Saarländische Impressionen

  • Ja du sagst es @Niederländer es fehlen einfach die Altstädte. Und selbst die Städte die eine haben wie St. Wendel, Ottweiler, Homburg, St. Ingbert, Merzig, die sind so winzig, dass selbst ein Opa in 10 Minuten maximal durch diese Innenstädte durch ist.
    Ist halt auch alles historisch bedingt: das heutige Saarland, welches eigentlich ein Kunstprodukt ist, war schon immer abseits des HRR gelegen und hatte kaum wirtschaftliche Zentren, war oft von "außerhalb" abhängig (Kreis Merzig gehörte alles zu Kurtrier, andere Ecken wiedwrrum im Süden zu Lothringen, Pfalz-Zweibrücken, etc... Im Grunde gab es nur die Grafschaft Saarbrücken und Blieskastel, die "selbständig" waren und somit etwas aufbauen konnten. Aber die Territorien blieben ziemlich klein und unbedeutend, sodass man hier einfach keine Städte wie Frankfurt, Nürnberg, Tübingen finden kann....

  • Ich war noch nie im Saarland, aber ich kann mir nicht vorstellen dass es überall so aussieht wie auf den gezeigten Bildern. Eine vergleichbare Galerie könnte man ebenso von BW zeigen, das ja ein deutlich wirtschaftsstärkeres Bundesland ist. Ich sehe das Problem der Vernachlässigung des öffentlichen Raums, dem immer schlechteren Zustand der Straßen usw., als eines das ganz Westdeutschland betrifft. Man hat wahnsinnig viel in den Osten investiert und dabei die alten Bundesländer aus den Augen verloren.

    In dubio pro reko

  • Aber die Territorien blieben ziemlich klein und unbedeutend, sodass man hier einfach keine Städte wie Frankfurt, Nürnberg, Tübingen finden kann.

    Ja, das ist der wesentliche Grund für das Fehlen von größeren Altstädten. Die Region des heutigen Saarlands war vor Napoleon zersplittert in winzigste Herrschaften und in Herrschaftsgebiete, deren Zentren wie Trier, Zweibrücken, Speyer oder Metz aber außerhalb des heutigen Saarlands lagen.
    Die Zersplitterung war auch stärker als in vielen anderen Teilen Deutschlands, wo immerhin eine gewisse Territorialisierung (d.h. Ausbildung und Konsolidierung größerer Herrschaftsgebilde wie Baiern, Württemberg, Österreich, Preußen, Hannover, Sachsen etc.) stattgefunden hatte. Das wiederum liegt zum einen an der seit dem 17. Jhdt. bestehenden Nähe Frankreichs, das keine größere Territorialmacht direkt an seiner Grenze aufkommen lassen wollte, zum anderen an der starken Rolle geistlicher Herrschaften im Dreieck der Bistümer bzw. Erzbistümer Trier - Speyer - Metz.

    Dementsprechend gab es in der Region vor der Industrialisierung auch fast nur Dörfer. Nahezu alles, was städtischen Charakter hat, ist daher kaum älter als 1860.

  • Und natürlich auch daran, dass der "natürliche Kandidat" für eine Territorialisierung in der Region, das Herzogtum Lothringen, nach dem Ende Karls des Kühnen (1477) schon ab 1542 unter französischen Einfluß gekommen war und von Frankreich am Aufstieg zum Territorialstaat effektiv gehindert wurde.

  • ab 1542 unter französischen Einfluß

    Du meinst wohl den "Vertrag von Nürnberg", der das Herzogtum mehr oder weniger löste vom Heiligen Römischen Reich deutscher Nation? Denn eigentlich hat Frankreich ja erst 10 Jahre später, nämlich 1552, die 3 freien Reichsstädte in Lothringen besetzt. Wenn man aber ganz konsequent denkt und Lothringen als Region definiert, wurde der französische Einfluss schon 1301 mit dem Vertrag von Brügge besiegelt, als F das "Barrois mouvant" unter den Nagel sich gerissen hat (im Grunde alles westlich von der Maas, nach der Stadt Bar-le-Duc benannt).

  • Ja, ich hatte primär den Vertrag von Nürnberg im Kopf. Aber prinzipiell beginnt der französische Einfluß sich schon sehr früh in der Region bemerkbar zu machen und die Territorialisierung zu blockieren, die sonst überall im Reich stattfindet.