Kaliningrad - Königsberg

  • Ich bin in den USA immer versucht bei "race" einfach "Sonstige" anzugeben, mit dem Hinweis, dass ich im Saarland aufgewachsen und leider auch nie im Kaukasus gewesen sei.
    Das hier ist allerdings echt der Brüller:

    Zitat

    Als Schöpfer des Begriffs gilt der Anthropologe Johann Friedrich Blumenbach, der 1795 fünf Menschenrassen unterschied und die Bewohner Europas und Westasiens als «Kaukasier» bezeichnete. Die Namensgebung begründete er damit, dass im Kaukasus die schönsten Vertreter dieser Rasse zu finden seien. Anders als in Europa machte der Begriff in Amerika Karriere.

    Dass der Ursprung dieser schrägen Kategorisierung so absurd ist, hätte ich in meinen wirrsten Träumen nicht vermutet. Aber zurück zum Thema!

  • „Kaukasisch“ in Amerika ist geographisch und kulturell absolut absurd, aber man möchte das Wort „weiß“ halt vermeiden (aus Gründen, die den Rahmen hier sprengen würden und zu Polarisierung führen könnten). Ich plädiere im Falle des Königsberger/Kaliningrader Gouverneurs aber für die Bezeichnung „weiß“, da ich in diesem Fall keine weiteren Spezifika erkennen kann, die eine genaue geographische Zuordnung zulassen. Leicht slawisch vielleicht, leicht germanisch- er könnte beides sein, ein typischer „Max Mustermann“. Genau, zurück zum Thema.

  • Leute, ihr seid auf dem falschen Dampfer! Es geht nicht um Rassenkunde, sondern um Völkerkunde. Ich fand die Bilder, die uns Heimdall serviert hat, sehr schön. Das sind doch interessante Menschen. Wer sich mit ihnen beschäftigt, lernt, Unterschiede zu erkennen. Die typischen Physiognomien der Völker werden zum Beispiel beim Casting für Spielfilme mehr oder weniger berücksichtigt.

    Einen russischen Politiker sollte man nicht als "weiß" bezeichnen. Die "Weißen" waren im Bürgerkrieg die Anhänger des Zarismus und kämpften gegen die "Roten" (die Kommunisten).

    @newly
    Antonius ist ein römischer Name. Durch den heiligen Antonius (den Einsiedler) ist er in der Ostkirche verankert. Damit gehört "Anton" auch zum russischen Namensrepertoire. Du hattest recht. Die Namensform sieht nur zufällig wie die deutsche Form von Antonius aus. Auch dein Beispiel mit den elsässischen Ortsnamen war gut gewählt.

    Tja, und wie nun weiter in Kaliningrad? Ich denke, Gouverneur Alichanow wird sich vor allem bemühen, die Wirtschaft anzukurbeln. Dazu können seine Kontakte in Moskau nützlich sein.

    2 Mal editiert, zuletzt von Rastrelli (3. März 2019 um 06:38)

  • Antonius ist ein römischer Name. Durch den heiligen Antonius (den Einsiedler) ist er in der Ostkirche verankert. Damit gehört "Anton" auch zum russischen Namensrepertoire. Du hattest recht. Die Namensform sieht nur zufällig wie die deutsche Form von Antonius aus.


    Wollte ich dir auch noch sagen dass "Anton" nicht nur Deutsch ist, fand es dann aber nicht so wichtig. Der Name ist fast in ganz Osteuropa und Mitteleuropa gebräuchlich, z.b. in Slovakei, Slowenien, Bulgarien et cetera.


    Ich plädiere für eine Umbenennung in "Korolevec"


    "Krol" ist polnisch für "König", vermute mal, Russisch auch? Ich finde aber ehrlich gesagt klingt das nicht viel schöner als "Kaliningrad". Ich mag zwar Russische Sprache und spreche auch etwas Russisch, aber diese beiden Varianten gefallen mir nicht. Für mich ist das Königsberg, etwas anderes kommt für mich nicht in Frage.- Kaliningrad klingt einfach hässlich, unabhängig davon was für ein Mensch das war. Ich finde Königsberg ist einfach unübertroffen als Name.

    Aber letztendlich ist das deren Sache.......ich denke, langfristig werden sich sie zum "richtigen" entscheiden. Man kann hier nicht viel mehr tun als warten....und den berühmtem Tee dabei trinken.

    "Die Modernisten sollten sich endlich eingestehen, dass sich die Qualität einer Stadt konventioneller Architektur verdankt" - (H. Kollhoff).

  • Am realistischsten ist wohl, dass Königsberg und das, was von Ostpreußen noch übrig ist, eines Tages vielleicht einmal ein unabhängiger weiterer baltischer Staat wird, wie einst die Prusen.
    Ansonsten befürchte ich, dass bei der derzeitigen politischen Lage die Russen nur militärische Interessen an der Enklave haben und die Rekonstruktion dem derzeit eher widerspricht, dass man dort alte deutsche Wurzeln wieder zum Leben erweckt. :rolleyes:

  • Das Kaliningrader Gebiet ist für den russischen Staat so etwas wie die Krim der Ostsee. Und es ist russisch besiedelt. Wie sollte es jemals den russischen Staatsverband verlassen? Was hätte denn Moskau davon?

    Vom alten Ostpreußen gibt es auch noch einen südlichen Teil, die heutige Wojewodschaft Ermland-Masuren. Ich denke, dort unter polnischer Hoheit ist es um das kulturelle Erbe der Zeit vor 1945 besser bestellt.

  • Natürlich wird Russland dieses Gebiet niemals so leicht freiwillig abgeben. Deutschland wird das Gebiet wohl auch kaum bekommen. Eventuell bildet sich eine gewisse eigene Identität und Amtssprachen könnten russisch, polnisch, deutsch und baltische Sprachen werden. Wer weiß, aber dazu müsste sich noch viel verändern, in der Tat. Der Westen hat sicherlich großes Interesse, diese Enklave von Russland los zu reißen und da wäre eine "Unabhängigkeit" wohl am realistischsten. :rolleyes:

    Um solch eine eigene Identität zu unterbinden wird Russland vermutlich fast alle Rekonstruktionspläne versuchen zu unterbinden. Das wollte ich damit nur aussagen. Anzeichen für eine Loslösung gibt es derzeit natürlich keinerlei.

  • Das sehe ich ebenso. Irgendwann gibt es natürlicherweise keine geborenen Königsberger mehr, man sollte diese ewige Streiterei beenden. Diese Stadt ist nun mal russisch, die Einwohner sind überwiegend dort geboren. Soll man diese jetzt aufstacheln, das sie Unabhängigkeit anstreben? Das hatten wir doch alles schon mal!

    In der Architektur muß sich ausdrücken, was eine Stadt zu sagen hat.
    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten

  • Es gibt heute einen fundamentalen Unterschied zwischen dem südlichen, polnischen und dem nördlichen, russischen Ostpreußen.
    Im Süden wurden die Baudenkmäler aus deutscher Zeit gepflegt, weil man sie posthum zum polnischen Kulturerbe erklärte und man sie so ideologisch für sich vereinnahmte, was sich in der Parole "unsere wieder gewonnenen Gebiete" manifestierte. Rein sachlich gesehen war das natürlich völlig unhaltbar, denn Danzigs Bürgerhäuser, die Marienburg, die anderen Ordensburgen oder die vielen Dorfkirchen waren eindeutig Zeugnisse einer 700-jähigen deutschen Geschichte. Aber immerhin hat durch diese historische Fehlinterpretation die ostpreußische Kulturlandschaft in diesem Teil Ostpreußens wenigstens in Teilen die Zeiten überdauert. Oder anders gesagt: Wäre Königsberg 1945 dem polnischen Staat zugeschlagen worden, hätte man die Stadt wiederaufgebaut (inklusive des Ordensschlosses) und zum polnischen Kulturerbe umdeklariert.

    Im Norden ist es genau umgekehrt: Sämtliche Kulturdenkmäler wurde als eindeutige Relikte des "Deutschtums" und damit des "Faschismus" angesehen und daher zerstört oder vernachlässigt. Die bedeutendsten Schösser (Königsberg, Friedrichstein) wurden gesprengt, die meisten gotischen Dorfkirchen als Ställe oder Scheunen verhunzt, sehr viele von ihnen sind heute immer noch in einem erbärmlichen Zustand (Wikipedia).
    Im Grunde hat sich im Norden an der Haltung zur deutschen Kultur bis heute wenig geändert. Der Hass darauf ist zwar überwiegend verschwunden, aber man steht den deutschen Baurelikten immer noch weitgehend gleichgültig gegenüber und kann damit nichts anfangen. Daher ist der weitere Verfall wohl unaufhaltsam. Das alte Ostpreußen ist ein ferner Traum, es ist für immer verloren in den Tiefen der Geschichte.

    Das ganze Desaster des nördlichen Ostpreußens lässt sich sehr anschaulich am Beispiel des ehemaligen Dorfes Tollmingkehmen verdeutlichen:

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  • [...] Irgendwann gibt es natürlicherweise keine geborenen Königsberger mehr, man sollte diese ewige Streiterei beenden. Diese Stadt ist nun mal russisch, die Einwohner sind überwiegend dort geboren. [...]

    Zustimmung. Man sollte sich lieber darauf konzentrieren, dass zu schützen, wiederherzustellen und auszubauen was von Deutschland aktuell existiert.

    Es gibt eine Architektur, die zur Landschaft gehört, sowie eine andere, die sie zerstört.

  • Hier ein paar Eindrücke aus dem nördlichen Ostpreussen oder eben Oblast Kaliningrad. Wer einen Eindruck haben möchte, wie es hier nach dem 30jährigen Krieg ausgesehen haben muß und Feldern beim Versteppen zusehen möchte - das gibt es dort. Mit Ausnahme von Cranz und Rauschen, die aus unerfindlichen Gründen nicht im Rahmen von Kampfhandlungen oder Freudenfeuern nach Beendigung der Kämpfe zerstört wurden, sind alle Orte dort entweder schwer zerstört (Tilsit), an einigen noch als historische Orte erkennbar - Königsberg - oder schlicht nicht mehr vorhanden bzw. befinden sich in verschiedenen Stadien des Zerfalls.

    Cranz Rauschen, Wasserturm Kirche in Rossitten, in der Nähe der ersten Vogelwarte Auf der Kurischen Nehrung, in der Nähe von Rossitten befindet sich auf Müllers Höhe überraschenderweise ein Stein mit der deutschen Inschrift

  • Trakehnen, das Haupthaus wurde saniert und beherbergt ein kleines Museum, die Anlagen in der Umgebung incl. der Ställe sind Ruinen
    Die Kopie des Denkmals für den Hengst "Tempelhüter"

  • Balga, von der Kreuzritterburg wie von den umliegenden Orten ist außer einem Wald mit Pflasterstraßen im Nirgendwo nach den Kämpfen im Heilgenbeiler Kessel nichts mehr übrig. Nur noch Wald, bei Google Maps sieht man die Masse der Granattrichter heute noch und Straßen und Stadtviertel, die mitten im Wald liegen. Von hier aus haben die Trecks versucht über das Haff zu fliehen.

  • Brandenburg i.Ostpreussen, auch hier nichts mehr, worüber sich zu reden lohnt. Erstaunlich dieser Gedenkstein für die Gegner des I.WK kurz vor Heiligenbeil.

    Hier eine Art Wiederaufbau im Zentrum von Gumbinnen. Zumindest ist hier etwas ganz und farbenfroh.
    Das "Heldendenkmal" im Vordergrund dient übrigens der Erinnerung an den Einfall in Ostpreussen im I.WK.

  • Alles in allem kann ich nach einer Woche dort, sicher ohne Anspruch auf Vollständigkeit, nur zusammenfassend sagen, dort ist alles untergegangen, was je an Kultur und Historie vorhanden war. Vereinzelte Häuser, Straßenzüge, vereinzelte Sanierungsprojekte ändern nichts an der Trostlosigkeit. Sinngemäß fällt mir dazu nur Erich Kästner ein: Wer das Weinen verlernt hat, lernt es wieder beim Anblick des untergegangenen Dresdens.
    Das geht auch sehr gut in Ostpreussen. Was auch immer daraus in Zukunft werden mag, einen Gegend mit irgendeinem Bezug zu ihrer Geschichte wie der Baugeschichte schliesse ich weitestgehend aus, eher eine Steppenlandschaft mit einzelnen Sanierungsprojekten und vielen Neubauten, Plattenbausiedlungen etc.
    Dabei wirken mehrere Effekte zusammen, die Zerstörungen im Krieg, die bewußten Brandschatzungen nach dem Sieg, Vernachlässigung und Zweckentfremdung (Ställe in Kirchen), Mangel an Baumaterial und Brennholz und schlichtes Desinteresse. Die Zeit des Hasses auf alles Deutsche scheint mir keine Rolle (mehr) zu spielen, aber es ist einfach zu spät hier noch irgendetwas retten zu wollen.
    Zum Thema Versorgung vor Ort als Illustration: Uns wurde erzählt, daß die Importe aus dem Kern Russlands die Waren vor Ort extrem verteuern, zudem der kleine Grenzverkehr nach Polen tot ist. Das führt z.B. dazu, daß rote Ziegelgebäude abgerissen werden, die Steine abgeklopft und palettenweise wieder für einen Neubau bereit gestellt werden - das war mit eigenen Augen zu sehen. "die ihr hier eintretet, laßt alle Hoffnung fahren" - Dante.

  • Alles in allem kann ich nach einer Woche dort, sicher ohne Anspruch auf Vollständigkeit, nur zusammenfassend sagen, dort ist alles untergegangen, was je an Kultur und Historie vorhanden war. Vereinzelte Häuser, Straßenzüge, vereinzelte Sanierungsprojekte ändern nichts an der Trostlosigkeit. Sinngemäß fällt mir dazu nur Erich Kästner ein: Wer das Weinen verlernt hat, lernt es wieder beim Anblick des untergegangenen Dresdens.
    [...]

    Gerhart Hauptmann sprach diese Worte.
    Aber danke für die Fotos. Immer wieder interessant zu sehen. Vielleicht schaff ich es auch mal irgendwann die Heimat meines Großvaters zu bereisen. Es reizt einen ja trotz allem.

  • Die größte Tragödie ist dass die ehemaligen Ostgebete heute kaum noch im kollektiven Gedächtnis unseres Landes vorhanden sind, und ihr Verlust wird nicht betrauert, im Geschichtsunterricht spielen sie kaum noch eine Rolle. Das fing mit den 68-ern an, die diesen Verlust inklusive der fürchterlichen Vertreibungen als gerechte Strafe für Vernichtungskrieg und Holocaust dogmatisierten. Zwar hat sich dieser Selbstmasochismus inzwischen etwas abgemildert, aber in Bezug auf den ehemaligen deutschen Osten herrscht heute dennoch weitgehend eine völlige Gleichgültigkeit.

  • Ich habe mal aus Jux bei einem Gespräch mit Freunden übers Reisen ein paar Begriffe in die Runde geworfen z.B. "Ich gehe ins Riesengebirge wandern", oder Neumark, Stettin, Mähren etc., da war nix, null Ahnung von solchen Orten und Regionen. Man tut sich ja bereits bei den Bundesländern schwer. Nichtsdestotrotz werden die Ostgebiete immer ein Teil des deutschen Kulturraums bleiben, allein schon aufgrund der Bauwerke. Ausserdem rechne ich es den Polen hoch an, dass sie mehr und mehr Denkmäler aus deutscher Zeit sanieren, insbesondere in Schlesien.

    In der Altstadt die Macht, im Kneiphof die Pracht, im Löbenicht der Acker, auf dem Sackheim der Racker.

    Hätt' ich Venedigs Macht und Augsburgs Pracht, Nürnberger Witz und Straßburger G'schütz und Ulmer Geld, so wär ich der Reichste in der Welt.