Architekturstil und Wirtschaftssystem

  • @Gardone "Meine Meinung steht fest - bitte verunsichern Sie mich nicht mit Fakten" - Das, was du da sagst, ist das Gegenteil von Hausverstand. Worauf stützt du deine Meinung, außer auf dein Bauchgefühl? In den 70er Jahren sind die Menschen reihenweise aus den gründerzeitlichen Bauten aus- und in architektonisch anspruchslose Reihenhausbauten eingezogen, eben weil ihnen Zentralheizung und Toilette in der Wohnung wichtiger waren als das schöne Flair.

  • Ideologen wird man zwar nie überzeugen können, aber ich finde das Thema interessant und habe auf Anhieb auch gleich einen dazu passenden Artikel gefunden, der noch mehr Argumente bringt als mir adhoc eingefallen wären:

    https://www.abendblatt.de/hamburg/articl…-so-lieben.html

    Das was hier exemplarisch für HH gilt, gilt auch für alle anderen Städte - eigentlich logisch. Ich kann hier sowieso Klotzenstein, Gardone & Co nur vehement beipflichten. Eines der schönsten und urbansten Wohnviertel aus der Gründerzeit befindet sich nördlich der Altstadt von Stockholm. Ich glaube schöner und urbaner kann man im nördlichen Europa kaum wohnen. Die Schweden haben bekanntlich noch einen ausgeprägteren Sozialstaat als wir in A, aber so dumm, dass sie ihre Altbauten durch schwindlige politische Eingriffe gefährden sind sie zum Glück nicht und trotzdem schlafen dort weniger auf der Strasse als in Berlin oder Wien...Reisen bildet (J.W. von Goethe) und es wäre keine schlechte Investition, wenn wir so manche Politiker einmal auf Bildunsgreise schicken dürften, damit sie ihre Scheuklappen ev ablegen. Das wäre einmal eine wirklich kluge Investition.

  • Und ich bin sicher, dass das besagte Viertel in Stockholm technisch und im Inneren auf dem neuesten Stand ist. Unter den Umständen habe ich keinen Zweifel, dass Altbau attraktiver ist. Aber darum geht es doch gerade nicht!

  • Jeder will lieber in einem schönen statt einem hässlichen Haus wohnen. Je teurer das Bauen im Verhältnis zum Einkommen der Käufer/Mieter von Immobilien ist, desto wichtiger die Kostensenkung. Je billiger Bauen wird, desto weniger macht es Sinn Schöhnheit zu opfern nur um den Preis für eine Immobilie noch weiter zu senken.

    Das bedeutet: Alle Regulierungen die die Baukosten in die höhe treiben (Energieeinsparverordnung, Brandschutz etc etc) kippen die Waage deutlich Richtung Einsparung auf Kosten von Schönheit.

    Die obige Argumentation ist eigentlich reine Logik, es sei denn man möchte den Standpunkt vertreten, dass schönes Bauen nicht teurer ist als die Herstellung eines pragmatischen Plattenbau.

  • Da muss ich widersprechen.

    Die Grundstückspreise in den größeren Städten sind in so abenteuerliche Höhen gestiegen, dass die zusätzlichen Kosten für traditionelle Bauweise im Verhältnis zu den Gesamtkosten kaum eine Rolle spielen würden. Im Gegenteil, sie wären gut investiert, da die ansprechende Gestaltung höhere Mieten rechtfertigen würde - der Grenzertrag der Schönheit übersteigt die zugehörigen Grenzkosten.

    Das Problem liegt IMHO vielmehr in der Ausbildung der Architekten, Stadtplaner und Mitarbeiter in den Baubehörden.

    Einmal editiert, zuletzt von HelgeK (22. Juni 2019 um 09:13)

  • Also in Dresden sind eigentlich alle Altbauten in den 90-ern Dank unendlich viel Geld aus dem Westen auf neuestem Stand saniert.
    In westdeutschen Großstädten habe ich da schon ganz andere Dinge gesehen.
    Vielleicht redet man hier wegen unterschiedlicher persönlicher Erfahrungen zum Zustand von historischen Altbauten und dem Wunsch der Mieter und Eigentümer nach qualitativ hochwertiger Innenausstattung nur aneinander vorbei???

  • Wir haben doch hier einen ganzen Diskussionsfaden zum Thema Architektursoziologie / Architekturpsychologie, wo durch mehrere Studien nachgewiesen wird, dass Altbauten und klassische Fassaden höhere Immobilienwerte und Preise erzielen und auch in der Bevölkerung merklich beliebter sind. Sehen wir auch an allen Umfragen, wo eine modernistische Variante einer historisierenden oder einer Reko gegenübergestellt wird.

    Für eine Auflistung siehe:
    Architektursoziologie

  • Das hieße also, dass höhere Mieten völlig in Ordnung sind, wenn nur das Haus eine dekorative Fassade hat? Ich finde diesen Ansatz eher problematisch [...]


    Preise sind nichts Schlimmes oder etwas Bösartiges, auch nichts Willkürliches, sondern ein Instrument, mit dem in einer Marktwirtschaft (also im grausamen Effizienskapitalismus) Ressourcen optimal zugeteilt werden und den Anbietern die Nachfrage angezeigt wird.
    Gibt es irgendwo hohe Preise, signalisiert das einen Mangel des entsprechenden Gutes. Einzige Lösung dafür: Mehr vom selben Gut produzieren. Im Falle von Altbauwohnungen also: Mehr neo-historistische Blockrandquartiere bauen. (Natürlich auf dem neuesten technischen Stand, logisch.)
    Die hohen Preise signalisieren hier nicht nur eine hohe Nachfrage, sondern wären gleichzeitig auch der Antrieb, mehr Wohnraum dieser Art zu schaffen, wenn es nicht primär staatliche Vorschriften aktiv verhindern würden. Und damit meine ich in dem Fall noch nicht mal überbordende Bürokratie, fehlende Baugenehmigungen usw. Ich verweise nur mal auf den Aufruf von Mäckler und Co.:
    https://www.welt.de/wirtschaft/art…ehr-Dichte.html

    Zum Rest wurde ja bereits alles gesagt.

  • Preise sind nichts Schlimmes oder etwas Bösartiges, auch nichts Willkürliches, sondern ein Instrument, mit dem in einer Marktwirtschaft (also im grausamen Effizienskapitalismus) Ressourcen optimal zugeteilt werden und den Anbietern die Nachfrage angezeigt wird.
    Gibt es irgendwo hohe Preise, signalisiert das einen Mangel des entsprechenden Gutes. Einzige Lösung dafür: Mehr vom selben Gut produzieren.

    Genau. Die Lösung für hohe Preis sind hohe Preise, zumindest wenn nicht durch den Staat künstliche Barrieren für eine Angebotserweiterung geschaffen werden (z.B. Höhenbeschränkungen, andere verteurende Regulierung, langsame Baulandausweisung etc etc.)

  • Viel leichter! Angebot und Nachfrage ;) ausser in Sozialismus, aber dieses Chaos wuensche ich keinem. Musste in solche System aufwachsen und es ist das schlimmste Experiment das es gab. Wer riechen gehen will Nordkorea, Venezuela, Kuba...und eine klein wenig Berlin, wenn ich hier in Forum manchmal lese. Nie wieder, ich bitte fuer Euch!