Berlin - Marien- und Heiliggeistviertel - Rathausforum, Marx-Engels-Forum

  • Finde diese Ecke auch sehr unwirtlich in der Mitte von Berlin. Als ich zur S-Bahn beim letzten Besuch zurückgehen musste und die Sonne schon untergegangen war, war nur dieser Weg durch diesen "Park" der schnellste. Aber es war dunkel und schlecht erleuchtet im Gegensatz zur Umgebung...

  • .. Sagt natürlich auch viel über den politischen Zeitgeist (nicht nur in Berlin) aus, dass die Erfinder von Sozialismus und Kommunismus im Gegensatz zu anderen historischen Figuren nichts zu befürchten haben....

    Das ist doch wieder einmal vollkommen übertrieben. Weder Friedrich II (also das Reiterstandbild UdL) noch Martin Luther vor der Marienkirche haben ernsthaft etwas zu befürchten. Um nur zwei Beispiele zu nehmen.

    Marx und Engels gehören eben zu unserer Geschichte dazu.

    Irgendwie verblüffend, wenn Leute sich ansonsten so über Bilderstürmerei beklagen, bei den beiden aber kein Problem hätten...

  • Das ist doch wieder einmal vollkommen übertrieben.

    Ich glaube, Königsbau hat sich primär über die Asymmetrie "gewundert", dass in diesem Land reihenweise normale Berühmtheiten wegen eines klitzekleinen Makels in der Vita von den Sockeln gestoßen werden, aber noch keiner jener empörten Bürger diese beiden fragwürdigen Gesellen infrage gestellt hat.

    Auch für mich ist es nicht nachvollziehbar, dass alle Zeitungen berichten, wie Linkspopulisten und -radikale die Umbenennung von Bismarckstraßen und Martin-Luther-Straßen fordern, während eine Karl-Liebknecht-Straße das Selbstverständlichste der Welt sein soll.

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    Gutmensch = Gut gemeint, nicht zuende gedacht, schlecht gemacht

  • von den Sockeln gestoßen werden

    Ist zwar in den USA der Fall, bei uns ist es weitgehend bislang bei feuchten Träumen, vor allem linker Hochschullehrer, geblieben, aber in der Sache verstehe ich, was Du meinst. Und diese "Asymetrie" begegnet uns ja in ganz vielen Bereichen. Der eine darf auf den Reichstagsstufen posieren, der andere nicht. Der eine darf Symbole auf dem T-Shirt tragen, der andere nicht. usw.usf. So zeigt sich eben Macht. Die Welt ist ja keine Waage der Gerechtigkeit. Langfristig vielleicht schon, aber nicht in der Momentaufnahme.

  • Ich glaube, Königsbau hat sich primär über die Asymmetrie "gewundert", dass in diesem Land reihenweise normale Berühmtheiten wegen eines klitzekleinen Makels in der Vita von den Sockeln gestoßen werden, aber noch keiner jener empörten Bürger diese beiden fragwürdigen Gesellen infrage gestellt hat.

    Auch für mich ist es nicht nachvollziehbar, dass alle Zeitungen berichten, wie Linkspopulisten und -radikale die Umbenennung von Bismarckstraßen und Martin-Luther-Straßen fordern, während eine Karl-Liebknecht-Straße das Selbstverständlichste der Welt sein soll.

    Dann ist ja schön, dass wir uns alle einig sind, dass alle Denkmäler und Straßennamen erhalten bleiben.

    Es sind also alle auch dafür, dass die Karl-Liebknecht-Straße ihren Namen behält und dass das Denkmal für Marx und Engels dort erhalten bleibt.

  • "newly", Du weißt, dass das nicht so ist. Alle Denkmäler und Straßennamen bleiben ja nicht erhalten. Ob es das Agnes-Miegel-Denkmal in Bad Nenndorf ist, das vor nicht zu langer Zeit entfernt wurde (hier), zahlreiche Hindenburg-Straßen oder unlängst die Berliner Mohrenstraße. Es existiert also Druck von einer Seite. Dagegen hilft auch kein "ich bin doch für alle Denkmäler", so schön und pazifistisch eine solche Welt auch wäre, denn das wird die momentan aktiven Ikonoklasten nicht besänftigen. Sie wissen schließlich, dass die Gegenseite ohnehin keine Macht (und keine kriminelle Energie) hat, etwas an ihren Ikonen zu beschädigen.

    Das entfernt uns aber vom Thema. Ich jedenfalls bin für eine baldige, möglichst unaufwändige Wiederherstellung der Grünanlage, ob mit oder ohne Denkmal. Der jetzige Zustand ist sehr unschön. In 30 Jahren können wir dann vielleicht noch mal über die Bebauung des Areals reden, wenn die Situation günstiger ist.

  • Ich bin nicht dafür.

    Einen Marx, Engels, Liebknecht, Thälmann oder wie die Ikonen des Kommunismus noch so alle heißen mögen, sollte in einer Demokratie meiner Meinung nach überhaupt kein Terrain überlassen werden. Das sind die Vordenker bzw Mitverursacher der weltweit menschenfeindlichsten Ideologie. Es hat schon seinen Grund, weshalb die Protagonisten dieser Ideologie aus den Stadtbildern unserer Nachbarstaaten verbannt wurden.

    Gerade zum Tag der Deutschen Einheit, an dem sich die Ostdeutschen vom verbrecherischen Kommunismus selbst befreiten, möchte ich laut und gerne ausrufen: Nie wieder (internationaler noch nationaler) Sozialismus in Deutschland!

    Dass die Marx und Engels Statuen in diesem versifften Umfeld stehen ist aber durchaus stringend, denn überall auf der Welt, wo man diese Typen anbetete, sah es überall so und noch viel schlimmer aus. Das Marx und Enges Forum kann und soll daher zumindest als grausame Warnung für die Nachwelt verstanden werden.

  • Es sind also alle auch dafür, dass die Karl-Liebknecht-Straße ihren Namen behält und dass das Denkmal für Marx und Engels dort erhalten bleibt.

    Alle? Von mir aus könnten Marx und Engels weg. Da es in unserer Gesellschaft aber leider kein Konsens ist, den Kommunismus genauso wie den Nationalsozialmus als verbrecherische Ideologie zu ächten, - im Gegenteil, marxistisches Gedankengut wird wieder zunehmend salonfähig -, wird das Marx-Engels-Denkmal bis auf weiteres wohl kaum zur Disposition stehen.

    Aber immerhin, ganz aktuell: Es gibt auch kluge Köpfe, die den für manche unantastbaren Marx als Antisemiten und Verächter der Menschenrechte (im bürgerlichen Verständnis) entlarven.

    Aber immerhin ist es gut dass Marx und sein Wirken kontrovers in unserer Gesellschaft diskutiert wird. Im Osten war das erst nach der Wende möglich:

    Bundesarchiv_B_145_Bild-F088849-0006%2C_Berlin%2C_Marx-Engels-Denkmal%2C_Palast_der_Republik.jpg

    (Quelle Wikipedia / Bundesarchiv)

  • Aber immerhin: Es gibt auch kluge Köpfe, die den für manche unantastbaren Marx als Antisemiten und Verächter der Menschenrechte (im bürgerlichen Verständnis) entlarven

    Und die nächsten "klugen Köpfe" entlarven dann den für manchen unantastbaren Luther als Antisemiten und Verächter der Menschenrechte (im bürgerlichen Verständnis). Und andere dann Friedrich II. als Verantwortlichen eines Angriffskrieges und zigtausenden Toten.

    Mit dieser Schwarz-Weiß-Malerei wird der Bilderstürmerei wirklich Tür und Tor geöffnet.

    Heimdall In dem Strang hier geht es ja um das MEF und nicht um Bad Nenndorf oder die Mohrenstraße, deshalb beschränke ich mich auf das Forum und die unmittelbare Umgebung.

  • unantastbaren Luther als Antisemiten und Verächter der Menschenrechte

    Aberr im Unterschied zu diesen Genannten ist Marx der Begründer einer mehr als umstrittenen Ideologie, deren Realisierung Millionen von Menschen das Leben gekostet hatte. Dies einfach so abzustreiten bzw zu ignorieren, befeuert doch die Sichtweise, dass hier eben bei den Bilderstürmern mit zweierlei Maß gemessen wird nämlich in welche, die das dürfen und wo der Staat dies sogar fördert und welche die dies eben nicht dürfen... Finde den Fehler!

  • Mit zweierlei Maß messen tust du genauso, nur von der anderen Seite.

    Wenn du Marx für die Toten von Stalin und Mao verantwortlich machst, kannst Du auch Luther die Ermordung unzähliger Juden, die Toten der Bauernkriege und des 30-jährigen Krieges bis zum Wirken von Reichbischof Müller alles mögliche zurechnen.

    Sowohl Luther als auch Marx sind eben so prägend für unsere Geschichte, dass beide Denkmäler erhalten werden sollten.

  • MIt Ideologen zu diskutieren bringt so oder so nichts, aber ich bin dafür, dass man die letzten Beiträge unbedingt stehen lassen sollte, damit sich Außenstehende eine Meinung bilden können. Dann hat diese Diskussion zumindest ein Meinungsbildungsziel erreicht und das ist gut so. Bedenket: In einem (National- oder International-)Sozialistischem System wäre so ein Meinungsaustausch nämlich verboten und würde mit schlimmsten Sanktionen belegt werden!

  • Wenn du Marx für die Toten von Stalin und Mao verantwortlich machst,

    Im Umkehrschluss: Heißt das für dich, dass Stalin und Mao ihren Ideengeber Marx nur falsch verstanden und missbraucht haben?? Dann gebe ich dir zum Bedenken folgende Zitate:

    Zitat von Karl Marx

    „Zwischen der kapitalistischen und der kommunistischen Gesellschaft liegt die Periode der revolutionären Umwandlung der einen in die andere. Der entspricht auch eine politische Übergangsperiode, deren Staat nichts anderes sein kann als die revolutionäre Diktatur des Proletariats. (...) Diese Diktatur selbst bildet den Übergang zur Aufhebung aller Klassen und zu einer klassenlosen Gesellschaft...

    "Das Proletariat wird seine politische Herrschaft dazu benutzen, der Bourgeoisie nach und nach alles Kapital zu entreißen, alle Produktionsinstrumente in den Händen des Staats, d.h. des als herrschende Klasse organisierten Proletariats, zu zentralisieren und die Masse der Produktionskräfte möglichst rasch zu vermehren. Es kann dies natürlich zunächst nur geschehen vermittelst despotischer Eingriffe in das Eigentumsrecht und in die bürgerlichen Produktionsverhältnisse, durch Maßregeln also, die ökonomisch unzureichend und unhaltbar erscheinen, die aber im Lauf der Bewegung über sich selbst hinaustreiben und als Mittel zur Umwälzung der ganzen Produktionsweise unvermeidlich sind."

    Der Sozialismus ist die Permanenzerklärung der Revolution, die Klassendiktatur des Proletariats als notwendiger Durchgangspunkt zur Abschaffung der Klassenunterschiede überhaupt, zur Abschaffung sämtlicher bestehender Produktionsverhältnisse, zur Abschaffung sämtlicher gesellschaftlicher Beziehungen, die diesen Produktionsverhältnissen entsprechen, zur Umwälzung sämtlicher Ideen, die aus diesen gesellschaftlichen Beziehungen hervorgehen.“

    „...womit die sogenannten Menschenechte nichts anderes sind, als die Rechte des Mitglieds der bürgerlichen Gesellschaft, d. h. des egoistischen Menschen, des vom Menschen und vom Gemeinwesen getrennten Menschen.“

  • In "Newlys" Argumentation gibt es einen weiteren Denkfehler: Luther ist in erster Linie bekannt für seine Abspaltung von der katholischen Kirche mit der Gründung einer neuen, nicht für seine Abneigung zu Juden.

    Friedrich der Große ist ebenfalls als erstes dafür bekannt ein König von Preußen gewesen zu sein, der die Aufklärung mit Voltaire u.a. nach Potsdam gebracht hatte.

    Aber Marx ist nun mal der Begründer des Kommunismus und nichts Anderes in erster Linie. Da sehe ich einfach nicht ein, dass so ein Denkmal unsere Hauptstadt mitten in ihrem Herzen aus so einer dunklen Zeit weiterhin "beglücken" soll...

  • In "Newlys" Argumentation gibt es einen weiteren Denkfehler: Luther ist in erster Linie bekannt für seine Abspaltung von der katholischen Kirche mit der Gründung einer neuen, nicht für seine Abneigung zu Juden.

    Friedrich der Große ist ebenfalls als erstes dafür bekannt ein König von Preußen gewesen zu sein, der die Aufklärung mit Voltaire u.a. nach Potsdam gebracht hatte.

    Aber Marx ist nun mal der Begründer des Kommunismus und nichts Anderes in erster Linie. Da sehe ich einfach nicht ein, dass so ein Denkmal unsere Hauptstadt mitten in ihrem Herzen aus so einer dunklen Zeit weiterhin "beglücken" soll...

    Der Denkfehler ist deine einseitige (ideologiegleiche) Sichtweise. Bei zwei von den dreien unterschlägst du einfach die negativen Seiten (bzw. verharmlost sie..."Abneigung zu Juden"),

    Um einer Person gerecht zu werden genügt es doch nicht, sich auf das zu beschränken, was ins eigene Geschichtsbild passt.

    Bei Wikipedia heißt es über Karl Marx übrigens "in erster Linie": Er war ein deutscher Philosoph, Ökonom, Gesellschaftstheoretiker, politischer Journalist, Protagonist der Arbeiterbewegung sowie Kritiker des Kapitalismus und der Religion.

    I.Ü. hat z.B. selbst die Bundespost (also die alte Bundesrepublik) Karl Marx mit einer Gedenkbriefmarke zum 150. Geburtstag gewürdigt, zum 200. Geburtstag hat dies die Deutsche Post AG wiederholt. Zum 100. Todestag prägte die alte Bundesrepublik eine Gedenkmünze.


    Maecenas Aus dem Zitat kann man in der Tat keine Rechtfertigung und keinen Aufruf zu einem Massenmord an Millionen Menschen à la Stalin und Mao herauslesen.

    Also ich bin weder Sozialist noch Kommunist, aber die Denkmäler für die beiden - ggf. mit Hinweistafeln oder einem anderen, ergänzenden Denkmal - haben ihre Berechtigung. Ob dazu noch dieses "Forum" mit der Kreisanlage usw. weiterbestehen muss, ist eine andere Frage.

    Das war es nun aber zu dem Thema auch von meiner Seite.

  • Dagegen hilft auch kein "ich bin doch für alle Denkmäler", so schön und pazifistisch eine solche Welt auch wäre, denn das wird die momentan aktiven Ikonoklasten nicht besänftigen.

    Das ist die Haltung der Denkmalschützer. Es geht darum, Zeugnisse der Geschichte aus verschiedenen Epochen zu erhalten. Neben dem historischen Wert würdigen die Denkmalschützer auch den künstlerischen Wert der verschiedenen Denkmäler.

    Wer Zeugnisse der DDR-Vergangenheit absolut nicht erträgt, dem bietet unser deutsches Vaterland eine große, garantiert DDR-freie Zone in Gestalt der zehn alten Bundesländer. Das sollte wohl reichen. In den sechs ostdeutschen Ländern gehört die DDR aber nunmal zur Geschichte. Und in den Lebensgeschichten und Erinnerungen der ostdeutschen Familien kommt sie nun einmal vor. Dass dies bei einigen Wessis auf völliges Unverständnis stößt, das kennen wir schon. Schade, ich hätte gedacht, dass wir im 30. Jahr der Deutschen Einheit weiter wären.

  • In Wien gibt es den Karl-Marx-Hof, der 1927 bis 1933 unter dem sozialdemokratischen Bürgermeister Karl Seitz errichtet wurde. Dieser bekannteste Wiener Gemeindebau wurde nach einem Intermezzo 1953 erneut nach Karl Marx benannt.

    In Neukölln gibt es die 1947 so benannte Karl-Marx-Straße. Das ist im alten Westberlin (amerikanischer Sektor).

  • In den sechs ostdeutschen Ländern gehört die DDR aber nunmal zur Geschichte. Und in den Lebensgeschichten und Erinnerungen der ostdeutschen Familien kommt sie nun einmal vor. Dass dies bei einigen Wessis auf völliges Unverständnis stößt, das kennen wir schon. Schade, ich hätte gedacht, dass wir im 30. Jahr der Deutschen Einheit weiter wären.

    Die einen sagen "Nicht alles war schlecht in der DDR". Ich sage "Nicht alles war schlecht, trotz der DDR". An diesem Staat selbst gibt es nichts zu verklären. Eigentlich sollte das 30 Jahre danach Konsens sein.

    In dubio pro reko