Saarbrücken Teil 1: Alt-Saarbrücken, Regierungsviertel und Villengebiet (Galerie)

  • Mit dieser ersten Galerie fange ich eine Serie an von mehreren Dokumentationsreihen zu meiner Heimatstadt Saarbrücken! Die starken Kontraste der Stadt mit seinen Licht- und Schatenseiten werden hier ausführlich gezeigt. Geordnet werden die Galerien nach den unterschiedlichen Stadtteilen. Um einen Überblick von diesen zu verschaffen, habe ich sie auf einem Stadtplan eingegrenzt:

    Quelle: Bing Maps


    Saarbrücken Teil 1: Alt-Saarbrücken, Regierungsviertel und Villengebiet (Galerie)

    Saarbrücken Teil 2: Alt-Saarbrücken West (Galerie)

    Saarbrücken Teil 3: Bahnhofsviertel (Galerie)

    Saarbrücken Teil 4: St. Johann (Altstadt) und Nauwieser Viertel (Galerie)

    Saarbrücken Teil 5: Mainzer Straße und Staden (Galerie)


    Saarbrücken Teil 6: St. Arnual, Feldmannstraße und Christkönigviertel (Galerie)


    Saarbrücken Teil 7: Dudweiler (Galerie)


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    Beginnen möchte ich zuerst mit der Alt-Saarbrücken-Galerie, da in der Umgebung vom Schloss die Wiege der heutigen Landeshauptstadt des Saarlandes liegt. Im Jahre 999 nämlich wurde die Burg als "castellum sarrabrucka" zum ersten Mal in einer Schenkungsurkunde des deutsche Kaisers Otto III erwähnt. Sie wurde an dem Metzer Bischof Adalbero II geschenkt. 1085/88 wurde sie dann an die ersten Saargaugrafen als Lehen übergeben, welche sich daher seit 1123 als "Grafen von Saarbrücken" nennen! Friedrich der Erste / Barbarossa, ließ die Burg teilweise zerstören, ab 1171 wurde diese neu errichtet. Der kleine Ort westlich von der Burg enstand damals ebenfalls. 1227 wurde die Deutschordenskommende gegründet, dessen Kirche heute noch existiert als ältester Sakralbau der Stadt. 1322 wurden Saarbrücken und St. Johann schließlich von Graf Johann I von Saarbrücken-Commercy die Stadtreche verliehen. 1353 kam die Stadt an die Linie von Nassau-Saarbrücken welche bis zur franz. Revolution im Besitz blieb von der Stadt. 1574 wurde die Reformation durch Philipp III von Nassau-Saarbrücken eingeführt. Der Dreißigjährige Krieg hat Saarbrücken schlimm zugerichet: durch Pest und Seuchen, sowie zahlreichen Verwüstungen lebten 1637 nur noch 70 Menschen in der Stadt! Der absolutistische französische "Sonnenkönig", Louis XIV, ließ die Stadt 1677 im Holländischen Krieg fast komplett abfackeln, und annektierte sie von 1680 bis zum Frieden von Ryswick 1697. Im 18. Jh. kam dann eine bauliche Blütephase, welche die meisten älteren Sehenswürdigkeiten der Stadt hervorbrachte wie zt. das Schloss, die Ludwigskirche, das alte Rathaus, etc... 1792 besetzten erneut die Franzosen die Stadt, diesmal aber die revolutionären Truppen und ließen das Schloss anzünden.


    Saarbrücker Schlossbrand, von Oktobersonne - Eigenes Werk CC BY-SA 4.0


    1797 bzw 1801 kam Saarbrücken an Napoleon Bonaparte, bis sie endgültig 1815 an Preußen ging. Im 19. Jh. begann mit der industriellen Revolution dann eine erneute Blüte, vorallem mit den Eisenhütten und dem Kohleabbau. 1870, während des Deutsch-Französischen Krieges, wurde in der Nähe der Stadt bei Spichern eine berühmte Schlacht abgehalten, die glorreich für die Preußen endete. Von 1871 bis 1918 wurde Saarbrücken Teil des neugegründeten zweiten deutschen Kaiserreich. 1909 wurde die Städte Alt-Saarbrücken, St. Johann, Burbach und Malstatt zu der heutigen Großstadt Saarbrücken vereinigt. 1920 kam die Stadt und das neu gegründete Saargebiet an den Völkerbund, doch die Mehrheit der Bevölkerung wollte per Abstimmung 1935 zurück ins Deutsche Reich. Oktober 1944 wurde die Stadt und das Zentrum teilweise sehr stark von der Royal-Airforce zerstört. Die Innenstadt mit Alt-Saarbrücken sogar zu rund 90% zerbombt, St. Johann ging glimpflicher davon. 1947-1955 wurde das Saargebiet von Frankreich nochmal besetzt, aber erhielt als "selbständigen Staat" gewisse Freiheiten. Trotz aller Anstrengungen der Franzosen und des damaligen pro-französischen Ministerpräsidenten Johannes Hoffmann ("Joho") hat erneut die Mehrheit der Bewohner des Saarlandes 1955 per Abstimmung sich zu Deutschland, diesmal zur jungen Bundesrepublik, bekennt. 1957 wurde das Saarland politsch und 1959 wirtschaftlich zur BRD angeschlossen. 1960 wurde die heutige Stadtautobahn errichtet, damit die junge Hauptstadt des damals neuen Bundeslandes an das deutsche Autobahnnetz angeschlossen wurde.


    Nach diesem geschichtlichen Überblick kommen wir nun endlich zu den Bildern!


    Das Saarbrücker Schloss von der St. Johanner Seite von der alten Brücke gesehen:


    Die Stadtautobahn, ein städtebaulicher Fehler, der leider nicht mehr rückgängig gemacht werden kann...



    Der Schlossfelsen aus der Nähe betrachtet: er ist komplett unterhöhlt mit zahlreichen Galerien und Gänge, die man besichtigen kann:



    Von oben hat man einen guten Überblick von den Balustrade-Balkonen auf St. Johann, den ich euch später zeigen werde:



    Die Franz- Josef Röder Straße wurde direkt parallel über der Stadtautobahn errichtet. Daher musste man einen Teil des Schlossfelsens abtragen und mit Betonelementen stabilisieren...

    Vor dem Krieg standen hier ansehnliche, barocke Bürgerhäuser!



    Ein enger Durchgang für Fußgänger:




    Fortsetzung folgt!

  • Vor dem Krieg standen hier ansehnliche, barocke Bürgerhäuser!


    Vielen Dank für die interessanten historischen und photographischen Einsichten. Zu der obenstehenden Bemerkung hätte ich aber doch noch eine Nachfrage:
    In dem Geometrischen Grundriss von Alt-Saarbrücken aus den Jahren 1780/81, der z.B. im Wikipedia-Eintrag zu Alt-Saarbrücken zu finden ist (https://de.wikipedia.org/wiki/Alt-Saarbrücken), scheint das betreffende Areal unbebaut, im Stadtplan von 1740 dagegen nur westlich der Brücke unbebaut und östlich der Brücke bebaut. Kannst du dir Diskrepanz erklären?
    Ist da eventuell in den 1780'iger Jahren neu gebaut worden? (was ja zum Ludwigsplatz passen würde, der auch in der Zeit neu gestaltet wurde, nachdem die Ludwigskirche errichtet worden war).

  • Hallo Philon,

    gerne doch :) Zu den barocken Häusern habe ich ein wenig recherchiert. Auf dem ältesten Stadtplan, der die Bebauung von 1600-1700 zeigt, waren diese Häuser in der Tat nicht eingezeichnet worden:

    Aber auf einem Stich aus den 1860er Jahren sind bereits die Häuser zu erkennen. Man kann aufgrund des Baustils (teilweise Mansardendach) davon ausgehen, dass die Gebäude aus dem späten 18. Jh. stammen.

    Das Bild zu dem Schlossbrand während der Revolution von 1793, welches ich schon oben gezeigt habe, zeigt ebenfalls schon diese Häuserreihe!

  • Weiter geht es an der Schlossmauer, in Richtung Schlosskirche

    Dort finden wir den Kopf des "geizigen Bäckers". Dieser stammt aus einer Sage, wonach es hieß, dass ein Bäcker in Saarbrücker den Armen, die bei ihm bettelten bei einer Hungersnot, ständig eine Abfuhr erteilte. Als die Fürstin höchstpersönlich, in einem Bettlerkostüm verkleidet, ebenfalls bei ihm bettelte, wurde auch sie zurückgewiesen. Daraufhin ließ sie dem Hofsteinmetz beauftragen, eine Büste des Bäckers anzufertigen, durch dessen Munde das dreckige Wasser in die Saar von der alten Brücke aus geschüttet wurde. Später wurde sie an die Schlossmauer verlegt!

    2007 noch mit Efeu zugewuchert:

    Und im Frühjahr 2018:

    Der Kopf befindet sich direkt unter der großen Treppe, die zum Schlossberg führt:

    Steigen wir die Treppe hinauf...

    Im Hintergrund die Turmspitzen der Ludwigskirche, Friedenskirche und der St. Jakobskirche (von l. nach r.)



    ... und betrachten die Stadt von oben. Man erkennt unschwer die schwere Bausünde namens Stadtautobahn, sowie auf der anderen Saarseite im Stadteil St. Johann, die hässliche Nachkriegsbebauung:

  • Für den Bau der Stadtautobahn hat man sogar mehrere Bögen der spätmittelalterlichen Alten Brücke abgetragen und durch einen schmalen Steg ersetzt...

    Und Blick Richtung Osten saaraufwärts zum Landtag und Regierungsviertel. Links das saarländische Staatstheater:

    Panorama:



    Und nun zu der Schlosskirche:

    Der Chorraum von der Schlosskirche:

    Die Pfeiler sind spätgotisch und sehr nahe an dem Schlossberg gebaut!


    Die barocke Turmhaube wurde 2006 wiederaufgebaut, davor wurde der Turm durch ein Dachprovisorium aus der Nachkriegszeit gedeckt:



    Das Kirchenschiff von außen. 1476 bis 1518 wurde die Schlosskirche errichet, und wurde 1944 komplett innen ausgebrannt!


    Der kleine Treppenturm mit ebenfalls barocker Haube:

  • Die nördliche Seitenkapelle:

    Westseite mit Turm:

    Von Nordwesten aus :

    Das prunkvolle, gotische Eingangsportal:


    Vor dem Krieg hatte die Kirche noch das Original-Gewölbe wie auf diesem Foto vom Archiv des Landesdenkmalamtes ersichtlich ist:

    Oktobersonne - Eigenes Werk CC BY-SA 4.0


    Heute dagegen besitzt die Kirche eine flache Decke:


  • Sie wird auch nicht mehr als Gotteshaus benutzt, sondern als Ausstellungsraum des Saarlandmuseums zur Sakralkunst des Saarraums seit 2001:



    Die Fenstergläser sind ausschließlich modernistisch gestaltet:


    Das Grabmahl des Grafen Ludwig Crato von 1713:

  • Daneben die nördliche Seitenkapelle mit Gewölbe:

    Im Chorraum befinden sich zwei Grabdenkmäler: zuerst das von Gustav Adolf und seiner Frau Eleonore Klara von 1699-1700:

    und in der Mitte das Grabdenkmal von Graf Wilhelm Heinrich und seiner Frau Sophie, welches ein wahres Schmuckstück ist!




  • Verlassen wir nun die Kirche:

    Südlich von der Schlosskirche, der gläserne Verbindungsbau zur Alten Sammlung:


    Die "alte Sammlung" das ehem. Kreisständehaus aus dem frühen 19. Jh. vom Schlossplatz aus:7





    Daneben, in Richtung Schloss, der 50er Jahre bau der VHS...

    Rückseite zur Saar:

  • Kommen wir nun zum Saarbrücker Schloss. Heute befindet sich die Verwaltung des Regionalverbandes in diesem Gebäude. Von der Architektur des ursprünglichen, barocken Zustandes ist nur noch wenig übriggeblieben: der südliche Seitenflügel besitzt wohl noch eine gewisse Orignialsubtanz. Der nördliche stammt aus dem frühen 19. Jh., und wurde nach der Zerstörung von 1793 im klassizistischen Stil errrichtet als Wohngebäude für mehrere Bürgerfamilien. Der Mittelpavillon wurde unter Dihm 1872 neugebaut und 1938 in barockisierender Form erneut umgestaltet. 1982-89 wurde dieser durch u. a. Gottfired Böhm mit dem heutigen, postmodernen Glasbau überbaut.

    Meine Lieblingsansicht des alten Schlosses ist diejenige aber, die noch das alte Renaissanceschloss zeigt von Merian:

    Die Ansicht des Ehrenhofes aus dem 18. Jh.


    Zustand von 1938:


    http://www.saarlandbilder.net/orte/saarbruec…schloss1938.jpg


    Und 1958:


    https://scontent-frx5-1.xx.fbcdn.net/v/t1.0-9/12096…471&oe=5BD601D7

    Heute mit dem modernen Mittelpavillon:



    Nordflügel:

  • Treten wir dann herein in das ehemals herrschaftliche Gebäude durch den Glasbau:

    Innen sieht man die neobarocke Fassade des Vorgängerpavillons, umgeben von Treppen und Galeriengeländern:


    Eingangsbereich von der inneren Seite:

  • Rechts und links führen automatisch sich öffnende Türen in die beiden Seitenflügel:

    Hier befinden sich jeweils ein paralleles Treppenhaus mit original-Spolien aus der Erbauungszeit:

    Ansonsten sind die Flure wie in einem normalen Bürogebäude komplett modernisiert...

  • Steigen wir die Treppen hinauf im Mittelpavillon, um andere Blickwinkel zu erhaschen:

    Hinter diesen Türen befindet sich der große Festsaal:

    Die sehr steilen und runden Wendeltreppen:



  • Unten wieder angelangt, schauen wir uns einen kleinen Raum an, in dem man Kopien alter Ansichten des Schlosses bewundern kann:



    Zurück im Treppenhaus:

    Verlassen wir nun über die Gartenseite das Gebäude:



  • Hier sieht man den Mittelpavillon von der Rückseite aus:

    Übergang zum nördlichen Seitenflügel:

    Das Schloss besitzt in Richtung Landtag noch einen Rest des einstigen großen Schlossgartens:




  • Vielen Dank für die Fotos!

    Schrecklich, wie man die eigene Kultur nur so dermaßen verschandeln kann! Ich glaube, dass jede andere (Kultur-)Nation hier historisch wiederaufgebaut hätte.

    Vom hinteren Mittelteil steht noch beinahe die Hälfte. Hoffentlich wird dieses Teil in Zukunft rekonstruiert!

  • Na ja, da gibt es allein in Paris mehrere Beispiele (Louvre-Pyramide, Innenhof vom Palais Royal).

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker