Potsdam - Garnisonkirche (die Diskussion um den Wiederaufbau)

  • Zitat von PNN

    ...Vorsichtig deutete der Kirchenmann in seinem Schlusswort am Mittwoch zudem an, es könne am neuen Kirchturm – über den Einbau erhalten gebliebener historischer Fragmente hinaus – künftig womöglich etwas Weiteres geben „was im Ausdruck dieses Gebäudes den Unterschied klarer markiert“, also äußerlich sichtbar werden lässt, dass es nicht der originale Kirchturm ist. Darüber müsse man zunächst noch diskutieren. ...

    Klingt leider so als dass man den bösartigen Kirchenstürmern wieder zu viel Aufmerksamkeit schenkt(e). Es bringt doch wirklich 0 sich mit Demagogen wie Oswalt & Co überhaupt noch an einen Tisch zu setzen, um denen wieder eine Plattform zu bieten. Da kann man noch so viel Brüche machen und dann wollen sie später noch mehr davon...liebe Evangelische Kirche lasst Euch noch einmal sagen, dass man mit Faschisten - weder links noch rechts - nicht auf einen grünen Zweig kommen kann! Die einzigen Brüche den diese Demagogen hinbekommen sind Wortbrüche! Kein Wort von denen zu den sozialistischen Barbaren, die mit der Sprengung der Potsdamer Baudenkmäler erst zu dem Kulturbruch führten, den die Bürger mit höchstem Einsatz wiedergutmachen müssen!

    Baut den Kirchturm 1:1 auf wie er war und in 30 Jahren kräht kein Hahn mehr danach, was irgendwelche neurotischen Hysteriker für Erbrüche diktieren wollten. Im Gegenteil wird man dann mit hohen Aufwand diese Brüche wieder kitten müssen. Wenn die Evangelische Kirche jetzt aber glaubt mit weiteren Brüchen für (vermeintliche) Ruhe sorgen zu können, dann werden sie sich aber täuschen, denn dafür habe ich und tausende andere Bürger nicht gespendet!

    Es kann und darf nicht sein, dass die, die 0 zum Wiederaufbau beitragen, mehr beim Wiederaufbau der Kirche mitreden dürfen, als die, die dafür nicht unerhebliche Geldbeträge spenden oder sogar ganze Erbschaften für die Rekonstruktion widmen!

    2 Mal editiert, zuletzt von Exilwiener (7. Dezember 2019 um 00:42)

  • Diese Angriffe sind ja wirklich übel. "Moralische Geldwäsche", "Monster" - ja, gehts noch?! Philipp Oswalt (siehe Wikipedia) ist für seine scharfen Töne bekannt. Selbst die Stiftung Bauhaus Dessau hatte sich bereits 2014 nach 5 Jahren von ihm getrennt. Mit seiner Nachfolgerin Claudia Perren befindet sich die Stiftung Bauhaus Dessau jetzt wieder in ruhigerem Fahrwasser. Frau Perren hat ein erfolgreiches Bauhaus-Jubiläumsjahr hinter sich. Höhepunkt war die Eröffnung des Bauhaus-Museums. Oswalt war vehementer Gegner des Standortes in der Dessauer Innenstadt. Heute wird diese Standortentscheidung aber überwiegend als richtig bewertet. Ich frage mich, wie es darüber überhaupt so viel Streit geben konnte.

    Aus Protest gegen den Wiederaufbau der Garnisonkirche trat Oswalt aus der evangelischen Kirche aus. Da fragt man sich, was für ein Religionsverständnis er hat. Kirche ist die Gemeinschaft der Gläubigen, und die sollte man nicht einfach infrage stellen, nur weil einem einzelne Entscheidungen nicht passen. Kirche ist nicht ein x-beliebiger Verein.

    Doch Oswalt kritisierte vor allem auch, das ganze Kirchenbauprojekt lasse seiner Ansicht nach zu wenig den Bruch mit der Vergangenheit erkennen. Der Evangelischen Kirche warf der Architekt dabei sogar "moralische Geldwäsche" vor. Denn die Stiftung Garnisonkirche habe zwar das von dem radikalisierten Ex-Oberstleutnant Max Klaar gesammelte Geld, das für die Garnisonkirche bestimmt war, nicht angenommen. Klaar habe das Geld jedoch anderen kirchlichen Bauprojekten zur Verfügung gestellt. Und die Evangelische Landeskirche wiederum unterstütze die Garnisonkirche mit einem Kredit. Hildegard Rugenstein, Pastorin der Französisch-Reformierten Gemeinde in Potsdam und zugleich eine ausgewiesene Kritikerin des Wiederaufbaugeschehens am früheren Standort der Garnisonkirche, bezeichnete den im Bau befindlichen Turm in der Diskussion am Mittwoch als Monster. Diese Zuschreibung beziehe sich aber nur auf die architektonische Wirkung des zunächst als Solitär geplanten knapp 90 Meter hohen Bauwerks.


    Und die Stiftung Garnisonkirche tritt leider schwächlich und zaghaft auf. Die Folge ist, dass die Gegner immer lauter werden.

    Dass es nach dem Willen der Evangelischen Kirche hingegen keinen originalgetreuen Wiederaufbau auch des Garnisonkirchenschiffs geben werde, machte Altbischof Huber in der Diskussion deutlich. „Ohne einen klaren architektonischen Bruch wird es das Kirchenschiff nicht geben“, sagte der Geistliche. Und überhaupt werde es um den etwaigen Bau des Kirchenschiffs erst dann gehen können, wenn eine vernünftige Nutzung dafür gefunden sei.

    Schade.

  • Ein sogenannter Bischoff, der im originalgetreuen Wiederaufbau eines Kirchturms anscheinend keine potenzielle Kirche sieht und sich allen Ernstes über eine mögliche Nutzung dieses ‚Profanbaus‘ den Kopf zerbricht. Deutschland im Jahr 2019. Interessant wäre ja die Frage, wie denn die noch lebende evangelische Rest-Gemeinde zu dieser Ratlosigkeit ihres Altbischoffs steht und ob eine solche Abwehr-„Haltung“ die Attraktivität der evangelischen Kirche steigert und die verlorenen Schäfchen Potsdams nun ihren Kirchenaustritt überdenken. Er möchte architektonische Brüche und dazu vielleicht noch passende Krücken (immerhin ein Sinnbild der heutigen evangelischen Kirche). Und möglichst viel Applaus. Den wird er sicherlich bekommen. Vielleicht liegt bei so viel „Haltung“ sogar das Bundesverdienstkreuz mit -ganz in Bonhoefferscher Tradition- anschließendem Bankett im Bellevue drin. Aber was sind nochmal die Kernaufgaben eines evangelischen Geistlichen? Ich komm bei so viel tagespolitischer „Haltung“ einfach nicht mehr drauf...

  • Aber was sind nochmal die Kernaufgaben eines evangelischen Geistlichen? Ich komm bei so viel tagespolitischer „Haltung“ einfach nicht mehr drauf...

    Gute Frage. Es ist zwar off topic, aber mal aus dem Nähkastchen: Ich bin beruflich in der praktischen Philosophie unterwegs und habe da in meinem Leben einiges auch mit evangelischen Moraltheologen zu tun gehabt (ich weiß, die nennen sich nicht so, aber ich finde, der Begriff charakterisiert es am besten). Und da muss ich leider sagen, dass ich außer wohlfeilem, seichtem, an den Zeitgeist angepasstem Geschwätz selten was gehört habe.

    Vielleicht liegt das daran, dass die klügeren und unangepassten Köpfe vorzeitig rausgemobbt werden, aber diejenigen, die in akademische Ämter und Würden aufsteigen, kann man in der Regel vergessen. Außer Anpassung an herrschende Meinung und Zeitgeist, wohlfeil-seichtem Gerede und hochtönenden Blasen, aus denen man mit einem gezielten Stich alle Luft rauslassen kann, ist da in der Regel nichts zu erwarten.
    Das finde ich nicht zuletzt deshalb schade, weil es unterhalb der Ebene der Professoren und Bischöfe durchaus kluge Leute gibt; die haben nur in der Evangelischen Kirche null Chance, etwas zu werden, weil die Angepassten und Nachplapperer das Sagen haben.

  • Nur ein Beispiel: ich kenne einen evangelischen Theologen, der zum Thema Genmanipulation seit Jahren immer nur mit betroffener Miene verkündet, dass das ein ganz schwieriges Thema sei und man dazu eine intensive gesellschaftliche Debatte brauche.
    Ja, toll, um das zu merken braucht man eigentlich kein Studium. Von der Politik wird der Mann aber geliebt und mit Ämtern und Ehrenbezeugungen überschüttet, gerade weil er selbst keine Position hat und sich nie festlegt. Das macht ihn halt für die Politik unglaublich bequem.

  • Das Problem der evangelischen Kirche scheint allgemein ein zu starker Fokus auf Tagespolitik zu sein- und nicht mehr auf die metaphysischen Bedürfnisse der Gläubigen, die letztlich die einzige Legitimation der Kirchen sind. Sie sieht die Priorität darin, möglichst viel Leid zu lindern- und dies ausschließlich auf materieller Basis. Dieser Versuch, ein Himmelreich auf Erden zu errichten, vernachlässigt die eigentlichen religiösen Bedürfnisse der Menschen, die Suche nach dem Sinn, den Trost durch und den Diskurs über das metaphysische, überzeitliche Himmelreich und die Erlösung.

    Die Kirche wird zum politischen Akteur und damit zur Partei unter Parteien. Sie möchte mit Kräften konkurrieren, denen sie -als Kirche- nicht gewachsen ist- und sich leider von Parteipolitikern allzu leicht instrumentalisieren lässt. Während aus christlicher Sicht diesseitiges Leid elementarer und unvermeidbarer Bestandteil des Lebens ist (versinnbildlicht im Leid Jesu) und als Prüfung verstanden wird, die dem Eintritt ins Himmelreich vorausgeht, möchte die evangelische Kirche -ähnlich z.B. der SPD- überall „mit anpacken“ und verzettelt sich in einer politischen Agenda ohne jegliche Richtung. Sie ist grün, wenn der Zeitgeist ruft. Sie ist konservativ, wenn ein anderer vorherrscht. Und stets nutzt sie ihre religiöse Autorität dazu, unter den Gläubigen politischen Druck auszuüben. „Wenn du Christ bist, wählst du (....)“, „wenn du (....) wählst, bist du kein Christ mehr“. Und am Ende wundert sie sich, dass die Bänke immer leerer werden und ihre Existenzberechtigung zunehmend wackelt. Sie vergisst, dass ihre Ideale zeitlos sind und kostümiert sich bei jedem gesellschaftlichen Stimmungsbild neu.

    Zu sehr parteipolitisch eingebunden, zu verweltlicht in ihren Idealen, kommt dann am Ende bestenfalls salbungsvoller Nonsens heraus, schöne Worte, die alles und nichts sind und mehr einem billigen Schlager oder Beitrag des ESC gleichen, als einer Predigt oder theologischen Erörterung. Man assoziiert mit der evangelischen Kirche mittlerweile vornehmlich bunte Plakate, oft mit Kinderhänden darauf, Blümchen, das Wort „Leben“ bisschen Anti-Rechts-Slogans, vielleicht noch ein vollkommen deplatziertes Bibelzitat mit „Liebe“ (natürlich mit Ausrufezeichen und in der „hipsten“ Schriftart), das Binnen-I, ökologisch vertretbare Bastelstunden und eben Tagespolitik. Das Absolute, Gott, wird dem Relativen, den unüberschaubaren allgemeinen weltlichen Problemen und Zielen, geopfert.

    Ob jemand tatsächlich ein fähiger Geistlicher ist, zeigt sich eben nicht in Spendenaufrufen für ein fernes Projekt in Afrika (das einem ein wohlig-warmes Gefühl im Bauch verschafft, aber aufgrund der Distanz und der zahlreichen weltlichen Organisationen, die ebenfalls -besser- helfen, keinerlei Verantwortung auferlegt). Und auch nicht im Talent, Chamäleon zu sein oder in einem Satz möglichst oft die Wörter „Liebe“, „Leben“, „Vielfalt“ zu verwenden. Sondern am Sterbebett des Einzelnen und in der Seelsorge in seiner unmittelbaren Gemeinde, theologisch und nicht tagespolitisch.

  • Schade, dass die evangelische Kirche mit dem Barock nichts mehr zu tun haben möchte.
    Beim Barock denke ich immer (katholisch): den Totenkopf vor Augen, fest im Glauben und beichtend und dann wieder das pralle Leben.


    (Eine Form der christlichen Spiritualität, die mir durchaus zusagen würde).

    Beauty matters!

  • Mein Eindruck von dem gelesenem,die Befürworter auf dem Podium(Huber/Hünecke)hatten jedenfalls keinen einfachen Stand zwischen den Gegnern.
    Man muss wissen,dass die Gegnerschaft an diesem Abend keine einfachen linken Politchaoten waren die wir aus Potsdam kennen sondern Architekten,Geistliche und Historiker denen die Befürworter Argumentativ stand halten mussten was bestimmt nicht einfach für sie war.Und noch dazu in einer Atmosphäre die mehr Contra GK im Saal war.
    Gebracht hat die Veranstaltung am Ende niemanden etwas.Es war nur ein weiterer verbal und emotionaler Stellungskampf.

  • Schade, dass die evangelische Kirche mit dem Barock nichts mehr zu tun haben möchte.
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    Wo Du es gerade erwähnst - der alte Peter in München (ursprünglich gothischer Stil, später barock umgestaltet) war nicht minder zerstört als die Garnisionskirche und sollte aus Kostengründen abgerissen werden - die Sprenglöcher waren bereits gebohrt und sie wurde in quasi letzter Sekunde durch Spenden gerettet. Ich denke das wäre bei der Garnisionskirche auch möglich gewesen, wenn die damalige Regierung nur gewollt hätte.

  • Ich denke das wäre bei der Garnisionskirche auch möglich gewesen, wenn die damalige Regierung nur gewollt hätte.

    Selbstverständlich. Es hatten ja bereits Wiederherstellungsmaßnahmen stattgefunden. Die wurden aber auf SED-Geheiß gestoppt.

  • Die SED Regierung hat in den 60er-80 Jahren so viele Kirchengebäude, Schlösser und Gutshäuser geschliffen, darüber zu diskutieren ist nicht zielführend.

    Worüber man diskutieren sollte wäre, warum es immer wieder neue Diskussionsrunden zum Wiederaufbau der Garnisonkirche gibt und warum das Kirchenschiff jetzt im Fokus steht.

    Schon oft wurden Diskussionen geführt, der Förderverein hat immer ein offenes Ohr für die Anliegen der Gegner/Kritiker gehabt aber was war das Ergebnis?!

    Es gab kein Ergebnis, weil die Fronten seit Jahren verhärtet sind. Es ist auch schwer vorstellbar das man einen Kompromiss finden wird. Wenn es dann doch einen Kompromiss gibt, geht dieser Kompromiss immer zu Lasten des Wiederaufbau der Garnisonkirche („sichtbarer Bruch“).

  • Nein. Das Kirchenschiff steht deshalb im Fokus der Diskussion, weil der Turm schon im Bau ist, das Schiff eben nicht.

    Über das Schiff wird deshalb diskutiert, weil die Kirche kein Geld dazu hat das Schiff zu bauen und von Spendern mit ihrem Konzept auch kein Geld bekommen wird. Wäre das Gesamtkonzept der ev. Kirche so attraktiv und originalgetreu wie bei der Dresdner Frauenkirche wäre das Schiff schon im Bau.

    Deshalb liegt es garnicht an den üblichen Kritikern, die jede Rekonstruktion für protofaschistoid halten und ihre Meinung auch nie ändern werden, sondern an der diffusen Haltung der ev. Kirche.

  • Die Menschen werden sich mit dem unvollendeten Zustand nicht abfinden.

    Dein Wort in Gottes Ohr.
    Indes, so ganz glaube ich nicht dran. Die Menschen leben auch mit der Ruine der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin, mit dem Turm der Lutherkirche in Ludwigshafen (ohne Schiff), mit dem Turm der Sankt-Marien-Kirche in Wismar...

    Ich will damit nicht schlechte Laune verbreiten oder Optimismus schlecht machen. Aber wir leben nun einmal auch in einer Zeit schwindender christlicher Gemeinden. "Den Menschen" geht es selten darum, ob da nun ein Kirchenschiff mehr oder weniger herumsteht. Wenn das als Projekt angegangen werden soll, wird das nur durch das Engament einer Gruppe von Bürgern mit dem festen Wunsch und Willen realisiert werden können. Von Leuten wie den derzeitigen Kirchenvertretern ist das kaum zu erwarten.

    Aber, lassen wir uns (positiv) überraschen.

  • Das ist wahr und man muss ja Realist beliben. In Berlin, Ludwigshafen und Wismar lebt man ohne Schiff und der freie Platz wurde - mehr oder weniger anspuchsvoll - öffentliche Freifläche.

    Bei der Garnisonkirche steht aber auf dem Platz des Schiffes schon ein Gebäude, das neben ein paar Künstlern Dienstleister der Kreativwirtschaft und nicht wenige politische Initiativen beherbergt. In den beabsichtigten Neubau auf dem Areal der Feuerwache werden aber - richtigerweise - letztere nicht mit umziehen können. Zudem möchte die Stadt dort ein Jugendbegenungszentrum etablieren. Insofern ist die Situation komplexer - einen Automatischmus zu einem Kirchenschiff in historischer Architektur sehe ich hier ausdrücklich nicht.

  • Henri Kramer und Philipp Oswalt ... dass diese beiden Zeitgenossen Brüder im Geiste sind konnte man auch schon vor der Veröffentlichung des Interviews wissen ...

  • Diese Propaganda von Leute wie Oswalt ist ja nicht nur moralistisch und falsch, sondern auch unoriginell - beim Berliner Schloß hatten wir das ja alles schonmal. Vermutlich streut Oswalt auch bald Asche von KZ-Opfern vor der Kirche aus oder stiehlt Grabsteine von Friedhöfen, um das nächste Tabu zu brechen.

    Die Bundespolitik und die sonstigen Bauherren des Humboldtforum inkl. des Landes Berlin haben Oswalt & Co. mit diesen unreflektierten, fanatischen-geschichtsphobischen Märchen nicht beeinflussen können. Bei den Funktionären der ev. Kirche bin ich mir da nicht so sicher.