich für die Rekonstruktion des sog. Remmer-Kellers’aus - einem Bier-Restaurant der gleichnamigen Bremer Brauerei, welches in der Nachkriegszeit bis zum Abbruch des Lloydgebäudes in dessen Untergeschoß gelegen war. Anbei ein paar Illustrationen, die den Auswärtigen und auch nachgeborenen Bremern dessen Lage und Aussehen etwas erläutern sollen:

    Abbildung 01:
    Leserbrief von Ingo Hauser.

    Abbildung 02:
    Leserbrief von Kristian Nürnberg.


    Abbildung 03:
    Stadtkarte aus der Vorkriegszeit mit Adresse von ‚Remmer’ in der ‚Großen Hundestraße Nr.21 (in der Nachkriegszeit).

    Abbildung 04:
    Das ursprüngliche Aussehen der West- und Nord-Fassaden des Lloydgebäudes.

    Abbildung 05:
    Die West- und Süd-Fassaden des Lloydgebäudes (der Giebel des Hauptportals auf der Westseite ist deutlich zu schmal dargestellt). Der spätere Eingang von ‚Remmer’ nach dem 2. Weltkrieg ist durch einen Pfeil markiert.


    Abbildung 06:
    Süd-Portal des Lloydgebäudes an der Großen Hundestraße. Die kleine Tür in der Bildmitte ist der Eingang zu ‚Remmer’. Links oberhalb der Tür erkennt man ein auf ‚Remmer’ hinweisendes Wirtshausschild, sowie eine Laterne mit dem Namen der Brauerei. (Bildquelle: Aschenbeck, Nils [Hrsg.]: Bremen: der Wiederaufbau 1945-1960. Bremen 1997, Edition Temmen, S.27.) Der Andrang bei ‚Remmer’ dürfte manchmal ähnlich gewesen sein…

    Abbildung 07:
    Großaufnahme der Tür zur Gastätte. Das Foto wurde von Peter Stotmann von ‚Bremen History’ ausgegraben.

    Abbildung 08:
    Ursprünglicher Keller-Grundriß des Lloydgebäudes. Der spätere Eingang zu ‚Remmer’ ist mit einem roten Pfeil markiert.


    Abbildung 09:
    Vergrößerter Ausschnitt von Abbildung 08.

    Abbildung 10:
    Innenansicht eines Raumes im Remmer-Keller.

    Abbildung 11:
    Gleicher Blickwinkel wie in Abbildung 10; jedoch nach einem Umbau mit Wanddurchbruch.

    Abbildung 12:
    Ein anderer Raum der Gaststätte.

    Abbildung 13:
    Ein gut gefüllter Gaststätten-Raum.

    Abbildung 14:
    Werbepostkarte.

    Abbildung 15:
    Das Lloydgebäude wie es nach der Reparatur der Kriegsschäden (diese bestanden insbesondere in der Entfernung des markanten Turms und der zur Beseitigung des Hauptgiebels führenden Aufstockung des Gebäudes) und dem Einzug von ‚Remmer’ in einen Teil der weitläufigen Keller-Räumlichkeiten aussah.

    Abbildung 16:
    Lange vor dem Einzug von ‚Remmer’ dienten die Räumlichkeiten ursprünglich der Proviantabteilung von ‚Gottes eigener Reederei’ – dem NDL – als Wein-Keller.

    Abbildung 17:
    Gegenwärtig sieht es beim ehemaligen Eingang zum Remmer-Keller ungefähr so aus.


    Für viele Bremer der älteren Generation ist der Keller im Lloydgebäude das mittlerweile legendäre ‚alte Remmer’, welches im Zuge des Neubaus des Horten-Gebäudes aufgegeben werden mußte und durch das ‚neue Remmer’ im ehemaligen Nachkriegsgebäude des Varietes ‚Astoria’ an der Katharinenstraße ersetzt wurde. Viele werden das ‚neuer Remmer’ noch unter seinem letzten Namen ‚Altstadt’ kennen, welches erst in den frühen 1990er Jahren seine Pforten schloß.

    Aber das ‚Remmer’ im Lloydgebäude war genau genommen nicht das ‚alte’, das ursprüngliche Lokal gleichen Namens. Bremer die zwischen 1880 und 1925 geboren wurden, hätten eine derartige Bezeichnung empört zurückgewiesen: Denn für sie war das ‚alte Remmer’ – welches viel legendärerer war als alle seine Nachfolger zusammen – das ‚Remmer’ schlechthin also - ein Lokal, welches ganz woanders in der Altstadt angesiedelt war…

    Einmal editiert, zuletzt von Pagentorn (21. Dezember 2018 um 20:02)

  • Remmers Altdeutsche Bierstuben – das wahre ‚Remmer’


    Das eigentliche ‚alte Remmer’ befand sich in den Häusern Pelzerstraße Nr. 15 – 16 an der nördlichen Straßenseite, mit Blick auf den Nordflügel des Lloydgebäudes. Das Stammhaus von Wilhelm Remmer, die Nr. 16, wurde im Laufe der Jahre durch das benachbarte Haus Nr. 15 erweitert, erhielt gleichzeitig mit diesem eine neue Backsteinfassade – die aber die historischen Zierelemente beibehielt – und wurde später noch um einen rückwärtigen großen Saalbau ergänzt, der – ganz ähnlich dem Essighaus – einen Ausgang nach Norden hatte, wo man über eine schmale Gasse die Knochenhauerstraße erreichen konnte.

    Abbildung 01

    Stadtkarte mit den rot hervorgehobenen Häusern Pelzerstraße Nr. 16 (links) und Nr. 15 (rechts).


    Abbildung 02

    Luftbild der Pelzerstraße. Die beiden Häuser von Remmers ‚Altdeutschen Bierhallen’ sind eingekreist.


    Abbildung 03

    Gang durch die Pelzerstraße – ausgehend von der Einmündung in die Sögestraße im Osten bis zum Lloydgebäude am Westende. Das Reklameschild mit dem Namen ‚Remmer ist auf den rechten beiden Bildern jeweils eingekreist.


    Abbildung 04

    Die Fassaden der Remmer-Häuser. Links das Stammhaus Nr. 16 vor dem Umbau. Rechts ist das – nun backsteinsichtige – Stammhaus nach dem Umbau und der Erweiterung durch die Nr. 15 zu sehen. Links im Bild wieder das Lloydgebäude.


    Abbildung 05

    Das steinsichtige Erdgeschoß der Nr.16.


    Abbildung 06

    Die Erdgeschoßzonen von Nr. 16 (links) und Nr. 15 (rechts).


    Abbildung 07

    Grundriß des Gesamtkomplexes. Markiert ist die sog. ‚Gute Stube’.


    Abbildung 08

    Litho der ‚Guten Stube’ mit Blick nach Süden zum Eingang und zur Utlucht.


    Abbildung 09

    Litho mit dem gleichen Motiv wie in Abbildung 08.


    Abbildung 10

    Foto mit dem gleichen Motiv wie in den Abbildungen 08 und 09.


    Abbildung 11.

    Erhöhter Bereich in der Nordseite der ‚Guten Stube’.


    Abbildung 12

    Litho des erhöhten Bereichs.


    Abbildung 13

    Grundriß des Gesamtkomplexes mit Markierung der sog.‚Scheune’, eines langen schmalen Gastraums.


    Abbildung 14

    Litho der Scheune mit Blick nach Süden.


    Abbildung 15

    Foto der ‚Scheune’ mit Blick nach Süden.


    Abbildung 16

    Foto der ‚Scheune’ – gleiche Blickrichtung wie in Abbildung 15.


    Abbildung 17

    Grundriß des Gesamtkomplexes mit Markierung der ‚Halle’ im Haus Nr. 15.


    Abbildung 18

    Foto mit Blick nach Süden zum Eingang.


    Abbildung 19

    Foto mit Blick nach Süden aus etwas anderer Perspektive. Deutlich erkennbar ist die Drehtür des Eingangs.


    Abbildung 20

    Durchblick aus dem Nordende des Hauses Nr. 15 in das Haus Nr. 16, auf die Rückseite der ‚Besten Stube (im Bildmittelgrund) und den Aufgang ins Obergeschoß.


    Abbildung 21

    Nischen in der Halle der Nr. 15.


    Abbildung 22

    Grundriß des Gesamtkomplexes mit Markierung der neuen Halle im rückwärtigen Saalanbau.


    Abbildung 23

    Theke und Anrichte der neuen Halle.


    Abbildung 24

    Blick nach Süden in die neue Halle auf den Durchlaß zu den beiden Altbauten. Links die Theke.


    Abbildung 25

    Blickrichtung wie in Abbildung 24 aus etwas anderer Perspektive.


    Abbildung 26

    Blick nach Norden in die neue Halle auf den zum Gang zur Knochenhauerstraße führenden Ausgang (rechts im Hintergrund).


    Abbildung 27

    Nischen und Nordausgang.


    Abbildung 28

    Die Drehtür des Nordausgangs war von zwei Kopien der das Bremer Wappen haltenden Löwen der Freitreppe der Neuen Börse am Markt flankiert.


    Abbildung 29

    Die Ruine der Nr. 15, links neben dem Nachkriegsgebäude des Frauenerwerbs-Vereins an der Ecke Carl-Ronning-Straße / Pelzerstraße. Zumindest die Nr. 15 wäre somit wiederaufbaufähig gewesen !


    Abbildung 30

    Luftbild des gegenwärtigen, die beiden Grundstücke der Nummern 16 und 15 zusammenfassenden Nachfolgebaus aus der Nachkriegszeit (rot eingekreist). Dieser ist regelrecht eingeklemmt zwischen dem Gebäude des Frauenerwerbs-Vereins (rechts) und dem gigantischen, die Pelzerstraße überbauenden Horten-Gebäude.


    Abbildung 31

    Der Nachfolgebau aus der Fußgängerperspektive. Bis heute wird das Erdgeschoß gastronomisch genutzt. Die große Vergangenheit des Standorts ist den gegenwärtigen Betreibern jedoch nicht ganz bewußt….


    FAZIT: Die Rekonstruktion dieser Traditions-Gaststätte wäre in der Tat wünschenswert !


    Einmal editiert, zuletzt von Pagentorn (20. Dezember 2018 um 22:57)

  • @Pagentorn

    ich möchte die Gelegenheit kurz vor Weihnachten mal nutzen um mich für deine tollen Recherchen zu bedanken. Du trägst - wie auch mittlerweile viele andere Bremer hier - so viel Inhalt zum Forum bei und schaffst es, uns im APH Bremen viel viel näher zu bringen. Ich gebe zu, für mich war Bremen bisher ein weißer Fleck, aber du hast es mit den anderen Bremern hier im Forum geschafft, mir diese Stadt ins Bewusstsein zu rufen. Dafür besten Dank!

    Hoffen wir, dass es auch in Bremen bald positive Projekte zu vermelden gibt, die stolze Hansestadt hätte es verdient! :D

    APH - am Puls der Zeit

  • Mich begeistern diese Innenräume mit ihrer unglaublich gemütlichen und urigen Atmosphäre. Schiffe, die an der Decke hängen, Wandvertäfelungen etc. Wie gerne würde ich da mein Feierabendbier trinken!


    Danke für die Bilder!

  • Sehr geehrter, lieber Apollo,

    ich denke, ich darf im Namen aller Bremer hier im Forum sprechen, wenn ich sage, daß es für uns den höchsten Lohn darstellt, den geschätzten Forums-Freunden und Ihnen Bremen ein wenig näher bringen zu dürfen !
    Die so arg gebeutelte Stadt an der Weser muß endlich das graue Mauerblümchen-Dasein hinter sich lassen und sich vor allem von gewissen architektonischen Denkverboten (Reko-Tabu) verabschieden...
    Aber daran arbeiten wir ja - auch organisatorisch !
    Ihnen jedenfalls ganz herzlichen Dank für Ihre überaus freundlichen Zeilen und ein gesegnetes Christfest !

  • Mich begeistern diese Innenräume mit ihrer unglaublich gemütlichen und urigen Atmosphäre. Schiffe, die an der Decke hängen, Wandvertäfelungen etc. Wie gerne würde ich da mein Feierabendbier trinken!


    Danke für die Bilder!

    LIeber Landestrost,

    eine ganz wunderbare Gaststube, auch mit Wandvertäfelungen und Schiffen, die an den Decken hängen, ja selbst mit uralten Tischen und Bänken hat das Gildehaus der Schiffergesellschaft in Lübeck. Ja, dieses Gasthaus befindet sich nicht in Bremen, sondern in Lübeck. Aber es ist wohl aus demselben hanseatischen Geist heraus entstanden und es ist eben heute noch vorhanden, soviel ich weiß, noch immer als Gasthaus. Als ich 1974 dort war, waren leider alle Plätze besetzt. Zur Geschichte und auch zu Bildern dieses wohl einmaligen Gastraumes siehe hier:

    Gildehaus der Schiffergesellschaft Lübeck

  • Lieber Villa1895

    die von Ihnen genannte altehrwürdige Lübsche Institution an der Ecke Breite Straße / Engelsgrube gegenüber von St. Jacobi am Koberg repräsentiert in der Tat atmosphärisch Vieles von dem, was einst – natürlich in kleinerem Maßstab -auch beim ursprünglichen Remmer zu finden war. Unabhängig davon reichen die Wurzeln der Schiffergesellschaft selbstredend historisch wesentlich tiefer, als die der kommerziellen Brauereigaststätte !

    Vergleich des historischen Gastraums der Schiffergesellschaft mit der ‚Besten Stube’ von Remmers Altdeutschen Bierhallen:

  • Der Nordausgang von Remmer an der Knochenhauerstraße

    Blick in die Knochenhauerstraße in Richtung Westen. Das Hinweisschild auf den schmalen Nordzugang zum Lokal ist rot eingekreist. Im Hintergrund der Turm des NDL, der - ebenso wie schon bei der Pelzerstraße festgestellt - das Erscheinungsbild auch dieser Straße maßgeblich prägt. Sein gegenwärtiges Fehlen läßt diverse Straßen im nördlichen Ansgari-Quartier - ohne markanten Zielpunkt - im optischen Nichts enden.

  • Eine Vorkriegs-Speisekarte der Altdeutschen Bierstuben

    Auch wenn es nicht direkt etwas mit Architektur zu tun hat, so denke ich doch, daß es, wenn es um das Gebäude eines Traditionslokals geht, nicht ganz uninteressant sein dürfte, was in dessen Mauern so kredenzt wurde. Im Übrigen haben nicht nur wir, sondern auch viele andere in der Adventszeit turbulente Stunden hinter sich und können eine ‚Stärkung’ – oder zumindest einen ‚Appetit-Anreger’ – somit gut gebrauchen. Daher für alle ‚Hungrigen’ anbei eine Speisekarte aus dem Hause Pelzerstraße 15-16. Diese wird durch eine angeheftete Tageskarte ergänzt. Also: Prosit und guten Appetit !


  • Bremen brauchte sich hinter München kaum zu verstecken.
    Von der gastronomischen Urwüchsigkeit ist eigentlich nicht wirklich etwas geblieben. Rudimente.
    Schade zwar, aber es wird von neuen Generationen neue Urwüchsigkeit empfunden werden.