Potsdam - Garnisonkirche (die Diskussion um den Wiederaufbau)

  • Dein Wort in Gottes Ohr, Maecanas. Die Option wird in der heutigen Ausgabe der MAZ nämich leider erschreckend realistisch dargestellt, quasi fast beschlossen:

    "Ein Durchbruch im Streit um die Garnisonkirche steht bevor. Die Stiftung für Wiederaufbau setzt sich öffentlich für einen architektonischen Bruch unter Einbeziehung des Rechenzentrums ein – und der New Yorker Architekt Daniel Libeskind will zur Neugestaltung beitragen."

    Link zu dem Pay-paper:

    https://m.maz-online.de/Lokales/Potsda…eubau-entwerfen

  • die Bauten des Meisters sind alleine schon aufgrund des Namens "Libeskind" und deren Extravaganz wohl kaum zu einem Preis zu haben, den der Bürgermeister rechtfertigen könnte

    Und wenn Libeskind die Garnisonskirche als Prestigeprojekt betrachtet und mit dem Preis deutlich runter geht?

    Er könnte mit einem Zick-Zack-Beton-Glas-Ungetüm schließlich den Anblick des rekonstruktierten Kirchenturms brechen, bzw. diesen ganz im Sinne der Rekonstruktionsgegener ins "rechte" Licht rücken.

    "Wenn wir die ehemalige Schönheit der Stadt mit der heutigen Gemeinheit verrechnen, kommen wir, so die Bilanz, aufs direkteste in den Schwachsinn." (E.H.)

  • Wenn man die Reisserische Überschrift liest ,klingt es so als wäre es alles in Sack und Tüten. Im Hintergrund werden also schon Gegenentwürfe gemacht .Die Stiftung wird anscheinend dabei völlig ausgeschlossen.Man versucht von Links mit allen Mitteln immer weiter dem Gesamtprojekt GK irgendwie Knüppel zwischen die Beine zu werfen.

    Wenn schon der Turm nicht zu verhindern ist dann wenigstens ihn mit irgendwelchen sinnlosen Brüchen zu beeinträchtigen.

    Leider hat sich die Stadt mittlerweile seit dem OB Wechsel immer mehr vom GK Projekt entfernt.

  • "Ein Durchbruch im Streit um die Garnisonkirche steht bevor. Die Stiftung für Wiederaufbau setzt sich öffentlich für einen architektonischen Bruch unter Einbeziehung des Rechenzentrums ein – und der New Yorker Architekt Daniel Libeskind will zur Neugestaltung beitragen."

    Wie kommt es denn bei der Stiftung plötzlich zu dieser 180°-Wende? Bisher hatte ich es immer so verstanden, dass diese vehement gegen den Erhalt des Rechenzentrums auf ihrem Grundstücksanteil war? Wenn das stimmt, wäre das eine Katastrophe. :(

    Konstantin, hast Du hier mehr Infos?

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

  • "Ein Durchbruch im Streit um die Garnisonkirche steht bevor. Die Stiftung für Wiederaufbau setzt sich öffentlich für einen architektonischen Bruch unter Einbeziehung des Rechenzentrums ein – und der New Yorker Architekt Daniel Libeskind will zur Neugestaltung beitragen."

    Ich bin entsetzt über den Sinneswandel der Stiftung. Hoffentlich setzen sie sich jetzt wenigstens dafür ein, dass der zu erwartende Zickzack-Bau des Meisters den barocken Turm nicht (z.B. mit irgendwelchen scharfen Spitzen) beeinträchtigt. Mir schwant nichts Gutes.

  • Es wäre doch ein Wunder, wenn Libeskind nicht mit einem harten Kontrast sein Markenzeichen setzen würde. Da wird man keinerlei Rücksichtnahme auf die Historie erwarten können.

    Und dies ist doch eigentlich eine Unverschämtheit gegenüber allen, die mit viel Mühe den barocken Turm wiederstehen lassen ...und denjenigen, die dafür gespendet haben.

  • Ich sehe schon eine zweite Wilhelm-Gedächtnis-Kirche mit Egon Eiermann Kirchenschiff.

    Die wirst Du auch bekommen, allerdings noch einen Zacken schärfer. Dagegen ist das Eiermann Kirchenschiff wahrscheinlich Hochbarock.

    Herzlichen Glückwunsch Potsdam, Du hast tolle Stadtväter!

  • Libeskind hat ja auch Dresden schon beglückt, indem er das langweilige "Militärhistorische Museum der Bundeswehr" aufgewertet hat.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Militärhistorisches_Museum_der_Bundeswehr

    Außerdem wollte er uns noch ein neues Neustädter Rathaus schenken, was ungefähr so ausgesehen hätte, wie unser Ufa-Palast.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Ufa-Kristallpalast

    Gott sei Dank ist das aber an der Unfähigkeit der Dresdner Stadtführung gescheitert.

  • Ich glaube nicht, dass Libeskind in Potsdam bauen wird. Erinnert sich noch jemand an Oscar Niemeyer aus Rio de Janeiro? Der wurde vor einigen Jahren von der Stadt medienwirksam als Stararchitekt der neuen Schwimmhalle am Brauhausberg präsentiert. Gebaut wurde am Ende ein langweiliger Entwurf von gmp.

    Auf der Seite der Stiftung Garnisonkirche Potsdam wird Daniel Libeskind nicht erwähnt (derzeit jedenfalls nicht). Ich vermute, dass Herr Eschenburg weiter auf Zeit spielen wird. Erstmal den Turm in Ruhe fertigstellen. Das hat für die Stiftung Priorität.

    Unterdessen wird das Libeskind-Projekt in irgendeiner Weise scheitern. Selbst wenn der Meister auf ein Honorar verzichten würde, blieben die Baukosten. Dafür hat die Stadt kein Geld. Mit der anhaltenden Corona-Krise wird sich die finanzielle Situation der Stadt nicht verbessern. Und über Spendengelder wird man ein modernes Gebäude nicht finanzieren können.

    Ich weiß nicht, was Herr Libeskind mit dem Rechenzentrum anfangen soll. Er hat immerhin einen gewissen künstlerischen Anspruch. Das Rechenzentrum ist aber ein banales, niveauloses Gebäude, dass sich nur noch zum Abriss eignet. Zumal es ja in Teilen sowieso verschwinden müsste, um einer Neuinterpretation des Kirchenschiffs Platz zu machen. Mag sein, dass sich Libeskind irgendeinen skulpturalen Quatsch ausdenken kann, aber irgendwie nutzbar soll es dann ja auch noch sein. Also meine Prognose: Am Ende wird nichts bei herauskommen.

  • ...weil die Wiese für die Zukunft noch alles zulässt. Um jedoch das Kirchenschiff effektiv verhindern oder wenigstens kontrakarieren oder dekonstruktivieren zu können, muss etwas ANSTATT dessen gebaut werden.

    Da der DDR-Bau nicht genügend Strahlkraft entwickelt, die den erfolgreichen, immer noch nachwirkenden Vorgängerbau überstrahlt. Mit anderen Worten: der DDR-Bau ist zu banal, als dass sich darin die uninteressiste Mehrheit wiederfindet.

    Also muss er noch genügend mit "Kunst am Bau" autismisiert werden, damit die Ecke scheußlich genug wird, um im banal-scheußlichen Einheitsbrei noch wahrgenommen zu werden...

    Nun muss also ein unangreifbarer, schwarzer Ritter her, der genügend immanenten Dekonstruktvismus mitbringt, ja dafür verbrieft ist.

    Und erst dann ist das Kirchenschiff und damit die Garnisonkirche wirklich verhindert. Diese Sicherheit fehlte bisher den Gegnern.

  • Ich weiß nicht, was Herr Libeskind mit dem Rechenzentrum anfangen soll. Er hat immerhin einen gewissen künstlerischen Anspruch.

    Das wäre in der Tat eine sehr interessante Frage. Wenn L sein Künstlertum ernstnimmt, muss er diese Zumutung ablehnen.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Seitens des Stiftungskuratoriums gibt es (noch) keinen Beschluss vom originalgetreuen Wiederaufbau des Kirchenschiffs abzuweichen. Aber zumindest der Vorsitzende des Fördervereins, Mathias Dombert scheint neuerdings "flexibel" zu werden. In der MAZ (erstaunlicherweise ohne Zahlschranke) ist zu lesen:

    Matthias Dombert, Vorsitzender der Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche, hat die Einladung von Libeskind nach Potsdam ebenso wie Altbischof und Stiftungschef Huber mitgetragen. „Wir konzentrieren uns weiter auf den Turm und halten uns an das Prinzip, wonach die äußere Form der Funktion folgen sollte. Aber mir gefällt, dass mit Daniel Libeskind ein international tätiger Architekt Interesse an diesem Ort hat. Das macht deutlich, dass die Bedeutung der Garnisonkirche weit über die Stadt hinaus reicht. Der Name Libeskind ist dabei eher programmatisch, als dass es darum geht, dass er hier am Ende tatsächlich bauen soll“, sagte Dombert am Donnerstag der MAZ.

  • können wir dem nicht mal einen Brief schreiben?

    Können könnten wir vermutlich, da der deutschen Sprache mächtig. Zuvor aber müsste geklärt sein, wer "wir" ist und wann "mal" ist.

    Aber warum fragst Du nach unserem Können?`Schreibe Du doch ihm einfach einen Brief. :zwinkern:

  • Zitat von PNN
    Allerdings legte zum Beispiel Carsten Linke vom Verein zur Förderung antimilitaristischer Traditionen Wert auf die Forderung, dass man einen Bruch mit der Geschichte des Ortes schon am Turm sehen müsse – wozu jemand wie Libeskind Ideen einbringen könne.

    Nomen est omen. Dagegen ist die eigentliche Linke richtig moderat:

    Zitat von ebd
    Linke-Fraktionsgeschäftsführer Sascha Krämer teilte mit: „Es wäre gut, wenn die historischen Widersprüche auch architektonisch dargestellt werden.“ Er plädiere anstelle des Kirchenschiffs für etwas ganz Neues – zwischen Ostmoderne und kopierten Barock, also dem Turm, sei eine „architektonische Versöhnung an diesem Ort“ möglich.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Eigentlich wollte ich mich in dieses unsägliche Thema nicht mehr einmischen. Aber hier möchte ich mal einen Beitrag von Ludger Brands, zu finden auf der Facebook-Seite von Mitteschön, einbringen. Das kann ich nur unterschreiben...

    Ludger Brands Liebe Freunde der Potsdamer Architektur,

    ich bin eher schockiert. Steht doch Daniel Liebskinds militärhistorisches Museum in Dresden für eine gebaute Verachtung historischer Architektur aus ideologischen Beweggründen. Ich hoffe doch sehr auf eine starke Welle der öffentlichen Entrüstung, wenn das Meisterwerk der Öffentlichkeit präsentiert wird. Ein derartiges Projekt wie in Dresden käme einer zweiten Zerstörung der Garnisonkirche gleich. Was die Stiftung da geritten hat, ist mir komplett unverständlich. Oberflächliches und vordergründiges Eventgehabe schadet mehr, als das Kirchenschiff nicht zu bauen. Ein kleiner Trost mag sein, dass Liebeskinds Bauten inklusive seinem horrenden Honorar teuer und damit ggf. nicht realisierungsfähig sind.

    Leider hat ein großer Teil unserer Zunft verlernt einfach nur gute und dem Ort angemessene Häuser zu bauen, stattdessen wird immer mehr ein selbstbezogenes Architekturtheater inszeniert.