Deutsche Vorschlagliste für UNESCO-Weltkulturerbe

  • Zitat von "der_Sauerländer"

    Weiterhin interessant die Bezeichnung Wilhelms I. als Wilhelm den Großen. Tja, dieser Versuchs W. II. seinen Großvater zu glorifizieren und als Gegenstück zum Bismarckkult aufzubauen war wohl nicht wirklich erfolgreich.

    Naja, als so unerfolgreich würde ich es nicht sehen, ich selber (und da bin ich nicht der einzige) rede auch immer von Kaiser Wilhelm dem Großen wenn ich den Ersten meine. War halt der erste deutsche Kaiser, auch wenn Bismarck die Hauptverantwortung für die Reichseinigung trägt.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Nachdem die Ansichtskarte den vollständigen Text zeigt (das "nepos" und das "parentum" waren im Foto ja nicht zu sehen), jetzt also die vollständige Übersetzung:

    "Wilhelm II., Sohn Friedrich III. und Enkel Wilhelms des Großen, restaurierte im 15. Jahr seiner Herrschaft in Gedenken und zur Ehre seiner Vorfahren das Kastell des römischen Limes Saalburg"
    (besseres Deutsch, aber sehr frei übersetzt: im ehrenden Angedenken seiner Vorfahren)

  • Danke für die Bilder. Gefällt mir sehr gut.
    Kann eigentlich jemand die dritte Zeile der Inschrift auf dem Sockel der Statue vollständig entziffern?
    Ich finde die Statue übrigens außerordentlich gelungen - man bekommt fast eine Gänsehaut.. :)

    Eine der vorzüglichsten Eigenschaften von Gebäuden ist historische Tiefe.
    Die Quelle aller Geschichte ist Tradition. (Schiller)
    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten.

  • Es ist wirklich etwas schwer zu entziffern. Der vollständige Text auf dem Sockel lautet:

    IMPERATORI ROMANORUM TITO AELIO HADRIANO ANTONINO AUGUSTO PIO GUILELMUS II IMPERATOR GERMANORUM

    Sinngemäß bedeutet es:
    "(Gewidmet) dem Kaiser der Römer Titus Aelius Hadrianus Antoninus Augustus Pius von Wilhelm II., Kaiser der Deutschen"

  • Nachdem die Bewerbung der Altstadt von Heidelberg als Welterbe-Städte von der Unesco-Kommission dieses Jahr bereits zum zweiten Mal abgelehnt worden ist, wird es Zeit, sich zu überlegen, welche Orte das Land in Zukunft um den begehrten Titel ins Rennen schickt. In diversen anderen Strängen wurde darüber bereits gesprochen, einen einzelnen, geballten Thread gab es bisher jedoch noch nicht. Ich poste einmal eine kleine Auswahl an möglichen Kandidaten, die von euch dann kommentiert und erweitert werden kann:


    - "Kaiserburg und Stadtbefestigung von Nürnberg": In dieser Form einzigartiger mittelalterlicher Burgberg, nach dem 2. Weltkrieg genau wie der Großteil der Stadtmauer, der die herausragende Stadt umschloss, aufwendig rekonstruiert. Für unser Anliegen sicherlich ebenfalls bedeutsam: Eine Aufnahme in die Welterbe-Liste könnte der Rekonstruktion bedeutender Bauwerke Vorschub leisten.

    - "Siedlungen der Berliner Moderne": Nach der Ablehnung von Heidelberg wohl der am häufigsten vorgeschlagene Kandidat. Speziell geht es um die Siedlung Falkenberg, den Schillerpark, die Hufeisensiedlung Britz, die Wohnstadt Carl Legien, die Siemensstadt und die Weiße Stadt, die in den 20er Jahren entstanden und als Pilotprojekte dieser Art des modernen Bauens gesehen werden können.

    - "Die Mosel": Äußerst idyllischer Fluss mit sehr vielen Biegungen, der von vielen malerischen Fachwerkstädtchen (etwa Cochem, Traben-Trarbach, Bernkastel-Kues) gesäumt wird. Ließe sich gut dem bereits bestehenden Welterbe Mittelrhein kombinieren.

    - "Schlösser Neuschwanstein und Hohenschwangau bei Füssen": Krönung des Historismus in Deutschland, Stein gewordene Zeugnisse der Utopie eines paradiesischen Mittelalters. Neuschwanstein ist wohl DIE Sehenswürdigkeit Deutschlands schlechthin.

    - "Altstädte von Rothenburg ob der Tauber und Dinkelsbühl": Berühmte athmosphärisch extrem dichte Fachwerkstädte des Mittelalters.

    - "Ehemalige innerdeutsche Grenze": Mich wundert, dass dies selten vorgeschlagen wird. Die noch immer zahlreichen Wachtürme sowie der Grenzübergang Marienborn (der das Zentrum des Werlterbes darstellen würde) zeugen von der Grausamkeit des DDR-Regimes, das heutzutage häufig verherrlicht wird. An Mauerresten in Berlin ist nicht mehr viel übrig, was mit in die Liste aufgenommen werden könnte. Besonders ärgerlich finde ich die Tatsache, dass zwar überall in Berlin der Verlauf der ehemaligen Mauer noch deutlich zu spüren ist, aber gerade da, wo man die Fläche unbebaut hätte lassen sollen, nämlich am Checkpoint Charlie, dichte Bebauung hochgezogen wurde.

    - "Das Wattenmeer": Passt zwar als Weltnaturerbe eigentlich weder in diese Liste noch in das Forum, habe ich aber dennoch aufgenommen, da ich vom Erfolg einer Bewerbung überzeugt wäre. Ein derartiger Naturraum ist wirklich weltweit einmalig, zudem ist das Wattenmeer extrem gefährdet, daher sollten sich die drei deutschen Nationalparks ("Niedersächsisches Wattenmeer", "Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer" und "Hamburgisches Wattenmeer" sowie die angrenzenden niederländischen und dänischen Nationalparks länderübergreifend bewerben.

  • Warum Dinkelsbühl noch nicht in der Liste steht, ist mir ohnehin schleierhaft. In meinen Augen (gut, zusammen mit Goslar vielleicht) die besterhaltenste und am besten gepflegte Fachwerkstadt Deutschlands, in deren Gassen man sich spätestens nach Anbruch der Dunkelheit wie vor 500 Jahren vorkommt. Keine einzige Bausünde im Bereich der Stadtmauern, wo gibt es das noch, selbst im internationalen Vergleich?

    Nach dem, was Georg Friedrich aus dem Buch "Fachwerk in Franken vor 1600" zitiert hat, dürfte die Zahl der mittelalterlichen Bauten hier auch eine der höchsten in ganz Deutschland sein, wodurch die Stadt schon rein auf dem Papier äußerst bedeutend ist. Dazu eine bedeutende gotische Kirche mit viel originaler Ausstattung.

    Und doch im Bewußtsein der breiten Bevölkerung vergleichsweise unbekannt - ein Welterbetitel könnte das ändern. Und zementieren, denn bei meinem letzten Besuch habe ich, wenn auch an versteckten Hinterhäusern, bereits erste Aufweichungen der strengen Vorschriften erkannt (etwa die gerade angesagten, zum Kotzen-pseudo-modernen, langgezogenen Fenster, natürlich ohne Sprossung, die aussehen, als hätte jemand 'ne Tür ins Freie verbaut).

    Die ehemalige innerdeutsche Grenze finde ich einen originellen Vorschlag. Vor dem Hintergrund ewiger Ostalgie, die wohl eher noch schlimmer als besser wird, eine gute Idee und auch durchaus mit internationaler Signalwirkung - winkewinke, Nordkorea. ;)

  • Wäre es denn wirklich für die Stadt Dinkelsbühl erstrebenswert ein Zentrum des internationalen Tourismus zu werden ? Ein Weltkulturerbe hat Vorteile aber auch Nachteile. Es kann aus einer belebten funktionierenden Stadt eine reine Kulisse für den Tourismus machen. Am sympathischsten in Historicos Liste wäre mir ein Weltkulturerbe Schlösser Neuschwanstein und Hohenschwangau bei Füssen, denn überrannt ist es eh schon. 8)

  • Und bei Neuschwanstein ist irgendein grausiger Anbau geplant, mir fällt nur gerad nicht mehr ein, was das genau war.

  • Kommentar aus dem Video:

    Zitat

    ...Dass die Natur ihre Pracht ohne jeden wirtschaftlichen Nutzen täglich neu vergeudet, ist für den Generaldirektor des Wittelsbacher Ausgleichsfonds anscheinend schwer erträglich. ...

  • Ich frage mich primär, was der Unfug soll, eine Infrastruktur zu schaffen, die noch mehr Touristen zum Ziel bringt - in Neuschwanstein ist die maximale Auslastung doch ohnehin schon lange erreicht. Es gab im Fernsehen vor 1 - 2 Jahren mal einen Bericht über den "Hausmeister", der dort mit seiner Familie wohnt, und schon damals waren die Zustände eigentlich nur noch krank...

  • Zitat

    Saale-Unstrut-Region will Weltkulturerbe werden
    Die Saale-Unstrut-Region will sich um die Aufnahme ins Weltkulturerbe bewerben. Dazu hat sich ein Arbeitskreis aus Kommunalpolitikern, Denkmalpflegern und Stiftern gegründet. Eine Sprecherin kündigte an, mit Attraktionen wie dem Naumburger Dom, der Neuenburg, dem Kloster Schulpforte oder dem Sonnenobservatorium Goseck zu werben. Ein solche Kulturlandschaft sei einmalig.
    http://www.mdr.de/mdr-info/news/176109.html#6\r
    http://www.mdr.de/mdr-info/news/176109.html#6

    Also ich weiß nicht. Wer die Maßstäbe derart tief hängt kann so ziemlich jede Kulturlandschaft Europas zum Weltkulturerbe machen. :augenrollen:

  • Einmalig ist wohl jede Kulturlandschaft auf ihre Weise, es sei denn die Chinesen bauen sie originalgetreu nach... Aber ich finde, Deutschland ist mittlerweile wirklich überdurchschnittlich gut unter den Welterbestätten vertreten - und die UNESCO ist oftmals eher ein ziemlicher Klotz am Bein (siehe Dresden & Köln) als eine echte Hilfe.
    Man kann es wohl auch übertreiben :zwinkern:

  • Zitat von "erbsenzaehler"

    die UNESCO ist oftmals eher ein ziemlicher Klotz am Bein (siehe Dresden & Köln) als eine echte Hilfe.

    Was Köln betrifft, bin ich froh, dass die UNESCO eingegriffen hat.

  • Also ich zumindest hätte gegen die Hochhäuser in Köln-Deutz nichts gehabt, da sie das berühmte Rheinpanorama nicht tangiert hätten und man, solange keine Sehenswürdigkeiten gestört werden, ruhig klotzen sollte. Viel wichtiger wäre es, weitere Hochhäuser in der Altstadt zu verhindern und langfristig den Abriss etwa des WDR-Hochhauses in Angriff zu nehmen.

    Übrigens gibt es in Deutschland tatsächlich bereits eine Menge Welterbestädten, jedoch nur ein Weltnaturerbe (Grube Messel in Hessen), daher wäre es schön, wenn das Wattenmeer aufgenommen würde.

  • Zitat

    Viel wichtiger wäre es, weitere Hochhäuser in der Altstadt zu verhindern und langfristig den Abriss etwa des WDR-Hochhauses in Angriff zu nehmen.

    Ja, das WDR-Hochhaus, das ehem. Polizeipraesidium und das Lufthansa-Hochhaus in Deutz. Diese stoeren das Stadtbild am meisten. Und dann gibt es noch diese hohe Kiste mit den Schuesselantennen auf den hoechsten Etagen. Ich glaube an der Nord-Sued-Fahrt in Hoehe St. Georgs. Auch er muss weg.

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Trau mich ja kaum, diesen Strang aus der Asche zu heben, aber...


    Mein Neubrandenburg im schönen Mecklenburg prüft derzeit ein Antragsverfahren auf den UNESCO-Welterbestatus für die mittelalterliche Wehranlage samt der backsteingotischen Stadttore von Neubrandenburg (Stargarder Tor, Neues Tor, Treptower Tor und Friedländer Tor - inklusive der Wiekhäuser, die zu DDR-Zeiten zum Teil wiederhergestellt wurden.

    Angesichts der Einmaligkeit (Geschlossenheit, Größe, architektonische Ausprägung) in ganz Nordeuropa und im Verbreitungsgebiet der Backsteingotik, räume ich meiner Stadt da künftig gute Chancen ein. Das wäre wahrlich ein Ritterschlag. 8)


    Hier noch zwei Impressionen von mir:

    Backsteingotisches Stargarder Tor mit Marienkirche vom Neubrandenburger Stadtring gesehen

    Mit dem Fritz-Reuter-Haus