Berlin - Marien- und Heiliggeistviertel - Rathausforum, Marx-Engels-Forum

  • (...) hochpreisige Stadtwohnungen für wohlhabende Neubürger und Spekulanten (...)

    So etwas zu verhindern liegt zu einem großen Teil in der Hand der Stadt. Wenn ich das richtig sehe, hat auch Frankfurt bei der (Teil-)Reko auf dem Gelände des ehemaligen Technischen Rathauses so etwas durch gezielte Vorgaben verhindern können.

    Bei einer Entscheidung zwischen Gedenkplatz für eine menschenverachtende Ideologie, Schloss-Parkanlage und Altstadt-Reko spricht für ersteres wahrscheinlich nur der geringe Kostenaufwand. Bei der Entscheidung zwischen den letzteren beiden Optionen würde ich danach gehen, was der Berliner Mitte am meisten fehlt. Und das ist für mich in der Tat eine Altstadt.

    Aber da es nicht nach mir geht, werden sich wohl noch meine Urenkel fragen, wie masochistisch ein Land sein kann, in dem zwei Menschen ein Denkmal bekommen, die es locker in die Top-Ten derjenigen Landsleute schaffen, die weltweit am meisten Schaden angerichtet haben.

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    Gutmensch = Gut gemeint, nicht zuende gedacht, schlecht gemacht

  • Sollte der Wiederaufbau der Altstadt doch noch mal irgendwann auf der Tagesordnung stehen (vielleicht in ein paar Jahrzehnten), dann wird die "Gretchenfrage" sein, ob es gelingt, den riesenhaften Fernsehturm städtebaulich sinnvoll in eine kleinteilige neue Altstadt zu integrieren, oder ob man zu dem Ergebnis kommt, dass dieser besser (weiterhin) als Solitär in einer großen Frei- bzw. Grünfläche zur Geltung kommt. Beide Varianten scheinen möglich zu sein und werden weiter diskutiert werden. Ich persönlich bin da ziemlich unentschlossen. Einerseits finde ich den Fernsehturm wirklich beeindruckend und halte diesen für eines der bedeutendsten Bauzeugnisse aus DDR-Zeiten, andererseits sehe ich aber dass die riesige Fläche zwischen Alex und Spree eine sinnentleerte Ödnis ist, die dringend einer urbanen Revitalisierung bedarf.

  • Die schiefen Türme Garisenda und degli Asinelli in Bologna sind auch in eine mittelalterliche Stadtstruktur eingebunden. Ebenso waren es früher auch die prachtvollen gotischen Kathedralen- und Münstertürme. So sollte es doch auch mit dem Fernseturm funktionieren, auch wenn sein Schaft äusserst kahl ist. Aber das sind jene der beiden Torre ja auch...

  • Der Pariser Eiffelturm fügt sich auch ins Bild des vorwiegend barocken bis klassizistischen Stadtbildes, obwohl er zunächst als Fremdkörper wahrgenommen wurde und auch stilistisch und ingenieurtechnisch aus einer ganz anderen Zeit stammt.

    Man sieht auch in der Spandauer Vorstadt den Fernsehturm aus verschiedenen Perspektiven, das tut den Altbau-Ensembles dort keinen Abbruch, sondern bereichert es mE eher um eine Landmarke. Den Fernsehturm zu integrieren sehe ich als geringstes Problem im Schlossumfeld. Der ist anpassungsfähig und wächst überall in die Stadt hinein.

    Schwieriger wird's da schon mit den neuen Viertkantbolzen-Hochhäusern und den monströsen, entmenschlichenden DDR-Riegeln Rathauspassagen und Karl-Liebknecht-Straße. Allein schon wegen dieser Bauten kann eine reine Parkanlage zwischen Fernsehturm und Spree dort niemals funktionieren, weil man sich immer wie in einem zugigen Canyon fühlen wird. Es braucht mE eine gewisse bauliche Fassung, gern mit kompakteren Parkelementen und Platzanlagen am Fernsehturm, zur Spree und zum Rathaus sowie an der Marienkirche.

  • Das wäre soooooo toll, Seinsheim, wenn das wiederkäme. War ja in den 70er schon mal angedacht, nicht wahr?

    Beim heutigen Zeitgeist undenkbar. Ein Rie-sen-ver-lust für das Erscheinungbild der Residenz.

    Man müsste einen Verein gründen......

    Es gab damals in der Tat Überlegungen, sogar eine Magisterarbeit wurde m W. verfasst. Aber die Experten gelangten zu dem Schluss, dass das nicht gehe - wobei ich der Meinung bin, ein gut nachempfundenes Gitter wäre wegen der Raumwirkung weitaus besser als gar keines. Aber es ist derzeit ja nicht einmal durchsetzbar, den Deckenleuchter von Materno Bossi im Treppenhaus zu rekonstruieren, obwohl das technisch durchaus möglich wäre.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Es ist sehr schade, dass der Teil der Berliner Altstadt, der für Marx-Engels-Forum, Rathausforum und Fernsehturm Areal weichen musste, verschwunden ist, allerdings empfinde ich eine große Parkfläche als Achse zwischen Schloss und Fernsehturm nicht als städtebauliche Katastrophe. Ich finde sogar, es hat Potential, wenn gut/wertig gestaltet und gepflegt.
    Ich mag den Berliner Fernsehturm. Er ist meiner Meinung nacht recht elegant und einzigartig für einen Fernsehturm, und ein würdiges Wahrzeichen für Berlin. Nicht alles was die DDR hinterlassen hat, ist schlecht.
    Eine Park-/Sichtachse davor wirkt sehr gut. Es kommt schon etwas Champ de Mars Atmosphäre auf.
    Ich mag auch die Anlage eines großen, repräsentativen Forums/Platzes vor dem Roten Rathaus.
    Der Neptunbrunnen passt schon sehr gut davor, und der Blick von diesem zum Roten Rathaus ist mittlerweile ikonisch.
    Ich würde mir daher wünschen, dass der Brunnen entweder dort verbleibt und am Schloss gibt es eine Rekonstruktion, oder aber man versetzt das Original zurück zum Schloss und stellt hier eine Kopie auf.
    Bisher ruiniert für mich allerdings die Gestaltung im Detail und der allgemeine Zustand diese Parkachse. Sie ist sehr ungepflegt und atmet den Muff der DDR aus.
    Vielleicht/hoffentlich kann die geplante Kompletterneuerung und partielle Neugestaltung da einiges bewerkstelligen...?

  • Große Parkanlagen hat Berlin noch und nöcher und bekommt die kaum gepflegt.
    Kommunistische Anbetungsräume gibt's auch noch genug. Von Straßen und Monsterbauten eingehegt funktioniert eine Parkanlage mE einfach nicht.

    Eine Kombination aus Park und Bebauung fände ich hier bedeutend attraktiver. Meinetwegen auch das Modell "Innenalster", bevor man gar nicht weiter weiß und da weiter Marx und Engels auf Jahrzehnte huldigt...

  • Also, solange wir nicht befürchten müssen, dass es generell Denkmälern von Königen/Kaisern/Staatsmännern/Generälen/Denkern oder z.B. der Siegessäule an den Kragen geht, sollen sie von mir aus ruhig ihren Marx und Engels behalten. Platz und Toleranz für Zeugen der Geschichte, auch wenn sie nicht mehr ganz zeitgemäß sind, sollte sein.
    Aber wenn die Möchtegern-Bilderstürmer irgendwann mal Bismarck und ähnliche Persönlichkeiten vom Sockel holen, dann müssen auch Marx und Engels dran glauben. Wenn schon, denn schon. :angry:

    Ich frage mich aber generell, wie das Marx-Engels-Forum bestehen bleiben soll, wenn der Gewinnerentwurf zum neuen Park zwischen Fernsehturm und Berliner Schloss dieses überhaupt nicht mehr vorsah...

  • Dann war der ganze Wettbewerb samt Gewinnerentwurf eben mal wieder sinnlos herausgeschmissenes Geld und vergeudete Arbeitszeit. Ein Anruf beim Denkmalschutz hätte das im Vorfeld klären und verhindern können. Aber, werden die verantwortlichen Politiker dafür privat zur Kasse gebeten?

    Ich bin allerdings froh, wenn es nicht zur Realisierung dieses Gewinnerentwurfs kommt, der mich ohnehin nicht wirklich überzeugt hat. Jeder Euro, der in Neuplanungen dieses Areals gesteckt wird, bastelt ohnehin nur herum. Momentan haben wir wirklich andere Probleme. In 20-30 Jahren sehen wir weiter.

  • Schwieriger wird's da schon mit den neuen Viertkantbolzen-Hochhäusern und den monströsen, entmenschlichenden DDR-Riegeln Rathauspassagen und Karl-Liebknecht-Straße. Allein schon wegen dieser Bauten kann eine reine Parkanlage zwischen Fernsehturm und Spree dort niemals funktionieren, ...

    Ich empfinde diese überlangen und hohen Querriegel wie ein sperriges, banales Plattenbau-Wohnquartier, das sich kaum verstecken lässt. Die angestrebte hochwertige Wirkung einer zentralen Parkanlage würde dadurch jedenfalls verdorben. Solange der Neptun-/Schlossbrunnen hier stehen bleibt, wird er durch diesen wohl unvermeidlichen "zeitgemäßen" Hintergrund als deplatzierter Fremdkörper aus einer anderen Welt erscheinen.

  • Sollte der Wiederaufbau der Altstadt doch noch mal irgendwann auf der Tagesordnung stehen

    Bitte, was hat es um den Fernsehturm für eine "Altstadt" gegeben (sofern man nicht auf einen notgedrungenen Vorzustand abstellt)?

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Bitte, was hat es um den Fernsehturm für eine "Altstadt" gegeben (sofern man nicht auf einen notgedrungenen Vorzustand abstellt)?

    Was verstehst Du unter notgedrungenen Vorzustand?
    Natürlich hat sich das Berliner Zentrum über die Jahrhunderte weiterentwickelt. Da ist die Defintion Altstadt sehr relativ und es wäre doch zumindest wünschenswert, den Zustand vor 1939 wiederzugewinnen, zumal es sich bei der Marienkirche nun wirklich um die zweitälteste Kirche Berlins handelt, solange man ausklammert, dass die heutige Nikolaikirche ein Wiederaufbau ist.

    Im jetzigen Zustand jedenfalls steht die Marienkirche völlig bezugslos in der Gegend und die Luther-Statue ohne vernünftigen Sockel ist eine Schande im Vergleich zu früher. Beide im rechten Winkel eingerahmt hätte man auf der rückwärtigen Seite erstens der Spandauer Straße eine Fassung zu geben und gegenüber dem Roten Rathaus einen repräsentativen Rathausplatz meinetwegen mit einem Springbrunnen anzuelegen. Dann könnte man auch den Neptunbrunnen dorthin bringen, wo er hingehört.

  • notgedrungenen Vorzustand?

    Da hab ich ein Wort vergessen: sollte heißen notgedrungen kaum dokumentierten Vorzustand. Oder so irgendwie. Sorry.

    Meine Vision wäre immer gewesen, um die Marienkirche so eine Art Skansen aus märkischen Fachwerkhäusern zu errichten, aber das ist wohl Wolkenkuckucksheim.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Snork 6. Oktober 2022 um 23:41

    Hat den Titel des Themas von „Berlin - Marien- und Heiliggeistviertel zwischen Fernsehturm und Spree“ zu „Berlin - Marien- und Heiliggeistviertel - Rathausforum, Marx-Engels-Forum“ geändert.
  • es wäre doch zumindest wünschenswert, den Zustand vor 1939 wiederzugewinnen

    Wenn man mal nicht mit dem (nicht allen zugänglichen) Argument der "Wiederherstellung" arbeitet, sondern sich allein darauf fokussiert, in welcher Umgebung sich die Mehrheit der Bürger (bewusst oder unbewusst) am wohlsten fühlt, kommt man wahrscheinlich auf exakt dasselbe Ergebnis.

    Oder kennt ihr viele Menschen, bei denen das Wort "Altstadt" einen negativen Klang hat (obwohl die meisten Menschen bei Computern, Autos oder Hosen "neu" besser finden als "alt")? Und wieso liest man das Wort "Neustadtbummel" wohl so selten?

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    Gutmensch = Gut gemeint, nicht zuende gedacht, schlecht gemacht

  • Früher konnte man unter den Kommentaren von Gunnar Schupelius direkt abstimmen. War der Redaktion wohl zuviel Mitwirkung der Leserschaft, da der Autor immer mehrheitlich Zustimmung bekam. Solche Journalisten wie er werden nur als Außenseiter geduldet, damit man der Öffentlichkeit etwas Meinungspluralismus vortäuschen kann.

    In dubio pro reko