Die Vertreter der Bremer Initiative haben sich definitiv nicht genug ins Zeug gelegt und ihre Möglichkeiten nicht genutzt. Das weiß ich aus sicherer Quelle. Auch eine Vernetzung mit Stadtbild Deutschland wurde zwar angedacht, dann aber von dort nicht weiterverfolgt.
Warum so sibyllinisch, Bagration? Nenne mal Ross und Reiter: Wer sind die Vertreter der Bremer Initiative und - welche Initiative meinst Du. Ich kenne viele Initiativen in Bremen, aber diese ist mir unbekannt.
Warum sollte sich eine Initiative zur Rekonstruktion der Essighausfassade bilden, wenn der Investor Jacobs diese im Beisein des Bremer Landeskonservators offiziell über die Bremer Presse- und Fernsehlandschaft verkünden lässt. Jeder ging davon aus, der baut das jetzt auch, man kann sich da auf ihn verlassen. Dann baute noch der Dudler-Hofberichterstatter Jürgen Hinrichs vom Weser-Kurier bezüglich Jacobs ein bestimmtes Image auf: der verlorene Sohn der seit 500 Jahren in Bremen ansässigen Jacobs-Familie kehrt zu seinen Wurzeln zurück und investiert in seiner Heimatstadt. Dass Jacobs inzwischen Rechtsanwalt in Hamburg und dort auch seine Firma ansässig ist, ging dabei unter ebenso wie sein Wohnort in der Lüneburger Heide.
Dass Jacobs ein ganz gewöhnlicher Investor ist, der Gewinne einfahren will, wurde nicht erwähnt. Und so stellt sich für mich die Sache heute so dar, dass die Geschichte mit der Essighausfassade nur ein Fake war. Aber warum?
Nun, wir kennen das doch aus der Architekten- und Investoren-Szene: Verschriftet durch die berüchtigte Architektenprosa - beschönigende Texte der eigenen Projekte, eingerahmt in Aufbruchs- und Avantgardeerzählungen (Dudler: mein Bau ist zeitlose Architektur) - und bildlich dargestellt durch nicht minder beschönigende Fotos mit fröhlichen Menschen, die über sonnige Plätze vor dem zukünftigen Bau laufen, reden, lachen.... werden die Bürger in "Stimmung" gebracht und manipuliert. Es geht um den Prozess vor der Erstellung eines Gebäudes. Nach mir dann - die Sintflut!
Und so, vermute ich vor diesem Hintergrund, stellt sich auch die Essighausblamage dar: Den Bürgern wird erst mal, die heutigen modernen Architekten kennen die Sehnsucht der Bevölkerung nach historischen Bauten genau, eine Geschichte erzählt, die nie verwirklicht werden wird, was vorher schon klar ist! Aber es geht ja in dieser Vor-Phase des Prozesses darum, gute Stimmung zu machen und gute Gefühle zu erzeugen, um die Investorenaktivitäten psychologisch abzusichern und die Bevölkerung erst mal positiv zu stimmen. Kommt dann kein großer Widerspruch, folgt - viel Wasser ist inzwischen die Weser herabgeflossen, fast schon ist das Projekt in Vergessenheit geraten - Phase zwei. Nun wird erklärt, dass man von der Rekonstruktion einer Renaissancefassade Abstand genommen habe, aber - aus Respekt vor der Historie - werde man die Erinnerung in einem Schattenwurf auf die Fassade projizieren.
Was wäre bei einer ehrlichen Darstellung der Pläne, gleich am Anfang, befürchtet worden? Hätte Jacobs gleich seine Absichten kund getan, die Bürger wären gegen den Verlust der Essighausreste und den dahinter bestehenden Renaissancegiebel angegangen. Leserbriefe noch und nöcher, vielleicht eine Initiative, der sich auch Oppositions- und Beiratsspolitiker anschließen. Es hätte die Gefahr bestanden, dass das Projekt kippt. Dann doch lieber die ICH-KOCH-DEN-FROSCH-METHODE. Erst in lauwarmes, angenehmes Wasser werfen und dann die Temperatur langsam immer mehr erhöhen - bis er elendig stirbt.