Haus Flesser Römerberg 14

  • Hallo miteinander.

    Eigentlich wollte ich nur einen kurzen Beitrag über die „vicus Nicolai“und die Häuser Marpurg usw. auf dem Römerberg schreiben, aber jetzt hänge ich an dem Durchgang zur Flössergasse am Haus Römerberg 14 fest. Offenbar gehörte der „Überbau“ nicht zum Haus Römerberg 14, sondern zu einem Haus in der Bendergasse. Gerade bei den Häuser in der Bendergasse ist Battonn leider etwas wirr, darum erstmal die Frage: Hat sich hier jemand mit dem „Überbau“ beschäftigt?



  • Ich sehe deinen Beitrag erst jetzt. Ja, ich hatte mich schon zwei mal mit dem Haus "Flessner" oder "Fleischer" und diesem Überbau beschäftigt. Es war übrigens dieses Haus, welches mich veranlasste, einen Strang über die Frankfurter Fachwerkbauten zu eröffnen. Hier gleich im ersten Beitrag:
    Fachwerkbauten in Frankfurt
    Ich hatte dort allerdings diesen Überbau ausradiert, um die Grundform des Hauses besser darstellen zu können. Was ich damals (2007) auch noch nicht wusste, ist, dass diese Giebelfassade einst eine Haustrennwand war, da die Zeile bis etwa ins 15. Jahrhundert noch weiter lief. Das ist auch der Grund für die fehlenden Auskragungen. An der Theorie mit den über mehrere Geschosse durchlaufenden Ständern halte ich aber nach wie vor fest.

    Auf die Fotografie von 1869 bin ich durch einen Beitrag von Mitglied RMA im Strang Frankfurt in alten Ansichten gestossen. Dort hatte er auch ein Aquarell von Reiffenstein von 1873 gezeigt, welches just unter diesem Überbau aufgenommen wurde. Ich beschäftigte mich dann damit im Folgebeitrag. Dort kam ich zum Schluss, dass Reiffenstein nicht einen Ist-Zustand von 1873 aufnahm, sondern eine idealisierte Ansicht aus dem 17./18. Jahrhundert schuf.

    Zu welchem Gebäude dieser Überbau gehörte - ob zum Haus "Fleischer", *Schwarzer Stern" oder Hinterhaus Bendergasse 30 - kann anhand von Aufnahmen nicht ersehen werden. Ich denke aber, dass die Besitzverhältnisse im Lauf der Jahrhunderte immer wieder änderten. Vielleicht hatten alle drei Nachbarn daran Besitzanteile, die auch immer varieren konnten.

    Einmal editiert, zuletzt von Riegel (18. August 2018 um 15:04)

  • Den Beitrag habe ich bei der Sommerhitze total vergessen. Also alle Nachforschungen sind liegen geblieben.

    Allerdings hatte ich noch folgenden Eintrag beim Institut für Stadtgeschichte gefunden:

    „Währschaftsbrief vom 21.7.1566. Hans Kirchner und seine Frau Katharina haben an den jungen städtischen Schreiber Matthias Kistner und dessen Frau Katharina für 1100 Gulden Besserung und Recht der Behausung zum Fleischer mitsamt Zugehörungen verkauft, die "vffm berg" [Römerberg] bei den Garküchen zwischen zwei gemeinen Gassen liegt, vorne auf der einen Seite auf "mit dem gang vber das gessin" auf den Ratsherrn Hans Zinck und hinten auf den Bender Konrad Appel und das Haus zum Rindsfuß stößt. Die Behausung ist mit jährlichen Zinsen von 25 Hellern belastet.
    [Das Haus zum Fleischer, vorher Flösser genannt erhielt im 18. Jh. die Bezeichnung Lit. J. Nr. 87, 1850 dann die Bezeichnung Römerberg 14; das Haus zum Rindsfuß die Bezeichnungen Lit. J. Nr. 81 bzw. Bendergasse 28/Rapunzelgasse 2].“
    Quelle: Institut für Stadtgeschichte Frankfurt Bestand Hausurkunden Signatur3.116

    Also gab es bereits 1566 einen „Gang über die Gasse“ das auf die Häuser vom Zinck und Appel, sowie auf das Haus Rindsfuß stößt.

    Zur Zeit vermute ich die Ursache für diese überbaute Gasse im Verlauf der Goldhut Gasse, der vicus Cerdonum, Flösser Gasse und der sehr früh eingegangenen vicus Nicolai. Also einen ähnlichen Grund wie beim „Neues Rotes Haus“ die den Zugang zum Tuchgaden überbaut.

  • Für das Haus Flesser Römerberg 14 ist der erste Nachweis im Jahre 1363 und bereits im Jahre 1377 gibt es den Übergang („...darzu eyn Gang oben uz dem Flesser ubir den Weeg geet.“)zu den Häuser inder Bendergasse.
    1501 wird beim Haus Rindsfuss Lit J No 81 (Bendergasse 28) genannt:„… und stosse uff eynen gemeinen Durchgang – stoisst hinden uff den Fleisser.“.
    Für das Haus Bendergasse 28 liegt die erste Urkunde 1361, für die Bender 30 1394 und für die Bender 32 im Jahr 1340 vor. Also könnten die Häuser in einem gleichen Zeitraum erbaut worden sein.

    Also 1501 stösst das Haus Bender 28 hinten auf das Haus Römer 14, was aber nicht zum Ravenstein Plan passt. Dort stösst der Überbau an die Bender 30 und Römer 12.

    Die Nordseite der Bender 26 – 16, also die Flössergasse, bilden eine Linie mit der Südseite von Römer 12 (Schwarzer Stern) und der Nordseite der Nicolai Kirche im 14. Jahrhunderts. Wo später die Häuser Römer 12 und Bender 34 stehen, stand bis Mitte des 14.Jahrhunderts ein Vikariehaus. In Zusammenhang mit diesemVikariehaus gibt es eine Urkunde von 1355, die sagt: „ sitis infra muros antiquos opidi“ also „gelegen unterhalb der Mauer der alten Stadt“. Vermutlich standen auf der Linie zu diesem Zeitpunkt noch die aufgehende Mauern der königlichen Kernstadt.

    Die Häuser Bender 30 und Römer 12 liegen mit ihrer Nordseite zwar jenseits einer Mauer, klärt aber nicht die Frage warum bei dem Übergang immer, teilweise mit zwei weiteren Häusern, das Haus Bender 28 genannt wird.

    Also meine jetzige Vermutung:
    Die Flössergasse, nach Westen verlängert, ist der „Zwinger“ einer Stadtmauer. Als die Häuser Bender 28 – 32 erbaut werden, grenzen ihre Nordseite noch an den gedachten Zwinger (verlängerte Flösserg.). Später (um 1370?) werden die beide Häuser nach Norden verlängert. Damit der Zwinger frei bleibt und/oder weil man kein Grundrecht hat wird er überbaut. Ich denke dabei auch an das „Neue rote Haus“, das mit seinen Säulen auch auf der Einmündung zu Tuchgaden steht. Also mehr rechtliche als bauliche Gründe.

    Aber um auch @Riegel was zu geben:

    Der Überbau ist also seit 1377 vorhanden und nach 1610 mit einem 2. Bauteil erweitert worden. Römerberg 12 (Schwarzer Stern) ist in seiner bekannten Form 1610 erbaut worden. Zählt man die Fenster ab und achtet im blau markierten Teil auf die Fenster im 1. und 2. Stock, sieht man das sie von einem Anbau des Überbaus verdeckt werden.

    1607 wird auch nochmal der Übergang erwähnt: „… , stosst vornen auf der einen Seiten mit dem Gang über das Gesslin an N. und hinten auf N. und das Haus zum Rindsfuss.“

    Im Stadtarchiv gibt es noch eine Akte. Römerberg 14: Ankauf des KAUTZschen Hauses, Reparaturen, Umbau, mit Plänen von 1872 - 1876. Die wird von wir in den kommenden Wochen noch eingesehen.

  • Deine Theorie mit der älteren Stadtmauer und einem Zwinger, der dann später überbaut worden ist, hat was. Dass Zwinger irgendwann mal überbaut wurden, kann man in vielen Städten beobachten. In St. Gallen konnte ich dies zum Beispiel anhand von Abbruchfotos von 1933 bei drei abgebrochenen Bauten feststellen. Diese waren nach dem Stadtbrand 1418 wiederaufgebaut worden und lehnten sich auch an eine ältere Stadtmauer an. Auf den Fotos von den Haustrennwänden konnte man die ganze Baugeschichte während des Abbruches "ablesen". Dort bestand mit grosser Wahrscheinlichkeit auch ein Zwinger, der dann im 16. Jh. überbaut wurde. Die Häuser erfuhren im 17. Jh. noch eine Aufstockung auf die gesamte Haustiefe. Vor 15 Jahren konnte bei archäologischen Grabungen in einem andern Haus derselben Zeile tatsächlich ein einstiger Zwinger festgestellt werden.

    Zum Problem, dass der Zwischenbau nicht auch an Bendergasse 28 stösst:
    Solche Überbauten mussten aus einer sehr leichten Konstruktion bestehen. Demgemäss waren sie auch leicht veränderbar und nicht so langlebig wie die Hauptbauten. Je nach Hauseigentümerwechsel wurden diese Übergänge dann angepasst. Sehr wahrscheinlich bestanden im Überbau zur Zeit der Foto von 1855 und dem Ravensteinplan 1861 mehrere Bauetappen, die man von aussen gar nicht erkennen kann.

    Noch ein kleines Detail zum "Fleischer":
    Zusätzlich/gegensätzlich zu meinen Ausführungen im Fachwerkstrang über dieses Haus denke ich, dass das ganze Dach erst aus dem 16. Jh. stammte. Indizien dazu sind der kleine Nasengiebel mit kleiner Konsole und die schräg gestellten Mittelpfetten. Die drei Vollgeschosse sind aber nach wie vor schon im 14. Jh. denkbar.

    Einmal editiert, zuletzt von Riegel (20. August 2018 um 21:04)