Berlin - Neuer Marstall am Schlossplatz

  • Also ich tu mich mit dem momentanen Anblick auch schwer. Wir hatten die Diskussion über den Marstall ja schon öfter hier. Von der Fassade sind 98% in der Vorkriegserscheinung. Aber diese letzten zwei Prozent - insbesondere das Fehlen des Tympanons und die veränderte Balustrade - verändern dieses Bauwerk so dermaßen zu seinen Ungunsten. Aus einem repräsentativen, wohlproportionierten, palastartigen Gebäude ist ein strenger, düsterer, kompakter, ja verschlossener Klotz geworden. Ernst von Ihne hat ja seinerzeit sehr offensichtlich Bezug genommen auf weitere Gebäude des barocken Berlins, zuvorderst seinem Gegenüber, dem Berliner Schloss, weitere Anleihen dann natürlich auch beim Zeughaus. Er hat das barocke Berlin noch einmal stimmig fortgeschrieben und dem Schloss ein würdiges Pendant erbaut.
    Ich würde mir wünschen, dass bei der nächsten Sanierung zumindest der Tympanon und die Balustrade wiederkommen würden, wenn das Tympanon noch erhalten ist, wäre es womöglich finanziell gar nicht mal so aufwendig, später dann am besten natürlich auch die großen Bildhauerarbeiten auf der Balustrade und in den Nischen in den Seitenrisaliten.
    Eigentlich ein schönes Projekt für die Stiftung Denkmalschutz Berlin, die ja schon die Pergola am Kronprinzenpalais rekonstruiert hat oder seinerzeit das Brandenburger Tor sanierte. Allerdings hat diese Stiftung ihre aktive Arbeit an Denkmalen seit einigen Jahren wie scheint komplett eingestellt.

  • Ich muss Thommy da recht geben. Auf der einen Seite ist die heutige "klassizistische" Variante für sich genommen nicht schlecht und sie trifft den preußischen Geist auch irgendwie. Trotzdem darf ein wenig Bauschmuck dann doch sein. Mich erinnert der Vorgänger etwas an eine etwas kleinere Variante der Bauten an den Wiener Ringstraßen und gerade so eine opulente Architektur fehlt in Berlin heute leider fast komplett.

    Da Berlin die wesentlichen Gründerzeitboulevards, die eben genau das versinnbildlicht haben, eingebüßt hat, wäre ich doch sehr zufrieden, wenn wenigstens die noch verbliebenen Bauten nicht so entschmuckt wären.

    Und hier gilt es dann natürlich zu klären, welche Teile noch vorhanden sein könnten, denn neben dem Giebel waren ja auch einige Figurengruppen offensichtlich nach dem Krieg noch immer auf dem Bau. Vermutlich wurden sie irgendwann abgenommen und im besten Fall eingelagert, im schlimmsten Fall wie die Denkmalkirche irgendwo vergraben.

    In Zeiten des Internet und der Neuen Medien hielte ich es für dringend geboten, dass dieses Zeitalter auch bei den Denkmalschutzbehörden ankommt und dass man sie zur Not zwingt, ihren Bestand lückenlos abzulichten, zu sortieren und der Öffentlichkeit zur Ansicht zur Verfügung zu stellen. Ich finde diese gewollte oder ungewollte Geheimniskrämerei, die von diesen Behörden teils betrieben wird, nicht nur nicht zeitgemäß, sondern auch einer Vorenthaltung wichtiger Informationen, die einfach ein Allgemeingut sind und daher auch Interessierten ohne Umwege zur Verfügung gestellt werden müssten!

    APH - am Puls der Zeit

  • @thommystyle™ Ich kann dem nur beipflichten. Die massive Balustrade über dem Kranzgesims erdrückt den Bau. Vor allem würde ich mir die beiden Brunnen zurückwünschen - statt der Bronzereliefs mit der widerlichen kommuistischen Weltrevolutionspropanda. Der Platz würde dadurch noch urbaner, die Brunnen wäre wunderbare Pendants zum Neptunbrunnen. Aber das kann man beim gegenwärtigen Senat vollkommen vergessen. Leider!

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Ich habe mir den neuen Marstall neulich noch mal von allen Seiten sehr genau angeschaut und ihn auch fotografiert. Die Spreeseite funktioniert für mich ganz gut, doch die Schlossplatzseite ist wirklich eine mittlere Katastrophe. Da müssen unbedingt die fehlenden Teile wieder her. So wirkt der Bau einfach nur frisiert und zu wuchtig.

  • Was soll dieser Allgemeinplatz? Natürlich ist der Senat, besonders die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, hierfür verantwortlich. Was willst Du denn "aktuell vorantreiben" oder hast Du in den letzten 10 Jahren "vorangetrieben"?

  • Erbse: genau.

    Wenn das Schloss dort einmal in voller Pracht da steht, dann soll und muss das directe Umfeldt auch aufgewertet werden. Die Marstall mit fehlende Dachlandschaft ist dann erster "Opfer".

    Sehe auch noch immer der Dom als Gebäude das originaler Formenpracht zurück bekommen müsste. Wenn die hohen Spitzen einmal wieder hochragen, dann von weiten Teilen Berlins auch zu sehen.....

  • Sollten die Figurengruppen (oder sinds Trophäen?) nicht mehr vorhanden sein, wäre doch auch etwas entsprechendes passend zur heutigen Nutzung (Musikhochschule) denkbar.

  • Dann bitte auch den neuen Marstall mit den Skulpturen links und rechts des Haupteingangs gegenüber des Schlosses.

    Das wäre sehr zu wünschen, dass die Liebknecht- und Marx-Reliefs irgendwann mal wegkommen. Könnten dann ja in/an der SED-PDS-Bundesgeschäftsstelle aufgestellt werden.

    Hier noch ein schönes Bild der linken Nische mit Prometheus und der Sparkasse auf dem Mühlendamm im Hintergrund.

    Eine durchaus seltene Aufnahme des Neuen Marstalls von Osten mit Kurfürstenbrücke.

    Und aus der Gegenwart Ansichten aus dem zweiten Innenhof.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Der Neue Marstall ist im Schlossareal eigentlich der letzte historische Großbau, der seit seiner Erbauung überhaupt noch nicht durchgreifend saniert werden konnte. Ich denke, dass hier quasi "der Elefant im Raum steht" - jeder, der sich ein wenig mit der Museumsinsel befasst, wird auf diese Notwendigkeit stoßen. Nur scheint es momentan angesichts von Kostensteigerungen und Verzögerungen bei Sanierungsprojekten im direkten Umfeld - Pergamonmuseum, Staatsoper, James-Simon-Galerie, etc - kaum opportun, jetzt das nächste Riesending breit in der Öffentlichkeit zu diskutieren, zumal da es sich um Berlin handelt und mehrere andere beschlossene Großprojekte überhaupt noch nicht im Bau sind (Bauakademie, Museum des 20. Jahrhunderts).
    In einer noch kürzlich vorhandenen Version des Wikipedia-Artikels stand am Ende sinngemäß der Satz, dass die Stadt beabsichtige, bei einer anstehenden Sanierung die dem Schloss zugewandte Seite zu rekonstruieren. Ich habe mir das so gut gemerkt, weil ich - vergeblich - nach einer Quellenangabe für diese erstaunliche Aussage gesucht und nicht gefunden habe. Heute sehe ich, dass der Passus gelöscht wurde, warum auch immer. Die Tatsache, dass dort nun kürzlich die sicherlich nicht gerade billigen rekonstruierten historischen Straßenlaternen installiert wurden, stimmt mich trotz der derzeitigen politischen Verhältnisse im Senat ein wenig optimistisch im Hinblick auf den Neuen Marstall. Hoffen wir das Beste ... :saint:floet:)

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • Das wichtigste Projekt in diesem Umfeld ist die Bauakademie. Sollte diese fallen, wird auch der Neue Marstall in absehbarer Zeit wohl kaum saniert/teilrekonstruiert. Ich würde daher den Fokus in erster Linie auf den Schinkelbau legen und nicht zu viele Fässer auf einmal aufmachen, sonst verzetteln wir uns und es geschieht am Ende gar nichts. Die jetzige Lösung ist unbefriedigend, aber -im Unterschied zum Schinkelplatz- bis auf Weiteres akzeptabel.

  • Einige Ansichten des sanierungsbedürftigen Marstall-Komplexes von vor einiger Zeit.

    Durchfahrt zum Schlossplatz.

    Die Rückseite.

    Gegenüber, der Flügel zwischen den Höfen.

    Dessen Rückseite im 2. Hof.

    Links ist die Rückseite des Alten Marstalls und z. T. des Ribbeckhauses zu sehen.

    An der Rückseite des Spreeflügels müsste man mal etwas "Putzifikantes" machen...

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    (Immanuel Kant)

    Einmal editiert, zuletzt von Mantikor (13. Oktober 2019 um 21:25)

  • Spreeseite

    Der noch gesperrte Zugang zur Brückenunterführung.

    Der seit Jahren abgesperrte Bereich an der Nordostseite, der seit 2013 Absackungs-Schäden aufweist:
    Historischer Marstall nach Bauarbeiten schwer beschädigt - Berliner Morgenpost

    Die Fensterstürze der ersten Achse neben dem Eckrisaliten sind abgestützt. Im Innern ist der Riss deutlicher zu sehen.

    Die Risse sind jeweils an der linken Seite der Fensterachse zu sehen.

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    (Immanuel Kant)

  • @Mantikor,

    von wann sind denn Deine Bilder? - Die ersten Risse im Marstall sind 2010 aufgetaucht. Und jetzt haben wir schon bald 2020. Wieso ist denn das noch nicht behoben?

    Ich frage mich, ob die vor 100 Jahren auch solche Probleme mit Beschädigungen benachbarter Bauten hatten, oder ob die Firmen heute einfach nur zu unvorsichtig/unfähig sind. Bei dem heutigen Wissen und der fortgeschrittenen Technik, sollte das doch eigentlich nicht so oft vorkommen.

  • Wenn wir schon diesen Strang haben, kann man hier ja mal wieder etwas bringen.

    Ich weiß nicht, ob neben dem eingerüstet zu sehenden Mittelquerbau eines der Häuser 3 und 4 auch ggf. der Spreeflügel im zweiten Hof sein könnte.

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