Dresden - Neustädter Markt und Innere Neustadt (Galerie)

  • Ich bin gerade auf drei Bilder der kath. Franziskus-Xaverius-Kirche (hatte zuvor nie von der gehört) aus der Nachkriegszeit gestoßen, welche zeigen, dass diese Kirche am Albertplatz/Ecke Hauptstraße ebenso wie die Dreikönigskirche wohl durchaus wiederaufbaufähig war.

    Vielleicht hätte man auch wieder aufgebaut, wenn nicht die Garnisonkirche zur Verfügung gestanden hätte. Zumal der Wiederaufbau der nicht weit entfernten Hofkirche schnell außer Frage stand. Franziskus-Xaverius ist die einzige katholische Kirche, die zerstört und abgerissen wurde.

  • Leider wars saisonbedingt nicht möglich, den großartigen Eckbau Rähnitzgasse-Obergraben (das letzte bürgerliche Prachtexemplar des hochbarocken Dresdens, nicht den gegenüberliegenden historistischen Schinken, der kömmt oft genug vor) ungestört von diesem unsäglichen Weihnachtskitsch abzulichten. Ein Barockfassaden hochklettender Cola-Mann in gleich doppelter Ausfertigung, das wär mir in Wien noch nicht aufgefallen. Aber wir haben anhand des Themas Operngala bzw Neujahrskonzerte schon mal konstatiert, dass Wien in diesem kritischen K&K&K- Bereich Kultur/Kitsch/Kommerz ungleich mehr Geschmack hat, vielleicht wegen der besseren historischen Verankerung.
    Ansonsten wurde dankenswerterweise viel Wichtiges gezeigt, auch das wunderbare Barockhaus Heinrichsstraße Nr irgendwas, das, wenn man so will, vorletzte bürgerliche Prachtexemplar des Hochbarock.
    In der Nieritzstraße bist du offenbar nicht gewesen? Die hätte dir wohl (wie natürlich auch mir) recht zugesagt.
    Ansonsten zeugt natürlich diese Formulierung:


    Zitat

    Und dann diese tolle Häuserzeile


    von vielem, aber nicht unbedingt von übertriebenem Feingefühl fürs barocke DD. Bilderbuch irgendwo einmal anhand meiner Ablichtung diese Zeile sinngemäß als arge Bausünde verrissen, was natürlich völlig zutrifft, wobei ich angesichts des traurigen status quo meine, dass man in DD über alles Überlebende froh sein muss. Immerhin hätte die barocke Vorbebauung aber auch den Krieg überlebt...

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Du könntest dir deine generalistische Historismusschelte auch einfach mal klemmen Ursus, ist ja allmählich peinlich (Beitrag #25)...

    Wunderbare Bilder jedenfalls. Die Innere Neustadt wirkt mE irgendwie trotz ihrer Schönheit befremdlich steril. Was auch daran liegt, dass sie eben so abgeschottet und leblos ist. Die Passantenströme schieben sich ein Stück weit noch die Hauptstraße entlang, dann ist Feierabend. Sicher beabsichtigte man das zu DDR-Zeiten auch genau so. Dieser städtebauliche Mißstand muss aber endlich behoben werden, man müsste zumindest mal den Zugang zu den Querstraßen wie der Rähnitzgasse wieder ermöglichen. Und damit meine ich nicht die schmalen Unterführungen, sondern ein Abräumen des gesamten Blocks im Gassenbereich.

    Und ich hoffe sehr, dass auf den Brachflächen am Markt Rekonstruktionen erfolgen, allen voran in der Meißner. Das wäre ein Meilenstein für die Anbindung von Alt- und Neustadt.

    Soll die autofreie Augustusbrücke nun eigentlich wirklich kommen? Und der Autotunnel am Markt?

  • Erbse, was heißt da generalistisch? Es geht um einen brutalen Eingriff in eine Barockzeile. abgesehen davon hab ich gar nichts anderes geschrieben, als dass man das nicht unbedingt als "toll"* empfinden muss, aber dass es immerhin ein Vorkriegsbau ist, über den man in DD froh sein muss. Differenzierter und sachlich ausgewogener gehts wohl nicht mehr.

    Frag dich lieber selber, erbese, ob deine Historismuslobhudelei nicht ein bisschen generalistisch ist, um es gelinde auszudrücken.

    * was ja angesichts der Fülle an wirklich tollen Barockbauten geradezu grotesk ist

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Was ist daran bitte brutal? Mus auf den Augen oder was? :whistling:
    Nur weil die Barockbauten etwas älter sind, sind sie nicht automatisch immer hochwertiger, ästhetischer, bedeutender. Im Gegenteil empfinde ich viele der Barockbauten dort als ausgesprochen nüchtern, eher klassizistisch und geradezu fade (diesen z.B.). Kein Vergleich zu den geschmückten Prachtwerken an der einstigen Meißner etwa. Freilich macht das Gesamtensemble die Innere Neustadt aus, und dieses wird durch die Historismusbauten nicht gestört, sondern durch interessante Akzente ergänzt.

    Ich frage mich auch immer, was du mit solchen Eingebungen eigentlich bezwecken willst. Es wird wohl hoffentlich niemand auf die Idee kommen und eine solche "elitäre" Ablehnung des Historismus, wie sie leider auch in den Denkmalschutzbehörden vorherrscht, zum Anlass nehmen, solche Bauten abzuräumen. Nicht nur, weil Dresden im innerstädtischen Bereich ohnehin viel zu wenig Originalsubstanz hat.

  • Bezüglich der Sandsteinproblematik ist das sicher eine sehr interessante Diskussionen, die aber etwas vom Galeriestrang abweicht, sollte man das intensiver diskutieren wollen, sollte man die Diskussion vielleicht aulagern.

    Zu Erbses Einwand der sterilen Wirkung. Ich würde es teils nicht mal steril nennen, es ist einfach ungewohnt. Deutsche Augen kennen das vielleicht so nicht mehr. Mir ging es auch am Neumarkt teils so. Es ist mittlerwiele in Großstädten so untypisch geworden, dass man sich an solch geschlossenen Ensembles erst mal wieder gewöhnen muss. Hinzu kommt, dass man ähnlich wie am Neumarkt alle Gebäude zu ähnlichen Zeitpunkten saniert bzw. wiederaufgebaut hat. Das gibt dem ganzen Ensemble eine einheitliche Erscheinnung, die man als etwas unnatürlich wahrnimmt, etwas, was mit auch im Waldstraßenviertel in Leipzig aufgefallen ist, wobei Gründerzeitbauten ohne Patina aufgrund ihrer stärkeren Dreidimensionalität da irgendwie verträglicher sind als die doch etwas feiner gegliederten Barockbauten. Ich denke, man muss einfach noch ein paar Jahre warten, bis alles etwas mehr Patina ansetzt. Zudem muss man klar sagen, dass das Königsviertel völlig von den Besucherströmen abgeriegelt ist und ich den Eindruck hatte, dass da primär Leute unterwegs sind, die auch dort wohnen. Von Menschenmassen wie auf der Altstadtseite kann hier auf jeden Fall nicht die Rede sein, aber wie auch, bei dem Entree.

    So, weiter geht es an der Markthalle

    Blick zur Dreikönigskirche





    Leider war die Kirche geschlossen als ich vorbei kam, daher habe ich leider kein Foto für euch :lachentuerkis::lachentuerkis:

    Nochmal die Markthalle von der Ritterstraße aus

    APH - am Puls der Zeit

  • Und jetzt, da wir die Hauptstraße erreicht haben, wird es teils wirklich hart.
    Dieser Anblick tut einfach nur weh

    Daher wenden wir uns lieber schnell der Westseite zu, denn da stehen die letzten verbliebenen barocken Bauten an der Hauptstraße und was für welche :D




    Aufgrund des Abbau des Weihnachtsmarkts war es partiell sehr schwierig die Gebäude passend ins Bild zu kriegen

    Es geht hinein

    Toller Blick ins Innere dieses Quartiers

    APH - am Puls der Zeit

  • Ich liebe einfach diese Innenhöfe, das finde ich auch in Berlin teilweise so toll, einfach herrlich. Das ist Städtebau für Menschen!


    Es geht zurück zur Hauptstraße






    Portal




    Kügelgenhaus, Hauptstraße 13, Wohnhaus des Malers Gehard von Kügelgen aus dem 17. Jhr.

    APH - am Puls der Zeit



  • Blick in den Obergraben


    Und dann, liebe Freunde, dann hatte ich einen zweiten Paulskirche Wutanfall - what the f... hat man sich hierbei gedacht?????

    Ich war so unglaublich sauer. Was hat man hier nur gemacht? Die Bauten sehen auf dem Bild noch besser aus wie sie es sind, es ist billigste Dämmpappenoptik, und alles an den Bauten ist so geplant, dass es das Barockviertel maximal verhöhnt. Flachdach, wilde Fensterverteilung, die Farben sind eine Katastrophe, was soll das bitte? Und das schlimmste ist: die Optik ist so unglaublich billig und primitiv, man hat jede Sekunde das Gefühl, dass gleich das Styropor von der Wand fällt. Es ist elend. Wie konnte man sowas zulassen? Dass die GHND damals mit ihren Entwürfen trotz hartem Kampf nicht durchgedrungen ist, ist so unglaublich schade. Daher muss das Projekt an der Großen Meißner Straße jetzt gelingen, damit sich DAS nicht nochmal wiederholen kann, es ist der Coselpalais Anbau für den Neustädter Markt. Widerlich, dieser Haufen Schrott.... Sorry, dass ich mich so aufregen muss :lachentuerkis::lachentuerkis::lachentuerkis:

    APH - am Puls der Zeit

  • @Wissen.de jap die Kiste von Knerer und Lang sah von Anfang an aus wie aus Plastikmüll recycelt. Zur Erinnerung: Bilder von 2012 auf bausituation-dresden.de. Was die Anbindung des Barockviertels angeht, sieht die Stadt mittlerweile immerhin ein, dass es einen Durchbruch durch die Platte zum Neustädter Markt geben sollte. Das Werkstattverfahren läuft in ein paar Monaten an.

  • Zitat von erbse

    Was ist daran bitte brutal

    Auf dem Bild per se nix, da hast schon recht. Aber nichts steht für sich allein da, alles hat ein Umfeld.
    Und in diesem ließen sich vielleicht die Überdimensionierung (enge geknickte Gasse), Unproportionalität (barocke Nachbarbauten), eklektizistische Üppigkeit, vielleicht auch fremde Fassadenelemente (Backstein), Balkonachsen samt Fassadendurchbrüchen anführen, vielleicht auch noch ein bisschen mehr...

    Dein zweites Beispiel schaut für einen Barockbau in der Tat recht unstimmig aus, ich hätte eher auf einen entstuckten Gründerzeitler oder gar vereinfachten Wiederaufbau getippt. So akademisch ausgetrocknet hat sich der Barock, gerade in DD, kaum gegeben. Muss ich zuhaus im Hertzig nachschlagen, was da Sache ist.
    Jedenfalls fügt er sich gut an die Bülow-Residenz.
    es geht ja nicht drum, irgendwem seine Vorliebe für historistische Formenfülle zu vermiesen (oder, horribile dictu, Abrisse nebst barocken Rekos zu postulieren). Sicher sind diese Bauten authentischer und letztlich stimmiger als zB das sog Bülow-Palais, und sicher müssen wir über alles Erhaltene froh sein. Aber das ändert nix dran, dass es etwas mehr als strange ist, innerhalb des nun wirklich hochbedeutenden Barockviertels diese "tolle Zeile" hervorzuheben. Sonst nix.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Wer jetzt dachte, es könnte nicht schlimmer kommen, oh doch, der Nachbar ist noch mieser geworden

    Nochmal zum Vergleich der Nachbar

    Und dann der Standort des Neustädter Rathauses. Eine Pflichtreko für die nächsten Jahre! Pflicht! Pflicht! Pflicht!

    Ganz ehrlich, da finde ich die DDR-Zeile noch fast gelungener

    Und dann die Hauptstraße hoch

    Schauen wir in die Heinrichstraße






    APH - am Puls der Zeit

  • Damit der Rundgang komplett ist geht es durch den Obergraben zur Königsstraße

    Schön, dass auch solche Bauten die Zeiten überstanden haben, klein, aber sie tun viel für den Charme solcher Quartiere

    Und dann sind wir zurück an der Königsstraße


    Damit ist die Dokumentation des Barockviertels beendet :daumenoben:

    APH - am Puls der Zeit

  • Die Neubauten an der Ecke Hauptstraße/Heinrichstraße stammen übrigend vom gleichen Büro, das auch die durchaus gelungenen Sanierungen der Plattenzeilen in der Hauptstraße übernommen hat: Knerer und Lang.

    Ein Wiederaufbau des Neustädter Rathauses dürfte leider Gottes Wunschdenken bleiben. Aktuell führt die Vonovia einen Wettbewerb für die Sanierung der Plattenbauten am Neustädter Markt durch. In diesem Zusammenhang wird auch ein Durchbruch der Rähnitzgasse und Kasernenstraße geprüft. Diese von der Stadt geforderte Maßnahme dürfte den status quo auf absehbare Zeit weiter zementieren, zumal sich der geplante städtebauliche Wettbewerb für den Neustädter Markt an diesem Bestand in irgendeiner Weise wird orientieren müssen.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Ja, klar ist es aktuell etwas unrealistisch, aber niemand kann wollen, dass der aktuelle Zustand auf Dauer Bestand hat und zumindest auf der Westseite bleibt die Reko des Neustädter Rathauses und ein Anschluss des Barockviertels in historisierender Formsprache in Kombination mit der Großen Meißner Straße das Ziel überhaupt.
    Klar, das wird nicht über Nacht gehen und erfordert einen langen Atem, aber mittel bis langfristig ist es ein erstrebenswertes Ziel und auch machbar, wenn man auch die Bewohner mitnimmt. Denn es wird nur mit den Menschen, die dort leben, zusammen gehen und nicht gegen sie, ich denke, dass sollten wir alle aus Potsdam gelernt haben.

    APH - am Puls der Zeit

  • Da stimme ich Wissen zu - die Hauptstrasse und Neustadter Markt ware sehr Bundesweite Wunschenswerten Rekonstruktionen zusammen mit untem anderen Marienplatz in Munchen, Hohe Strasse / Karolinenstrasse in Augsburg und die nordliche Marktplatz in Rostock.

  • Falls es dich tröstet, Wissen.de, du bist nicht der erste, der sich hier furchtbar über die Neubauten an der Hauptstraße echauffiert. Zumal jeder Fluch gerechtfertigt ist. Da reißt man eine Platte ab, öffnet die Heinrichstraße wieder zur Hauptstraße und setzt so einen Müll dort hin. Anders kann man es doch gar nicht sagen. Gerade der Sparkassenbau wirkt wie aus einer nordrheinwestfälischen Kleinstadt der 60er-70er Jahre nach Dresden gebeamt. Wahrhaftig das Allerschlechteste, was in Dresden seit der Wende als Stadtreparatur verkauft wurde.

    Einmal editiert, zuletzt von Saxonia (4. Januar 2018 um 19:47)

  • Zitat von Bilderbuch

    Ein Wiederaufbau des Neustädter Rathauses dürfte leider Gottes Wunschdenken bleiben. Aktuell führt die Vonovia einen Wettbewerb für die Sanierung der Plattenbauten am Neustädter Markt durch.

    Was soll denn an diesen fürchterlichen Kisten nun konkret saniert werden?? Diese "Sanierung" hat doch bereits vor einigen Jahren stattgefunden, oder nicht?? (vgl. Bild). huh:)