Abriss und andere schlechte Meldungen in Kurzfassung

  • Das was dort in Geisenfeld entsteht, wird nicht vierzig Jahre überdauern...

    Das mag hinsichtlich der Bausubstanz vielleicht stimmen, aber ich würde einen Punkt zu bedenken geben. Das ganze Spielchen aus Abriss und "Modernisierung" bzw. Neubau funktioniert so lange, wie das nötige Kapital dafür vorhanden ist. Dass nachfolgende Generationen in Deutschland noch so viel Geld zur Verfügung haben, um das weiter zu betreiben, wage ich zu bezweifeln. Wir alle wissen doch von der heraufziehenden Krise der Sozialsysteme, der Rentenkassen, der Schulabgangs-Qualität, der ethnischen Gemengelage usw.

  • Für erhaltenswert hätte ich das Haus aber auch nur gehalten, wenn sich das zukünftige Mehrfamilienhaus aufgrund seiner Größe oder wegen eines Flachdaches nicht ins Straßenbild integrieren würde.

    Also ich sehe die Erhaltungswürdigkeit unabhängig von dem, was später kommt. Erhaltungswürdigkeit ist eine Eigenschaft eines Objektes während seines Bestehens. Und diese Eigenschaft kann nicht abhängig sein von einem Ereignis, das erst eintritt, wenn das Objekt nicht mehr existiert.

    Im übrigen ist es bei diesem Bericht nicht um die Erhaltungswürdigkeit des Gebäudes aus städtebaulicher Sicht gegangen, sondern um die Kurzlebigkeit unserer Zeit, die Vernichtung grauer Energie (weiß hier überhaupt jemand, was das ist?) und vor allem die unselige Überbevölkerung.

    Mit dieser Ex-und-hopp-Mentalität wird es jedenfalls nicht immer so weitergehen.

  • Gloria Galerie genau so schlimm wie Abbruch Sternstrasse 2 in Magdeburg, Schöne Gründerzeitler in Chemitz Mitte, Barocke Neo-Bau einzig gelungen Neubau in ganz Freiburg,

    Diese 4 Bauten abbrechen ist fast Kriminel. Gloria Galerie sieht schön saniert aus, welch ein Irrsin und Wahnsin.

    Aber die Stuckabschlag in Berlin von mindestens 100.000 Bauten (Kriegsüberleber) finde ich die einzige grosse Deutsche Sünde der Nachkriegszeit und die grösste Fehler das die Sünde nicht sofort zunichte gemacht wird!!!.

    Berlin würde ungeheuer aufgewertet sein wenn nur 20% dieser Sünden wettgemacht würde.

  • Das ganze Spielchen aus Abriss und "Modernisierung" bzw. Neubau funktioniert so lange, wie das nötige Kapital dafür vorhanden ist.

    Kapital ist schon lange keines mehr da, jedenfalls kein echtes Kapital. Das ganze Spielchen fünktioniert doch nur noch über Kredite und genau diese halten dieses System aufrecht. Je mehr Kredite durch "Neubauten" desto besser, Qualität und Erhalt des Alten stören nur die permanente Umwandlung von Buchgeld in Warengeld.

    Labor omnia vincit
    (Vergil)

  • So so - Brandursache konnte nicht ermittelt werden, die Villa stand unter Denkmalshutz......ich mache mir da so meinen eigenen Reim auf die Brandursache - bedauerlich daß hier nicht weiter ermittelt wird :augenrollengruen:

    Du hast recht, der Denkmalschutz für die Villa musste zwangsweise aufgehoben werden.
    Der Abriss war unausweichlich. Die Temperatur bei dem Feuer war so ernorm hoch, dass das gesamte Mauerwerk sich ausdehnte. Deswegen konnten die auch nur einen kleinen Teil des Stucks retten, der Rest ist durch die ganzen Risse einfach zerbrochen!
    Es wurde im übrigen ein halbes Jahr lang ermittelt, es war einfach zu viel zerstört. Der defekte Kühlschrank in der Verbindung zum Anbau war aber zu 99% Schuld an dem Brand.
    Gerettet wurden außerdem übrigens die Geländer, Fenstergitter, die Turmspitze und die alte Eingangstür. Alles soll wieder an dem neuen Haus angebracht werden.

  • Es wurde ja schon damals hier berichtet vom ehem. 'Hotel Harzburger Hof' in Bad Harzburg. Jetzt wird es abgerissen.

    April 2014:

    Bildquelle: Wikimedia, Urheber 'Kassandro', CC BY-SA 3.0 unportiert

    Januar 2015:
    Bildquelle: Wikimedia, Urheber 'Hajotthu', CC BY-SA 3.0 unportiert


    Abriss startet: Harzburger Hof bald Geschichte - ndr.de

    Informationsseite mit umfangreicher Galerie (3 Seiten)


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    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

    2 Mal editiert, zuletzt von Mantikor (29. August 2017 um 23:03)

  • Etwas über 50 km weit entfernt in Harzgerode-Alexisbad ist der Überlebenskampf für ein Harzer Baukunstwerk noch im Gange.
    Das betreffende Objekt ist das ehem. Kurhaus, später Erholungsheim der DDReichsbahn.

    Bild aus dem Jahr 2014

    Bildquelle: Wikimedia, Urheber 'Olaf Meister', CC BY-SA 3.0 unportiert

    Luftbild des Gebäudes mit z. T. verschandelter Umgebung

    Weitere Bilder bei Mapio.net

    Morbide Schönheit: Harzklub gibt das Haus nicht auf – Mitteldeutsche Zeitung (12/2016)

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Ich werd irgendwie das Gefühl nicht los, dass wir in einer all umfassenden Verfallszeit leben. Es gibt Generationen die aufbauen, Generationen die vermehren und pflegen, Generationen die nutzen und verbrauchen und Generationen die zerstören. Hoffentlich geht es bald wieder aufwärts...

    Labor omnia vincit
    (Vergil)

  • Das Faszinierende an den ganzen heruntergewirtschafteten Objekten ist die Unfähigkeit der Eigentümer, Schönheit zu erkennen und entsprechend zu fördern oder ganz neu zu schaffen. Während man im Osten aus den größten Bruchbuden geschliffene Diamanten hervorzaubert (Pirna, Leipzig, Halle, Görlitz, ...), scheint der Westen nur noch mit Abriss oder warmem Abriss zu glänzen. Dabei ist durch den Klimawandel die Bausubstanz überall generell stark bedroht. Sei es durch Überschwemmungen und Starkregen oder Sturmböhen und Orkane. Die ungemütlichen Zeiten werden in Zukunft immer weiter zunehmen (kein Sommer ohne starken Dauerregen, kein Herbst ohne Orkan) und die Menschen sich nach einigermaßen heiler Welt sehnen.

    Der Harzburger Hof hätte ein ganz anderes Bild abgegeben, wenn überall Sprossenfenster und Schieferdächer vorhanden gewesen wären. Auch die nach Nikotin aussehende beige Farbgebung lässt nicht wirklich Enthusiasmus für eine Verbesserung des Zustandes aufkommen. Zudem ist Bad Harzburg generell kein Ort, der für seine schönen Gebäude bekannt und anerkannt ist.

  • Das ist wirklich traurig. Solche Gebäude sollten erhalten bleiben, weil sie in der Bauart mit den verwinkelten Dächern und der phantasievollen kreativen Gestaltung heute unwiederbringlich sind.

    Ich sehe hier Parallelen zu dem alten schönen Hotel Vier Jahreszeiten in Mülheim:


    Und die traurigen Bilder kurz vor dem Abriss:



    Nach dem Abriss:

  • Geschichte geht verloren, Heimat geht verloren, Seele geht verloren. Warum überlässt man unsere Umwelt denen, die all diese Werte nicht im geringsten kümmern?

    In dubio pro reko

  • Eine schreckliche Nachricht für alle Jugendstilfans: heute Nacht ist die berühmte "Glasgow School of Art" von Charles Rennie Macintosh ein Raub der Flammen geworden.

    http://www.faz.net/aktuell/gesell…e-15642925.html

    https://www.theguardian.com/uk-news/2018/j…w-school-of-art

    Es ist dies der zweite Brand nach 2014, diesmal jedoch wohl noch verheerender, so daß ein Wiederaufbau fraglich scheint. Die Renovierungsarbeiten nach dem letzten Feuer sollten im kommenden Jahr abgeschlossen sein.

  • Fragt sich, ob dort alles richtig gemacht wurde - Brandschutzkonzept - Baufirmen - Sicherheitsaspekte.
    Da es schon das 2. Mal ist, müssten nach Ursachenanalyse massive Konsequenzen gezogen werden.

    Bei den anderen Beispielen fällt auf, dass die Häuser alle deutlich entstellt waren. Vor allem die historischen Fenster geben einem Gebäude Ausstrahlung. Wenn nun in Neu-Isenburg und Mülheim solche Fehlentscheidungen getroffen wurden (mal wieder im Westen), dann sollte in Zukunft dieses Forum auf die Fenster und Dachziegel höchsten Wert legen. Eigentümer sind zum Erhalt verpflichtet - unter allen Umständen. Und wenn es solchen Banausen nicht passt, dann gibt es noch den Weg der Veräußerung.

  • Hier gibt es zahlreiche Photos der "Glasgow School of Art" im ursprünglichen Zustand und nach dem ersten Feuer vom Mai 2014, das vor allem den berühmten Bibliothekssaal zerstörte:

    http://www.scotcities.com/mackintosh/gsa.htm

    Zwei Vergleichsbilder, Zustand vor dem jetzigen Brand (teilweise noch mit Schutzdach) und danach:

    https://news.files.bbci.co.uk/vj/live/idt-im…rial1_tqii4.jpg


    https://news.files.bbci.co.uk/vj/live/idt-im…rial2_4l98l.jpg


    Schwer in Mitleidenschaft gezogen wurde auch das benachbarte O2 ABC-Theatre, ein ehemaliges Diorama / Kino, das seit einigen Jahren einen der größten und populärsten Musikclubs Glasgows beherbergte.


    Nach aktuellen Berichten ist das Macintosh-Gebäude komplett ausgebrannt, die Sandsteinfassaden durch die Hitze deutlich geschädigt und Teile wohl einsturzgefährdet.

  • Das ist ja ein Meilenstein der Architekturgeschichte. Ein Bild findet sich u.a. in dem Kunstgeschichts-Buch, das ich als Schüler kaufte. Ich kann mir nicht denken, dass das nicht wieder aufgebaut wird. Mal abwarten.

  • Na ja, in GB sagt man zu "abreißen" "auf Glasgower Art renovieren".

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Nun, Machintosh gilt nicht nur als einer der international wichtigsten Vertreter des Jugendstils, sondern geradezu als einer seiner Väter.

    Die Glasgow School of Art wurde zwischen 1896 und 1909 errichtet, Baubeginn war also gut 30 Jahre vor jener Pariser Ausstellung ("Exposition internationale des Arts dékoratifs"), die dem Art-Deco-Stil zum Namen und Durchbruch verhalf.

    Zudem hat Mackintosh nach Ausbruch des 1. Weltkrieges bis an sein Lebensende kein einziges Bauwerk mehr realisieren können, war also zur Zeit des Art Deco überhaupt nicht mehr als Architekt aktiv.

    Viele denken bei Jugendstil vornehmlich an die 'florale' Variante, die uns die romanischen Länder beschert haben (Seerosen, Schwäne, Frauenköpfe mit wallendem Haar, die Peitschenhieb-Ornamentik etc.), nicht unbedingt aber an die 'geometrische' Variante, die gerade in Schottland, Deutschland und Österreich zu finden ist. Interessanterweise hatte Mackintosh einen nicht unbedeutenden Einfluß auf den deutschsprachigen Raum. Er war 1900 zur Wiener Secession eingeladen und inspirierte dort etwa Josef Maria Olbrich (Darmstadt Mathildenhöhe) oder Josef Hoffmann und die später gegründete Wiener Werkstätte. Z.B. finden sich bei Mackintosh an Stuhlehnen oder auch bei den Fenstereinteilungen kleine Quadrate, die als Module im vitruvschen / palladianischen Sinne die Gesamtmaße bestimmen, und diese Quadrate gibt es dann auch bei den Möbelentwürfen von Josef Hoffmann oder etwa den bekannten Metallkörben und –vasen der Wiener Werkstätte, die ab 1903 produzierte. Ebenso finden sich die stilisierten Rosen Mackintoshs (die eigentlich auf Entwürfen seiner Frau Margaret MacDonald beruhen) später wieder in ähnlichen Rosenornamenten von Koloman Moser, der gleichfalls für die Wiener Werkstätte entwarf.

    Daß viele der Erzeugnisse der Innendekoration des deutschsprachigen oder auch des schottischen Jugendstils an Art Deco erinnern (man muß sich nur mal ein paar Ausgaben der von Alexander Koch in Darmstadt herausgegebenen Zeitschrift für Innendekration zwischen 1900 und 1910 ansehen, wo etwa viele der vorgestellten Möbel geradezu 'Art Deco' rufen), hat letztlich damit zu tun, daß im Art Deco stilistische Tendenzen genau dieser – im Vergleich zum floralen Jugendstil – 'moderneren' Möbel und Dekorationsstücke wieder aufgegriffen wurden.Wären deutsche Aussteller zur Pariser Ausstellung von 1925 zugelassen gewesen, wären ihnen sicher viele der dort gezeigten Stücke wie ein alter Hut vorgekommen, den man schon 1908 abgelegt hat. Von daher muß einen auch nicht verwundern, daß bereits 1919 das Bauhaus gegründet wurde. Man war im deutschsprachigen Raum stilistisch einfach längst weiter, weil man die Art-Deco-Phase in gewisser Weise künstlerisch schon um 1905 durchlebt hatte.


    Kleines Update zum Brand der Glasgow School of Art: auch wenn sich schon am Tag nach dem Brand, als die Trümmer noch vor sich hinschwelten, vereinzelte warnende Stimmen erhoben (Tenor: „Wieviel Mackintosh steckt noch in einem dann weitgehend rekonstruierten Gebäude?“), scheint der Wille zum Wiederaufbau doch zu überwiegen. Das mag nicht nur daran liegen, daß das Gebäude für die „Glaswegians“ wie für Schottland insgesamt ein Identifikationsobjekt ist, sondern weil es 'Ikonen der Moderne' allemal leichter haben, rekonstruiert zu werden.

    Noch konnte das ausgebrannte Gebäude nicht von innen inspiziert werden, ein Giebel scheint sich zudem wohl zu neigen und müßte Stein für Stein abgetragen werden, aber überwiegend ist in den Presseberichten davon zu lesen, daß das Gebäude wieder aufgebaut werden soll.

    Möge es so kommen.

    https://www.theguardian.com/uk-news/2018/j…from-demolition

  • Im nördlichen Saarland in der Gemeinde Büschfeld steht diese alte Mühle aus dem 18. Jahrhundert.



    Vor etwa einem Jahr ist der Giebel des Anbaus aus dem 19. Jahrhundert teilweise eingestürzt. Das Anwesen steht schon seit Jahren zum Verkauf und wird wohl bald ganz verschwunden sein.