Der Königsberger Dom dient heute vor allem als Konzertsaal und Museum. Es gibt zudem eine evangelische Kapelle und eine orthodoxe Kapelle. Im Dommuseum finden wir das folgende Modell des Königsberger Stadtzentrums vor der Zerstörung. Es wurde auf Bitten aus Kaliningrad von Experten in Duisburg gefertigt und 1994 der Stadt Kaliningrad geschenkt.
Kaliningrad (Königsberg), Dommuseum, Modell des Königsberger Stadtzentrums vor der Zerstörung, vorn das Schloss, hinten der Stadtteil Kneiphof mit dem Dom (Foto: Rost galis, 2017, CC-BY-SA-4.0)
Von all den Gebäuden, die auf dem Foto zu sehen sind, blieben nur zwei stehen. Das erste ist der Königsberger Dom. Die Ruinen der Innenstadt wurden in den ersten Nachkriegsjahren zur Gewinnung von Baumaterial ausgeschlachtet. Nur die Domruine ließ man mit Rücksicht auf das Grab von Immanuel Kant unangetastet. Der Dom befindet sich daher heute in einer Parklandschaft, die offiziell "Kantinsel" genannt wird.
Der östliche Teil der Kantinsel (Kneiphof) mit dem Dom (Foto: A. Savin, Mai 2017, FAL)
Das zweite Gebäude, das auf dem Foto vom Stadtmodell zu sehen ist und heute noch existiert, finden wir auf dem folgenden Bild.
Blick vom Leuchtturm des Fischerdorfs auf den Pregel nach Westen, links vor der Brücke die Königsberger Börse, heute ein Museum, rechts der Park auf der Kantinsel (Foto: Ttracy, Juli 2007, CC-BY-SA-4.0)
Mit der Börse können wir uns in einem späteren Beitrag näher beschäftigen. Nun wieder eine Aufnahme vom Dom, um den es einsam geworden ist. Die quirlige Königsberger Innenstadt ist verschwunden. Viel Grün und banale Wohnbebauung beherrschen die Szenerie. Nördlich vom Dom, wo einst das Schloss stand, sehen wir das klobige Haus der Sowjets, südöstlich vom Dom die einigermaßen pittoresken Neubauten von Fischerdorf. Von dem Leuchtturm dort wurde das vorige Bild aufgenommen.
Luftaufnahme vom Königsberger Dom und seiner weiteren Umgebung (Foto: A. Savin, Mai 2017, FAL)
Im Jahre 1960 wurde die Domruine unter russischen Denkmalschutz gestellt, was zunächst nur bedeutete, dass sie nicht abgeräumt wurde.
Der Dom von Südosten im Juli 1982 (Foto: Huhu Uet, CC-BY-SA-3.0)
Der Dom von Südosten im Sommer 1988 (Foto: Yuri Syuganov, CC-BY-2.0)
Die Vorbereitungen für den Wiederaufbau begannen 1992. Der Dachstuhl wurde 1997 errichtet, die Arbeiten am Außenbau 1998 beendet. Im Innern wurde auch später noch gearbeitet. Finanziert wurde der Wiederaufbau zum großen Teil aus deutschen Spendenmitteln. Die Rekonstruktion ist nicht in allen Details originalgetreu. So wurde das Dach mit Kupfer gedeckt, weil das leichter ist als eine Eindeckung mit Ziegeln.
Der Dom von Südosten im März 2013 (Foto: Виктор Зандер, CC-BY-SA-4.0)
Der Dom ist heute als Kulturdenkmal von föderaler Bedeutung eingestuft. Im hierarchisch gegliederten russischen Denkmalschutz ist das die höchste reguläre Kategorie und besagt, dass dies ein besonders wichtiges Baudenkmal mit Bedeutung für den russischen Gesamtstaat (und nicht nur für die Region um Königsberg) ist.
Auf dem Foto von 1988 sehen wir einen Gedenkstein südöstlich vor dem Dom. Er erinnert an den Theologen Julius Rupp. Das Bronzerelief auf dem Findling ist ursprünglich eine Arbeit seiner Enkelin Käthe Kollwitz aus dem Jahre 1909. Es war nach dem Krieg verschollen, wurde von dem Berliner Bildhauer Harald Haacke nachgeschaffen und 1991 wieder angebracht. Der Stein selbst war aber offenbar an seinem ursprünglichen Ort erhalten geblieben. Auf dem Foto von 1988 können wir bei maximaler Vergrößerung auch ein Portraitrelief erkennen.
Kantinsel, der Gedenkstein für Julius Rupp nahe dem Dom (Foto: Kemal KOZBAEV, November 2015, CC-BY-SA-4.0)
Auf der liegenden Gedenktafel finden wir eine Erläuterung in russischer Sprache. Neben der Übersetzung der deutschen Inschrift auf dem Findling bietet sie den erläuternden Zusatz: "Fortschrittliche deutsche Persönlichkeit des gesellschaftlichen Lebens". Die original erhaltene deutsche Inschrift ist schlecht zu lesen. Sie lautet:
"Julius Rupp
1809-1884
Wer nach der Wahrheit,
die er bekennt, nicht lebt, ist
der gefährlichste Feind
der Wahrheit selbst."
Die Gestaltung der russischen Gedenktafel gefällt mir gut. Es ist eine schöne Form, den alten deutschen Gedenkstein unverändert beizubehalten und dieses Erbe den heutigen russischen Bewohnern nahezubringen. Das Zitat von Julius Rupp auf dem Stein ist nicht nur in deutscher Sprache sehr schön, sondern klingt auch auf Russisch gut.
Die russische Gedenktafel neben dem Gedenkstein für Julius Rupp (Foto: Bogdanov-62, September 2016, CC-BY-SA-4.0)
Neben dem Zitat von Julius Rupp bietet das Grabmal des Philosophen Immanuel Kant an der Nordostecke des Doms einen schönen Anknüpfungspunkt zwischen der deutschen und der russischen Kultur. Seine Gestaltung stammt aus dem Jahr 1924.
Das Grabmal Immanuel Kants an der nordöstlichen Außenseite des Doms (Foto: Kemal KOZBAEV, November 2015, CC-BY-SA-4.0)