Leipzig - Augustusplatz

  • Ich wohne seit einer guten Woche in [lexicon='Leipzig'][/lexicon], durchquere den Augustusplatz jeden Tag mit dem Rad um zur Arbeit zu fahrend.
    Bevor ich hier wohnte, ihn nur zweimal kurz gesehen hatte, empfand ich ihn wirklich als furchtbaren Schandfleck,
    aber auf einmal habe ich ihn richtig ins Herz geschlossen (auch wenn ich mir immer noch schmerzlich bewusst bin, was hier vor dem
    Krieg stand).
    Mein Schlüsselerlebnis war, als ich den Platz das erste mal nachts, herrlich illuminiert, sah. Ich finde das Gewandhaus bei Nacht,
    mit seinem riesigen auf den Platz ausgerichteten Deckengemälde schon irgendwie beeindruckend,
    freue mich schon richtig drauf, wenn der Mende-brunnen fertig saniert ist, und er mit diesem Gemälde korrespondiert.
    Ich mag auch die Form des Uniriesens, er stellt wirklich eine tolle Landmarke dar und hilft mit, [lexicon='Leipzig'][/lexicon] etwas weltstädtisches zu verleihen.
    Auch das Ensemble Kroch-Hochhaus, nebenstehendes Geschäftshaus und die Oper wirken nachts sehr sehr prächtig. Schließlich haben wir noch das Europhaus, welches ich als interessant erachte...
    die Schwachstellen sind meiner Meinung nach die Ostseite, die lässt den Platz wirklich Öde wirken, auch durch die Post.
    Auch kann ich mich nicht soo recht mit dem neuen Paulinum anfreunden, die Form (obwohl sie eher einer unwürdigen Persiflage der alten
    Unikirche gleicht) ist irgendwie noch einigermaßen gefällig, aber die Farbgebung oder sogar die Materialität hätten anders gewählt werden müssen,
    durch das viele Blau Grau hat das ganze eine sehr kalte Ausstrahlung, so passt es zwar einigermaßen zum Uniriesen, aber überhaupt
    nicht zum Geschäftshaus-Krochhaus-Opern-Ensemble passen will, der Platz
    wirkt dadurch so zerissen, eine Sandstein-fassade, oder zumindest ein wärmerer Grauton hätten sehr viel retten können.
    Soo ich hoffe das wird mir nicht übel genommen, das ich jetzt eine Lanze für den heutigen Augustusplatz gebrochen habe,
    einen Platz, den ich so nicht missen möchte, der zwar bei weitem nicht perfekt ist, aber durchaus seine Reize
    bietet und wirklich nicht als Schandfleck tituliert werden sollte, wer mir nicht glauben kann oder will, dem empfehle ich wärmstens, sich den
    Augustusplatz nochmal Abends bei dunkelheit anzuschauen, während gerade die Arbeiter auf dem Krochhochhaus ausholen, um ihren Glockenschlag zu tätigen. Dieser Platz hat definitiv, einen zumindest sehr interessanten, einzigartigen Flair!

    3 Mal editiert, zuletzt von Kaoru (22. Juli 2015 um 15:05)

  • Die Anfang der 60er Jahre errichtete, denkmalgeschützte Hauptpost am Augustusplatz wird ab Ende Jahr für circa 100 Mio. € aufwändig saniert und danach u.a. Studentenwohnungen und Geschäfte beherbergen. Dies alles unter dem neumodischen Namen "The Post".

    http://www.thepostleipzig.com/idee.php

    http://www.rottenplaces.de/main/?p=15102

    In der Altstadt die Macht, im Kneiphof die Pracht, im Löbenicht der Acker, auf dem Sackheim der Racker.

    Hätt' ich Venedigs Macht und Augsburgs Pracht, Nürnberger Witz und Straßburger G'schütz und Ulmer Geld, so wär ich der Reichste in der Welt.

  • Keine Einwände. Das Gebäude ist ein Beispiel hochwertiger und seriöser Moderne, besonders die Visualisierung nach der Sanierung überzeugt mich. Es muss ja nicht immer klassisch sein, auch in den 60ern ist manch Gutes entstanden, besser als die heutige kurzlebige Blob-Architektur.

    In dubio pro reko

  • der erste Sanierungsentwurf gefiel mir um einiges besser http://s196.photobucket.com/user/Slache/me…8fc323.jpg.html, da hat der Denkmalschutz aber nicht mitgespielt. Die aktuelle Sanierungsplanung sieht irgendwie..schäbbiger aus, nicht so wertig, wie der Denkmalschutz die Loggien akzeptieren konnte ist mir auch ein Rätsel, sind sie doch viel massivere eingriffe in die Fassade als die vorher geplante Schwarzfärbung statt originale Blaufärbung der blinden Flächen der Glasfassade...
    die Loggien erwecken an mich Assoziationen an Plattenbau-Balkone :thumbdown:

  • Soo ich hoffe das wird mir nicht übel genommen, das ich jetzt eine Lanze für den heutigen Augustusplatz gebrochen habe,
    einen Platz, den ich so nicht missen möchte, der zwar bei weitem nicht perfekt ist, aber durchaus seine Reize
    bietet und wirklich nicht als Schandfleck tituliert werden sollte, wer mir nicht glauben kann oder will, dem empfehle ich wärmstens, sich den
    Augustusplatz nochmal Abends bei dunkelheit anzuschauen, während gerade die Arbeiter auf dem Krochhochhaus ausholen, um ihren Glockenschlag zu tätigen. Dieser Platz hat definitiv, einen zumindest sehr interessanten, einzigartigen Flair!


    Die ZEITgibt seit einigen Monaten eine kleine Ostausgabe heraus. Im Mai erschien bei ZEIT ONLINE ein Artikel zum Leipziger Augustusplatz, der bereits im MERIAN Heft Nr. 09/2015 erschienen ist.

    ...Wenn auch die DDR die größten Spuren auf dem Platz hinterlassen hat, wäre es ganz falsch zu sagen, allein die DDR sei schuld daran, dass von seiner einstigen Schönheit kaum mehr etwas zu sehen ist. Die alte Paulinerkirche ließen die Kommunisten 1968 sprengen, der Rest aber, das Bildermuseum, Theater, Universitätsgebäude, Post – all das fiel dem Krieg zum Opfer.

    Der Augustusplatz ist ein ausgesprochen deutscher Platz. Große Nazi-Aufmärsche gab es hier, in der Pogromnacht 1938 brannte das Kaufhaus Bamberger & Hertz, weil es Juden gehörte. Beobachten ließ sich die Hatz vom Café Felsche gleich gegenüber. Das hatte lange Café français geheißen, was zwar fein und teuer klang, aber seit 1914 nicht mehr deutsch genug. Heute befindet sich an selber Stelle ein Neubau mit einem deutschen Restaurant, das sich italienisch gibt. Der Leipziger geht mit der Zeit..


    Noch kann man dort diskutieren. Die Leser sollten gelassener auf die Ostberichte in der ZEIT reagieren. So schlecht sind ja wirklich nicht. :D

  • Es ist vollkommen richtig, auf so einen Artikel wie zitiert kann man eigentlich nur mit Episodischem antworten. Dazu vielleicht mal einige Stimmen vom Volk damals, wobei dies daraus resultiert, daß die Fotografen leider nicht namentlich bekannt sind. Fangen wir also bei den Kollegen der Firma Goldring an:

    Sie brachten ihre Messewerbung vermutlich Ende der 1950er Jahre noch am Bildermuseum an und hätten es
    gewiß nicht gesprengt.

    Und der Leipziger Bürger, der im Sommer 1962 seinen Spaziergang am Karl-Marx-Platz machte, fotografierte
    eben mit dem sprudelnden Mendebrunnen

    auch das Bildermuseum, an dem noch zumindest die Linien 10, 11 und 28 in der Schillerstraße vorbeifuhren.

    Hier sieht man auch schon die umfangreichen Sprengungsvorbereitungen im Jahre 1962. Das Ganze wurde auch offiziell gefilmt. Ob es bereits im Internet ist, entzieht sich allerdings derzeit meiner Kenntnis.

    Und natürlich fotografierte der Bürger auch das Augusteum gleich mit:

    Dazu paßt die Seitenansicht aufgenommen von einem anderen Bürger im Jahre 1968 mit der 1960 eingeweihten Oper:

    Im Vordergrund ist das Johanneum zu sehen. Hier noch einmal mit Blickrichtung mehr zur Universitätsstraße:

    Was nun das Volk selbst anbelangt, so war es nicht nur 1989 auf der Straße, sondern es gab die vielfältigsten Anlässe
    wie ein 25-jähriges Jubiläum - zum Singen und zum Musizieren

    oder z.B. dieses

    oder noch früher etwas vermutlich vor dem I. Weltkrieg

    Allein zum Universitätsjubiläum 1909 gibt es ganze Serien zum Augustusplatz.

    Damit will ich nur darauf hinweisen, daß man sehr, sehr vorsichtig sein sollte, wenn man den Platz auf einige
    "progressiv" scheinende Schlagworte zurechtschraubt. Gerade diesem Populismus, wo jeder mit seinem Halbwissen labern kann, entzieht man sich, indem man immer hübsch konkret bleibt.

    Zur Ehrenrettung der ZEIT muß man allerdings sagen, daß es ja auch dort gute Recherchen gibt, wenn man will
    wie zu den Skandalen um Cum/Cum und CBL.

    Nur bezüglich Leipzig sieht man die Stadt eben immer noch aus zweiter bzw. dritter Hand und darf sich nicht wundern, daß dies nicht läuft. Aber vielleicht wird Giovanni di Lorenzo auch noch dahinter kommen ...

    Etwas weiter war da die WELT AM SONNTAG mit ihrem "totlobenden" Artikel vom 11.06.2017 "Du herrliche Heldenstadt!".
    Hier wurden zumindest anhand einiger Personen unterschiedliche Perspektiven dargestellt.

    Auch wenn manches dabei vage und allgemein blieb, strahlte der Beitrag doch eine Lebendigkeit aus, nach der man meinen müßte, daß es in einigen Jahren in Leipzig vielleicht außer dem lokalen Zentralorgan eine vollkommen neue publizistische Kraft geben kann ...

    Wie dem auch sei, inzwischen ist es ganz wichtig für die Leser und Betrachter, unabhängig der verschlafenen oder verkrusteten Medien hier im Forum mit aktuellen und umfassenden Dokumentationen wie von Stahlbauer Informationen aus erster Hand zu bekommen!

    Natürlich wäre es günstiger, wenn wir mit Galileo-Daten die Bildbestände verorten, um mehr historisches Material optimal nutzen zu können und damit Dopplungen zu vermeiden, aber naja, vielleicht kommt das auch noch ...

  • Es dürfte tatsächlich nicht allgemein bekannt sein, dass der alte Augustusplatz nicht überwiegend kriegszerstört gewesen ist.

    Noch einige alte Bilder.

    Wochenmarkt, um 1890.

    Blick nach NO um 1893.

    Als kleines Schmankerl noch der Paulinerhof nach der Umgestaltung durch Rossbach, etwa um 1900.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Gut, wenn einiges nicht allgemein bekannt ist, müssen wir noch etwas Wissen vermitteln.

    Fangen wir bei der Post an. Davon blieb nach dem II. Weltkrieg nur wenig:

    Postgebäude am Augustusplatz um 1946

    Die eigentliche Ansicht hatten wir bereits in einem anderen Zusammenhang:

    Die Hauptpost im Jahre 1896

    Hier nochmals im Straßenbezug Richtung Johanniskirche in den 1920er Jahren. Man beachte den Grimmaischen Steinweg, der rechtsseitig weiterhin nicht bebaut ist infolge der Kriegszerstörungen.

    Der Blick vom Bildermuseum am Augustusplatz in Richtung Johannisgasse um 1946

    Noch einige Jahre davor:

    Dazu der historische Bezug:

    Blick vom Augustusplatz in Richtung Johannisgasse 1907

    Blickrichtung Roßplatz

    Dazu noch eine andere Aufnahme aus den 1930er Jahren

    Und wieder Amateurfotos aus der Nachkriegszeit:

    vermutlich aus den frühen 1950er Jahren

    Hier sieht man, daß man schon dabei war, das Eckgebäude zur Johannisgasse zu sichern.

    Nur leider setzte dann eben jene "sozialistische" Stadtplanung ein, die die städtischen gewachsenen Strukturen mißachtete und bis heute an vielen Stellen weitergeführt wird.

    Für den Augustusplatz bedeutete das, daß sowohl die Poststraße als auch die Johannisgasse, die beide zum Platz führten, zugekleistert wurden. Die betrifft auch weitere Straßen in Leipzig.

    Dafür wurde der Ring für Verkehr und Demonstrationen ausgebaut. D.h. in den kommenden Jahrzehnten wird man genug zu tun haben, um die insbesondere für ältere Bürger lebensgefährliche Überquerung des Innenstadtringes wieder abzustellen und die Straßen wieder städtisch erlebbar zu machen.

    Ansonsten ist der Augustusplatz ja insbesondere durch die "Illustrirte Zeitung" der bestdokumentierte Platz ...

    1846

    1851

    1857

    1875

    1882

    1902 und


    um 1905

    Dies ist insbesondere für die jüngeren Leser, die es noch erleben werden, wenn die jetzige "Betonkiste" (Bezeichnung des Architekten) wie sein sozialistischer Vorgängerbau endlich auf den Müll landet und einer Paulinerkirche weicht, die wieder an Martin Luther, Johann Sebastian Bach und vielen anderen Berühmtheiten anknüpft und dann wieder 700 Jahre überdauern kann.

    Inzwischen werden auch die Akten der legendierten Spitzel und Gesinnungslumpen nebst ihrer Verbrechen vorliegen, die den originalgetreuen Wiederaufbau der Paulinerkirche, den auch 27 Nobelpreisträger befürworteten, mit allen erdenklichen Mitteln hintertrieben.

    "Eine Stadt hat Zeit."

  • Es sind aufgrund des ominösen Artikels in der ZEIT Ergänzungen erforderlich.

    Fangen wir mit dem Bildermuseum an.

    Hier gab es einen Werbelauf zum Volkshaus im August 1929 zum Abschluß nach dem Stafettenlauf "Rund um Leipzig"

    Die Situation 2017 (alle Vergleiche am 25. Juni 2017)

    In die andere Richtung wurde dann später öfters marschiert:

    Vermutlich zu einer 1. Mai Demonstration in den frühen 1950er Jahren (Fotograf unbekannt), als man am Bildermuseum vorbei zum "Karl-Marx-Platz" spazierte.

    Man hätte gern gelesen "Lasertechnik", aber es ging in der Tat um Lagertechnik, wo nach dem Ende der DDR herauskam, daß es so viele Reservelager gab, daß die DDR unweigerlich zugrunde gehen mußte.

    Die Situation 2017

    Und noch ein weiteres Begängnis möge Beachtung finden:

    Hier zogen die Mitarbeiterinnen von Th. Althoff (jetzt Karstadt) am 1. Mai 1938 in der Schillerstraße vorbei an der Schule für Frauenberufe und dem Rentamt (rechts) zum Augustusplatz.

    Hier bietet sich zu den Qualitäten des Augustusplatzes zwei weitere Vergleiche an.

    Blick vom Bildermuseum zur Universität im Jahre 1912

    Blick vom Gewandhaus 2017 zum neuen Architekturverschnitt

    Der Vergleich nochmals mit der Terrasse am Bildermuseum im Jahre 1906

    Von der Seite gesehen die Universität in der Einmündung der Schillerstraße zum Augustusplatz

    gelaufen am 29.07.1925 nach Löbau - und heute

    rechts zu beachten: Universität mit "neuem Design". Da kann man sogar mal auf das lokale Zentralorgan hinweisen und insbesondere auf die Kommentare der Leser:

    http://www.lvz.de/Leipzig/Bildun…t-als-Hausfarbe

    Doch nun zum eigentlichen:

    Das ist das Café Felsche, gelaufen am 30.10.1911 nach Gelenau

    Die Situation im Jahre 2017

    und nochmals, eine Ansicht gelaufen am 21.07.1911 nach Cuxhaven

    Es ist also nachweislich falsch, wenn man die Umbenennung mit dem I. Weltkrieg verknüpft. Leider ist es oft so, daß Beiträge (auch bei Wikipedia) gut gemeint und ideologiegeleitet sind und es mithin sehr lange dauert, bis man die Realitäten anerkennt.

    Der "Kulturfortschritt" im Jahre 2017

    Kaffeehaus Felsche, gelaufen am 22.04.1922 nach Dessau

    Nun könnte man weitere Vergleiche anstellen. Im Prinzip ist es schon mal wichtig, viel Grün auf einem Platz zu haben. Aber man muß ja bedenken, daß der Augustusplatz eine Tiefgarage ist. Und von den gewünschten Ambitionen des Herrn Wolfgang Tiefensee im Zuge der Olympiabewerbung, die Milchtöpfe und den ehemaligen "Augustus"-Anbau vor Eröffnung des Konglomerats eines betrügenden Architekten wieder zu entfernen, ist nichts geschehen.

    Jedenfalls ist der Standort für die Tiefgarageneinfahrt auf dem Augustusplatz selbst höchst ungünstig.

    Und auch auf der anderen Seite macht es keinen guten Eindruck.

    Die Kneipe heißt nach "Augustus" inzwischen "Hans im Glück" ...

    Zum Grün, zu Plastiken und Terrassen, die für die Attraktivität des Augustusplatzes bereicherten, werde ich vielleicht noch einige Beispiele gelegentlich zeigen. Abschließend vielleicht noch der Brunnen, der doch ebenso wie die vielen Bänke positiv angenommen wird, auch wenn wieder mal im Sommer vom Gewandhaus bis zur Oper überall Baufeld ist.

  • Die Leipziger Oper gefällt mir überhaupt nicht. Viel zu streng, kantig, monoton, man spürt den bemühten Kompromiss zwischen Neoklassizismus und Modernität, mit dem Ergebnis dass beides nicht überzeugt. Keine Architektur, die irgendwelche zustimmenden Emotionen auslöst. Das Gewandhaus ist da deutlich spektakulärer.

    In dubio pro reko

    5 Mal editiert, zuletzt von reklov2708 (28. Juni 2017 um 21:58)

  • Die Leipziger Oper gefällt mir überhaupt nicht. Viel zu streng, kantig, monoton, man spürt den bemühten Kompromiss zwischen Neoklassizismus und Modernität, mit dem Ergebnis dass beides nicht überzeugt. Keine Architektur, die irgendwelche zustimmenden Emotionen auslöst. Das Gewandhaus ist da deutlich spektakulärer.

    Vor allem beleuchtet wirkt die Oper ziemlich gut:

    http://img.fotocommunity.com/leipziger-oper….jpg?width=1000


    http://www.fotocommunity.de/photo/oper-lei…ihring/24602265


    So oder so, immer noch (nicht nur architektonisch sondern auch institutionell) eine Zier für die Stadt, ganz im Gegensatz zur furchtbaren Ostseite, deren Zustand jetzt durch die Sarnierung der Hauptpost auch weiterhin manifestiert wird. Einzig das Europa-Haus macht was her. Der Blickpunkt des Johanniskirchturms wird in den nächsten Jahrzehnten auch nicht wiederkehren. Etwagige Rekonstruktionsbestrebungen wurden mangels Realisierungschancen abgeblasen. So verläuft der Blick weiterhin in die Ödnis, nur leicht gedämpft vom Grassimuseum.
    Die anderen Platzseiten haben zumindest ihre Akzente und machen den Platz immer noch einzigartig. Das Gewandhaus hat genau zwei Stärken, die dafür aber richtig: Der geniale große Saal mit dem spektakulären und expressionistisch anmutenden Freipfeifenprospekt der Schuke-Orgel: Jenseits von Kirchen habe ich noch nie Orgelkonzerte auch optisch so sehr genossen wie im Gewandhaus:

    http://www.gruppenreisen-sachsen.de/media/Nutzerbi…samtansicht.jpg

    http://www.eventim.de/obj/media/DE-e…06-2016-004.jpg

    Und die Frontfassade mit dem phantastischen und vieldeutigen Monumentalgemälde von Sieghart Gille beleuchtet bei Nacht, korrespondierend mit dem prunkvollen Mende-Brunnen:

    https://www.gewandhausorchester.de/fileadmin/_pro…_927325b0b9.gif
    http://www.fotocommunity.de/photo/gewandha…iander/37816042

    http://www.do-it-at-leipzig.de/csdata/image/1…_10214_orig.jpg

    Das ist DDR-(Post)Moderne in Höchstform.

    Der Rest der Außenarchitektur ist höchst problematisch im Stadtbild wie auch sonst
    und aus den meisten anderen richtungen wirkt der Saalkorpus wie ein hingeworfener, unförmiger grau-brauner Karton oder ein kafkaesker Riesenkäfer mit Buckel:

    https://www.google.de/maps/@51.33712…!7i13312!8i6656

    https://www.google.de/maps/@51.33752…!7i13312!8i6656

    Einzig die erste Etage mit dem Erdgeschoß strahlt zum Schillerpark hin eine gewisse postmoderne Eleganz aus (ja sowas soll es vereinzelt auch geben, Postmoderne kann nicht nur billig) Leider finde ich ad hoc kein brauchbares Bild davon.

    Einmal editiert, zuletzt von Kaoru (29. Juni 2017 um 00:14)

  • Das vergessene Menschenbildnis

    Zum Augustusplatz ist zu sagen, der er im übertragenen Sinne früher die Sonntagstischdecke im Wohnzimmer war.

    Gleich ob noch zu Zeiten Geutebrücks

    oder in der Bebauung nach Rossbach

    Um 1905 setzte sich dies fort. So gibt es eine große Anzahl derartiger Lithographien, im Winter wie im Sommer, am Tage wie auch bei abendlichen Bildern.

    Und die Plastiken bzw. Skulpturen hatten dabei immer eine wichtige Funktion, nicht nur nebenan am Gebäude der Dresdner Bank. Selbst als das Kroch-Hochhaus entstand, wo die Glockenmänner das Haus abschließen.

    Hier hat der Verlag die Aufnahme mit den Figuren des Neuen Theaters noch retuschiert. in der Folgeaufnahme ist jedoch ersichtlich, daß die Planungen dem entsprachen, was man sich erdachte.

    Aufnahme undatiert (vermutlich Anfang der 1930er Jahre)

    Zu DDR-Zeiten geisterte immer der Spruch herum: "Hast Du schon gehört?
    Das Hochhaus wird auch abgerissen? Da stehen schon zwei Männer mit einem Hammer drauf.

    Jedenfalls waren alle Öffentlichen Gebäude sorgsam mit Großplastiken und Reliefs versehen. Was bei privaten Gebäuden das Hauszeichen, der unverwechselbare Hausname und der Ziergiebel war, gestaltete sich bei Theater,
    Post, Museum und Universität ebenso reichhaltig bis prunkvoll.

    Um die Diskussionsmöglichkeiten zu erweitern - auch für weitere Zusammenhänge - habe ich für das Neue Theater drei Aufnahmen ausgewählt. Die erste, weil sie doch einiges Atmosphärisches wiedergibt:

    Das Neue Theater, gelaufen am 18.04.1902, Empfangsstempel nach Rothenfurth 19.04.1902

    Die Farbansicht um 1905, die die plastischen Elemente in ihrem Umfang andeutet. Dazu eine Aufnahme aus den 1930er Jahren, die den Bestand vor der Bombardierung dokumentiert:

    Fußläufig zur Post hatten wir oben schon eine Aufnahme. Die Plastiken kann man hier etwas besser sehen:

    mit Zug-Poststempel Leipzig-Hof 7.11.1907

    Wie auch immer, egal ob 1896 oder folgend in den 1920er Jahren, es war immer ein Blickfang:

    Die Plastiken stellen zugleich immer ein Bindeglied dar, weil sie je nach Blickrichtung, Funktion, Bedeutung gemäß Allegorie oder sonstiger Geschichte den Platz verbinden.

    Im Prinzip wäre nur eine neue Gestaltungssatzung für den Augustusplatz zu verabschieden, die diesen Faden wieder aufnimmt. Auf Seiten des Bildermuseums verdeutlicht dies in Richtung Rossplatz der Bocciaspieler:

    gelaufen 20.09.1909 nach Berlin

    Auf der Rückseite des Museums (wenn auch nicht direkt zum Augustusplatz gehörend) stand der Wächter:

    und auf der Seite zur Universität die Reifenwerferin:

    Aus anderer Richtung gesehen, vermutlich Anfang der 1940er Jahre:

    Dazu kommen natürlich die Plastiken am Bildermuseum selbst, die explizit gewürdigt werden müßten.

    Dieser Stich des bereits neu umgebauten Bildermusuems zeigt noch die Geutebrücksche Fassung des Augusteums, vor dem das "Schinkel-Tor" mittig eingebunden war. Mit der Rossbachschen Umgestaltung erhielt es seine Funktion als Bindeglied zwischen Rentamt und Augusteum.

    Als ein bekannter Kunsthistoriker als junger Mann nach dem II. Weltkrieg erstmals vom Hauptbahnhof kommend den Augustusplatz sah, hatte er trotz aller Zerstörungen Empfindungen an Griechenland / Athen.

    Es erlebte zwar nicht mehr Klingers Werk

    http://www.paulinerkirche.org/Projekte/Kulturgut/klinger.html

    aber die Karyatiden bekräftigten diesen Eindruck:

    Amateurfoto Anfang der 1960er Jahre.

    Detail Rietschel-Relief

    im Bestand auch Dehio:

    http://www.paulinerkirche.org/dehio.html

    Dieses existierte also noch nach Rossbachs Architektur:

    Bis zur Sprengung auch nach den Wünschen der SED und "Karl-Marx-Universität" Leipzig.

    Und selbst nach der Sprengung sah es noch so aus, bis alles in die Etzoldsche Sandgrube gekarrt wurde:

    Das ist also kein Teil der Paulinerkirche, wie es das Universitätsarchiv Leipzig auf seinen Seiten fälschlich suggeriert.

    Man stelle sich nun vor, die Leipziger Universitätsleitung bekennt sich zu ihrer Schande und ihren Verbrechen und
    bildet ihre Archäologiestudenten u.a. dafür aus, dieses schwerwiegendste Verbrechen in der Universitätsgeschichte und
    zugleich nationale Kulturverbrechen vollständig aufzuklären und die Universitätsgeschichte mit dem verschütteten Kulturgut, das teils nicht einmal inventarisiert war, einfach zu bergen ...

    Und man stelle sich vor, die Karyatiden würden wieder fein säuberlich geputzt und sorgsam restauriert
    das Gesicht und das Eingangsportal der Universität Leipzig:

    Foto aus den 1930er Jahren