Rekonstruktion, ein Für, ein Wider...

  • Hallo S. Hartmann!
    Architektur war immer Kunst im öffentlichen Raum, deswegen sollte meiner Ansicht nach auch der äußere Eindruck überwiegen. Die Innenwirkung eines Gebäudes kann noch so überwältigend sein, sie verschließt sich dem Betrachter, der nicht in diesem Gebäude wohnt oder arbeitet; nur eine Minderheit hat Zugang.

    In Anbetracht dieser Tatsache, sehe ich es als Aufgabe der Architektur, endlich wieder Ausseneindrücke "überwältigend" zu gestalten und so dem Menschen (durch Rückbesinnung auf Ästhetik) wieder ein Stück Lebensqualität zurückzugeben.
    Die Zeit der "form follows function -Einstellung" sollte eigentlich vorbei sein, aber ich denke manchmal, die Architektur steckt noch ziemlich in diesen Denkschienen drin. Es wäre vielleicht an der Zeit, mal einen Blick auf die anderen Gesellschaftsbereiche zu werfen:
    Resümieren Sie mal, wieviele Utopien und Ideale im 19./20. Jahrhundert entstanden und nach zum Teil schmerzlichen Erfahrungen wieder verworfen wurden... Ich denke da nur an die Gesellschaftsutopien Europas (Kommunismus, Faschismus), an den Manchester-Kapitalismus, an die reine Apparate-Medizin, an den Glauben, die Ressourcen der Umwelt wären endlos... überall und an jeder Stelle wurden die anfänglichen (z.T. radikalen/unmenschlichen) Denkweisen überdacht, relativiert und angepasst. Die Architektur ist meiner Meinung nach noch nicht in diesen Denkprozess eingetreten, auch nach fast 100 Jahren hält sie im Grundsatz noch an den Ideen von Bauhaus fest (damals revolutionär-neu) , obwohl sich die Welt komplett gewandelt hat...

    Das kommt mir manchmal vor, wie in einem Altersheim voller Alt-Kommunisten in Moskau, die immer noch nicht glauben wollen, das die Revolution verloren hat und es besser so ist....

    Schade nur, das wir als Deutsche unserer Generation (zwischen 20 und 35) in solchen Städten leben müssen; ich sage es Ihnen ganz ehrlich: Ich fahre in zwei Wochen in die Toscana und meine Seele wird wegen der alten, harmonisch-gewachsenen Stadtbilder wieder mal richtig Luft holen können. Und diese Stadtkunstwerke hatten wir in Deutschland wenigstens ein Dutzend...

    Grüße aus Nürnberg

  • Zur Frage warum nicht wiederaufbauen:

    Meiner Meinung nach gibt es nur sehr sehr wenige Gebäude/ Ensemble die so wertvoll waren das sie wieder aufgebaut werden können. Auf ihrer Seite listen sie aber vieles auf(Kreuzberger Mietskasernen/ Gründerzeithäuser) die kunsthistorisch, städtebaulich etc. nicht unersetzbar sind. Ich verstehe ihre Kritik an der modernen Architektur und ihrer Kühle, doch ist dies für mich ein Grund neue Wege zu gehen(man kann sich die Vergangenheit als Vorbild nehmen, aber nicht 1:1 kopieren) und eine Art neue Ornamentik/ Bauweise zu entwickeln, die unserer Zeit ausdruck verleiht. Dazu kommen noch so profane Gründe wie das Geld: heutzutage können sich nur wenige Stuckfassaden etc. leisten da Arbeitskraft und Sondersteine teuer ist.
    Man hat heute aber so viele Möglichkeiten an Materialien die man damals noch nicht mal ahnte, wir nutzen nur viele dieser Möglichkeiten nicht. Wozu sollte man Gebäude aufbauen die allen heutigen Standarts nicht entsprechen(Wärmedämmung, Strom etc.). Wir sollten nur etwas kreativer mit heutigen Mitteln arbeiten und uns wieder lokalere Architektur aneignen und entwickeln. Dann werden die Menschen in 100 Jahren vielleicht genauso von unseren Bauten schwärmen, wie sie jetzt mit den über 100 Jährigen Gebäuden.
    Denn wenn wir nur altes wieder aufbauen, erinnert man sich zwar an unsere Epoche als die der Aufbauer aber die Kunstfertigkeit und Genialität wird uns nicht zugesprochen, weil wir nur Kopierer waren die zu dumm, unkreativ waren um selbst etwas zu schaffen.

    Noch mal: Außnahmen, bei wirklich wichtigen Gebäuden(z.B.Frauenkirche, wobei hier noch einiges erhalten war und der Platz frei war) aber sonst sind neue Ideen gefragt.

  • Zitat von "S.Hartmann"

    ...Denn wenn wir nur altes wieder aufbauen, erinnert man sich zwar an unsere Epoche als die der Aufbauer aber die Kunstfertigkeit und Genialität wird uns nicht zugesprochen, weil wir nur Kopierer waren die zu dumm, unkreativ waren um selbst etwas zu schaffen.....

    Wenn ich mir die Bauwerke aus dem 19. Jahrhundert anschaue, also
    die vielen rekonstruierten Burgen, neoantiken Museen und Statuen,
    kommt mir überhaupt nicht der Gedanke, daß es sich nur um dumme
    Kopierer gehandelt hat. Es wurde nämlich gar nicht kopiert !
    Genauso wie heute auch nicht die Frauenkirche 1:1 kopiert wurde.
    Man schaue sich hier nur das Versorgungsnetz (Strom etc.) an.
    Es ging den früheren Architekten allein um Ästhetik und Schönheit
    und alles auf dem neuesten Stand der Technik.
    Gleiches würde auch für neugründerzeitliche Architektur gelten -
    es geht hier nur um das Erscheinungsbild, der technische Hintergrund
    ist vollkommen auf dem neuesten Stand !

  • @ S. Hartmann

    Hmm, ich fürchte, irgendwie reden wir aneinander vorbei.

    Mein Ausgangspunkt ist, wie ich schon mehrfach gesagt habe, nicht die Kritik an moderner Architektur, sondern die Auslöschung unserer steingewordener Vergangenheit, der Verlust einer der bedeutenden europäischen Stadtlandschaften - einfacher gesagt: der Verlust unseres kulturellen Erbes - durch den Bombenkrieg.
    Wenn ich über Rekonstruktionen rede, meine ich deshalb auch nicht irgendwelche Bauten des Historismus bzw. der Gründerzeit - davon gibt es in Deutschland m.E. immer noch mehr als genug -, sondern die ausradierten Altstädte, mithin die jahrhundertealte, in Stein sedimentierte alteuropäische Geschichte dieser Städte in ihrer Trias von Mittelalter, Renaissance und Barock. Es geht darum, diese wiederzugewinnen, nicht um eine Ablehnung der architektonischen Moderne. Anders gesagt: ich habe kein Problem mit der Anwesenheit der Moderne in unseren Städten, sondern mit der Abwesenheit der Vergangenheit aufgrund der einmaligen Auslöschung gebauter Geschichte, die der Bombenkrieg brachte.
    Ich sehe auch keinen Widerspruch zwischen diesem Anliegen und dem Anliegen einer erneuerten Moderne. Die Altstdäte müssen wir, so gut es geht, durch Rekonstruktionen wiedergewinnen, aber außerhalb der Altstadtbereiche müssen wir neue Wege, eine neue Architektursprache suchen.
    Jede Zeit hat ihre spezifischen Aufgaben, und unsere Zeit ist eeben vor eine doppelte Aufgabe gestellt: eine neue architektonische Sprache in der Krise von Moderne und Postmoderne zu finden und zugleich die ausradierten Altstädte auferstehen zu lassen, deren Wiederaufbau unsere Großväter aus eigentlich nur psychologisch erklärbaren Gründen (Schuldgefühle, Bedürfnis mit der Vergangenheit zu brechen etc.) sträflicherweise nicht geleistet haben.
    Daß es für das letztere einer Tugend bedarf, die die Moderne dem Menschen - und insbesondere dem Architekten - beinahe systematisch ausgetrieben hat, nämlich der Demut, sehe ich durchaus. Es ist dafür eben nicht die Haltung des modernen Egomanen gefordert,der um jeden Preis glaubt, "kreativ" sein zu müssen, sondern die Bescheidenheit des mittelalterlichen Kopisten, der ganz hinter seinem Werk zurücktritt. Insofern wäre die Rekonstruktion der Altstädte auch eine gute Übung in dieser fast ausgerotteten Tugend der Demut.

    In diesem Zusammenhang finde ich den Vorwurf der mangelnden Kreativität von Rekonstruktionen ohnehin gänzlich absurd, da es bei ihnen ja gerade nicht um Kreativität geht. Das läßt sich an einem Beispiel verdeutlichen:
    Nehmen wir einmal an, ein Verrückter hätte den "David" von Michelangelo zertrümmert und ein Bildhauer erhielte den Auftrag, nach den vorhandenen Fotos eine exakte Kopie herzustellen, damit spätere Generationen wenigstens im Abglanz der Kopie noch die Größe und Schönheit dieses Werkes bewundern können. Würde der beauftragte Bildhauer sich nun mit dem Argument weigern, heutzutage könne man nicht mehr "im Stil der Renaissance bildhauern", so hätte er damit zwar recht, er würde aber eigentlich nur zeigen, daß er den Sinn des Auftrags ganz grundsätzlich nicht verstanden hat. Denn der Sinn des Auftrags wäre ja gerade nicht, ein "heutiges" Kunstwerk zu schaffen. Vielmehr ist er, ein durch Barbarei zerstörtes Kunstwerk der Renaissance im Abglanz der Kopie wiedererstehen zu lassen - und genau darum geht es eben auch bei der Rekonstruktion der Altstädte.

    Ich hoffe, ich habe mich einigermaßen verständlich machen können....

  • "Auslöschung unserer steingewordener Vergangenheit, der Verlust einer der bedeutenden europäischen Stadtlandschaften - einfacher gesagt: der Verlust unseres kulturellen Erbes"
    Gut dann habe ich dich jetzt besser verstanden und finde es auch nachvollziehbar. Leider kann man dies nicht so richtig auf Berlin anwenden, da Berlin bis ins 18.Jahrhundert eine Art Provinzstadt(Europaweit gesehen) war und sich alle ca. 150 Jahre komplett neu erfunden hat.
    Zu der "steingewordenen Vergangenheit": das ist das nach dem viele Menschen sich sehnen, nach einem Hauch Ewigkeit. Dies wird auch ein Grund sein warum heutige Architektur(ich weiss das du nichts gegen sie hast) nicht immer so gut ankommt, sie kann diesem Anspruch nicht gerecht werden, da nach 20 Jahren schon das nächste Gebäude dort steht. Wir geben uns damit aber einer Illision hin. Vielleicht ist das aber gar nicht schlecht um eine Oriantierung in der Welt zu schaffen. Wenn wir diese Gebäude aber jetzt aufbauen wird unsere Generation dieses Gefühl der "Ewigkeit" noch nicht haben. Nachfolgende Generationen werden auch Gebäude der 50iger als steingewordene Ewigkeit ansehen.

    Du vermisst Geschichte in der Stadt, erkennbar an Gebäuden, den Stadtkern. Wenn ich deine Theorie in die Praxis umsetzen würde, dann müsste ich das Nikoleiviertel abreissen und nach historischem Vorbild in alter Bauweise neu errichten bis hin zum Fernsehturm und Marienkirche. Dies würde alle neuen Stadtstrukturen sprengen. Würdest du dann nicht die jüngste Geschichte ausser Acht lassen und falls du das willst, dann gib mir gute Gründe dafür. Oder nenn mir andere Konsequenzen deiner Gadnken.

    Das du die Innenstädte wiederhaben willst um Geschichte erlebbar zu machen, um die Stadtentwicklung nachvollziehen zu können, kann ich gut nachvollziehen, da das sehr gut für die Stadt wäre, doch um dieses Ziel zu erreichen kannst du nicht Neues vernichten, du würdest den gleichen Fehler noch einmal begehen und Geschichte zerstören.

    Und das Beispiel mit "David" finde ich unpassend, da es sich nicht um städtische Räume handelt die neu bebaut wurden, neuen Ansprüchen entsprechen müssen etc..
    Wie ich auch schon schrieb: bei ganz wenigen Gebäuden/ Anlagen wäre es möglich sie aufzubauen, wenn sie sehr wertvoll/ einzigartig waren und ihnen nichts im Wege steht und sie sich wieder gut ins Stadtbild einfügen würden.

    P.S. mich interessieren ihre Konsequenzen aus ihren Gedanken im Hinblick auf Berlin

  • Entschuldige bitte die verspätete Antwort, aber ich war eine Woche unterwegs.

    Zitat

    Dass du die Innenstädte wiederhaben willst um Geschichte erlebbar zu machen, um die Stadtentwicklung nachvollziehen zu können, kann ich gut nachvollziehen, da das sehr gut für die Stadt wäre, doch um dieses Ziel zu erreichen kannst du nicht Neues vernichten, du würdest den gleichen Fehler noch einmal begehen und Geschichte zerstören.

    Ich sehe das Problem, das du damit ansprichst natürlich auch und denke, daß es ein unglaublich komplexes Problem ist, das sich nicht durch einen Federstrich aus der Welt bringen läßt.
    Die einzige logische Folge, die sich aus deiner Aussage "du würdest den gleichen Fehler noch einmal begehen und Geschichte zerstören", wenn man sie konsequent zu Ende denkt, ziehen ließe wäre der völlig Verzicht auf Rekonstruktionen, sobald heute ein anderes Gebäude an der Stelle steht, an der das zu rekonstruierende stand. Da das aber in aller Regel der Fall ist, würde es, von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, den völligen Verzicht auf Rekonstruktionen bedeuten.
    Damit würden wir aber in gewisser Weise einfach vor dem Geschehen, vor der Ereignisgeschichte kapitulieren: wir müßten die Barbarei des allierten Bombenkriegs und die - in einem anderen Sinn ebenfalls barbarischen - Nachkriegsabrisse einfach akzeptieren, nur weil sie geschehen sind. Das wäre sozusagen ein "Positivismus der Ereignisgeschichte": was geschehen ist, ist geschehen und nur weil es geschehen ist, ist es, genauer gesagt, seine Zeugnisse und Folgen als "schützenswert" zu erhalten. Damit wäre quasi jedes geschichtliche Ereignis normativ und evaluativ gleichgestellt.

    Der Geschichtsbegriff von dem ich ausgehe, hat dagegen genau diese normativen und evaluativen Momente und ist überhaupt mehr geistes- und kulturgeschichtlich orientiert als ereignisgeschichtlich.
    In der Perspektive dieses anderen Geschichtsbegriffs sind der Bombenkrieg und die Nachkriegsabrisse zwar ein Teil der (Ereignis-)Geschichte, aber eben genau ein Ereignis, das in den meisten deutschen Städten alle vorige Geschichte vernichtet hat, und zwar die Zeugnisse der Ereignis- wie die der Geistes- und Kulturgeschichte. Diese "vorige Geschichte" ist aber, die den alteuropäischen Geist und die alteuropäische Identität Deutschlands ausmacht, jenen unvergleichbaren und für die europäische Identität wesentliche Dreiklang aus Mittelalter, Renaissance und Barock. Wo er fehlt, da fehlt nicht irgendein Teil der Geschichte, sondern da fehlt einer Stadt quasi ihre Geschichte schlechthin, das Wesen der Geschichte sozusagen. Insofern würde ich meinen Geschichtsbegriff als einen "essentialistischen" Geschichtsbegriff im Gegensatz zu einem "positivistischen" der Ereignisgeschichte bezeichnen.

    Bombenkrieg und Nachkriegsabrisse stellen sich vor diesem Hintergrund als etwas geradezu Paradoxes dar: sie sind zwar Geschichte als Ereignisse der Ereignisgeschichte, aber zugleich solche, die die Präsenz der Geistes- und Kulturgeschichte, die für mich die eigentlich wichtige und wesentliche ist, und sogar die Zeugnisse aller vorigen Ereignisgeschichte, negiert haben. Tatsächlich ist solche Negation in gewisser Weise ein Grundzug der "ersten Moderne", jener großen Vergangenheitvernichterin. Die Rekonstruktion der alten Stadtkerne wäre in diesem Sinn, hegelianisch gesprochen, eine Art "Negation der Negation".
    Nun kommt aber das von dir angesprochene Problem hinzu, daß man zur Realisierung dieser "Negation der Negation" vielfach Nachkriegsbauten abreissen müßte, die ja auch "Geschichte" sind, und zwar durchaus nicht nur Zeugnisse der Ereignisgeschichte, sondern ebenso der Geistes- und Kulturgeschichte. Insofern haben Bombenkrieg und Flächenabrisse (die zum Glück nur außer in Frankfurt und Berlin relativ selten waren) in die paradoxe Situation gebracht, quasi zwischen zweierlei "Geschichte" wählen zu müssen: zwischen der wesentlichen, jahrhundertealten alteuropäischen Geschichte unserer Städte und ihrer nur wenige Jahrzehnte alten Nachkriegsgeschichte. Und eine solche Situation ist selbst wieder ein einmaliges historisches Novum. Denn hätte es den Bombenkrieg nicht gegeben, dann wäre in den Städten einfach weitergebaut worden: das eine oder andere Alte wäre abgerissen worden, das eine oder andere Neue wäre errichtet worden, so daß sich zu den früheren Epochen einfach noch eine oder mehrere weitere hinzugesellt hätten, alles aber in einer Art "organischem Wachstum". Auf's ganze gesehen hätte das Neue das Alte damit nicht verdrängt, sondern ohnehin schon geschichtsreichen Stadtbildern neue Aspekte zu ihrem Reichtum hinzugefügt.
    Daß wir jetzt aber gar nicht anders können, als uns zu entscheiden und zu wählen, das ist das Verrückte daran. Ich jedenfalls denke, daß die besseren Argumente für eine Entscheidung zugunsten der "wesentlichen" Geschichte sprechen, einfach weil diese die ganze unverzichtbare Fülle der verschiedenen Epochen alteuropäischer Kultur und alteuropäischer Geschichte in sich birgt, während die zweite "Geschichte" eben nur eine Epoche repräsentiert.
    Einen richtigen "Ausweg" gibt es aus diesem Dilemma allerdings dennoch nicht, höchstens Kompromisse. Das ist aber vielleicht gar nicht so falsch, sondern entspricht möglicherweise gerade dem Charakter lebendiger Städte. Meine Idee dazu wäre, das was ich oben als das beschrieben habe, was ohne den Bombenkrieg geschehen wäre, einfach gleichsam "in umgekehrter Richtung" zu beschreiten, um am Ende vielleicht (annähernd) dasselbe Ergebnis zu erreichen wie das, was wir ohne den Bombenkrieg hätten. Ohne den Bombenkrieg wäre Altes abgerissen worden, um Neues zu errichten; schließlich hätte man eine Stadt gehabt, in der zu den Epochen alteuropäischer Geschichte Aspekte des Neuen, der Moderne(n) getreten wären. Konfrontiert mit den vom Bombenkrieg geschaffenen Ausgangsbedingungen müssen wir den umgekehrten Weg gehen: so manches Neues abreissen, um Altes wiedererstehen zu lassen, aber auch vieles von dem Neuen erhalten, vor allem soweit es historische oder künstlerisch-architektonische Bedeutung hat, um schließlich ebenfalls zu einer Stadt zu kommen, in der das Neue und die ganze Vielfalt und Tiefe alteuropäischer Geschichte präsent sind.
    Übrigens überflüssig zu erwähnen, daß dieser Vorschlag nur für die Stadtkerne, insbesondere den Bereich der ehem. Altstädte gilt. Außerhalb dieser kann und sollte sogar noch viel mehr experimentiert werden als bisher.


    P.S.: Wenn ich von "Altem" und "Neuem" rede, ist das natürlich immer in Anführungszeichen zu lesen. Es sind einfach nur Abkürzungen für Alteuropäisches auf der einen und Nachkriegsmoderne und alles, was ihr noch in Zukunft folgen wird auf der anderen Seite.

  • Ich hoffe das dieser Text halbwegs lesbar geblieben ist, ich habe das Gefühl er ähnelt eher einer Gedankensammlung.

    Warum sie nur Mittelalter, Renaissance und Barock als große Epochen genannt haben, kann ich leider nicht nachvollziehen. Wo bleibt der Klassizismus, Eklektizismus/Historismus, Jugendstil und die klassische Moderne(mehr fallen mir jetzt nicht ein). Dies sind doch ebenso wichtige Epochen, nicht nur architektonisch sondern auch mit ihrer gesellschaftlichen Entwicklung, wieso stellen sie die anderen Drei höher oder war das nur ein Versehen.

    Sie sprechen von einem Teilweisen Stadtrückbau, um eine, nach ihren Vorstellungen, gute Mischung der Stile und Epochen in der Stadt zu erhalten. Diese Mischung der Stile existiert doch schon längst. In deutschen Städten nur mit einem höheren Anteil an Nachkriegsarchitektur, aber die wichtigen Epochen und Entwicklungen der Gesellschaft sind immer noch gut lesbar. Wenn ich Berlin als Beispiel nehme, fällt mir nichts ein was neu zu errichten wäre, damit die Geschichte und Entwicklung besser zu lesen wäre(bis auf das Stadtschloss, das aber aufgrund des Palastes für mich wegfällt-> es ist ein großer Fehler der dort begangen wird).

    Zitat

    „zwischen zweierlei "Geschichte" wählen zu müssen: zwischen der wesentlichen, jahrhundertealten alteuropäischen Geschichte unserer Städte und ihrer nur wenige Jahrzehnte alten Nachkriegsgeschichte“

    Sind sie aber nicht eine Geschichte? Ist die Neuere nicht die Fortführung der Alten, auch wenn sie mit ihr brechen wollte? Sie hat es doch aber nie wirklich geschafft. Es ist doch ein „klarer“ Ablauf zu erkennen, so wie der Klassizismus sich wieder auf klarere Formen zurück besann, angeregt durch die Berichte der Mittelmeerreisenden, so richtete sich der Jugendstil und die Moderne gegen den wahllosen Einsatz von Stilelementen im Historismus und gegen die Fassaden in der Gesellschaft. Auch wenn die Auswirkungen des 2.Weltkrieges zur Neuordnung genommen werden sollten, auf künstlerischer, sowie politischer Ebene, so geschah dies nicht in der radikalen Weise wie von vielen(z.B.: Corbusier) gefordert, sondern die Städte wurden nach historischen Plänen und Stadtstrukturen weiterentwickelt. Daher muss ich auch nicht wählen, wenn beide doch so eng verknüpft sind(bzw. Eins sind).

    Jetzt zu ihrer These das erst der Bombenkrieg die Innenstädte in diesem Maße zerstörte: es wurden schon immer in der Geschichte ganze Städte vernichtet(z.B.: viele im 30jährigen Krieg) und danach neu (vielleicht auf altem Grundriss) errichtet und mit der Zeit sind sie dann wieder zu gemischten Städten gewachsen. Sie haben diese Sehnsucht nach einer gewachsenen Stadt und wollen dies auf künstlichen Wege erreichen, doch mit etwas Geduld werden sich auch deutsche Städte mehr und mehr zu gewachsenen Städten entwickeln.
    Wenn ich durch Berlins City(vom Alex zum Ku´Damm) laufe sehe ich 70iger Jahre DDR- Architektur, klassizistische, historistische, barocke, moderne und aktuelle Architektur(mit Neo- klassizistischen Zügen) nebeneinander, was kann es für eine bessere Mischung und Geschichtserlebbarkeit geben? In anderen Städten ist nur ein Jahrhundert vertreten, in Berlins Mitte gleich drei und noch dazu verschiedene Gesellschaftsmodelle in Architektur manifestiert. Und das alles dicht an dicht.

    -> meine Meinung: die Geschichte ist in Berlin sehr gut lesbar(von Erinnerungen an das Mittelalter über Fragmente des Barock bis heute)

    Ich weiß nicht ob sie in Berlin wohnen oder sich hier gut auskennen, aber falls ja, dann meine Bitte: nennen sie mir doch ein paar konkrete Beispiele und die Begründung von Gebäuden/ Denkmälern/ Parks/ Ensembles die sie für unbedingt aufbauenswert halten.

  • Na ja, meine Überlegungen sind auch alle nur sehr ins Unreine zusammengeschrieben....

    Mittelalter, Renaissance und Barock habe ich deshalb genannt, weil sich m.E. darin die alteuropäische Identität manifestiert, so wie sie vor dem großen Bruch namens "Moderne" sich formte. Zudem spielen sich schlicht deshalb eine herausgehobene Rolle, weil sie die Epochen sind, die den längsten Teil der europäischen Geschichte abdecken (von ca. 800 n.Chr. bis ca. 1800 n.Chr.) Gerade das Mittelalter ist doch die Quelle, der Urgrund Europas.

    Klassizismus, Historismus und Jugendstil sind sicherlich interessante Stile, aber erstens haben sie gewissermaßen "Reflexionscharakter", d.h. sie sind romantische, die verlorene Ganzheit suchende Antworten auf die Krise der Moderne (der Klassizismus in Rückgriff auf eine streng stilisierte Antike, der Historismus dann in Rückgriff auf das ganze Spektrum der alteuropäischen Formensprache, der Jugendstil im Rückgriff auf organische Formen). Zweitens habe ich sie deshalb nicht erwähnt, weil es trotz Kriegszerstörungen m.E. noch ausreichend Zeugen (auch und gerade Ensembles) dieser Epochen in unseren Städten gibt.

    Ansonsten haben wir offensichtlich eine grundlegend verschiedene Einschätzung der gegenwärtigen Situation. Wenn ich durch unsere Stadtkerne gehe, sehe ich 99% Nachkriegsbebauung mit einigen wenigen eingesprengten Fragmenten aus den älteren Epochen, isolierten einsamen Zeugen alteuropäischer Geschichte in einem Meer von Nachkriegsarchitektur. Zudem handelt es sich dabei in der Regel um Sakralbauten.
    Kaum daß einmal ein Ensemble von mehr als zwei oder drei frühneuzeitlichen Häusern irgendwo zu finden ist, kaum daß es ein Stadtviertel mit mehr als 50% vormoderner Architektur gäbe, nirgends ist das Raumgefühl erlebbar, das noch heute die Städte Italiens oder Spaniens ausmacht mit ihrem Gewirr von alten Gassen, Höfen, im Zusammenspiel mit jäh sich öffnenden Plätzen.
    Insofern kann ich die Aussage

    Zitat

    Diese Mischung der Stile existiert doch schon längst

    überhaupt nicht nachvollziehen. Sie existiert jedenfalls in den größeren, vom Bombenkrieg zerstörten Städten überhaupt nirgends. Da ist keine "Mischung von Stilen", sondern da sind reine Nachkriegsstädte mit wenigen fragmentarischen Resten des Früheren. Was ich anstrebe ist das Gegenteil, so wie es sich in den wenigen nicht oder nur in geringem Maße bombardierten Städten Deutschlands wie Erfurt, Regensburg oder Lübeck inzwischen herausgebildet hat: alteuropäische Stadtensembles, aber mit (möglichst gehaltvollen) Zeugnissen auch der Nachkriegsmoderne.

    Insofern sind wir eben doch vor eine Wahl gestellt zwischen "zweierlei Geschichte". Natürlich besteht zwischen Moderne und Vormoderne ein komplexes dialektisches Verhältnis von Kontinuität, Bruch und Bezugnahme, wie Sie (du?) ja einwenden. Das meinte ich aber nicht, als ich von "zweierlei Geschichte" sprach, sondern präziser ausgedrückt jenen Unterschied in der Frage, was in unseren Stadtbildern gegenwärtig ist.
    Daß die Geschichte "Eins" ist, ändert ja nichts an der Tatsache, daß diese Einheit in sich nach Epochen unterschieden ist und wir uns vor dem Hintergrund der durch den Bombenkrieg verursachten Situation entscheiden müssen, ob wir wollen, daß eine Epoche, nämlich die Nachkriegsmoderne alle anderen mehr oder weniger verdrängt und ersetzt, oder ob wir die Einheit in allen ihren Momenten präsent haben wollen.

    Was schließlich das Argument anbetrifft, es seien schon immer in der Geschichte und nicht erst im Bombenkrieg ganze Städte vernichtet worden, so ist das natürlich einerseits richtig, verfehlt aber dennoch den Punkt, in dem der Bombenkrieg einmalig in der Geschichte ist. So wird beispielsweise immer wieder der 30'jährige Krieg als großer Städtevernichter zitiert, wenn man aber einmal genauer hinschaut, wurde im 30'jährigen Krieg überhaupt nur eine einzige Stadt großflächig vernichtet, nämlich Magdeburg. Der 30'jährige Krieg als Städtevernichter ist insofern nicht viel mehr als ein populärwissenschaftlicher Mythos. Im Bombenkrieg wurden dagegen über 100 Städte vollständig ausgelöscht - das ist eine vollkommen andere Dimension. Der Bombenkrieg hat praktisch alle größeren Städte einer bestimmten Stadtlandschaft, nämlich der deutschen, vernichtet - das ist in der Geschichte der Menschheit absolut beispiellos und insofern eben gerade nicht etwas, was es "immer schon gegeben hat".

    Ich gebe gerne zu, daß ich Sehnsucht nach der gewachsenen europäischen Stadt habe, aber diese wird sich ohne großflächige Rekonstruktionen eben nicht entwickeln. Wenn wir in 200 Jahren z.B. ein Frankfurt oder ein Köln haben, in denen die Stile der 250 Jahre seit Mitte der 20. Jahrunderts präsent sein werden, dann werden diesem Frankfurt oder diesem Köln eben immer noch die für ihre Identität wesentlichen Bauten fehlen, nämlich die ihrer ganzen prägenden alteuropäischen Geschichte vom Mittelalter bis in die frühe Neuzeit. Frankfurts Geschichte beginnt eben nicht 1944, sondern 794 und was zwischen 794 und der Zerstörung der Stadt 1944 gebaut worden war, macht eben die eigentliche Identität dieser Stadt aus. Solange es nicht wiederaufgebaut wird, gibt es Frankfurt folglich eben nicht - und daran können keine noch so hochwertigen Neubauten etwas ändern

    P.S.: zum Thema Berlin morgen mehr

  • Zitat von "S.Hartmann"

    Auch wenn die Auswirkungen des 2.Weltkrieges zur Neuordnung genommen werden sollten, auf künstlerischer, sowie politischer Ebene, so geschah dies nicht in der radikalen Weise wie von vielen(z.B.: Corbusier) gefordert, sondern die Städte wurden nach historischen Plänen und Stadtstrukturen weiterentwickelt. Daher muss ich auch nicht wählen, wenn beide doch so eng verknüpft sind(bzw. Eins sind).

    ... ich denke da an Essen, Dortmund, Magdeburg, FFM oder Köln und muss dir sofort widersprechen.

    Essen und Dortmund kenne ich am Besten und dort ich von der jahrhundertealten Geschichte beider Städte fast nichts mehr zu sehen.

    Beispiel Dortmund:
    Vor dem Krieg wurde die dörfliche Citybebauung nach und nach durch historistische, später frühmoderne Bebauung ersetzt. Hierbei wurden durchaus ganze Häuserzeilen dem Stadtumbau geopfert, geblieben sind aber als wertvolle Zeitzeugen zum einem das Rathaus (ältestes Rathaus in D., 1899 historistisch überformt um das ursprüngliche Erscheinungsbild einigermaßen wiederherzustellen), zum anderen die vier Hauptkirchen der Stadt.
    Nach dem Krieg wurde die Rathausruine abgetragen und die Kirchen leicht bis stark vereinfacht wiederaufgebaut. Ferner ein paar Gründerzeitler und Gebäude der frühen Moderne, die aber allesamt verstümmelt ist. Das Straßennetz wurde fast zur Unkenntlichkeit verstümmelt, die Altstadt wurde von 2 breiten Verkehrsschneisen durchzogen und dort, wo früher ein dichtbebautes Stadtgebiet war ist heute ein riesiger Platz. Wäre es hier z.B. nicht legitim, das Geschhäftshaus aus den 50ern abzureißen und das Rathaus zu rekonstruieren?

    Beispiel Essen:
    Die Stadt, deren Blütezeit wohl von der Jahrhundertwende bis zum Ende des 2. Weltkrieges ging, besteht heute fast nur noch aus Hochhäusern und Betonbunkern. Das neugotische Rathaus wurde ebenso wie das Grand Hotel Kaiserhof nach Wiederaufbau irgendwann in den 60ern abgerissen und das große Warenhaus, heute Karstadt, wird in 2 Jahren folgen um einer 90 000 qm Einkaufsstadt zu weichen. Essen City durchziehen etliche 4-6-spurige Straßen und das einzige Gebäude, das älter als 200 Jahre ist, ist meines Wissens der Dom.

    Wo ist hier denn bitte die "gute Mischung der Stile"?

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Zitat von "Booni"

    ...
    Beispiel Essen:
    Die Stadt, deren Blütezeit wohl von der Jahrhundertwende bis zum Ende des 2. Weltkrieges ging, besteht heute fast nur noch aus Hochhäusern und Betonbunkern. Das neugotische Rathaus wurde ebenso wie das Grand Hotel Kaiserhof nach Wiederaufbau irgendwann in den 60ern abgerissen und das große Warenhaus, heute Karstadt, wird in 2 Jahren folgen um einer 90 000 qm Einkaufsstadt zu weichen. Essen City durchziehen etliche 4-6-spurige Straßen und das einzige Gebäude, das älter als 200 Jahre ist, ist meines Wissens der Dom.

    ...

    Ich gebe Dir recht, daß die Essener Innenstadt zum allergrößten Teil
    aus Nachkriegsbebauung besteht. Aber es gehen keine 4 und 6 spurige
    Straßen durch die "Altstadt". Die mehrspurigen Straßen verlaufen
    um die Altstadt herum - es sind sozusagen "Ringstraßen". Und die
    Hochhäuser stehen auch alle außerhalb der ehem. Altstadt. Ich wüsste
    jetzt nur von einem Glasvierkantbolzen in der Innenstadt. Aber wie gesagt:
    Fast nur Nachkriegsbebauung. Vieles müsste weg.
    Der Dom ist doch auch nur eine teilweise Reko, wenn ich mich nicht irre !
    Und dabei hat Essen so bedeutende Kirchenschätze. :x

  • Zitat von "Oliver"


    Aber es gehen keine 4 und 6 spurige
    Straßen durch die "Altstadt". Die mehrspurigen Straßen verlaufen
    um die Altstadt herum - es sind sozusagen "Ringstraßen". Und die
    Hochhäuser stehen auch alle außerhalb der ehem. Altstadt.

    Zumindest die Schützenbahn - eine 4-6 spurige Straße - teilt die Altstadt in 2 Hälften, die eine größere Hälfte zum Einkaufen und die andere kleinere Hälfte mit Alter Synagoge und Rathaus. Die Straße wird dann noch schön überbrückt durch das City-Center, ein mittelgroßes Einkaufscenter.
    Die meisten Hochhäuser stehen zwar südlich des Hauptbahnhofs, doch auch innerhalb der ehemaligen Altstadt haben sich HH's wie der Gildehof oder das Rathaus breitgemacht.

    Eins muss man Essen aber lassen: Sie haben glaub ich die meisten erhaltenen innerstädtischen Großbauten der Weimarer Republik in Westdeutschland, ich denk da nur an Lichtburg, Stadtsparkasse, Haus der Technik, Deutschlandhaus, Hauptpost, Baedeckerhaus, ehemaliges Kaufhaus Blum (leider entkernt)... uvm.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Zitat von "Booni"

    ...Zumindest die Schützenbahn - eine 4-6 spurige Straße - teilt die Altstadt in 2 Hälften, die eine größere Hälfte zum Einkaufen und die andere kleinere Hälfte mit Alter Synagoge und Rathaus.....

    Du irrst Dich ! :zwinkern:
    Alte Synagoge und das jetzige Rathaus sind außerhalb der "Altstadt".
    Die Schützenbahn ist sozusagen der Ostwall.

  • Renaissance kannst du nicht auf Europa beziehen, da sie sich fast ausschließlich auf Italien beschränkte. Auch das Mittelalter ist viel differenzierter als es aus deinen Ausführungen hervorgeht. Angefangen vom Früh- übers Hoch- bis ins Spätmittelalter und den Manierismus. Auch deine Idee von einem Europäischen Stil ist falsch, da die Idee von einem Europa erst bei Napoleon auftauchten. Teile Europas waren zeitweise unter islamischen Einfluss(z.B.: Südspanien). Deswegen halte dich bitte mit solchen Pauschalisierungen zurück, die Geschichte war viel differenzierter. -> o.k., etwas gewettert, aber ich unterstelle dir jetzt mal das dies der Vereinfachung galt( die Frage ist nur ob diese Vereinfachung bei dem Thema angebracht ist).

    So, nun zu deinem Text:
    Tja unsere Wahrnehmung von den Städten ist wirklich sehr verschieden. Ich sehe um einiges mehr an alten Bestand, aber egal. Vielleicht solltest du auch mal versuchen die Nachkriegsarchitektur etwas differenzierter zu sehen, dann erschließt sich dir auch schon etwas mehr Vielfalt, man muss nur lernen zu sehen oder sich auch darauf einzulassen.

    Das du die Städte Italiens und Spaniens anführst, finde ich spannend, lässt sich darin doch deine Sehnsucht nach diesen schönen Städten herauslesen, wie dies auch schon im Klassizismus vorherrschte. Aber hast du dir mal Berlin um 1900 angeschaut? Da ist davon wenig zu sehen, vorherrschender Stil war Historismus mit eingesprengten Bauten der anderen Stile. Mitteleuropäische Städte hatten immer einen anderen Charakter als die Mittelmeerstädte, deswegen finde ich deinen Vergleich schwach.

    Und nun zum Thema „Identität von Städten“: Irgendwie bin ich mir nicht sicher ob der Begriff für das was du meinst geeignet ist. „Identität der Städte“ ist ein sehr schwieriges Thema, welches meine Profession(Landschaftsarchitektur) stetig beschäftigt. Das heutzutage die Identität einer Stadt hauptsächlich durch die Medien verbreitet wird, wirst du sicherlich einsehen. Dies hat zur Folge das sich die Menschen mehr und mehr über Bilder mit ihrer Stadt identifizieren und Touristen immer wieder diese Bilder abfragen-> heißt auch nur die Orte besuchen wo sie das bekannte Bild vorfinden. Wenn ich an Berlin denke, sind es gar nicht so sehr die alten Prachtbauten, sondern zum großen Teil die neue Architektur am Breitscheidplatz, Potsdamer Platz, Regierungsviertel, Friedrichstrasse etc. die die Touristen anziehen, weil sie eben diese Bilder von Berlin im Kopf haben. Viele haben auch das Bild des geteilten Berlins im Kopf und sind dann enttäuscht wenn nichts mehr von der Mauer zu sehen ist. Damit will ich zum Ausdruck bringen, dass die Identität der Städte nicht immer so viel mit der Geschichte vor dem Krieg zu tun haben muss, sondern(gerade bei Berlin) die Geschichte ab dem Krieg charakterbildend und identitätsstiftend ist. Bei anderen Städten mag dies vielleicht nicht so zutreffen, aber bei Berlin schon, wir würden das erwartete Bild, von Seiten der Touristen und Berliner, zerstören, wenn wir wieder einige Teile der Innenstadt nachbauen.

    Ich bekomme immer wieder das Gefühl, dass sie ihre Vorliebe der alten Stile mit der Geschichte beweisen wollen um die Innenstädte, in ihren Augen schöner zu gestalten. Doch Berlin kann und darf nicht Florenz sein.

    Nur mal so als Anmerkung: Berlin scheint sehr gut bei seinen Besuchern anzukommen, da wir schon auf Platz 3 der Touristenstädte in Europa sind(nach Paris und London, aber vor Rom, Madrid, Barcelona und allen anderen Orten) und es werden immer mehr.(und das obwohl die halbe „City-Ost“ und neue Mitte eine Baustelle ist).

    Schon das neue Mahnmal besucht? Echt interessant, aber vielleicht verfehlt es etwas seine angestrebte Wirkung.

    Zu den anderen Texten: O.K. Das Ruhrgebiet ist nicht gerade ein Paradebeispiel von Durchmischung, aber soweit ich weiß war dort bis zur Industrialisierung nicht so viel los(kann aber auch nur für den nördlichen Teil z.B.: Herne gelten). Außerdem sind noch viele Arbeitersiedlungen und Industrieanlagen erhalten, die doch nun DAS stilprägende Element im Ruhrgebiet sind.
    Außerdem befasse ich mich hier hauptsächlich mit Berlin(sind ja auch im Themenblock Berlin).


    Noch eine Anmerkung: ich finde das Niveau auf dieser Seite lobenswert, deutlich bessere Diskussionen als auf der [lexicon='Berliner Schloss'][/lexicon]- Homepage(auch wenn ich dort schon einige erschreckende Zitate von ihrer Seite gelesen habe).

  • Danke für das Lob, es zeigt daß man in diesem Forum nicht automatisch einer Meinung sein muß um sich in gutem Stil auszutauschen.
    Ich sehe die Legitimation von Rekonstruktionen vor allem in einem persönlichen, von Ihrer Seite vielleicht als subjektiv bezeichneten, Befund, den auch der Journalist Rainer Haubrich teilt, daß es nämlich "aus der Nachkriegszeit nicht eine Platzschöpfung gibt, die mit den historischen Orten konkurrieren könnte." und daß "der Verlust an architektonischer Verfeinerung auffällt, der Mangel an nuancierten Profilierungen und Details, die die meisten heutigen Architekten nicht mehr entwerfen wollen oder können."
    Solange die Gegenwartsarchitektur diese Qualitäten nicht zu erreichen vermag und weiterhin zu einseitig auf den funktionalen Aspekt setzt, befürworte ich jede Rekonstruktion, die uns unsere architektonisch oft bestürzend ausdrucksarme Zeit vor Augen führt und uns zu einer neuen Betrachtung mahnt. Einige prominente Baukünstler wie Herr Kollhoff oder Christoph Mäckler wagen dies ja mittlerweile auch auszusprechen, auch wenn es bislang leider noch Einzelstimmen sind.

    Aber nun vielleicht doch besser wieder zurück zum ursprünglichen Thema. :zwinkern:

    In dubio pro reko

  • Klar, Epocheneinteilungen wie "Mittelalter" oder "Renaissance" sind immer auch Vereinfachungen, aber eben nicht nur. Ich denke diese Begriffe eigentlich immer in einem umfassenderen Sinn als dem nur architektonischen, und da sind sie durchaus gehaltvolle Einteilungen. Das Mittelalter ist eine Epoche, die als Ganze von einem bestimmten Geist getragen ist, ebenso die Renaissance (der einzige Begriff, der wirklich fast ausschließlich einen architektonisch-künstlerisch-literarischen Sinn hat, ist der Begriff "Barock". In philosophischer Hinsicht würde man die so bezeichnete Epoche z.B. eher unter Begriffe wie "Frühaufklärung" oder "Rationalismus" fassen - das nur in Klammern gesagt).
    Jene "Einheitlichkeit", genauer gesagt die Identifizierbarkeit eines einheitlichen geistigen Wesenszuges schließt aber natürlich keineswegs aus, daß die so identifizierten Epochen reichhaltig in sich differenziert sind, und zwar wiederum in ganz verschiedenen Hinsichten: nach Unterepochen (karolingische Baukunst, Romanik, Gotik, Spätgotik etc.), regional, national usw. Wir hatten z.B. einmal einen sehr interessanten thread über nationale Sonderformen der Renaissance - besonders italienische, deutsche, französische und polnische -, die doch sehr gut unterscheidbar sind.
    Insofern stimmt m.E. übrigens auch die These nicht, die Renaissance sei auf Italien beschränkt gewesen. Das war sie eindeutig nicht, sie hat nur auf dem Weg über die Alpen erhebliche Veränderungen erfahren.
    Leider hat eben der Bombenkrieg fast alle Renaissancebauten aus dem Antlitz der deutschen Städte so gründlich getilgt daß die Erinnerung daran praktisch verloren gegangen ist. Mithin bedeutet das nichts weniger als daß ein ganzer Stil, die deutsche Sonderform der Renaissance quasi aus dem Gedächtnis der Menschheit gestrichen wurde. Was übrigens mein Anliegen noch einmal ganz anschaulich illustriert.

    Kurz gesagt: wenn ich von den "alteuropäischen Epochen" rede meine ich natürlich eine enorm differenzierte "Vielfalt in der Einheit". "Europa" ist in diesem Zusammenhang auch keinesfalls so anachronistisch, wie du vermutest. Der "Europa"-Begriff, der zwar immer da war, aber tatsächlich erst in der napoleonischen Zeit, vor allem in der Romantik eine herausragende Rolle zu spielen begann, war ja nichts anderes als der säkularisierte Begriff für das, was man auch als das "christliche Abendland" (d.h. den westlichen, lateinischen Teil der Christenheit) bezeichnen könnte. In einer der bedeutendsten Schriften der Romantik, in denen es um dieses Thema geht, kommt das ja schon im Titel zum Ausdruck, nämlich in Novalis' "Die Christenheit oder Europa". Ob man also "das christliche Abendland" oder "Europa" sagt, ist zwar begriffsgeschichtlich interessant, aber für die Diskussion hier glaube ich nicht so wichtig.

    Aber nach dieser (leider etwas ausgeuferten) Verteidigungsrede nochmal zu den Themen Städtebilder und "Identität".
    Ich finde den Vergleich mit den Städten Italiens und Spaniens durchaus nicht so schwach. Natürlich hatten mitteleuropäische Städte in vielerlei Hinsicht einen anderen Charakter als die Städte des Mittelmeerraums. Das ist ein Aspekt jener "Vielfalt in der Einheit", die ich oben skizziert habe, z.B. die Verwendung bestimmter Baumaterialien und Bauweisen (Holz und Lehm --> Fachwerkbauweise (obwohl es die in Nordspanien vereinzelt auch gibt) oder Backstein in Norddeutschland) oder der charakteristisch geneigte Giebel bei giebelständigen Häusern.
    Worum es mir beim Vergleich zwischen Italien/Spanien und Deutschland eigentlich ging, war aber der Raumcharakter der Städte, und den finde ich durchaus vergleichbar. Wenn ich beispielsweise Fotos des mittelalterlich-frühneuzeitlichen Frankfurt, Mainz, Braunschweig, Nürnberg oder Köln vor der Zerstörung betrachte, tritt mir darin ein sehr ähnliches Raumerleben entgegen: enge Gassen mit steilen hohen Bauten, die in den Gassenraum gestaltend mit Erkern, Giebeln und Türmen hineingreifen; verwinkelt angelegt, mit vielen Biegungen und point de vues, nicht selten steil eine Anhöhe oder ein Flußufer ansteigend; mit zahlreichen Höfen und kleinen Plätzen dazwischen und oft ein aus dem engen Gewirr der Gassen jäh sich öffnender größerer Platz.
    In Erfurt oder Regensburg ist so etwas bis heute erlebbar. Und es setzt eben das spätmittelalterlich-frühneuzeitliche Ensemble voraus, das außer in Erfurt, Regensburg und wenigen anderen Städten nirgends mehr existiert und das ich gerne durch Rekonstruktionen wiedergewinnen würde (natürlich wie gesagt auch mit Zeugnissen der Nachkriegsarchitektur angereichert).
    In Berlin, das gebe ich gerne zu, existierte das alles bereits vor dem Krieg kaum mehr, höchstens vielleicht noch auf der Fischerinsel, im (Vorkriegs-)Nikolaiviertel und in wenigen Gassen des Marienviertels. Ansonsten war Berlin tatsächlich im wesentlichen eine Stadt des Historismus und in geringerem Maße des Barock.
    Das beantwortet dann der Tendenz nach auch schon die Frage, was an Berlin ich gerne rekonstruiert sähe (obwohl Berlin beim Thema Rekonstruktionen für mich eigentlich nicht im Mittelpunkt steht): Vor allem den Teil des frühneuzeitlichen Berlin, der bis zum Abriß in den 60'iger Jahren noch auf der Fischerinsel existierte und veilleicht noch einige Straßenzüge um das Rote Rathaus und die Marienkirche herum. Beim letzteren könnte ich allerdings auch mit einer qualitätvollen Neubebauung leben, wenn sie sich dem alten Stadtgrundriss annäherte. Dann aber auch noch die beiden verlorenen großen Barockkirchen der Friedrichstadt, die Dreifaltigkeitskirche und die Bethlehemkirche. Was das Stadtschloß angeht, so befürworte ich zwar auch da die Rekonstruktion, da ich das Schloß für ein Gebäude halte, das für die Identität der Stadt (dazu gleich mehr) wesentlich war und ist. Ich sähe allerdings gerne eine Lösung, die auch Teile des PdR in irgendeiner Weise in die Rekonstruktion des Schlosses einbezieht, so wie das Schloß einen Renaissanceflügel mit einer größtenteils barocken Schloßanlage zusammenband. Beim Wiederaufbau käme dann quasi ein "PdR-Flügel" hinzu, so daß die ganze Baugeschichte des Ortes präsent bliebe. Duch eine solche Lösung könnte wenigstens in diesem Fall die Wahl zwischen "zweierlei Geschichte" vermieden werden.

    Jetzt noch ein kurzes Wort zum Thema "Identität einer Stadt". Diese verstehe ich weniger im Sinn des medial vermittelten, jeweils aktuellen "Bildes" (im mehrfachen Wortsinn) einer Stadt, sondern wieder von der Geschichte her.
    Nehmen wir wieder Frankfurt a.M. als Beispiel. Die vier wesentlichen Momente, die Frankfurt in seiner Geschichte kennzeichnen sind die, die Krönungsstadt des römisch-deutschen Kaiserreichs, einer der bedeutendsten Messe- und Finanzplätze des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit und schließlich die Geburtsstadt Goethes und ein geistiges Zentrum der Zeit zwischen 1790 und 1850 gewesen zu sein. Das sind gleichsam die Eckpunkte der geschichtlichen Identität Frankfurts.
    Wenn ich also vor 1944 durch Frankfurt gegangen wäre, dann hätte ich dieselben Plätze und Häuser gesehen, dieselben Gassen erlebt, die schon 500 Jahre zuvor ein Kaiser des Alten Reichs bei seiner Krönung erlebt hätte, dann hätte ich die prächtigen Renaissance-Fachwerkhäuser und -höfe der frühneuzeilichen Kaufleute gesehen, dann wäre ich durch die Straßen gelaufen, in denen Goethe als Kind spielte und zum ersten Mal die Legende vom Doktor Faust als Puppenspiel sah, dann hätte ich die Stadt erlebt, die Hölderlin erlebte, als er die wundervollen Hymnen an seine "Diotima" dichtete. Das ist es, was ich mit Geschichtstiefe und Identität einer Stadt meine, was kein noch so qualitätvoller Bau in irgendeinem neuen Stil mir wiedergeben kann und was selbst Rekonstruktionen nur im Abglanz der Wiederholung zurückbringen können.


    P.S.: ich würde diese Diskussion gerne aus dem TU-thread herausnehmen und dazu einen eigenen thread unter "Architektur allgemein" aufmachen, weil ich sie doch für eine wichtige Grundsatzdebatte halte, die nicht in einem anderem Thema verschwinden sollte und zudem mit der TU nicht mehr viel zu tun hat. Damit wärt doch sicher einverstanden?

  • Zitat von "S.Hartmann"

    Zu den anderen Texten: O.K. Das Ruhrgebiet ist nicht gerade ein Paradebeispiel von Durchmischung, aber soweit ich weiß war dort bis zur Industrialisierung nicht so viel los(kann aber auch nur für den nördlichen Teil z.B.: Herne gelten). Außerdem sind noch viele Arbeitersiedlungen und Industrieanlagen erhalten, die doch nun DAS stilprägende Element im Ruhrgebiet sind.
    Außerdem befasse ich mich hier hauptsächlich mit Berlin(sind ja auch im Themenblock Berlin).

    Was die Arbeitersiedlungen und Industrieanlagen angeht hast du sicherlich recht, die wirklich stilprägenden Elemtente des Ruhrgebiets sind noch vorhanden. Nur rede ich hier von ein paar wenigen Einzelbauten, die meiner Meinung nach ruhig rekonstruiert werden dürfen. Fändest du eine Rekonstruktion des Dortmunder Rathauses nicht legitimiert? Schließlich wäre es das einzige bauliche Zeugnis der einstigen Freien und Hansestadt Dortmund, der Stolz des damaligen Bürgertums.

    @ Oliver: Wenn man sich den Stadtgrundriss anschaut finde ich aber, dass die Schützenbahn eher wie eine Nord-Süd-Achse wirkt. Hast du Vorkriegsstadtpläne?

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Hab ne Weile gebraucht, da ich zu viel zu tun hatte mit der Besichtigeung von Schloss Hundisburg mit interessantem, aber schlecht gepflegten Barockgarten; und dem Holocaust Mahnmal; und der neuen Versöhnungskirche und... und... und...

    Du scheinst vieles aus der Sicht um Frankfurt/ Main zu sehen und ich vieles aus Berliner Sicht.

    Zitat

    „ was kein noch so
    qualitätvoller Bau in irgendeinem neuen Stil mir wiedergeben kann und was selbst Rekonstruktionen nur im Abglanz der Wiederholung zurückbringen können.“

    Sie sagen es, Rekonstruktionen können es nicht wiedergeben.

    Deine Idee(die es ja auch schon lange gibt) zum Schloss konnte leider nie in einem großen Wettbewerb weitergedacht werden, jetzt wird der PdR abgerissen und diese schändliche Attrappe soll an seine Stelle.

    Was muss eine Stadt heute sein? Lebenswert! Kann sie das durch Rekonstruktionen besser erreichen, als durch neue Konzepte? Viele Altstädte(besonders in Ostdeutschland) sind leer. Allein mit Geschichte und Wissensvermittlung lockt man keine Menschen an. Andere Altstädte funktionieren, zumindest touristisch sehr gut. Aber fühlen sich die Bewohner(falls es darin noch welche gibt) darin auch wohl oder gibt es dort fast nur Hotels und Läden? Warum ziehen denn immer mehr Menschen in die Stadtrandbereiche? Weil sie ihr Häuschen und Garten im Grünen, mit nähe zur Stadt, haben wollen. Wenn man nun aber dem „Aussterben“ der Stadtkerne entgegentreten will, muss man sich neue Wohnkonzepte in der Stadt überlegen.
    Denn die Teile die sie aufbauen wollen(Altstädte) und dann wahrscheinlich zu Fußgängerzonen erklärt werden, sind doch dann nichts anderes als die modernen Shopping Mals die sich mit Las Vegas- ähnlichen Fassaden innen und außen schmücken.

    Denn wenn ich durch Altstädte gehe kommen diese mir irgendwie künstlich vor. Das Extrem hat man in Venedig- scheußlich. Die Stadt ist wunderschön, doch ist es noch eine Stadt oder doch eher Disneyland. Es gibt dort glücklicherweise noch einige wenige Teile in die sich kaum Touristen wagen, wo man das Gefühl hat in einer Stadt mit Bewohnern zu laufen, doch auch das wird bald vorbei sein. -> ich habe die Befürchtung das dies auch mit vielen ihrer Aufbauprojekte passieren wird und ihre eigentlich guten Vorsätze werden nicht funktionieren. Denn es sind dann genauso Retorten-viertel und die Menschen werden weiter ins Umland ziehen.

    Frage: Würdest du den Tempel auf der Akropolis auch aufbauen?

  • Zitat von "S.Hartmann"

    ..Warum ziehen denn immer mehr Menschen in die Stadtrandbereiche?...

    Diese Aussage stimmt so nicht. In Städten wo die Architektur stimmt,
    gibt es genau das Gegenteil zu Deiner Behauptung. Beispiele kann ich
    Dir aus Hamburg nennen: Etwa der Stadtteil Ottensen. Ein
    Stadtteil im Bezirk Altona geprägt durch Gründerzeitarchitektur. Dieses
    Viertel ist heute eines der beliebtesten in Hamburg überhaupt.
    Kulturschaffende, Künstler, Wissenschaftler, sehr viele kleine Läden
    und Kultur an jeder Ecke. Hier tobt das Leben.
    Im Gegensatz dazu neue Architektur in der City Nord oder Hammerbrook.
    Dort lebt fast kein Mensch. Zu reinen Arbeitsstätten degradiert fristen
    diese Stadtteile ihr dasein.
    Ich könnte Dir noch viele Beispiele auch aus anderen Städten bringen.
    Gründerzeitarchitektur ist angesagt, miefige 50er,60er,70er Jahre Bauten und
    andere Betonburgen/Glaskästen werden abgelehnt. Nur über den Preis
    kann man noch Leute in die Betonplatten locken: Dann entstehen
    Problemviertel mit hoher Arbeitslosigkeit und hoher Ausländerrate.
    Die Menschen wollen wieder eine anspruchsvolle Architektur haben;
    mit vielen Details für das Auge.
    Die Architekten sollten vielleicht ein bisschen mehr an das Wohl der
    Menschen denken und weniger auf ihre vermeintliche Genialität setzen.
    Denn meistens kommt nur Murks dabei heraus !