Auf den Spuren des alten Berlins (Galerie)

  • Mit dieser Galerie möchte ich Euch einen Einblick geben und zeigen, was heute noch an mittelalterlicher und generell an Vorkriegsbausubstanz in der heutigen historischen Mitte Berlins erhalten ist und welches unglaubliche Potenzial dieser Stadtkern immer noch hat. Es soll aber auch eine Dokumentation von dem Istzustand werden, einschließlich unschöner "Macken"!


    Zuerst ein kurzer geschichtlicher Überblick: um 1230 wurde das heutige Berlin gegründet. Direkt gegenüber auf der anderen Seite der Spree, wo heute auch das Stadtschloss wiederentsteht, wurde in der selben Zeit "Cölln" gegründet. 1237 wurde es zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Man hat sich in der DDR daraufhin geeinigt, dass dieses Jahr auch das Gründungsjahr für Alt-Berlin wird, obwohl dies erst 1244 tatsächlich geschah. Bereits 1307 wurden beide Orte zu einer Doppelstadt Berlin-Cölln vereinigt. Daraufhin kam es zur wirtschaftlichen Blüte und zur Aufnahme in die Hanse. Seit 1486 ist Berlin Residenzstadt der damaligen Kurfürsten von Brandenburg, später Könige von Preußen.

    Mühlendammbrücke mit Nikolaikirche links oben um 1688 von Piero Caracciolo - Eigenes Werk CC BY-SA 4.0


    Vor dem zweiten Weltkrieg, also vor der Zerstörung durch die alliierten Bomben ist vom mittelalterlichen Berlin außer den Kirchen wenig übriggeblieben, das meiste stammte aus der Zeit des Barocks und Klassizismus, was es aber nicht minder wertvoll gemacht hatte, da es mit den engen Gassen ein "Altstadtgefühl" erzeugt hatte.

    Nikolaikirchgasse 1885 von F. Albert Schwartz (died 1906) - scan from book: Antonia Meiners (Ed.), Berlin. Photographien 1880-1930, Berlin 2002, p. 63 Gemeinfrei

    In der DDR hatte man nach dem Krieg die letzten Reste für die "Stadtautobahn" heute Grunerstraße /B1 und dem Fernsehturm/ Marx-Engels-Forum praktisch völlig ausgelöscht. Dies hatte man schnell bedauert und daher in den 1980er Jahren das Viertel um die Nikolaikirche zt. wiederaufgebaut. Nach der Wende geschah fast nichts baulich gesehen, erst mit der Aufwertung des Klosterviertels durch die Ergänzung der Turmspitze der Parochialkirche und dem rechten Neubau von Patzschke-Architekten hat man sich ein wenig wieder "zurückbesinnt".

    Fangen wir nun im Norden der Altstadt, also das gesamte Gebiet innerhalb des S-Bahn Damms an, südlich von der Haltestelle "Hackescher Markt":

    Diese Neubauten versuchen ein wenig im Detail klassisch zu wirken, haben aber meiner Meinung nach durch ihre renditeorientierte überdimensionierte Größe immer noch im Gesamteindruck ein modernistisches, genormtes "Geschmäckle" :


    Folgen wir weiter gen Osten die Straße "Spandauer Brücke", so finden wir ein gründerzeitlichen Stadtbau mit modernistisch umgestalteten Dachgeschoss:


    Dahinter befinden sich Parkplätze und viel grün. Bedenkt, wir befinden uns im Herzen von einer europäischen Hauptstadt =O

    Rechtes Geschäftshaus am Eingang der Rosenstraße:


    Ein weiterer Gründerzeitler mit einigen stockwerksübergreifenden Erkern in der Rosenstraße:

    Berliner "Kontrastprogramm" mit Gründerzeitbau, DDR-Platte und Marienkirche:


    Die Platte an der Ecke zur Liebknechtstraße erinnert mich mit den gruseligen Stelzen an Gebäude von Le Corbusier :--)



    Fernsehturm und Marienkirche, Morgen geht es hier weiter! :gutenacht:

  • Bevor wir uns die Marienkirche bis ins Detail anschauen, gehen wir die Liebknechtstraße Richtung Südwesten und biegen dann rechts in die Spandauer Straße. Auf der rechten Seite sehen wir die überdimensionierten Platten:

    ... und auf der linken Seite, hinter der Tramhaltestelle, befindet sich das ehemalige Heiliggeistspital. Die Kapelle stammt wie die Backsteingotik es hier in Norddeutschland verrät aus dem Mittelalter, nämlich 1390. Umgebaut wurde sie im 16. Jh.


    Der Sockelbereich ist mit ortstypischen Feldsteinen versehen:


    Anschließend die ehemalige Handelshochschule von 1904-06:

    Nun zurück zur Marienkirche.

    Davor das Lutherdenkmal:

  • Die Marienkirche ist die zweitälteste erhaltene Kirche von Alt-Berlin. Sie wurde um 1270 nach Expertenmeinung begonnen, Zum ersten Mal wurde sie aber erst 1294 erwähnt. Nach dem schweren Brand 1380 wurde sie wiederaufgebaut. Das Hauptschiff und der Chor stammen aus der nachfolgenden Zeit. Der Turm wurde 1415 begonnen und die Spitze stammt 1789 mit einem frühen neogotischen Aufsatz!

    Seitenkapellen mit Backsteingiebeln:





    Gehen wir nun durch das spätgotische Hauptportal in das Innere:

    --- Fortsetzung folgt ---

  • Um in das Innere der Kirche zu gelangen, muss man unter dem Turm durchgehen. Dieser wurde unten verglast, eine weniger schöne modernistische Zutat:

    Das gotische Gewölbe unter der Empore:

  • Das Langhaus ist in drei Schiffe mit gleicher Höhe unterteilt, daher ist es eine Hallenkirche:






    Blick zur Empore mit Barockorgel von Joachim Wagner, einem Schüler Silbermanns:




    Die Kanzel wurde von Andreas Schlüter höchstpersönlich 1702/1703 angefertigt!

  • Der Chorbereich mit barocken Hochalter von Andreas Krüger 1762:

    Generell ist die Austattung dieser "evangelischen" Kirche wirklich sehr prachtvoll und einer katholischen nicht nachstehend ganz im Gegenteil!

  • Noch ein paar letzte Bilder der Prunkstücke:

    Über dem südlichen Seiteneingang verlassen wir das Gotteshaus:

    WIr gehen an zwei Infotafeln vorbei, die das verlorene Marienviertel zeigen:


    Doch leider ist dieser Park so belebt und wird von den Berlinern angenommen, dass es schwierig wird für dieses Projekt:

  • Weiter geht es mit dem Rest des "Marx-Engels-Forum". Die Kaskaden vor dem Fernsehturm in Wartung? oder defekt?

    Der Neptunbrunnen, der eigentlich vor das Schloss gehört:



    Das rote Rathaus von 1861 bis 69 im massigen Neorenaissancestil errichtet:




    Detail:

    Der Turm ist 74 Meter hoch:

  • Vom Rathaus sieht man schon die nördliche und östliche Seite des Nikolaiviertels:


    Kreuzung mit der Grunerstraße. Im Hintergrund die Turmspitzen der Nikolaikirche:

    Die andere Seite des roten Rathauses:



    Gegenüber das neoklassizistische sehr monumentale Stadthaus. Es wurde 1902-1911 errichtet und nach Zerstörung im Zweiten Weltkrieg von der DDR 1960-64 restauriert:




    In der Nähe dieser verlassene Parkplatz. Dieser soll nach den Nahverdichtungsplänen bebaut werden:


  • Das ehem. Geschäftshaus der Feuersozietät, Verwaltungsgebäude des Magistrats von Berlin heute "neues Stadthaus" ist ein neuklassizitscher Bau von 1936-1938:



    Nordseite des gigantischen Stadthauses:

    Mit Parochialkirche:


    Schräg gegenüber das barocke Palais Podewils, 1701-1704 von Jean de Bodt, nach Zerstörungen im WK 2 1952-^954 rekonstruiert:




    Ostfassade Stadthaus:



  • Kommen wir nun zu "unserer" Parochialkirche. Sie wurde 1695–1705 nach Plänen von Johann Arnold Nering, ausgeführt von Martin Grünberg, 1713–1714 Turm nach Plänen von Jean de Bodt errichtet, seit 1991 wird sie im Äußeren restauriert mit der Rekonstruktion der kupfernen Turmspitze, die wir mit Spannung verfolgt haben:



    Vorhalle (die Kirche selbst war verschlossen, was aber aufgrund des "Ruinenkults" nicht schade war:


  • Das rechte Nachbarhaus der Parochialkirche von Patzschke und Partner:



    Rechts daneben das Geschäftshaus für Hermann Tiez in Jugendstilformen von 1904–06 von Georg Lewy erbaut:





  • Der klassizistische Seitenflügel des Palais Podewil:

    Dahinter in der Waisenstraße das älteste Gasthaus von Berlin "Zur letzten Instanz" im Kern war das Gebäude aus dem 16. Jh. an der Stadtmauer angelehnt , das Gasthaus seit 1621 hier ansässig. Nach Zerstörung um letzen Weltkrieg, originalgetreuer Wiederaufbau von 1961-63 nach umstrittener Veränderung von Originalbausubstanz:

    Etwas weiter nordwestlich ein paar Mauerstücke der mittelalterlichen Stadtmauer von Alt-Berlin von 1250/90 mit Erhöhung des 14 Jh.




    Ein anderes neuklassiches Bauprojekt (wurde hier im Aph auch schon berichtet)



  • Noch etwas nördlicher befindet sich die Ruine der ehemaligen Franziskanerklosterkirche. Ende des 13 bis zwete Hälfte des 14 Jh. wurde das heutige Kirchengebäude errichtet. Seit der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg 1945 Ruine.



    Innen im ehemaligen Kirchenschiff "moderne Kunst" :gehtsnoch:


    Und so sah sie vorher aus:

    Post- und Photo-Verlag, Inh. Ludwig Walter, Scan durch Kammervirtuos - Scan einer alten Ansichtskarte um 1910 aus privatem Besitz von Kammervirtuos
    Gemeinfrei


    historische Innenansicht (um 1896) Unbekannt - Berlin und seine Bauten, Verlag Wilhelm Ernst & Sohn, 1896 Gemeinfrei


    Wäre doch ein interessanter Rekokandidat für die Hauptstadt!


    Gegenüber von der Ruine befindet sich der prunkvolle Bau des Amtsgericht I und Landgericht I von 1894–1904 von Otto Schmalz in Neobarock- und Jugenstilformen errichtet, 1969 von der DDR für die Grunerstraße wurde der westliche Teil des Bauwerks abgerissen:

  • Das Treppenhaus muss einfach großartig sein, solch eine schwunvolle Eleganz, das gibt es wirklich selten. Und dann diese unglaublich gut gelungen Mischung aus Barock und Jugendstil =O Leider war es Sonntagabend und das Gerichtsgebäude war zu, daher greife ich auf Fremdmaterial:

    Gerichtsgebäude Littenstraße: Eingangshalle

    Von Ansgar Koreng / CC BY-SA 3.0 (DE)


    Gerichtsgebäude Littenstraße: Eingangshalle/Treppenaufgang

    Von Ansgar Koreng / CC BY-SA 3.0 (DE)

    Noch ein paar Bilder von außen:


    Selbst der Seiteneingang ist voller Schwung!


    Die mittelalterliche Stadtmauer von der anderen Straßenseite aus also "feldwärts". Die Littenstraße ist eine einzige Baustelle:


    Südansicht von dem Ensemble "Zur letzten Instanz"


    Morgen geht es hier weiter :gutenacht:

  • Nach einer längeren Pause geht es weiter! Gegenüber vom alten berliner Traditionshaus steht das Gemeindehaus der Parochialkirche von 1912-1913. Es wurde wohl zusammen mit dem Patzschke-Bau auf der anderen Seite neu gestrichen und renoviert:



    Daneben noch ein modernistisches Ungetüm:



    Gegenüber ist ein großes Stück der mittelalterlichen Stadtmauer noch erhalten geblieben;


  • Die Stralauer Straße: eine bunte Mischung aus Betonabuten, Historismus, Neoklassizismus der 1930er und neuem Traditionalismus...

    Ehem. städtisches Verwaltungsgebäude C 1935–1939

    Der gut gelungene gründerzeitinspierende Eckbau:


    Blick wieder in die KLosterstraße:



    Wieder die Stralauer Straße mit zt. Bauten des Reformstils um 1910:

  • Ein Stück weiter an der Kreuzung zur Grunerstraße, teilweise modernistische Bauten aus den späten 90ern:

    Und eine eigenartige postmoderne Fassade:


    Das alte Stadthaus in der Abendsonne:



    Gesamtansichten von dem neu entstandenen Platz mit rotem Rathaus und Fernsehturm:



    Das runde Palais Schwerin von 1704:

  • Das Nikolaiviertel auf der anderen Straßenseite des Molkenmarktes:


    Historisierende Fassade im Stile des 18 und frühen 19. Jh. alles in der späten DDR wiederaufgebaut:

    Blick Richtung Fischerinsel. Im Vordergrund die sogenannte "Münze" von 1936–1942: