Berlin - Marien- und Heiliggeistviertel - Rathausforum, Marx-Engels-Forum

  • Tröste Dich, den meisten unter uns wird es ähnlich gehen, denn bei der aktuellen baupolitischen Lage im Lande oder speziell in Berlin sehe ich da bei keiner noch so langen Lebensspanne keine positive Entwicklung. Ich würde mich schwarz ärgern, wenn ich dereinst durch das Herz Berlins gehen müsste und wäre dort umgeben von billigen Investorenklötzen ohne Tiefe und historischen Bezug, egal ob das Straßenraster "historisch" ist oder nicht!

    Labor omnia vincit
    (Vergil)

  • Aus dem Wahlprogramm der Berliner AfD für die Wahl zum Abgeordnetenhaus am 18. September:

    "Die Historische Mitte behutsam entwickeln
    Berlin hat wie kaum eine andere Stadt unter der Zerstörung seiner historischen Stadtmitte als Folge des Zweiten Weltkrieges und der rücksichtslosen Beseitigung der verbliebenen Baudenkmäler durch die sozialistische Baupolitik der DDR zu leiden gehabt.
    Mit der Rekonstruktion des Berliner Stadtschlosses ist nun ein bedeutender Anfang für eine Aufwertung und teilweise Rückgewinnung der Historischen Mitte Berlins gemacht.

    Die AfD regt an, das Gebiet zwischen Berliner Rathaus, Humboldtforum ([lexicon='Berliner Schloss'][/lexicon]), Marienkirche und Fernsehturm („Marx-Engels-Forum“) als zentralen Ort der Berliner Stadtgeschichte im historischen Maßstab ähnlich dem angrenzenden Nikolaiviertel als Wohngebiet mit Kleingewerbe und kulturellen Einrichtungen wiederherzustellen.

    Hierüber ist eine Volksbefragung herbeizuführen. "


    Also, damit kann ich sehr gut leben!

    Der Wind gedreht
    Albtraum verweht
    Zum Schluss jetzt das Glück
    Das Schloss kommt zurück!

  • So nun steht es fest:
    Die Ergebnisse, bzw. "Leitlinien" aus Regulas großem Bürgerdialog wurden heute vom Abgeordnetenhaus final abgesegnet. Eine Altstadt wird es also auf absehbare Zeit nicht geben, die DDR-Steppe als "repräsentative" Umgebung des Humboldtforums bleibt. :kopfwand:

    Besonders bemerkenswert ist, dass der Junior-Regierungspartner CDU, der jahrelang die Wiederbebauung des Quartiers im Stimmannschen Sinne propagiert hat, nun völlig auf Regulas Linie umgeschwenkt ist und in den beschlossenen Leitlinien "keinen Widerspruch zur Reparatur des Stadtkerns" sieht. :gehtsnoch: Das ist erbärmlich und haarsträubend, aber nicht verwunderlich. In Baden-Württemberg trägt dieser degenerierte Opportunistenhaufen ja auch als Juniorpartner jeden Blödsinn des großen grünen Koalitionspartners mit. :aufdenkopf:

    Weitere Informationen beim Tagesspiegel

  • Gibt es wenigstens rationale Erklärungen für diese katastrophale Entscheidung? Oder ist sie rein parteipolitisch und ideologisch begründet?

    Das ist leider diese DDR-Nostalgie, die mittlerweile salonfähig geworden ist. Die DDR hatte sicherlich Erhaltens- bzw. Bemerkenswertes hervorgebracht, wie die Sportförderung (wenn man das systematische Doping ausklammert), die Polikliniken, das fortschrittliche Frauenbild, usw., aber dazu gehörte ganz bestimmt nicht die Architektur. Zudem sind es Zeugnisse einer Diktatur bzw. eines Unrechtsstaates.

    Aber was will man auch erwarten, wenn sich mittlerweile Spitzenkandidaten für ein Ministerpräsidentenamt bei Markus Lanz in die Talkshow setzen dürfen und dort stolz von ihrer Stasimitgliedschaft berichten.

    Da bleibt mir nur Heinrich Heine zu zitieren:"

    Denk' ich an Deutschland in der Nacht,
    Dann bin ich um den Schlaf gebracht,
    Ich kann nicht mehr die Augen schließen.
    Und meine heißen Tränen fließen."

  • Natürlich eine ziemlich dumme Entscheidung, die aber zu den heutigen Politikern wunderbar passt.

    Andererseits ist es vielleicht momentan ohnedies besser. Stellt Euch einmal vor, welche DDR 2.1. Architektur unter einer Frau Lüscher dort entstanden wäre! Warten wir besser auf kulturell bessere Zeiten und hoffen wir, dass diese dereinst einmal wieder kommen werden! Frau Lüscher wird hoffentlich auch bald ersetzt werden! Ob der oder die Nachfolger(in) besser sein wird, wage ich momentan aber eher zu bezweifeln. Auf ewig wird jedenfalls diese Brache mitten in der Innenstadt unbebaut bleiben.

  • Sehr bedauerlich.
    Die Entwürfe von Bernd Albers wären sicherlich eine gute Basis der Planungen gewesen und beinhalten vielversprechende Ansätze für Überlegungen bezüglich einer Bebauung.

    Bernd Albers - Berliner Altstadt (Marx-Engels-Forum)

    Siehe auch:
    Berliner Altstadt - Dom Publishers (Blick ins Buch)

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

    3 Mal editiert, zuletzt von Mantikor (13. Juni 2016 um 10:18)

  • Auf ewig wird jedenfalls diese Brache mitten in der Innenstadt unbebaut bleiben.

    Du meinst wohl "nicht unbebaut", oder?
    Ich denke schon, dass es irgendwann zu einer Bebauung kommen könnte. Aber ich teile völlig Deine Meinung, dass es unter den heutigen Stadtplanern und Architekten nur kontraproduktiv ist. Hier muss erst eine kulturelle Revolution stattfinden, die alten Zöpfe abgeschnitten. Dann wird gebaut.

  • Was haben hier nicht alle gewitzelt als die Kenner der Lage beim Wettbewerb für einen neuen Sockel des Lutherdenkmals allelei Skurriles (blinkend, auf den Kopf gestellt etc.) vorgeschlagen haben. Genau das ist nämlich passiert: die Kirche hat einen Siegerentwurf vorstellt in dem der Luther verdoppelt und das auf Untersicht geschaffene Keller in eine Grube gestellt wird. 10.000 LED dürfen auch nicht fehlen.


    Hier kann man den Irrsinn besichtigen, der der Event-Spaßgesellschaft Lust auf die Begegnung mit dem Reformator machen soll. Die Kommentare, die hier folgen werden kann man auch schon vorwegnehmen. Mein Tipp: "Wieso, ist doch ganz lustig". Oder "es ist eben alles Geschmackssache".


    Willkommen in der bunten Welt der intellektuellen Oberflächenritzer. Da, das muss man wieder festhalten, ist das Ziel erreicht: mit diesem Denkmal will keiner mehr irgendetwas. Es ist nur noch Show.

  • Kann man ihn nicht nicht heroisieren, indem man ihn einfach nur auf nen Sockel stellt ohne das restl. Figutenprogramm, statt wieder mit diesem deheroisierenden Peudogeschwafel zu kommen bzw. es in der Ausschreibung die zu fordern.

    Einmal editiert, zuletzt von Benni (25. Juni 2016 um 11:41)

  • Ja, der Erklärung, dass man Luther nicht heroisieren wolle, ist interessant. Es stellt die Frage, ob Luther durch das alte Denkmal "heroisiert" worden ist? Und was ist denn eigentlich "Heroisierung"? Womöglich bereits schon das Aufstellen eines Denkmals überhaupt?

    Generell finde ich die Idee eines Dialogs mit sich selbst gar nicht so schlecht. Aber nur bei einem neuen Denkmalprojekt, nicht an dieser Stelle. Und dann kann man sich fragen, was das Zitat auf dem Boden soll? Es stammt gar nicht von Luther, sondern von Bonhoeffer und wurde nach dem missglückten Attentat auf Hitler 1944 verfasst. Womöglich ein Marketing-Trick, denn wenn evangelische Pfaffen irgendwie an die NS-Zeit erinnert werden und dann noch das suggestiv eingeflochtene Wort "Flucht" lesen, bekommen sie höchstwahrscheinlich ganz weiche Knie und müssen einfach einen 1. Platz vergeben.

    Nein, man kann nur hoffen, dass dieses Denkmal nie gebaut wird. Man lasse bitte das schlichte Luther-Denkmal auf dem schlichten Sockel stehen. Das ist übrigens auch weniger Heroisierung als dieser neue Entwurf.

  • Ich weiß gar nicht, was die Protestanten gegen das Figurenprogramm haben, dass man es nicht rekonstruieren will - etwa weil erbarmungswürdige barmherzige Geister wie Frau Käßmann oder Herr Bedford-Strohm nicht darunter sind?



    Schade eigentlich...

    Bildquelle jeweils: http://www.bildindex.de

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Was für ein beknackter Entwurf für dieses Denkmal!
    Die Inschrift am Boden ist nur aus der Luft zu lesen, die beiden Skulpturen stehen so niedrig, dass sie wahrscheinlich innerhalb kurzer Zeit verschmiert oder vandalisiert sind und bei diesem wannenartigen Aufbau kann ich mir lebhaft vorstellen, wie das "Kunstwerk" nach einem Jahr Großstadt aussieht. Verdreckt und voll mit Laub und Müll.

  • Weiß denn jemand, was aus dem restlichen Figurenprogramm des Denkmals geworden ist?

    Stand im Artikel: Wurden höchstwahrscheinlich als Patronen und Bomben im 2.WK auf Alliierte und Sowjets abgefeuert.

    Es gibt eine Architektur, die zur Landschaft gehört, sowie eine andere, die sie zerstört.

  • Ich weiß gar nicht, was die Protestanten gegen das Figurenprogramm haben, dass man es nicht rekonstruieren will

    Weil heutige deutsche protestantische Kirchenvertreter die massivsten Anhänger des politischen Zeitgeistes sind. Sie sind faktisch der religiös argumentierende Arm der "Grünen". Dazu gehört, dass man, sofern es sich vermeiden lässt, möglichst nicht rekonstruiert, schon gar keine reaktionär umgesetzten Bildprogramme. Rekonstruktionen dürfen allenfalls "kritisch" stattfinden, und das möglichst nicht ohne Verweise auf NS-Zeit und/oder "Flüchtlinge" oder die Werte-Gleichheit aller Religionen. Ausnahmen bestätigen die Regel.