• Die haben in Stendal Sorgen, die man anderen Städten wohl wünschen möchte. Ich habe da einen gewissen Turmanbau in Augsburg in Erinnerung.

    "Im Stadtrat in der vergangenen Woche fragte Stadträtin Harriet Tüngler (FDP), ob der „fürchterliche Anbau“ an das Tangermünder Tor nicht mit Backstein umbaut werden könne. „Jedes Mal, wenn ich dort vorbeifahre, stehen mir die Haare zu Berge“, sagte Tüngler. Sie wisse, dass der Anbau gebraucht werde, da in ihm der Treppenaufgang sei, aber man müsse darüber nachdenken, ob man am äußeren Erscheinungsbild nicht etwas verändern könne, sagte sie. [...]"
    Stadträtin stört Anbau - Volksstimme

    Was meint Frau Tüngler denn wohl damit, dass der m. E. sehr anständige Anbau mit Backstein umbaut werden müsse?
    Stendal, Tangermünder Tor mit Anbau im Jahr 2015:

    Bildquelle: Wikimedia, Urheber 'Radler59', CC BY-SA 4.0 international

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Gute Frage, vielleicht sind ihr die Klinker zu hell. Der Anbau an sich war ja schon von Beginn an denkmalpflegerisch umstritten.

    Stendal hat übrigens eine sehr schöne, größere und sehenswerte Altstadt.

  • Das ist ja wohl ein Luxusproblem. Die sollen den Anbau einfach so lassen, wie er ist. Die Gefahr ist die, dass bei einer Veränderung sehr schnell eine deutliche Verschlechterung eintreten kann.

  • Noch besser wäre es natürlich, wenn der Anbau überhaupt verschwindet (aber vermutlich hat es einen Grund, weshalb er dort steht).

    Wenn man die Affensachsenkäfigtreppe am Dresdner Landhaus so einhausen könnte, dann wäre das hier ein gutes Vorbild. Man kann ja bekanntlich nur von Besseren lernen.

  • Aber der ist doch wirklich harmlos. Ich finde den nicht störend. Eher "recht gut angepaßt".
    Mal ehrlich, in anderen Städten träumt man von so unauffällig-harmonischen Anbauten.

  • Wobei sich die Gebäude immerhin in Traufhöhe und Bauflucht an den Bestand anpassen. Ja, teilweise sind sie gar ganz interessant, z.B. das dritte Beispiel. Der Neubau in der Breiten Straße mit dem komischen Terrassen-Gestänge ist allerdings ziemlich daneben.

  • Die Arneburger Straße liegt außerhalb der Altstadt und tatsächlich in Richtung Arneburg, also im Nordosten der Stadt. Dort, am Ortsausgang, befindet sich die Konservenfabrik OGEMA (Obst - Gemüse - Marmelade), die seit Anfang der neunziger Jahre nur noch eine ehemalige Konservenfabrik ist. Ihre baulichen Hinterlassenschaften sind nicht unbedingt welterbeverdächtig, aber in Stendal schmeißt man nicht gerne was weg. 2017 kaufte der Stendaler Ricardo Henkelmann das Gelände und begann es zu sanieren. Auf dem folgenden Foto aus dem Frühjahr 2018 sieht man im Hintergrund schon ein Baugerüst.

    Stendal, Arneburger Straße 140, ehemalige Konservenfabrik OGEMA (Foto: Ortssucher, 17. April 2018, CC-BY-SA-4.0)

    Bald ist die Sanierung abgeschlossen. Es werden überwiegend Wohnungen. Die meisten sind schon vermietet. Auch eine medizinische Einrichtung wird wohl auf dem Gelände einziehen. Aktuelle Aufnahmen (Bildrechte: MDR / Christian Wohlt):

    Foto 1 - Das Gebäude im Hintergrund ist fertig saniert.

    Foto 2 - Bauherr Ricardo Henkelmann auf einem der Balkons, im Hintergrund das niedrige Gebäude an der Straße vom ersten Bild.

    Foto 3 - Ein Flur in neuer Gestaltung.

    Foto 4 - Blick in eine Wohnung. Es gibt Leute, die hier einziehen, die haben früher bei OGEMA gearbeitet. Da schließt sich der Kreis.

    Foto 5 - Einige Fundstücke aus der "guten alten Zeit" sind noch allemal als Deko zu gebrauchen.

    Die Gebäude sind sehr schlicht, aber die Proportionen doch recht gut. Und echter Klinker ist einfach ein schönes Fassadenmaterial.

    Bericht des MDR (19. Mai 2021)

  • Vor einigen Wochen habe ich auf der Durchreise in Stendal halt gemacht und einen Blogartikel über das Herz der Altmark verfasst:

    In der dünn besiedelten Landschaft im nördlichen Sachsen-Anhalt ist die Mittelstadt Stendal die größte Ortschaft weit über die Grenzen der Altmark hinaus. Und diese Prominenz gilt auch für große Phasen ihrer Geschichte. Von 1359 bis 1517 war Stendal Mitglied der Hanse und zu ihrer Blütezeit im 15. Jahrhundert die größte und reichste Stadt der Mark Brandenburg. Ihr Aufstieg war bedingt durch die Lage an der Fernhandelsstraße von Magdeburg nach Hamburg und Lübeck.

    Die Gründungsgeschichte Stendals geht bis in die Mitte des 12. Jahrhunderts zurück, als um 1160 der askanische Markgraf Albrecht der Bär der Siedlung zwischen zwei Armen des Flüsschens Uchte das Marktprivileg verlieh. Wir sind in der glücklichen Lage, dass durch archäologische Grabungen sowie dendrochronologische Befunde diese frühe Phase der Stadtwerdung lokalisierbar ist. Diese lässt sich auf die Bereiche um Markt und Marienkirche sowie am Uppstall südlich der Jakobikirche eingrenzen. Zudem zeichnet sich ein älteres Angerdorf nahe der Jakobikirche im Norden der heutigen Altstadt als weitere Keimzelle Stendals ab. Ein dortiger Straßenzug trägt noch heute den Namen „Altes Dorf“.

    Mehr: https://www.zeilenabstand.net/hansestadt-ste…rz-der-altmark/

    Impressionen:

    Kunsthistoriker, Historiker, Webdesigner und Fachreferent für Kulturtourismus und Kulturmarketing

    Mein Bezug zu Stadtbild Deutschland: Habe die Website des Vereins erstellt und war zeitweise als Webmaster für Forum und Website verantwortlich. Meine Artikel zu den Themen des Vereins: Rekonstruktion / Denkmalschutz / Architektur / Kulturreisen

  • Stendal ist fürwahr eine großartige Stadt: einmalig in ihren Mittelalterlichen Kunstschätzen, aber auch extrem wertvoll in ihrer umfangreichen erhaltenen Bausubstanz. Besonders wunderbar finde ich die vielen gut gepflegten preussischen Gründerzeitler zwischen Bahnhof und Altstadt. In der Altstadt selber sind die meisten Fachwerkhäuser eher bescheiden und stammen wohl zum grossen Teil aus dem 18. Jahrhundert.

    Es folgen ein Paar Bilder von unserer Altmark Reise von 2016.