Bremen - Altstadt - Am Brill / Sparkassenquartier

  • BremerMann

    Vielen Dank für den interessanten Bericht und die Bilder von der Unterführung am Brill. Die hatte ich ganz vergessen, weil ich seit Ewigkeiten nicht mehr in Bremen war, und ich wusste auch nicht, dass sie geschlossen wurde.

    Als Kind war das immer eines der Highlights als die Familie an den Wochenenden "in die Stadt" gefahren ist und vom Parkplatz Richtung Karstadt / Dom / etc. gegangen sind. Ich dachte damals immer, diese Unterführung wäre so ein richtig großes und beeindruckendes Ding. Aus heutiger Sicht natürlich das genaue Gegenteil und ein Abbild der zweckmäßigen Architektur der 60er Jahre. Unheimlich waren immer die überfahrenden Straßenbahnen, die ein extrem lautes Rattern verursachten und einem teilweise richtig Angst machten (wie konnte man dort entspannt einkaufen / shoppen?). Und ja, die Bratwurst bei dem Imbiss war unglaublich und unvergleichlich gut, die wurde auch jedes Mal gegessen. Ist der Laden dort etwa bis zum Schluss drin geblieben, so wie es auf den Bildern aussieht? Und wohin sind die dann eigentlich gezogen?

    Den Niedergang konnte man ab Mitte der 90er Jahre deutlich wahrnehmen. Und ich wunderte mich immer, warum dort nicht mehr gereinigt wurde und die Geschäfte massenweise auszogen. Wirklich nur wegen der Sparkasse? Aber wie gesagt, in den 80ern war das alles noch sehr kultiviert und belebt.

    Schön jedenfalls, dass die Israelis nicht ihre häßlichen Klötze dorhin bauen. Gerade in der derzeitigen Lage ein Lichtblick.

  • Vor einigen Jahren reichte ich zusammen mit Pagentorn einen Bürgerantrag für den Erhalt des sogenannten Ittmannhauses und der Skulpturen im Bereich der Grützmacherstraße beim Beirat Mitte ein. Die Beiratsmitglieder zeigten sich "beeindruckt" und teilten mit, dass sie den Bürgerantrag voll unterstützen und sich für den Erhalt des Ittmannhauses und der Skulpturen einsetzten würden (vergl. hierzu Pagentorns Fotos zu den Skulpturen # 35 und des Ittmannhauses # 37 hier im Strang Seite 2).

    Aktuelles Foto von mir, links das Ittmannhaus, um 1910 + gebaut:

    Vor ca. zwei Monaten nun war ich in der Hochschule Bremen/Fachbibliothek Architektur. Dort stachen mir zwei Postkarten ins Auge, die bei mir eine Nachfrage über die architektonische Qualität der dort abgebildeten Gebäude bei den in der Bibliothek anwesenden Architekturstudenten provozierten.

    Die Studenten meinten, dass die Postkarten die Neuplanung am Brill wiedergeben würden, sie waren selbst an der dargestellten Gebäude-Planung beteiligt. Meine Frage, ob sie diese Art von Gebäude gut finden würden, beantworteten sie mit einem ja.

    Eine Nachfrage beim Ortsamt Mitte später ergab nach deren Recherche bei der Baubehörde, dass es sich bei den Abbildungen lediglich um ein studentisches Projekt handeln würde ohne einen zurzeit planungsrechtlichen Hintergrund.

    Dieses "Projekt" wirft für mich zwei Fragen auf:

    1. Handelt sich sich bei dem studentischen Projekt lediglich um "Vorüberlegungen", oder wird hier schon die Zukunft mit den zwangsläufig kommenden Abrissen angedacht? Wie mir das Ortsamt nun jüngst mitteilte, prüft die Stadt Bremen "derzeit einen zweiten Uni-Campus Am Brill. Konkrete Überlegungen zur erforderlichen baulichen Anpassung und Entwicklung des Sparkassenareals liegen dazu bisher nicht vor". Es ist nach einer Pro-Entscheidung also nicht auszuschließen, dass mehr Fläche generiert werden muss und die neuen Eigentümer des Sparkassengebäudes im Zusammenhang mit dem dort jetzt vorgesehenen zweiten Standort für die Universität Bremen ("wir müssen junge Leute in die Innenstadt kriegen") durch die Stadt Bremen einen Erweiterungsbau anstreben würde (Die Eigentümer wollten ja schon vor einiger Zeit die libeskind`sche Horizontalverschmutzung mit den vier Türmen durchsetzen). Das lässt nichts Gutes ahnen, denn wir ahnen doch schon alle, wie das mal aussehen wird..

    2. Diese studentischen Entwürfe sind nun die jüngsten "kreativen" Ausdrücke zukünftiger Architekten. Bei dieser architektonischen Zukunft wird mir angst und bange. Letztendlich hat sich nichts geändert. Die Kisten- und Container-Bauweise mit ihren Flachdächern nimmt einfach kein Ende.

    Die noch jungen, zukünftigen Architekten werden immer noch von den Bauhausepigonen sozialisiert, man bedenke, dass es sich hier schließlich um die nächste Generation handelt, die unsere Städte formen wird. Und was kommt da jetzt raus: Zwei Kisten. Wird so die Zukunft unserer Städte aussehen? Das finde ich ist, gelinde gesagt, ein Armutszeugnis, zeigt uns aber, dass sich letztendlich doch nichts geändert hat und wohl auch nicht groß ändern wird.

    Das zu den aktuellen Entwurfsvorstellungen zukünftiger Architekten. Ob es wirklich dazu kommen wird? Mal sehen.

  • ^ Die Fotos kann ich nicht sehen.

    So, ich habe das korrigiert. Vormittags war ich in der Uni am Computer, habe die Bilder eingestellt, losgeschickt und danach noch zwei Mal überprüft. Hat geklappt. Jetzt sehe ich die Bilder nicht. Na, ich hoffe, bis jetzt. Sagt bitte bescheid, wenn es wieder schief gegangen ist.

  • Jetzt ist alles zu sehen. Danke! :daumenoben:

    Inhaltlich muss ich sagen, dass man von Architekturstudenten nichts anderes erwarten kann. Die sind ja auf die Vorgaben und das Wohlwollen der Lehrkräfte angewiesen, um ihre Scheine zu bekommen. Wie sie sich entwickeln, wenn sie die Uni verlassen haben, steht auf einem anderen Papier. Allerdings muss ich zugeben, dass ich die gezeigten "Kisten" sogar eher angenehm finde. Wir haben braune Obergeschosse, offenbar aus Backstein, und ein Sockelgeschoss (aus Marmor?) mit Pfeilerarkaden und so etwas wie Pilastern. Es könnten fast us-amerikanische Gebäude der 30er Jahre sein. Das ist jedenfalls besser als das Durcheinander, das heute dort zu sehen ist. Und vermutlich weit besser als mancher Horror-Entwurf, den ich mir eigentlich von Architekturstudenten der Gegenwart erwartet hätte. Schließlich könnten auch Häuser mit Blechverkleidung, Plexiglasbalkonbrüstungen, Schüttelfenstern, Liebeskindschen Fassaden-Ausstülpungen und schiefen Betondächern herauskommen. Dagegen ist das Gezeigte noch regelrecht angenehme Architektur.

  • Ich glaube nicht, dass man sich irgendeine realistische "Sorge" um größere Arbeiten auf dem Sparkassengelände machen muss. Nach dem, was ich weiß, soll alles stehenbleiben und allenfalls leicht ertüchtigt werden, dazu gibt es Streit um horrende Mietpreise für den von der Stadt avisierten Umzug von Teilen der Universität auf das Gelände. Auch das wird aber noch mindestens 2 Legislaturperioden dauern, so dass das Gelände langsam verfallen kann. Vielleicht kann man es dann in 10 Jahren ja deshalb alles abreißen.