Berlin - Karstadt am Hermannplatz

  • Aber wo bekommt man noch all' die kleinen Dinge, die es früher in Warenhäusern gab? Das war ja eben der Vorteil dieser Häuser. Heute ist man weitgehend auf das Internet angewiesen, wenn man es überhaupt noch bekommt.

    Ich weiß, es gibt ja jetzt diese Ramschläden (Ein-Euro, Poco etc.), aber da fehlt's dann auch an der Qualität. Ich suche augenblicklich eine Fußnägelzange von Pfeilring, aber in Berlin finde ich so einen Laden nicht mehr, wo es Qualitätsmesser, Scheren und ähnliche Metallwaren gibt.

  • Naja. Amazon wird es haben. Das Problem ist, dass man es in Europa verpasst hat eigene Champions im IT-Bereich aufzubauen. Anders als die Chinesen hat man sich vollständig in die Abhängigkeit der großen 5 Techgiganten begeben, die als Monopolisten den Markt vollständig bestimmen, nicht mal anständig Steuern zahlen und die gewonnenen Daten vollständig dem europäischen Einfluss entziehen.

    Das ist meiner Meinung nach solch ein riesiger Skandal und eine wirtschaftliche Dummheit sondergleichen. Wie soll selbst ein Karstadkonzern unter den heutigen Konditionen mit Amazon konkurrieren. Das ist als wenn man mit einem Käfer gegen einem Ferrari antritt. Man müsste fern ab der Probleme des Konzepts Kaufhaus endlich mal wieder dafür sorgen dass alle gleich behandelt werden und es neben dem Wettbewerb um Ideen auch einen fairen wirtschaftlichen Wettbewerb gibt. Hier hat die Politik vollumfänglich versagt.

    APH - am Puls der Zeit

  • Das ist zwar völlig off-topic, aber spannend: Amazon ist vollkommen abhängig von der Speditionsbranche. Wenn ich lese dass Amazon dort einer der agressivsten Preistreiber ist und DHL unter Druck setzt, und sogar einen eigenen Logistikdienst aufbauen möchte, dann bekommt man die Marktmacht eines solchen Konzerns auch in den Griff. Wichtig ist es hier, dass die Politik nicht reingrätscht und das Gewerkschaftsrecht aufweicht usw. Die Angestellten müssen sich gewerkschaftlich organisieren udn Arbeitskämpfe führen können, sonst ist das Geschäftsprinzip in meinen Augen illegal.

    Ich als Städter bestelle schon seit 2014 nicht mehr bei Amazon, weil mir das Paketgeliefere zu umständlich ist, zu lange dauert und weil Amazon viele Produkte gar nicht hat. Bei Elektronik sind sie regelmäßig teurer als hiesige Großhändler und Fachgeschäfte, oder sie verschicken Rückläufer als Neuware. Wenn ich mir anschaue was meine Freunde damit für ein Theater haben, bestellen sich einen PC-Monitor und stellen beim auspacken fest dass der schonmal benutzt wurde oder so, das hab ich alles nicht wenn ich in den Fachhandel gehe. Bei Amazon finde ich die Rezensionen sehr aufschlussreich, aber kaufen tu ich immer im Fachhandel. Dort dauert der ganze Vorgang nur wenige Minuten und ich hab mein Produkt am Abend, während ich bei Amazon oft tagelang der Lieferung hinterher recherchiere und nie weiß ob das Teil o.k. ist.

    Wenn man nun das Steuerrecht noch in den Griff bekommt, dann ist es eigentlich egal ob Amazon amerikanisch oder europäisch ist.

  • Nein. Aus meiner Sicht ist es keineswegs egal, weil man die Kontrolle über riesige Märkte, Zukunftstechnologie und die Datenströme einfach aus der Hand gibt. Amazon ist doch schon lange kein Versandunternehmen mehr. Das ist doch nur noch eine vorgeschobene Plattform um an Kundendaten zu kommen und die Dienste an den Mann zu bringen, die wirklich Geld bringen.

    Wenn man sich das Investitionsvolumen anschaut und woran Amazon, Google etc. derzeit arbeiten, dann geht hier im Hintergrund eine Techniktevolution vonstatten von der die Normalos nix mit bekommen. Hier werden in den nächsten 10 Jahren so fundamentale Änderungen ins Haus stehen und wir stehen am Rand und schauen zu.

    Was alles auf uns zu kommt sei es mit automatisierter Technik, künstlicher Intelligenz, VR, Medizin- und Gentechnik, all das sprengt die Vorstellungen von Menschen, die darin nicht involviert sind. Aber es wird die Welt in den Grundfesten verändern. Und Europa ist in keinem Bereich mehr vorne dabei. Europa droht das Nokia der Industrie 4.0 zu werden. Das was heute noch stark erscheint, ist in Wahrheit Technik von gestern. Und bei dem was in Zukunft entscheidend ist sind wir weitgehend außen vor. Nur es merkt aktuell noch niemand.

    APH - am Puls der Zeit

  • Doch, gerade in der Startup Szene, wo ich mich viel rumtreibe, ist das permanent das Thema Nummer Eins. Gerade Entrepreneuren wird es auch sehr schwer gemacht, überhaupt neue Geschäftsmodelle groß aufzuziehen. Weil die Bürokratie derart immens ist und sich sofort in den Weg stellt und in seltenen Fällen überhaupt den Entwicklungen nachzieht. Dazu noch die heftigen Kosten, die komplizierten Regelungen im Arbeitnehmerbereich. Daran beißen sich disruptive Unternehmen regelrecht die Zähne aus. Siehe Airbnb, Uber, Spotify, YouTube und Co.
    Meine Buchtipps zu dem Thema sind die beiden Bücher von Peter Diamandis, Abundance und Bold. Das lässt einen positiv auf die Entwicklung schauen und erkennen, welche Chancen wir nutzen können. Sollten insbesondere viel mehr Europäer lesen sowas.

    Das analoge Erlebnis wird auch erhalten bleiben denke ich. Ich meine, den Abgesang auf bestimmte Bereiche aufgrund neuer Technologien gab es schon immer. Bei der Einführung des Radios wurde gesagt es würde die Zeitungen ablösen, bei der Einführung des Fernsehens wurde gesagt es würde das Radio ablösen, selbiges galt dann bei der Einführung des Internets. Letzten Endes wird unsere Welt einfach noch vielfältiger und komplexer, mehr Dinge existieren parallel zueinander. Und alles hat irgendwie seine Nische und Existenzberechtigung.

    Für uns ist diese Vielfalt natürlich eine Herausforderung und zugleich auch eine große Bereicherung. Wir haben heute Zugänge und Möglichkeiten, von denen unsere Ahnen nur geträumt haben. Das gilt auch im Bereich des Einzelhandels. Insofern denke ich, dass die Warenhäuser und Einkaufszentren sich stark verändern werden, und zugleich aber auch dieselben bleiben. Denn das Bedürfnis Dinge vor dem Kauf anzufassen und genau zu begutachten wird bleiben. Das Bedürfnis nach Erlebnissen.

  • Amazon ist doch schon lange kein Versandunternehmen mehr. Das ist doch nur noch eine vorgeschobene Plattform um an Kundendaten zu kommen und die Dienste an den Mann zu bringen, die wirklich Geld bringen.

    Ich weiß zwar um die Zusammenfassung von Daten bei Amazon und daraus folgende gezielte Werbemaßnahmen. Ich fände es aber interessant, wenn Du das etwas detaillierter darlegen könntest.

  • Amazon macht mittlerweile immer mehr Umsatz im Cloud-Geschäft. Das ist auch aktuell der Megagewinnbringer. Und daneben ist Amazon zu einem Technologiekonzern geworden, der - was ja bei Investoren nicht immer auf Gegenliebe stößt - einen Großteil des Gewinns in Entwicklung investiert. Alexa ist das erste wirklich marktreife Produkt, was in die Richtung geht, wo man hin will.
    Das neue Amazon-Bezahlsystem wird auf Dauer die Branche revolutionieren, weil man komplett ohne Kassen auskommt und es Supermärkten faktisch erlaubt, mit einem Mitarbeiter pro Schicht einen ganzen Laden zu bespielen. Man arbeitet an eigenen Drohnen und einem eigenständigen Versandsystem, was wiederum auch den großen Einstieg in den Transport von Lebensmitteln inkludiert.
    Der große Vorteil ist, dass man mit Amazon eine Plattform hat, mir der man nicht nur einen ständigen Kundenkontakt hat, sondern eine Plattform, die unentwegt Daten sammelt und so antizipieren kann, was die Menschen wollen, was sie mögen, welche Trends es gibt etc. Diese Daten sind Gold wert. Weil man sie gezielt nutzen kann, um nicht nur Bücher oder Fernseher, sondern in Zukunft jedes erdenkliche Produkt und jede Dienstleistung an den Mann zu bringen. Sei es Lebensmittel, Versicherungen oder medizinische Dienst. Denn Amazon weiß ganz genau, was du willst noch bevor du es selbst weißt. Und mit vordergründig billigen Produkten wie Alexa oder Prime bindet man sich immer weiter, Amazon bekommt noch mehr Daten und so geht der Kreislauf immer weiter.
    Amazon ist ebenso wie Google, Facebook oder Apple eine Datenverarbeitungsmaschine, die ihre ursprünglichen Plattformen dazu nutzen, Daten zu sammeln, Trends zu erkennen, Technologie zu entwicklen und gleichzeitg den Kunden über verschiedenste Dienste immer noch weiter an sich zu binden.

    APH - am Puls der Zeit

  • Ein Problem ist die Naehe aller Amerikanischen Internet Dienste zu dem Geheimdiensten. Diese bauen und bauten Google und andere richtig mit Personal und Geld auf. Ist gerade ein riesen Thema hier in Kanada. Frankreich behauptet, dass Ergebnisse in der Forschung in der Atom-energie so geklaut wurde. Griechenland behauptet, dass der Retungsschirm damals belauscht wurde. Die CIA hat dann die Info aus Deutschland fuer Milliarden Dollar an Amerikanische Banken verkauft. Dass Europa keine Internet Firmen aufbaut macht mich stutzig. Wir redden hier von 4-5 grossen Firmen in Europa mit 100 bis 200 Milliarden in entgangenen Steuern. Das Geld fehlt dann auch in der Bauwirtschaft, versteht sich.

  • 2029 wäre doch ein schönes Wiedereröffnungsdatum anlässlich des hundertjährigen Jubiläums dieses Baus. Und vielleicht sind die Traufhöhenfetischisten bis dahin auch abgewählt, so daß Berlin tatsächlich einmal die Chance hat, sich endlich auch architektonisch zu einer Metropole zu entwickeln. Gerne auch anknüpfend an den Baustilen der 20er Jahre. Wo auch sonst...? :)

  • vielleicht sind die Traufhöhenfetischisten bis dahin auch abgewählt, so daß Berlin tatsächlich einmal die Chance hat, sich endlich auch architektonisch zu einer Metropole zu entwickeln.

    Die Einhaltung der Traufhöhen hat den Berliner Straßenzügen wenigstens so etwas wie eine Fassung gegeben. Das andernorts kunterbunte Durcheinander von zweigeschossigen Buden, viergeschossigen Gründerzeit- oder Nachkriegswohnhäusern und modernen Spekulations-Hochbauten wurde dadurch immerhin verhindert. Urbaner ist daran nämlich eigentlich wenig. (Z.B. hier oder hier) Punktuell ist ja in Berlin eine Höherbebauung möglich (z.B. Hochhausplanungen am Alexanderplatz). Insofern war das seinerzeit eine richtige Entscheidung. Und dass Berlin keine Metropole sei, wird wohl die Mehrheit der Bevölkerung etwas anders beurteilen.

    Gleichwohl hoffe ich auf diese Landmarke des Karstadt-Gebäudes. Sie wäre eine Bereicherung für Berlin und eine Sehenswürdigkeit. Hoffentlich vor 2029.

  • Die Einhaltung der Traufhöhen hat den Berliner Straßenzügen wenigstens so etwas wie eine Fassung gegeben. Das andernorts kunterbunte Durcheinander von zweigeschossigen Buden, viergeschossigen Gründerzeit- oder Nachkriegswohnhäusern und modernen Spekulations-Hochbauten wurde dadurch immerhin verhindert. Urbaner ist daran nämlich eigentlich wenig. (Z.B. hier oder hier) Punktuell ist ja in Berlin eine Höherbebauung möglich (z.B. Hochhausplanungen am Alexanderplatz). Insofern war das seinerzeit eine richtige Entscheidung. Und dass Berlin keine Metropole sei, wird wohl die Mehrheit der Bevölkerung etwas anders beurteilen.
    Gleichwohl hoffe ich auf diese Landmarke des Karstadt-Gebäudes. Sie wäre eine Bereicherung für Berlin und eine Sehenswürdigkeit. Hoffentlich vor 2029.

    Gerne auch 2021. Aber man sollte den Berliner Hang, solche Projekte endlos hinauszuzögern, natürlich immer mit berücksichtigen und sich lieber keine allzu großen Hoffnungen machen. Daß Berlin keine Metropole wäre, habe ich übrigens nicht behauptet, sondern allein den architektonischen Zustand dieser Stadt angesprochen, in der ich seit fast 40 Jahren lebe und sie deshalb auch kenne. Hier nur ein kleines Beispiel der speziellen Berliner Hochhausallergie, die ich mit meiner Traufhöhenbemerkung angesprochen hatte..:

    https://www.tagesspiegel.de/berlin/berlin-…r/19983072.html

    Ich könnte mir also vorstellen, daß unsere Linksgrünen auf die drohende Verschattung Kreuzköllns hinweisen werden und eventuell auch die "Nazi"-Optik beklagen, die sie an solchen Gebäuden regelmäßig zu entdecken glauben. Mal sehen, was wird...

  • Berlin wird wohl in architektonischen Fragen langfristig das Schicksal Londons teilen. Es werden pilzartig überall im Stadtgebiet Hochhäuser entstehen, ohne dabei einem Masterplan zu folgen, sondern je nach Investoren- und Genehmigungssituation. Es gibt ja jetzt schon immer neue Standorte für Hochbauten, z.B. am Potsdamer Platz, am Alexanderplatz, am Breitscheidtplatz, neben dem Hauptbahnhof und nun auch noch am Spreeufer.
    Da ist kein Gesamtkonzept zu erkennen, sondern es wiederholen sich immer nur dieselben Debatten über mehr Urbanität und Internationalität für Berlin (egal an welchem Standort).
    Ein für sich stehenden Viertel wie in Paris La Defense wäre natürlich zu bevorzugen, lässt aber die bisherige Bauentwicklung in Berlin gar nicht mehr zu.

    " Dem Wahren, Schönen, Guten "

  • In London sollen wohl aktuell ca. 200 Hochhäuser in Planung oder im Bau sein. Chinesische und saudische Investorenprojekte, die schon gar nicht mehr auf dem britischen Markt, sondern gleich in Peking und Riad angeboten werden.
    Aber London ist natürlich jetzt schon völlig versaut durch die merkwürdigsten Konstrukte, Gurken, [entfernt] und das Riesenrad. Da ist wohl nichts mehr zu retten. :(

    Ansonsten bietet sich in Berlin besonders das Spreeufer mit seinen vielen Brachen zur Hochbebauung an. Und tatsächlich wären dort, wo die Spree am breitesten ist, längst richtige Hochhäuser emporgewachsen, wenn die Investoren nicht massiven Gegenwind von den "Aktivisten" von "Mediaspree versenken" bekommen hätten.

    Aber hier geht´s um Karstadt am Hermannplatz und um die phantastische Aussicht, daß das Gebäude originalgetreu rekonstruiert wird. :)

    Moderation (Fusajiro): Bitte auf die Wortwahl achten.

  • Nicht zu vergessen:
    Das Walkie-Talkie



    Diego Delso, delso.photo, License CC-BY-SA

    Die Konstrukte in "Futurama" sind um einiges origineller und müssen sich dazu noch nicht mal so aufplustern. Schockierender finde ich hier aber die schrecklich brutalistische Parkhausarchitektur neben dem klassisch ausgewogenen Prachtbau am Themseufer.

  • Der aktuellste Artikel zur geplanten Reko des Karstadt Hermannplatz aus Österreich:

    https://diepresse.com/home/wirtschaf…aufhaus-Europas

    Neben der Nutzung der Dachterrasse, soll auch eine Markthalle in der Reko Platz finden. Wer die Signa kennt, der weiß, dass diese Gesellschaft ihre Pläne konsequent und immer umsetzt. Keiner wird sie daran hindern und schon gar kein grüner Bezirksfuzibuzi. Ich freue mich schon wahnsinnig auf diese Rekonstruktion!