Klassische Architektur - Wie fing es bei Euch an?

  • Ich glaube, einen solchen Strang hatten wir bislang noch nicht. Mich würde interessieren, was bei Euch sozusagen die "Initialzündung" für das Interesse bzw. die Liebe zur klassisch-traditionellen Architektur war.

    Bei mir war es mein Lebensabschnitt in Nürnberg. Ich wohnte mehrere Jahre in der Nordstadt "hinter der Veste" und hatte ein Appartement mit Balkonblick auf eine benachbarte Gründerzeitvilla im Nürnberger Stil. Das weckte mein Interesse für diese alten Häuser, ich betrachtete erstmals die noch verbliebenen Altbauten im Stadtgebiet mit wachsender Faszination, und wurde mir andererseits auch der baulichen Verluste bewusst. Das hat sich dann später während meiner Zeit in Freiburg fortgesetzt, ich fing an, das Stadtbild und die historischen Gebäude fotografisch zu dokumentieren. Als ich dann wieder in meine Heimatstadt Stuttgart zurückkehrte begann auch dort eine intensive Erkundung des Stadtbilds. Mein Interesse an dieser Materie hat sich im Lauf dieser Jahre immer weiter gesteigert.

    Wie war es bei Euch?

    In dubio pro reko

    3 Mal editiert, zuletzt von reklov2708 (30. Juni 2017 um 16:16)

  • Hmm, da kann ich bei mir gar keinen bestimmten Zeitpunkt benennen. Es hat sich irgendwie fließend entwickelt.

    Durch meine Großeltern, eine Oma kam aus Danzig, die andere + Opa aus Königsberg, war mein Interesse schon mal für den zweiten Weltkrieg geweckt. Die haben viel von Krieg und Heimatverlust erzählt. Außerdem habe ich mir oft Bilder vom alten Danzig angesehen. Meine Oma bekam immer eine Zeitschrift mit dem Namen "Unser Danzig" zugesandt. Das hat mir schon immer gefallen.

    Was mir auch noch in Erinnerung ist, war ein Bildband über Deutschland, den ich in den 1990er-Jahren für eine amerikanische Brieffreundin gekauft hatte. In diesem Buch waren haufenweise schöne Ansichten von Orten, die mir völlig unbekannt waren. So habe ich mich für mein Heimatland begeistert und, für mich selber, noch viele weitere Bildbände über Deutschland gekauft.

    In den 1990er-Jahren begann auch die Rekonstruktion der Dresdener Frauenkirche. Und bei einem Aufenthalt in Berlin, sah ich das Gerüst mit den gelben Planen, die für den Wiederaufbau des Stadtschlosses warben. Ich denke, damit hatte mich das Thema Rekonstruktion und Stadtreparatur endgültig gefangen.

  • Schon immer habe ich mich für historische Gebäude und Architektur interessiert. Es fing schon in meiner Kindheit an: mit meinen Eltern haben wir kleine Ausflüge gemacht meistens im Saarland und im angrenzenden Lothringen. Fast jedes Jahr haben wir die Villa Borg besichtigt, das größte Rekonstruktionsprojekt einer römischen Villa, dass ich kenne und waren begeistert über die baulichen Fortschritte, aber auch ein bisschen traurig über die teilweise Schlamperei bei den Baumaterialien, da das Haupthaus schon nach ein paar Jahren Feuchtigkeitsflecken aufwies. Später ging es dann ins besser erhaltene Rheinland-Pfalz und nach Heidelberg, wo mich das Schloss bis heute sehr berührt hatte, dass von den Franzosen zerstört wurde wobei alle Außenmauern noch stehen. Nur der vordere Flügel (Friedrichsbau) wurde im Historismus wiederaufgebaut und auch innen alle Räumlichkeiten rekonstruiert. Davon war ich schnell begeistert und habe mich gefragt, warum nicht alle Flügel wenigstens mit Dächern gedeckt werden, damit die Witterung nicht so schnell an das Gemäuer rangeht.
    Daneben habe ich auch gerne m Unterricht wenn es mir langweilig wurde, Häuser gezeichnet und Idealentwürfe und spätestens seit der Grundsteinlegung des Berliner Schlosses habe ich fast jeden Tag mir den Baufortschritt über die Netzkamera angeschaut und bin so später über das Forum in den Verein beigetreten :)
    Im Gegensatz zu Schinkel habe ich aber nicht den Mut verloren, was in der Architektenszene zu verändern!

  • Bei mir war die finale Zündung die Suche nach einer Eigentumswohnung. Naiv dachte ich bis dato, schöne Altbauwohnungen gäbe es zu Hauf. Als ich bei Besichtigungen bemerkte, dass Makler und Besitzer stolz waren auf jedes modernisierte und damit zerstörte Detail (Türen neu, Fenster neu, Böden, Wände und Decken neu, Fassade neu etc.) war ich zunehmend schockiert von dem wofür ich auch noch hätte Geld bezahlen sollen und stellte fest, dass es einen merkwürdigen wirtschaftlich motivierten Antrieb gibt der systematisch historische Substanz zerstört. Spätestens seither bin ich alarmiert!

  • Ich bin in einer Hochhaussiedlung aufgewachsen. In der Umgebung gab es Gründerzeitviertel. Durch die bin ich oft spaziert, und deren Atmosphäre hat mich stets eingenommen. Ich wähnte mich via "time machine" in einer schöneren, liebevolleren Zeit.* Das gab dann den Impuls zum Interesse für Architektur und zur Verzweiflung an der Architekturzerstörung meiner Zeit.


    *=Zudem fiel mir das damals nicht unbekannte Buch von Jörg Müller über die Veränderung der Stadt in der Moderne ("Hier fällt ein Haus"...) in die Hände. Die Bilderserie hat mich damals sehr betroffen und tottraurig gemacht.
    Hier kann man die Bilderserie sehen: https://www.youtube.com/watch?v=0rMzdN0MMJw

  • Schon als Kind, aufgewachsen in der großelterlichen Wohnung in der Mannheimer Neckarstadt, hatte ich einen aufmerksamen Blick auf die erhalten gebliebenen Jugendstil- und Gründerzeitfassaden aus rotem und gelbem Sandstein. Ich beobachtete, dass bei etlichen Wiederaufbaumaßnahmen in dieser frühen Nachkriegszeit das Bestreben vorherrschte, durch den Einsatz von hellem Backstein und Sandsteinelementen das gediegene Erscheinungsbild jenes Stadtteils wieder zu komplettieren. Noch war der Hammer das wichtigste Instrument des Maurers, und das durch die Straßen hin hörbare Klngen der Hämmer der Bauleute hatte auf mich eine euphorisierende Wirkung.

    Später dämpfte die fortschreitende Moderne mein Interesse an Architektur, und der entscheidende Motivationsschub, um Architektur zu studieren, blieb aus (trotz zahlreichen inspirierenden Eindrücken, vor allem aus der Schweiz). Aber die heftige Auseinandersetzung mit der gebauten Umwelt war immer ein wesentlicher Teil meiner Welterfahrung.

  • Aufgewachsen in einer vom 2.WK kaum heimgesuchten Stadt, die heute UNESCO-Weltkulturerbe ist, kam ich erst nach Wegzug in eine vom Krieg stark betroffenen Stadt auf den Gedanken mich mit dem architektonischen Erbe zu befassen. Das ist jetzt fast 40 Jahre her. Besonders hart empfand ich die Bausituation in Berlin, und in Städten, in denen aufgrund eines falsch verstandenen Amerikanismus und mit dem Wunsch auf eine autogerechte Stadt, das platt gemacht wurde, wonach wir uns heute sehnen. Später und stellenweise infolge des Besuchs vor Ort kamen als Negativbeispiel noch die zusätzlich durch den Sozialismus stark veränderten Städte hinzu, wie Magdeburg, Bernau, Königsberg/Kaliningrad, Aussig/Usti nad Labem oder Liegnitz.
    Selbst schätze ich eine moderne, nicht modernistisch konzipierte Wohnung hinter einer klassischen Fassade. Käme dafür allerdings nicht auf die Idee eine traditionelle Innenausstattung bedenkenlos zu opfern.

    Einmal editiert, zuletzt von Berkowitz (30. Juni 2017 um 19:38)

  • In der ehemaligen Arbeitersiedlung und den Gründerzeitquartieren der Südstadt von Görlitz aufgewachsen, habe ich mich schon ab der 3.Klasse für die Gebäude der Altstadt interessiert und vom Rathaus bis zum Dicken Turm habe ich weitestgehend alle Sehenswürdigkeiten der Stadt mit Bleistift nachgezeichnet. Gründerzeit? Jugendstil? Das ist das Mindestmaß der Architektur in Deutschland, so dachte ich. Bis meine Familie dann vor 10 Jahren nach Berlin zog.

    Berlin, Spandau, Falkenhagener Feld. Die Mischung aus Einfamilienhäusern und den Wohnblöcken, welche ab den 60ern errichtet wurden (letztere nenne ich schlicht "West-Platten") und selbst wohnten wir in einem Bau der 90er. Gefühlt habe ich mich dort wie in einem Gefängnis. Die Umgebung hat, wie alle Quatiersplanung nach dem Krieg bis heute, zwar viel Grün innerhalb der Blöcke, jedoch hatte ich nie das Gefühl "hier kann ich mich aufhalten". Da fiel mir auf was allein die Hinterhöfe der Gründerzeitquatiere ausmacht.

    Erst dieser Vergleich Berlin-Görlitz zeigte mir, dass A Görlitz alles andere als eine Durchschnitts-Stadt und B wie wichtig (richtige) Architektur, wie wichtig Architektur mit Tradition ist.

    Es gibt eine Architektur, die zur Landschaft gehört, sowie eine andere, die sie zerstört.

    Einmal editiert, zuletzt von Fusajiro (13. Februar 2018 um 15:42)

  • Bei mir war es eine Besichtigung der Würzburger Residenz im Alter von 5 Jahren im Jahre 1958. Zwar konnte man damals nur das Herzstück (Einfahrtshalle, Gartensaal, Treppenhaus, weißer Saal und Kaisersaal sowie die Hofkirche) sehen, da der Bau ansonsten noch ausgebrannt und ruinös war. Jedenfalls muss die Pracht und Schönheit der zu besichtigenden Räume auf mich mit meinen nur 5 Jahren einen überwältigenden Eindruck gemacht haben. Ich kann mich auch noch gut daran erinnern. Meine Eltern erzählten mir später, ich habe bei der Residenzbesichtigung staunend mit offenem Mund und strahlenden Augen um mich und ebenso auf die Deckengemälde geschaut. In meiner Heimatstadt, die den Krieg nahezu unbeschadet überstanden hatte, kannte ich von den Häusern, Kirchen und Kapellen an denen das Baujahr in Stein gehauen war, alle Baujahre dieser Gebäude auswendig und verfolgte Renovierungen, aber leider auch viele Abbrüche intensiv. Nicht minder gut gefielen mir historische Inneneinrichtungen, Möbel, Gemälde etc.

    Freude an vielen schönen alten Gebäuden auf vielen Kunstreisen haben mich im Laufe meines Lebens oft mit großer Freude erfüllt. Mit dem Kauf unserer alten Villa haben wir uns einen Traum erfüllt, auch wenn es wohl noch einige Jahre dauern wird, bis endlich alles so ist, wie es werden soll. Vielleicht ist das eine Lebensaufgabe, aber es bereitet Freude, einem charmanten alten Haus Stück für Stück seine einstige Schönheit wieder zu geben.

    Einmal editiert, zuletzt von Villa1895 (30. Juni 2017 um 18:34)

  • Bis vor ein paar Jahren habe da gar nicht so drauf geachtet. Aber da mir in letzter Zeit immer mehr auffällt, wie einfallslos und immer gleich heute gebaut wird und vor allen Dingen wie häufig gnadenlos schöne alte Gebäude (auch unter Denkmalschutz stehende) abgerissen oder durch pseudomodernen Schnickschnack vergewaltigt werden, beschäftige ich mich immer mehr mit diesem Thema.
    Inzwischen freue ich mich über jedes alte Haus, das renoviert/saniert und so weit wie möglich erhalten bleibt.
    Aus meiner Sicht (ich bin kein Fachmann) wird aber mehr kaputt gemacht, als das Schönes erhalten bleibt, oder neu entsteht.
    Es frustriert mich sehr, wie Städte und Dörfer immer mehr ihr eigenständiges Gesicht verlieren und man bald nicht mehr weiß, wo man sich befindet

  • Bei mir war seit frühster Kindheit immer ein Interesse für klassische Gebäude und Architektur im allgemeinen vorhanden. Ebenso hatte ich immer schon ein großes Interesse an deutscher Geschichte. Dies resultierte daraus das mir während meiner gesamten Schulzeit diese einfach nicht vermittelt wurde.
    Es wurden immer nur Themen wie Nationalsozialismus, Französische Revolution und wenige andere gelehrt. Der erste Weltkrieg und erst recht die Kaiserzeit wurden mit keinem Wort erwähnt. Dies resultierte bei mir immer in einem verlangen, diese Bildungslücken zu schließen. Mein Interesse für klassische Architektur und deutsche Geschichte konnte leider auch das Architekturstudium in keinsterweise befriedigen (Modernismus als non plus ultra).
    Also suchte ich stehts im Internet nach neuen Wissensquellen. Schwer begeistert vom Reko- Thread im DAF über das Pellerhaus stieß ich zufällig auf einen Link zu diesem Verein und Forum und hatte damit für mich die Büchse der Pandora geöffnet ;)
    Mit Begeisterung sah ich die Bilder vom alten Berlin und Dresden und die unfassbaren Verluste an Bausubstanz die wir verloren hatten. Mir wurde klar, dass eine Rückbesinnung auf klassisch traditionelle Werte der einzig wahre Weg ist und somit warf ich alle künstlich anerzogene modernistische Ideologie für immer über Bord.

  • Mit 6 Jahren, zur Einschulung, machte ich mit meinen Eltern einen Ausflug nach Dresden und die Ruine der Frauenkirche und die ganze Innenstadt, die bedrückende Ödnis, beeindruckten mich nachhaltig. Meine Initialzündung war dann ein Video im Internet, in dem Hildesheim vor der Zerstörung gezeigt wurde - und heute. Danke an dieser Stelle an den Uploader Thomas Vespermann, ohne den ich heute nicht hier wäre.

    Einmal editiert, zuletzt von GoldenerEngel (1. Juli 2017 um 20:54)

  • Bei mir hat das in jungen Jahren angesetzt, in Videospielen wo es ums entwickeln einer Nation durch die Zeitalter geht, hab ich mich immer gefragt warum nach dem Industrie zeit alter auf einmal so radikal Moderne Gebäude gebaut wurden im spiel, ich bin ja noch recht jung. Die Antwort fand ich später im zweiten wk. und der rasanten Entwicklung der nach Kriegs Jahre. Was mich auch bewogen hat mich mit Architektur zu beschäftigen waren 2 städte: New york und Frankfurt vor dem Krieg die Klischee Mittelalter Stadt, wie sie noch heute in meinem Kopf seit Kindheit tagen herumgeistert. New york ist einfach nur faszinierend soviel bracht und Fantasie um Hochhäuser zu verschönern, vor dem wk., ist aber auch versaut worden das Singer Building ist nur die spitze des Eisberges.

  • Meine Familie ist von der einen Seite sehr durch das Thema Bauen und Architektur geprägt. Als Kind reiste ich mit ihnen jedes Jahr nach Prag. Ihr könnt euch sicher vorstellen, was für ein krasser Kontrast das für einen kleinen Jungen ist, der aus dem kriegszerstörten und DDR-gebeutelten Neubrandenburg in Mecklenburg kam und all diese Pracht bewundern durfte? :saint: Überhaupt reisten wir viel, durch alles, was man hinter dem Eisernen Vorhang eben so bereisen konnte. Gleich nach der Wende ging es in die USA, nach Frankreich, Italien usw.

    Schon im Kindes- und Jugendalter wurde ich so stark für klassische Architektur sensibilisiert, denke ich. Ich erinnere mich tatsächlich noch genau, wie ich das erste Mal vor dem Berliner Ballast der Republik stand und meine Abscheu für diese unpassende braune Kiste für jeden im Umkreis von 20m laut vernehmlich kundtat. :D Ulkigerweise wurde ich da noch zurechtgewiesen und man erklärte mir, dass das ein wichtiges und schönes, modernes Gebäude "für uns alle" sei. Komisch, dass ich das da schon wahrgenommen habe, aber das war wirklich sehr früh. Und eben einprägsam. Vielleicht der Schlüsselmoment.

    Vielleicht habe ich auch deswegen nie das Verlangen verspürt, mich allzu intensiv mit fachlicher Materie über Architektur auseinanderzusetzen. Ich fand klassische Bauten einfach nur schön und die meisten danach einfach hässlich. Das hat sich mit der Zeit etwas ausdiversifiziert, ich wollte mir aber nie erklären lassen, warum ich ein Brutalismusungetüm "schön" finden muss. Ich wollte immer mein Herz entscheiden lassen, und dabei bin ich geblieben.

  • Woher meine Vorliebe für historische Architektur kommt, kann ich nur vage schätzen. Zum einen ist es vielleicht tatsächlich in den Genen: mein Großvater mütterlicherseits war Architekt in Offenbach und - das weiß ich von meiner Mutter - hatte ebenfalls einen Hang eher zu den althergebrachten Bauformen.

    Andererseits bin ich in Schwäbisch Gmünd aufgewachsen, was viele alte Gebäude und einen schönen, historischen Stadtkern besitzt. Bereits als kleiner Junge hatte ich eine Vorlieb für die historische Architektursprache.

    Es hat mich schon als Kind spürbar geschmerzt, wenn ich bei Besuchen, z.B. in Stuttgart (aber auch anderswo), die vielen Bausünden gesehen habe . . . meinen Vater habe ich schon damals "genötigt" mir Bücher, wie "Berlin - wie es früher war" zu kaufen (!) :)

    "Mens agitat molem!" "Der Geist bewegt die Materie!"

  • Bei mir wurde mein Interesse an klassischer Architektur zum einen durch meine Großmutter als auch meine Eltern geweckt als auch geprägt...

    ..."Dresden war vor dem Krieg als ich mit Deinem Opi dort immer wieder zu Besuch war, die schönste und vornehmste Stadt, die es in Deutschland gab" (meine Großeltern kamen aus Prag)...als ich 1999 das erste Mal nach DD kam, war ich mehrere Wochen danach noch geschockt von dem, was ich dort zu sehen bekam bzw leider nicht mehr zu sehen bekam und habe es einfach nicht fassen können, dass eine Stadt so dermaßen ausgelöscht werden konnte!

    Als Kind wurde mir immer auch schon von meinen Eltern über Wien erzählt, was im Krieg aber vielmehr noch nach dem Krieg alles kopflos abgerissen wurde...was heute anstatt steht, das macht mich immer noch wütend und fassungslos, was gebaute Unkultur in einer Menschenseele auslösen kann!

    Mein Interesse an unsere einstmaligen baulichen Hochkultur wurde also ursächlich über die Erinnerungen meiner Eltern und Großeltern geprägt:

    ..."dort stand einmal der herrliche Nordbahnhof, der innen wie ein Schloß aussah und worauf ich mich immer wieder freute, wenn ich in Wien ankam" (Anm in den 1960er Jahren abgerissen)...


    Wikipedia

    ..."dort stand das prächtige Palais Rothschild...im Krieg unzerstört und dann in den 1960ern abgerissen"...heute steht dort der abscheuliche Bunker der Arbeiterkammer...vielleicht hasse ich genau deshalb so sehr die barbarischen Sozen ;-), wer weiß, wurde mir schon als Kind iniziiert und meine Kinder ticken auch schon wie ich :-)...


    Wikipedia

    ..."dort stand das Schloß Kobenzl, das die Stadt verfallen und devastieren ließ und das dann leider in den 1960er Jahren abgerissen wurde...heute eine leere Wiese, wobei man vom "Cobenzl" die herrlichste Aussicht auf ganz Wien hat...



    http://www.d%c3%b6bling.at

    ...und schrecklicherweise könnte man hier mehrere Seiten dieses Forums mit Stadtbildverlusten Wiens seit 1945 füllen. Ich erspare es Euch! Es ist aber eine nicht mehr gutzumachende Anklage an die "Schrottarchitekten" seit 1945 und die (un)verantwortlichen (Stadt)Politiker.

    Es ist aber eine wirklich wohltuende Medizin, wenn seit über ein Jahrzehnt nun richtig viel zumindest in D rekonstruiert wird! Das tut gut und dieser Stachel im Fleisch der stümperhaften Architektenschaft führt langsam, aber doch spürbar bei vielen, vor allem jungen (sic!) Architekten zu einem Umdenken und das lindert zum einen ein ganz wenig den Schmerz über den brutalen Kulturverlust und zum anderen die Hoffnung auf ein Umschwenken der derzeitig noch dogmatisierten Architektengraduierungsfabriken.

  • Ich hatte in meiner Kindheit und frühen Jugend kein bewusstes Interesse an Arichitektur. Meine Familie war zwar Geschichts- aber nicht Architekturinteressiert. Aufgewachsen in einem Vorort einer Sauerländer Stadt wurde mein Bild von Städten durch Dortmund und Hagen geprägt.
    Geändert hat sich das, als meine Schwester zum Studium nach München ging und ich sie dort besuchte. Ich habe mich in der Stadt unglaublich wohl gefühlt, wusste aber zunächst nicht warum. Bis mir klar wurde, wie sehr ich die Altstadt mochte, das Treiben auf dem Vikualienmarkt, den erhabenen Königsplatz, die prächtige Residenz, die lebhafte Maxvorstadt und das noble und lebenswerte Haidhausen. Alle diese Orte waren Orte, die von einem klassischem Ideal des Städtebaus geprägt worden sind: Eine Durchmischung von Wohnraum, Arbeitsfläche und Geschäften, kleine und unverwechselbare persönliche Häuser, eine Baustruktur und Ensembles die einen Bezug zu seinen Betrachtern geschaffen hat und vorallem: Wunderschöner Architektur. Farbenfrohe Jugendstilbauten mit verspielten Ornamenten, beeindruckende Gründerzeitqaurtiere mit prächtigem Stuck, lebhafte Plätze mit barocken Profan- und Sakralbauten, die von einschüchternder Schönheit waren.
    Von da an hat mich alles was klassiche Architektur und die Ideale der europäischen Stadt betrifft nicht mehr losgelassen. Und ich muss anfügen, dass ich mich freue, mich hier mit Gleichgesinnten austasuchen zu dürfen.

  • Mein Interesse an Geschichte, klassischer Architektur und Stadtbau bestand schon seit meiner Kindheit und ist in meiner Studienzeit massiv erstarkt.
    Aufgewachsen bin ich im beschaulichen Eichstätt mitten im Naturpark Altmühltal.
    Seit Kleinauf war ich es hier gewohnt, dass beinahe jedes Gebäude im Stadtkörper seine teils mehrere Jahrhunderte zurück reichende Geschichte hat und sich als Mosaiksteinchen dienend in ein großes Ganzes einfügt.
    Meine gesamte Studienzeit habe ich dann in Würzburg verbracht.
    Die Zerstörung der alten Stadt war auch fast 60 Jahre nach Kriegsende dort an jeder Ecke so extrem körperlich spürbar, dass es einem weh tat und oft den Magen umgedreht hat. Je mehr ich mich dort mit dem "Wiederaufbau" Würzburgs nach dem Krieg befasst habe, umso weniger Verständnis hatte ich für vieles, was in den Aufbaujahren entschieden und umgesetzt wurde.
    Dass mein Bekannter und Nachbar aus Jugendtagen dann als Lichttechnik-Ingenieur die Innen- und Außenbeleuchtung der Frauenkirche in Dresden ausführen durfte und ich so mehrmals die Gelegenheit hatte, die Frauenkirchen- Baustelle zu besuchen, hat dem allen dann noch die Krone aufgesetzt. Endlich hat sich gezeigt, dass vieles, was vorher als "nicht machbar" weggewischt wurde, leichter ist als gedacht und es immer einen Weg gibt, wenn nur der Wille dazu besteht...