Dresden - der Altmarkt

  • Zitat

    Genau an solchen (visionären, kreativen, undogmatischen) Einstellungen mangelt es. Unter anderem deshalb werden wir wohl auch in diesem Jahrzehnt nicht über die drei Pole Modernismus, Rekonstruktion, und Anpassungsarchitektur hinauskommen.


    Jungi, weshalb so pessimistisch!? Du verkennst Deinen eigenen Anteil am Wandel. Die Welt ist in Bewegung. Schau dich doch um! Gerade in diesem Jahrzehnt wird das Auseinanderbrechen der alten Strukturen und Paradigmen rasend zunehmen. Man muß sich nur informieren und hinter die Kulissen schauen, dann keimt eine Ahnung auf, was auf uns zukommen kann.
    Das Architekturgeschehen ist nur ein Seismograph der weltumspannenden, gesellschaftlichen Veränderungen. Nach einer Zeit der extremen Polarisierung wird es kippen. Schauen wir uns die Sachlage noch einmal in 5 Jahren an, nach 2012!!!

  • Hier sieht man nochmal, wie eine Krümmung Sinn macht:


    Quelle: [url=http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bund…n,_Altmarkt.jpg]http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bund…n,_Altmarkt.jpg[/url] Danke @ Meyer / SSC

    Ob die sich in Gegenrichtung stemmende Modernistennase eine ähnliche Wirkung erzielen wirth? Ich bin auf den entrüsteten Banalbau gespannt...
    Man sieht hier auch schön, daß die Kreuzkirche dank der anderen Platzausmaße früher keineswegs verdeckt war, wie hier fälschlicherweise behauptet wurde. Im Grunde stand sie früher visuell fast ebenso präsent am Platz, wie sie es heute ohne Nase auch tun würde. Aber diese wunderbare (Vorkriegs-)Harmonie, zu der heutige Städteplaner leider gänzlich unfähig sind, würde natürlich auch dann nicht erreicht werden. Im Grunde ein ähnlich bemerkenswertes Raumbild wie das Neumarktensemble.

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Nun, die Ostseite wurde zurück versetzt wieder aufgebaut, also die Kreuzkirche noch mehr freigestellt. Wenn ich richtig liege, so verläuft die neue Südseite auf der alten Platzflucht. Die in Gegenrichtung abknickende, also zum Platz weisende Nase scheint mir den Schnittpunkt mit der heutigen Südostecke der Platzbebauung zu suchen, um den Platz zu schließen Ein Grundrißpaln des Marktes muß her! Aber ich glaube der Winkel reicht nicht, um in Verlängerung der Fassade die Südostecke zu treffen. Und soviel Linienbezug zu Nachbargebäuden traue ich dem Architekten nicht zu. 8)

    Zitat

    Im Grunde ein ähnlich bemerkenswertes Raumbild wie das Neumarktensemble.


    Das eigentlich (falls man konsequent sein wollte) genauso Zuwendung im Sinne einer Rekonstruktion verdiente, wie der Neumarkt (Siehe auch Beispiel Hildesheim, Marktplatz), oder zumindest eine Ergänzung in kleinteiliger klassischer Moderne, den 50iger Jahre Bauten ebenbürtig. Die glatt rasierte Fassade ist in diesem Sinne jetzt der größte anzunehmende Unfall!

    Edit:
    Die historische Situation mit der heutigen zu vergleichen ist total unerfreulich und eigentlich nicht zu vergleichen. Habe gerade noch einmal die Fotos von "Bausituation" angeschaut. Die Kreuzkriche zeigt jetzt mehr von ihrer Fassade Richtung Osten. Der Turmunterbau ist mehr verdeckt, dafür zeigt sich mehr vom Schiff .
    http://4.bp.blogspot.com/_hyMAHRDzt_I/S…zVM/s1600/5.JPG

    Die Fluchtlinie der neuen Nase könnte doch die Südostecke der Ostzeile treffen. Siehe hier:
    http://3.bp.blogspot.com/_hyMAHRDzt_I/S…D2I/s1600/4.JPG

    Auftrag an unsere Fotografen:
    ... wenn alles entrüstet ist, bitte gleichen Fotostandpunkt einnehmen wie auf obigen historischen Foto, damit wir einen Vergleich zum sich Entrüsten vornehmen können, gell, bitte! :zwinkern:

  • ^ Duch die Nase wird die Kreuzkirche verdeckt und vom Platz entfernt. Dies war, wie gesagt, früher aber nicht der Fall. Man muß man sich halt überlegen, wo man die Prioritäten setzt. Mir wäre eine symmetrische Südseite mit zwei Zwillingsgebäuden und die Kreuzkirche "am Platz" jedenfalls deutlich wichtiger gewesen, als eine Verlängerung der Südseite durch einen Flachdachkubus, um den heute vergrößerten Altmarkt nach Osten hin zu schließen (nach Westen ist er ja wegen der Seestraße immer noch offen > zusammen mit den ungleichen Fassadenlängen Assymetrie pur).

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  • Angesichts der Trostlosigkeit des status quo ist aus der Erkenntnis, dass jene von yw festgestellte Einwölbung in Richtung Kirchtum eine historistische Gestaltung ist - auf Canalettos Bild ist natürlich nichts dergleichen zu sehen- leider nichts gewonnen. Übrigens städtebaulich gar nicht so übel, wie gesagt werden muss, wird dadurch doch durchaus elegant der edle Kirchturm in den Blickpunkt gerückt, wenngleich der Grund eindeutig in gründerzeitlicher Gier nach mehr Geschäftsraum zu suchen ist (dem ja letztendlich auch die edlen Vorgängerbauten zum Opfer gefallen sind)- da das Rennersche Eckhaus weit in den Kirchplatz hineinragte, wäre es ohne diese Wendung mit der Ecke der Ostseite 'in Clinch' geraten.
    Der Eckdurchgang dürfte zuvor übrigens lt Canaletto deutlich enger gewesen sein.
    Heutige Erkenntnisse sind daraus nicht zu ziehen - das diskutierte Gebäude ist derart letztklassig, dass so wenig davon wie nur möglich zu wünschen gewesen wäre - gegenüber freier Sicht auf die Kreuzkirche liegt ein klares Minus vor. Überlegungen, dass es dergleichen in mitteleuropäischen Städten idR nicht gab, sind völlig obsolet und daher verfehlt - was hat dieser verhunzte Stadtraum denn bitte noch mit einem mitteleuropäischen Marktplatz zu tun?

    Man muss sich eben damit abfinden, dass das, was man als Dresden bezeichnen möchte, spätestens mit der Willsdruffer Straße endet - der Rest ist keinen Schuss Pulver mehr wert (sieht man von ein paar Solitären ab).

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Zitat

    Man muss sich eben damit abfinden, dass das, was man als Dresden bezeichnen möchte, spätestens mit der Willsdruffer Straße endet - der Rest ist keinen Schuss Pulver mehr wert (sieht man von ein paar Solitären ab).

    Man muß aber auch mittelfristig und längerfristig denken. Hätte man vor 20 Jahren so gedacht, dann gäbe es Neumarkt & Frauenkirche heute nicht und Dresden würde immer noch an der Brühlschen Terrase anfangen und enden wie damals.

    Längerfristig sind Abbruch der Wilsdruffer Nordseite mitsamt KP und traditionelle Bebauung auch dort sehr wohl möglich. Und auch in der übrigen ehem. Altstadt könnte man an mancher Stelle hochwertiger bauen als bisher üblich war.


    Zitat

    Man sieht hier auch schön, daß die Kreuzkirche dank der anderen Platzausmaße früher keineswegs verdeckt war, wie hier fälschlicherweise behauptet wurde. Im Grunde stand sie früher visuell fast ebenso präsent am Platz, wie sie es heute ohne Nase auch tun würde. Aber diese wunderbare (Vorkriegs-)Harmonie, zu der heutige Städteplaner leider gänzlich unfähig sind, würde natürlich auch dann nicht erreicht werden. Im Grunde ein ähnlich bemerkenswertes Raumbild wie das Neumarktensemble.


    Diese Harmonie würde heutigen Architekten und Städteplanern wohl als Nazismus gelten. Die Vorkriegskrümmung war schon deshalb wunderbar, weil sie genau den "Eckrisalit" des Kirchturmes aus dieser Perspektive freistellte- das Vorkriegsdresden war voll von solchen Subtilitäten.
    Daß die Architekten und Städteplaner des Wiederaufbaus bis heute davon vollständig befreit sind, zeigt das jetzt fertig kommende Ensemble exemplarisch.

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Zitat von "ursus carpaticus"

    gegenüber freier Sicht auf die Kreuzkirche liegt ein klares Minus vor.

    Ich schließe mich diesem subjektiven Blickwinkel an.

    Zitat

    Man muss sich eben damit abfinden, dass das, was man als Dresden bezeichnen möchte, spätestens mit der Willsdruffer Straße endet - der Rest ist keinen Schuss Pulver mehr wert

    Für mich glatter Unsinn, da "mein" Dresden erst ein ganzes Stück weit hinter besagter Wilsdruffer Straße beginnt. Die Mini-Altstat war für mich nicht mehr als ein Ausflugsort zwecks Baufortschrittsbetrachtung. "Dresden gelebt" habe ich im Elbtal, in der Neustadt, in der Radeberger Vorstadt, in Striesen, Blasewitz, Loschwitz, Wachwitz, Pillnitz, Kleinzschachwitz, Laubegast, Strehlen, Plauen, ...

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
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  • Ich habe mir gestern noch einmal den Altmarkt in natura angesehen, wobei mein Urteil, auch begünstigt durch den schönen Frühlingstag, weitaus milder ausgefallen ist.
    Schon jetzt kann man nämlich erkennen, dass die Kreuzkirche durch die Bebauung enorm an Monumentalität gewonnen hat. Wenn dann noch auf dem Grundstück MK4 ein Gebäude entstanden sein wird, werden wir hier einen wohlproportionieren Stadtraum vorfinden, der eine sehr urbane Ausstrahlung aufweisen wird.
    Aber auch das Hotelgebäude besitzt gewisse positive Eigenheiten. So hat der Sandstein der Fassaden einen sehr angenehmen warmen Ton. Außerdem ist die Kubatur, meiner Meinung nach, recht ansprechend durchmodelliert. Nach vier Achsen schwenkt die Nordfassade aus und geht dann in den Annex über. Eine ganz interessante, den Platz optimal abschließende, Gestaltung.
    Dennoch kann kein Zweifel darüber bestehen, dass der Bau dem Ort keinesfalls angemessen ist. Die Fassade ist einfach zu flächig und schlussendlich als banal zu bezeichnen. Die Verglasung der Südfassade der Nase erscheint vollkommen unmotiviert. Die Arkaden an der Kramergasse hinterlassen eine klaustrophobische Enge. Die Unterteilung des Blocks in mehrere Grundstücke und damit Gebäude, wäre unbedingt wünschenswert gewesen. Diese "Liste" an Mängeln ließe sich leider weiter fortsetzen.

    PS: Wenn jemand Interesse hat:

    http://www.dresden.de/de/02/035/06/b…00000245076.php

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Zitat

    und es wirkt garnicht mal so schlecht

    ...was wohl ein höchst subjektives Urteil ist. Den Nasenkubus und die überbreiten Fenster finde ich grässlich. Immerhin ist der Sandstein doch heller als von mir vermutet. Die Rückseite finde ich akzeptabel - die Schauseite aber wird durch die modernistische Jury&Stadtplanungsnase m.E. komplett zerstört. Aber ist doch schön, daß es verschiedene Meinungen gibt und dieses Bauwerk manch einem zu gefallen scheint.

    Die Rückseite ohne Nase (man stelle sich daneben das Legohaus vor): Eine solch symmetrische Altmarktsüdseite hätte ich klar bevorzugt.

    Quelle: http://bausituation-dresden.blogspot.com

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Man hat noch stärker als bei den Renderings den Eindruck, daß dieser Entwurf ohne Beteiligung eines menschlichen Planers entstanden ist. Man stelle sich ein CAD-Programm der Vierten Generation vor, das nur noch mit entsprechenden Zahlen (Baugrenzen, GRZ, GFZ, Raumprogramm, Raumnutzungszuordnungsbeiwerte, Satzungsbestimmungen, Kostengrenzen anhand BPI) gefüttert wird und den "optimalen" Entwurf autonom errechnet.

    Nein, die werden gedünstet

  • Zitat

    Das Hotel ist nun fast komplett abgerüstet und es wirkt garnicht mal so schlecht

    Incredibile, womit sich manche Leute bescheiden können...

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • In der Schrägansicht kann man dem Hotel noch etwas abgewinnen. Bei frontaler Betrachtungsweise allerdings, wirkt der Bau einfach nur grob und brutal.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Das ist ein "klassischer" Kompromissbau. Weder die Modernisten noch die Bevölkerungsmehrheit werden in Jubel ausbrechen. Ich bleibe dabei, man kann mit ihm leben. Er hat ein Dach und schließt den Platz. So bescheiden bin ich inzwischen.

  • Immerhin sieht Dresden immer weniger zonig aus - sondern immer mehr nach dem Verwaltungssitz des Freistaats Sachsen-Thüringen, gegr. 1946. Fehlen noch ein paar Brücken und Stadtautobahnen. So'n paar Firmenzentralen mehr wären auch ned schlecht.

    Aber der KP paßt schon irgendwie rein.

    Nein, die werden gedünstet

  • Die "Nase" wirkt wie aus dem Wilsdruffer Kubus rauskopiert, inklusive Steinverkleidung. Und was Knerer und Lang für die Hauptstraße geplant haben, folgt genau dem gleichen Prinzip. Diesen Hang zur Selbstverstümmelung sollten die Soziologen und Psychologen mal untersuchen. Ich bin überzeugt, dass sich die Verdrängung der Vergangenheit nicht in Rekos, sondern in diesen banalen Kastenformen äußert.