• Ich eröffne hier mal einen neuen Strang zur hessischen Stadt Bensheim. Das Haus am Markt, das ich eigentlich in seiner jetzigen Form nicht so übel finde, soll Anfang 2019 abgerissen werden. Entstehen soll dieser Neubau:

    https://www.morgenweb.de/cms_media/modu…mg_03928551.jpg

    Hier kommt noch eine Ansicht. Aber der obere Link zeigt wohl die aktuellere Version.

    https://www.morgenweb.de/cms_media/modu…mg_03842294.jpg


    (...) Mit der Rekonstruktion am oberen Marktplatz reihe sich die Stadt direkt in die Phalanx der Kommunen ein, die ihre eigene Geschichte wiederentdecken. Als Beispiel führt das Bürgerforum den Wiederaufbau der Frankfurter Altstadt an. „Das wird sich als ein kaum zu unterschätzender zusätzlicher Imagefaktor herausstellen“, ist man sich sicher. (...)

    Das ist doch eine sehr erfreuliche Entwicklung.

  • Wow, eine sehr erfreuliche Entwicklung! So wie es aussieht, wurden die Planungen auch zugunsten einer klassischeren Form überarbeitet.
    Hat jemand dazu historische Vergleichsbilder?

  • Nun, das Haus am Markt ist weg, die Stelle von Bauzäunen eingerahmt und alle sind sich nicht sicher, wie es weiter gehen soll, denn es gab Bürgerproteste gegen den Abriß und nun gegen einen Neubau. Es ist auch nicht überraschend, dass nicht wenige - inklusive des neubauwilligen Bürgermeisters - finden, dass der freie Blick auf die Kirche durchaus einiges für sich hat. Ungeachtet unseres Enthusiamus für Rekonstruktionen ist das durchaus eine verständliche Reaktion.

    Die Artikel zum Thema sind leider ziemlich durchgehend hinter Paywalls verborgen.

    https://www.faz.net/aktuell/rhein-…u-16367198.html

    https://www.morgenweb.de/bergstraesser-…id,1494182.html

    aber hier findet sich was dazu

    https://www.kus-genuss.de/aktuell/benshe…er-die-augen-1/

  • Ja, im muss sagen, der freie Blick hat tatsächlich was.

    https://www.ballwanz-michel.de/wp-content/upl…H-1024x1024.jpg

    Wenn das Stadthaus nicht wirklich gebraucht wird, könnte man es auch weglassen und gut mit der Lücke leben. Oder man baut das neue Stadthaus an einem anderen Ort. Eine freie Fläche wird sich schon finden.

    Den nun freien Platz kann man ja schön gestalten.

  • Ja, im muss sagen, der freie Blick hat tatsächlich was.

    Das sehe ich nicht ganz so. Denn der freie Blick ist ja der Zustand der Nachkriegszeit, als man das alte Rathaus nicht wieder aufbaute, sondern die Trümmer abräumte und die Fläche lange Jahre als Parkplatz frei ließ. Somit hätte man sich dann den Bau des Hauses am Markt 1979 und dessen nun erfolgten Abriss eigentlich sparen können. Nachhaltig war das nicht, wenn man ohnehin eine Freifläche haben will.
    Ich wäre weiterhin für eine Teil-Rekonstruktion des alten Rathauses an der Stelle.

    Hier ein von mir geschossenes Foto des bereits abgerissenen Hauses am Markt vom Sommer:

    Bensheim

  • Leider kenne ich die tatsächliche Situation in der Stadt nicht. Auf den Bildern, die ich im Netz gefunden habe, sieht es mit dem freien Kirchenblick jedenfalls Ganz hübsch aus. Auf Heimdall's Photo dagegen, erscheint mir der Raum rechts hinter der Kirche allerdings etwas zu frei. Das sieht dann wieder nicht so toll aus. Ein dicht bebauter Marktplatz ist natürlich auch sehr gut. Und im Fall von Bensheim, wäre das ja auch die historisch korrekte Version des Marktplatzes. Alles in allem, gefiele mir die Rekonstruktion des Alten Rathaus wohl auch etwas besser.

  • Nun, in sechs Tagen ist Bürgerversammlung https://www.bensheim.de/leben-in-bensh…er-zukunft.html

    Heimdall hat natürlich auch recht, wenn er die Lücke rechts bemängelt. Dort ist, wie in meiner Galerie erwähnt, ein Parkhaus, das man wegen des Höhenunterschiedes dankbarerweise nicht sieht. Sonst wäre es noch schlimmer.
    Das Problem des Bensheimer Marktplatzes ist, dass er ziemlich tot ist. Die meisten Cafes finden sich eher in der Vorstadt ein paar Meter weiter über die Brücke. Mit der Lücke, die das abgerissene Haus lässt, wird der Platz noch größer und noch leerer. Die Stimmung in der Bevölkerung scheint aber sehr für den freien Blick auf die Kirche zu sein.
    Ich bin nicht unbedingt ein Fan eines unauffälligen klassizistischen Rathauses und würde eher die aufgepeppte Version von Metzendorf von 1905 bevorzugen https://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm…athaus_1905.jpg . Ich weiß nicht, ob es irgendwelche Zeichnungen gibt, die den Marktplatz VOR dem Bau des klassizistischen Rathauses zeigen. Vielleicht stand da eine niedliche Fachwerkzeile, die ein guter Kompromiss wäre.

  • Laut wikipedia stand das Rathaus dort seit 1470. Das klassizistische Erscheinungsbild entstand in Folge einer Renovierung von 1781/82.
    Zeichnungen der Zeit vor 1470 dürfte es nicht geben. Eine Rekonstruktion eines derart lang vergangenen Zustands gibt es eigentlich nur im Rahmen archäologischer Rekonstruktionen auf dem freien Feld (Römerwachtürme etc.). Insofern fällt diese Variante hier weg.

  • Laut wikipedia stand das Rathaus dort seit 1470. Das klassizistische Erscheinungsbild entstand in Folge einer Renovierung von 1781/82.

    Ich meinte vor 1781/82 und damals war es ein Umbau, keine Renovierung, weil das Ding fast wie ein klassizistischer Neubau aussieht: http://altesbensheim.blogspot.com/2015/11/benshe…marktplatz.html . Vielleicht war die ganz alte Version etwas kleiner, mit sichtbarem Fachwerk.

  • ^
    Ich denke, das wird schwer. Ich habe auf die Schnelle keine Ansicht im Internet gefunden. Vielleicht gibt es eine alte Zeichnung im Stadtarchiv Bensheims. Aber, dass diese dann authentisch ist und hinsichtlich der Details für eine Rekonstruktion in Frage kommen könnte, wage ich ganz stark zu bezweifeln. Also, von der Idee wirst Du Dich verabschieden müssen, zumal dieser mittelalterliche Bau offenbar nicht mehr im historischen Gedächtnis der Bürger besteht.

  • Hier ist immerhin ein Stich von 1842, der das Alte Rathaus von 1782 wohl im ursprünglichen Zustand zeigt. Hier sind die zugehörigen Bildinformationen vom Hessischen Staasarchiv Darmstadt. Das hohe Krüppelwalmdach und der kleine zwiebelbekrönte Dachreiter auf dem Dreiecksgiebel sehen harmonischer aus als das flache Walmdach mit großem eckigen Dachreiter. Das paßt auch besser zur Übergangszeit vom Barock zum Klassizismus. Es gab also offenbar einen Umbau im 19. Jahrhundert.

    Hier noch einmal derselbe Stich in besserer Qualität aus A. L. Grimm: Die malerischen und romantischen Stellen der Bergstr., des Odenwalds und der Neckargegenden, 1840–42. Auf Seite 75 versichert Grimm: "Unser Bild stellt den Marktplatz der Stadt in treuer Nachbildung dar. Das in der Mitte stehende regelmäßige Gebäude mit dem kleinen Thürmchen auf dem Frontispiz ist das Rathhaus, über welchem man den Thurm der Pfarrkirche hinausragen sieht."

    Ich wäre für die Rekonstruktion des Rathauses in diesem spätbarocken Zustand. Die Front der neuen St. Georgskirche sieht im Vergleich dazu doch arg karg aus.

    Der Merianstich von 1646 zeigt vor der Pfarrkirche übrigens auch schon ein breites Haus in Traufstellung, hier noch mit hohem Satteldach.

    Einmal editiert, zuletzt von Citoyen (13. Dezember 2019 um 13:49)

  • Gerade gefunden: Der barocke Zustand des Alten Rathauses war den Diskutanten bekannt. Siehe Dialogforum -> PDF "Der Marktplatz im Wandel der Zeit", Abb. 2 u. 5. Der klassizistische Umbau des Daches erfolgte wohl um 1856 in Anlehnung an den Kirchenumbau von 1830 (gleiches Hauptgesims wie am Kirchturmdach).

    Wenn man sich die Ergebnisse des Bürgerdialogs ansieht, muß man aber feststellen, daß die Sache gelaufen ist. Die breite Masse hat sich wieder einmal für die Mittelmäßigkeit ausgesprochen. "Drei Geschosse, wie in der ursprünglichen Planung vorgesehen, scheiden als Option aus. Für zwei Geschosse mit einem geneigten Dach plädierte eine verschwindend kleine Minderheit", so heißt es im Abschlußbericht. Wenn dort noch die romanisch-gotische Kirche stünde, könnte ich das ja verstehen, aber bei dieser Nachkriegsfassade... huh:) Na ja, immerhin ist das 79er-Haus am Markt weg.

  • Wenn man sich die Ergebnisse des Bürgerdialogs ansieht, muß man aber feststellen, daß die Sache gelaufen ist. Die breite Masse hat sich wieder einmal für die Mittelmäßigkeit ausgesprochen. "Drei Geschosse, wie in der ursprünglichen Planung vorgesehen, scheiden als Option aus. Für zwei Geschosse mit einem geneigten Dach plädierte eine verschwindend kleine Minderheit", so heißt es im Abschlußbericht. Wenn dort noch die romanisch-gotische Kirche stünde, könnte ich das ja verstehen, aber bei dieser Nachkriegsfassade... huh:) Na ja, immerhin ist das 79er-Haus am Markt weg.

    Also bei der Bürgerversammlung hat sich nur noch bekräftigt, was Citoyen schrieb: https://www.echo-online.de/lokales/bergst…vorbei_20918813

    "Bei der Bürgerversammlung zum „Marktplatz der Zukunft“ am Mittwoch im Kolpinghaus zeigte sich jedenfalls einmal mehr ein differenziertes Meinungsbild mit dem maximalen Schorschblick als einendes Element. Die freie Sicht auf das Gotteshaus ist gesetzt – vom Standort an der Hauptstraße aus. Damit sich die Fachleute darunter etwas vorstellen können, hat das Baudezernat eine entsprechende Formulierung gewählt: Gefordert wird die „komplette Sichtbarkeit der Fassade mit mindestens zwei Drittel der Torbögen“. Das entspreche dem, was man heute schon sehe, wenn man vor der Apotheke steht, erläuterte Erste Stadträtin Nicole Rauber-Jung."

    Ansonsten gibt es viele Diskussionen, was auf dem Marktplatz genau passieren soll und wie das finanziert wird - inklusive eines städtebaulichen Wettbewerbs. Nun ja ... wie Citoyen tue ich mich etwas schwer, da die Begeisterung für die Kirchenfassade nachzuvollziehen, man könnte meinen, die hätten die Front der Kathedrale von Chartres freigelegt. Aber zu einer irgendwie gearteten Rekonstruktion wird es jeenfalls sicher nicht kommen.

  • Grüßt euch,

    Ja die Rekonstruktion vom alten Rathaus ist aufgrund der allgemeinen Stimmung vom Tisch (obwohl der Denkmalschutz das eigentlich verlangt). Bleibt zu hoffen dass am Ende der Diskussionen gar nichts gebaut wird.

    Mehr Kopfzerbrechen müssen einem die Fachwerkhäuser aus dem 16 Jahrhundert am Nordende des Marktplatzes machen. Diese lässt der Eigentümer schon seit Jahren verfallen, und weigert sich sie zu einem vernünftigem Preis an die Stadt zu verkaufen.

    Wenn das so weiter geht endet es wie so oft: Die Häuser werden so lange zerfallen dass eine Sanierung nicht mehr wirtschaftlich ist bzw. aus Sicherheitsgründen nicht mehr möglich ist. Das wäre an so einer prominenten Stelle ein großer Verlust für die Stadt.

    Über diese Häuser rede ich:

    https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Mark…ensheim_(3).jpg

    https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Mark…ensheim_(2).jpg