Saarbrücken Teil 2: Alt-Saarbrücken West (Galerie)

  • Dieser zweite Teil zu Alt-Saarbrücken umfasst den Rest des links von der Saar liegenden Stadtteils mit dem Ensemble Ludwigsplatz, der Deutschherrenkapelle, Vorstadtstr. , etc... Dieses Viertel wurde stark im Zweiten Weltkrieg zerstört, daher dominieren heute die Neubauten:

    Beginnen wir an der Wilhelm-Heinrich Brücke unsere Stadtteilbesichtigung mit Blick in Richtung Stengelstraße:


    An der linken Seite befindet sich am ehemaligen Neumarkt das "Haus der Architekten"



    Eines der jüngsten Neubauten in der Stengelstraße:




    Gegenüber:


    Kreuzung mit der Eisenbahnstraße:



    Ein Zweig des Staatstheaters ist in diesem Nachkriegsprovisiorium "Sparte 4" untergebracht:



    Ein Stück weiter, südwärts, an der Einmündung zur Wilhelm-Heinrich Brücke, die barocke Friedenskirche, 1743-51 von Friedrich-Joachim Stengel erbaut:


  • Puh, wenn ich mir diese Bilder ansehe, dann kann ich total nachvollziehen, dass die Deutschen die reisefreudigste Nation sind. Aus solchen Städten kann man jede freien Tag nur entfliehen! Totale Niederlage für die Architekten, die das komplettest verbockt haben! Das „Haus der Architekten“ versinnbildlicht diesen Frevel optimal. Schimpf und Schande.

  • Bis auf das letzte Bild die typische bundesdeutsche Tristesse.

    Nein, meiner Meinung nach ist Saarbrücken da schon ein anderes Kaliber. Es gibt wohl nur wenige Städte in Deutschland, die es ebenfalls geschafft haben, beide Flussufer, die Haupteinkaufsstraße und das Wahrzeichen (Schloss) so dermaßen zu verschandeln. Und da kommen ja noch die üblichen Probleme nachkriegsdeutscher Stadtplanung, wie z. B. zu groß geratene (Kaufhaus-)Blöcke und die "autogerechte" Stadt hinzu.

    Gut, vielleicht liegt es auch an meinen Erfahrungen, dass ich diese Stadt nicht sonderlich mag. Meine erste Erinnerung an Saarbrücken ist, wie ich als kleiner Junge mit meinen Eltern zum Einkaufen hergefahren bin. Wir parkten an der Berliner Promenade, einer Garagenzone direkt am Saarufer und "ein Stockwerk unterhalb" der Bahnhofsstraße, der Fußgängerzone von Saarbrücken. An der Berliner Promenade roch es nach Urin, überall lag Müll herum, viele Tauben(+ -kot) und Obdachlose. Von der anderen Uferseite lärmte der Verkehr der Stadtautobahn. Und oben in der Bahnhofstraße angekommen: alles voller Nachkriegsbauten, übergroßen Reklametafeln und viel zu vielen Menschen. Einfach zum davonlaufen. Und das mitten in einer deutschen Landeshauptstadt!

    Klar, es gibt auch Lichtblicke, wie z. B. die Traditionsinseln um die Ludwigskirche oder den St. Johanner Markt. Auch die Berliner Promenade wurde mittlerweile mit viel Geld herausgeputzt. Aber das alles kann doch nicht die strukturellen Probleme dieser Stadt überdecken. Um die zu lösen, bräuchte es zumindest einen Stadttunnel und größere Abrisse, wenn nicht sogar eine tiefgreifende Neuplanung der von FWL vorgestellten Zonen 1, 2 und 3. Und das ist -leider- vollkommen utopisch.

  • @Stuegert ja das stimmt die Ecke ist sehr trostlos, deshalb habe ich die ja auch mitaufgenommen, um alle Fazetten der Stadt zu präsentieren. Es gibt aber auch größere Gründerzeitquartiere in Saarbrücken, die später noch gezeigt werden ;)

    @Luxemburger danke für deine klaren Worte. Genau deswegen habe ich auch so meine Probleme mit meiner Heimatstadt. Ich will aber mit diesen Galerien ein ausgewogenes Bild der Stadt euch machen, also die furchtbaren Bausünden zeigen, aber auch die schöneren Ecken!
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    Noch ein paar Bilder von diesem Gotteshaus:

    Bevor wir uns dem Schmuckstück Alt-Saarbrückens widmen, dem Ludwigsplatz, ein paar Ansichten von der Wilhelm-Heinrich Straße, die im Zweiten Weltkrieg zwar sehr stark zerstört wurde, wo aber in der Nachkriegszeit die Gebäude im traditionellen Stil angelehnt wiederaufgebaut wurden:

    Das Gebäude des Deutschen Roten Kreuz aus den 1950er:

    Dazwischen, das schon vorhin gezeigte "Garelly Haus" von hinten. Früher war hier in der Nähe der alte Neumarkt


    Ein Haus weiter ist noch originaler Barockbestand:

  • Dahinter der Rest des jetzigen Neumarkts, ein Parkplatz hinter einem großen Straßendamm:

    Blick in Richtung Ludwigskirche. Hier sieht man die barocke Symmetrieachse, die schon Stengel im 18. Jh. konzipiert hatte:


    Und auf der südlichen Seite der Wilhelm Heinrich Straße, diese barockisierenden Neubauten :



    Es gibt hier noch eine brachliegende Häuserlücke, ein immer noch existierender Rest des Krieges...



    Hinter der Friedenskirche:



    Die Symmetrieachse von dem Ludwigsplatz aus. Der Kirchturm im Hintergrund ist die ehem. ev. Kirche von St. Johann:

  • Ich will aber mit diesen Galerien ein ausgewogenes Bild der Stadt euch machen, also die furchtbaren Bausünden zeigen, aber auch die schöneren Ecken!

    Das verstehe ich absolut! Niemand kann und will schlecht über seine Heimatstadt reden, da schon von Natur aus dort seine Plätze hat, an denen man sich wohl fühlt. Und die gibt es zum Glück in jeder Stadt. Stuegert wird dich da bestimmt verstehen. :)

    Die klaren Worte habe ich deswegen gewählt, da auch Saarbrücken seine Besucher mit dieser brutalen Sprache empfängt. Man kommt halt entweder mit dem Zug am scheußlichen Eurobahnhof an und setzt seinen Weg auf der Bahnhofstraße fort oder man kommt mit dem Auto und fährt an der Wilhelm-Heinrich-Brücke von der Stadtautobahn ab.

    Gleichwohl kenne ich auch einige schöne Ecken und freue mich darauf, von dir noch weitere gezeigt zu bekommen. :daumenoben:

  • Kommen wir nun zum Ludwigsplatz. Er wurde als sogenannten "Place royale", dh. als viereckigen, perfekt symmetrischen, zentralen Platz, geplant von dem großen Baumeister, Friedrich Joachim Stengel. Im Mittelpunkt steht, die von ihm von 1761-75 errichtete protestantische Ludwigskirche. Sie ist ein Zentralbau und hat den Grundriss eines griechischen Kreuz. Urprünglich war auch die Kirche in weiß gestrichen im Sinne der barocken Vereinheitlichung. Erst mit der Romantik im 19. Jh. wurde der Putz abgeschlagen, um den Buntsandstein zu zeigen. Im Zweiten Weltkrieg ausgebrannt, wollte man ursprünglich das Innere der Kirche im typischen Nachkriegstil geplant, der zum Glück nicht realisiert wurde. Heute ist die Kirche Innen vollständig rekonstruiert wurden und wieder neben dem Hamburger Michel und der Dresdener Frauenkirche eines der bedeutendsten Kirchenbauten der Protestanten!



    Ein Blick zurück:

    Die Südseite der Randbebauung ist komplett erhalten. Heute befindet sich in diesen Häusern die ev. Kirche, das "Haus zur Heimat", eine Obdachlosenunterkunft, das französische Konsultat, die Polizei und eine Kneipe:








  • Die Westseite wird von dem Gebäuderiegel der heutigen Hochschule für bildende Künste jenseits der Keplerstraße abgeschlossen:



    Zur linken Seite, über der ehemaligen barocken Abgrenzungswand, ein modernistischer "Kontrast"

  • An der Nordseite stehen nur noch zwei Gebäude aus der barocken Zeit, eins wurde nach 1945 nicht wieder aufgebaut, das andere wurde nicht in der Barockzeit geplant. Heute ist hier die Staatskanzlei des Bundeslandes Saarland untergebracht:


  • Treten wir ein in die Kirche. Zuerst kommen wir unter einer Empore in den Saal:


    Man beachte die Karyatiden an den Pfeilerabschlüssen:




    Die Kanzel steht wie bei den Protestanten üblich ist in der Mitte, dahinter die prächtige Orgel:





  • Verlassen wir nun den Platz über die Kepplerstraße:


    Nochmal die Bausünde der Kunsthochschule....




    Südliche Vorstadtstraße: einfach 50er Jahre Bauten, nicht weiter störend:



    Nordseite teilweise Betonbauten der 60er-70er:




    Ein barockes Gebäude lässt sich noch finden:




  • Lieber Fachwerkliebhaber,

    eine kleine Anmerkung zum Deckenstuck der Saarbrücker Ludwigskirche möchte ich noch nachtragen. Es handelt sich im Zentrum der Decke nicht etwa um eine riesige goldene Sonne, sondern um Strahlen, die von einem Dreieck ausgehen. Dieses Dreieck symbolisiert die allerheiligste Dreieinigheit/Dreifaligkeit in deren Zentrum das Auge Gottes zu sehen ist. Ein zentrales Thema des christlichen Glaubens im Unterschied etwa zum Islam ist im Christentum der Glaube an die Dreieinigkeit von Gottvater, Gottsohn und Gott heiligem Geist. Von dieser allerheiligsten Dreifaltigkeit gehen im Zentrum an der Decke der Luwigskirche zu Saarbrücken die Strahlen in alle Richtungen aus.

    2 Mal editiert, zuletzt von Villa1895 (6. August 2018 um 17:07)

  • Lieber Fachwerkliebhaber,

    vielen Dank für die tollen Bilder aus meiner alten Heimat und vor allem von der schönsten Kirche der Welt - ich bin sehr bewegt!!
    Darf ich fragen, von wann die Bilder des Innenraums sind? Ich frage deshalb, weil man in SB vor 1-2 Jahren doch von einem größeren Umbau dort sprach....
    Danke!

  • Hallo Oktavian,

    freut mich sehr, dass dir die Bilder von unserer wunderschönen Ludwigskirche gefallen. Die Bilder wurden alle 2018 gemacht, für die Kirche und Umgebung im Frühjahr , genauer gesagt am 11 April 2018. Habe auf das schöne Wetter dafür geachtet, damit das Juwel gut zur Geltung kommt wie bei fast allen Bildern dieser Galerien zu SB ;)

    Ich glaube auch, die Kirche ist fast konplett fertig. Nur wenige Statuen an den oberen Balustraden zur Südseite u.a. fehlen noch.