Wiederaufbau Rampische Straße 29 (realisiert)

  • Zitat

    Oder geht es einfach nur darum, eine Art Abziehbild zu erzeugen, das dem Betrachter einen nicht vorhandene Authentizität vorgaukeln soll?


    Baumeister Hans, da haben Sie mit beträchtlicher Scharfsichtigkeit auf den wahrlich wunden Punkt der ganzen Chose hingewiesen. Vorgaukelung nicht vorhandener Authentizität, genau darum dürfte es den Herrschaften von der GHND nämlich gehen. Und es kommt noch schlimmer, denn mit der Vorgaukelung von Authentizität* hat das Ganze noch gar nicht sein Ende! Wenn das Haus Nr 29, wie vorgegaukelt wird, gar nicht zerstört worden wäre, hätte es auch die (gerechte) Bombardierung Dresdens nicht gegeben, damit wohl auch kein Drittes Reich, das solches ja herausgefordert hat, und erst recht keinen Hitler. Man sieht, wie gefährlich solch geschichtsverdrängende und -klittende Spielerein sind, wie hinter dem scheinbar harmlosen Deckmäntelchen von Fassadenkosmetik teilweise aus Gedankenlosigkeit, teilweise natürlich schon aus politischem Kalkül der Verneinung der immerwährenden historischen Schuld und Verantwortlichkeit Deutschlands und seiner Bewohner das Wort geredet wird.
    Es ist wirklich anerkennswert, dass Sie in diesem Forum auf diesen unendlich wichtigen Punkt hingewiesen haben.
    *in diesem Zusammenhang ist mE der Umstand, dass die GHND auf die Zerstörung dieses Gebäudes im Schlussstein des Portals hingewiesen hat, als klassischer Fall eines bloßen Deckmäntelchens zu interpretieren, denn bezeichnenderweise erfolgte dieser Hinweis in Latein. Nicht nur, dass das kaum ein normaler Passant, sei es Dresdner Baumeister oder amerikanischer Tourist lesen wird können, schlimmer noch, wird diese Inschrift von den meisten Zeitgenossen als historische Inschrift, also als authentisches, den ganzen Schwindel noch verstärkendes Dokument aus dem Mittelalter aufgefasst werden, was durchaus als im Sinne des Erfinders anzusehen ist. Man sieht, wie perfide die GHND ans Werk geht!

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • @ Ursus, tolle Analyse, endlich hat jemand mal das wahre Gesicht der GHND enthüllt... :zwinkern:
    @ BaumeisterHans, zeigst Du uns mal eines Deiner Bauwerke, damit wir uns ein Bild von Deinem - sicher über jeden Zweifel erhabenen - Sachverstand machen können? :? :P

    Ansonsten - ich war heute auch mal "gucken", mir gefällt der Anstrich sehr gut, schöne Farbe, und die Stuckelemente sehen - obwohl es ja eines der einfacheren Häuser der Rampischen ist - fabelhaft aus.

  • Zitat von "BaumeisterHans"

    ..Lieber Karpatenbär..ich sehe wir verstehen uns.. genau das meine ich.. :prosit:

    Klassischer Fall von nicht verstandener Ironie...

    Ganz nebenbei...im Gegensatz zu den Bauprojekten der Baywobau (Quartier III, IV, VIII), erfolgte der Einsatz von Beton beim Rekoprojekt Rampische Str. 29 in minimalen Dimensionen. Es ist halt so, dass man sich im Jahre 2010 eben auch an gewisse Auflagen (Brandschutz, Statik etc.) halten muss, die einen teilweisen Einsatz von Beton erfordern. Ansonsten wurde klassisch geziegelt, aber ich denke wie GruttePier, dass Sie das nicht wirklich interessiert.

    Erlauben Sie mir noch einen Zusatz: Mir ist's im Grunde (fast!) egal, wieviel Beton man verbaut, denn wichtig ist was man draus macht.

    Gruß DV

    "We live in the dreamtime-Nothing seems to last. Can you really plan a future, when you no longer have a past." Dead Can Dance - Amnesia

  • Zitat von "DarkVision"

    Klassischer Fall von nicht verstandener Ironie...

    Hab mich grad auch richtig amüsiert, dass einer sowas nicht checkt.

    Das Haus ist schon ein großartiges Beispiel für die Authenzität von Haases Geist und genau wie die Warschauer Altschtadt auch ein sehr authentisches Zeugnis für eine archäologische Rekonstruktion. Dazu bietet es auch für diejenigen, die einen "Kult der alten Steine" betreiben viel schönes: Originale Keller, originale Stuckdecke.

    In dem Zusammenhang möchte ich hier nochmal Werbung für die Rekonstruktionsausstellung machen, die bis Ende Oktober in der Pinakothek der Moderne in München stattfindet (GHND Seite). Ich war vor 2 Wochen mit einem alten Schulfreund dort, der vorher eher rekokritisch war. Wir waren restlos begeistert. Hier wurden einfach alle Formen der Rekonstuktion, die es zu allen Zeiten und in allen Kulturen gegeben hat, mit vielen Bildern und sogar teilweise großen Modellen gezeigt und die dahinterstehenden Motive philosophisch durchleuchtet. Wer also die Gelegenheit hat: Auf keinen Fall entgehen lassen!

  • Zitat von "jojojetz"


    Hab mich grad auch richtig amüsiert, dass einer sowas nicht checkt.

    Ja, tatsächlich - ist ja kaum zu glauben... :lachentuerkis:

    @ ursus carpaticus
    Einfach nur gut! :daumenoben:

    Und vielen Dank an die Zitronenpresse für die tollen Bilder. Es ist schön, (endlich) zu sehen, daß dieses Projekt in aller Perfektion vollendet wurde; nicht zuletzt, wo doch von vielen Forumsmitgliedern zumindest ein kleinerer Betrag geflossen ist.

  • Ach Herrjeh. Ich hab eher den Einruck Ironie ist nicht so ganz Euer Ding.. :? Das der Ursus als APH-Hardliner was ganz anderes gemeint hat, war mir schon klar... :augenkrummblau:
    Ist ja auch egal. Ich finde es trotzdem schade, dass an der Rampischen 29 nicht ernsthaft versucht wurde, eine Art Schaubaustelle mit pädagogischem Hintergrund zu schaffen. Mir ist schon bekannt, dass sich die Bauvorschriften seit dem Barock geändert haben, aber das heisst wirklich nicht, dass das etwa unmöglich gewesen wäre (geht woanders ja auch). Dem Vorwurf, hier würde es nur um die vordergründige "Barockoptik" gehen, wird man wohl ein Stück weit Recht geben müssen.
    Das reine Argument "alt sieht einfach besser aus" ist leider ein recht subjektives. Ohne etwas Inhalt kommt man halt nicht allzuweit. Deshalb ist für mich diese Projekt einfach auf halber Strecke steckengeblieben und unterscheidet sich leider zu wenig von den auf Barock dekorierten Bauträgermassnahmen nebenan.

  • Irgendwie wird mir hier schweres Unrecht zugefügt - jetzt bin ich gar APH-Hardliner, als ob ich niemals das neue Gewandhaus verteidigt hätte... :schockiert:
    Nun, das liegt wohl daran, dass das APH-Forum viel progressiver als sein Ruf ist.
    Dafür entpuppt sich Baumeister Hans als radikaler Rekonstruktivist, der uns alle in den Schatten stellt. Solche Überraschungen machen mE den Reiz des Forums aus.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Genau genommen entspricht Baumeister Hans 100 Prozent der Intention dieses Forums, wenn's um Rekonstruktionen geht. Ein Purist, wenn man so will. So habe ich auch seinen Beitrag mit dem barocken Abziehbild verstanden. Also kein Grund zur Häme.

  • Zitat von "BaumeisterHans"

    Ich finde es trotzdem schade, dass an der Rampischen 29 nicht ernsthaft versucht wurde, eine Art Schaubaustelle mit pädagogischem Hintergrund zu schaffen.

    Dazu kann man ja nach Guédelon fahren. Dort ist ja bekanntlich der Weg das eigentliche Ziel. Bei der GHND-Baustelle spielten aber leider auch fiskalische Aspekte keine unbedeutende Rolle.

    Zitat von "BaumeisterHans"

    Dem Vorwurf, hier würde es nur um die vordergründige "Barockoptik" gehen, wird man wohl ein Stück weit Recht geben müssen.

    Richtig. Aber auf der anderen Seite muss man auch an die Alternativen denken.

    Am Neumarkt sind bisher ca. 30 Bürgerhausfassaden rekonstruiert wurden, von denen Sechs als ausgesprochen gelungen zu bezeichnen sind. Die restlichen 24, also 80%, sind mittelmäßig bis schlecht und trotzdem recht ansehnlich.
    Bei den modernistischen Produkten der hiesigen Bauindustrie geht man hingegen davon aus, dass nur ca. fünf Prozent der Produktion einen gewissen Anspruch besäßen (natürlich wird man auch andere Zahlen finden können). Damit sollten die Alternativen klar auf der Hand liegen!

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • ...und eigene Bilder gibt es auch noch!


    Die Fassade zur Rampischen Straße


    Detailaufnahme des Mittelrisalits der "Beletage"


    Die sehr einfach gegliederte Fassade an der Salzgasse

    Bilder sind von mir.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Quelle: Architektur klassisch: Gesellschaft Historischer Neumarkt Dresden e.V.

  • Die APH-Spendenaktion war doch eine prima Sache. Was sind eigentlich die Gründe, dass das nicht - auch für andere Rekoprojekte - wiederholt wird??

    Architektur sollte gefallen - ganz ohne umständliche Erklärungen.