Sanierungen Alt-Bremer Häuser

  • Ein Beispiel aus Hastedt in der Straße Fleetrade. Es zeigt sinnbildlich, dass Sanierungen in Bremen nicht mit den großen Mietshaussanierungen etwa in Leipzig zu vergleichen sind, da es sich meist um Ein- maximal Zweifamilienhäuser handelt und die Eigentümer oft nur Schritt für Schritt vorgehen (können).

    Hier der Vorzustand 2020 bei Apple Karten:

    Man sieht aber, dass die Sanierung bereits begonnen hatte, und zwar erkennt man dies an den im EG/Hochparterre bereits ausgetauschten Fenstern. Der Zustand heute:

    Schön und sehr entscheidend ist natürlich, dass die zugemauerten Oberlichter im OG wiederhergestellt wurden und mit passenden Fenstern versehen wurden. Auch die Farbgebung der Fassade weiß zu gefallen. Es handelt sich hier um eine in Bremen häufige Fassadengestaltung aus der Zeit unmittelbar vor dem Ersten Weltkrieg mit Rauputz und bereits sehr reduziertem, aber trotzdem sehr wichtigem Fassadenschmuck.

    Auffallend ist zum einen, dass anscheinend die 70er/80er Butzenfensterhaustür hinübergerettet wurde, aber immerhin einen neuen Anstrich bekommen hat (ist aus meiner Sicht okay so, spart Geld, und wenn die Tür dicht und technisch ok war, wäre es umgekehrt auch Verschwendung, sie zu ersetzen). Auch ist der spärliche Fassadenschmuck des Souterrainvorbaus unter der Veranda entfernt worden, die Wand zur Straße wirkt dort jetzt sehr kahl.

    Auch ist der erhaltene Wintergarten zumindest vorübergehend entfernt worden. Hier wären wir wieder beim Ausgangspunkt, nämlich, dass diese Sanierungen sich oft über Jahre, manchmal Jahrzehnte und angepasst an die Kassenlage der Besitzer hinziehen, anders als die großen, konzertierten Sanierungen großer Mietshäuser, die oft in einem Rutsch durchgezogen werden. Somit kann man hier nur hoffen, dass der Wintergarten vielleicht irgendwo eingelagert wurde oder ein dem Original nachempfundener wieder eingebaut wird im weiteren Verlauf. Selbst wenn dies nicht innerhalb der nächsten Jahre passiert, heißt dies nicht, dass es nicht geplant wäre. Es gibt auch bautechnisch gute Gründe für einen Wiederaufbau, da die Entfernungen oft zu Feuchtigkeitsschäden im Souterrain zur Straße führen.

    Ein gutes Beispiel für Licht und Schatten der durchschnittlichen Bremer Sanierungspraxis v.a. in den nicht sehr betuchten/schicken Stadtteilen, in der Summe besser als vorher, aber irgendwie doch mindestens ein oder zwei Fehler/Versäumnisse, die einem das Ganze wieder etwas vergällen.


  • Dem letzten Absatz kann man nur zustimmen. Die fehlende überdachte Pergola ist mir gar nicht gleich ins Auge gefallen, aber was hat die Besitzer nur geritten, die Brüstung so zu verunstalten!? Der Haustür hätte nach meinem Eindruck ein mittleres Grau besser angestanden, aber das ist eine Geschmacksfrage.

    Großes Kompliment jedenfalls für die Fenster im Obergeschoss!

  • In Bezug auf das Projekt eins weiter oben kann ich zumindest berichten, dass eine neue Verandaüberdachung installiert wurde, leider in einem modernen/nur sehr vage historisierenden Stil:


  • Noch drei Renovierungen, das erste Objekt in der Schönhausenstraße hat einen neuen Anstrich bekommen und der Wintergarten ist abgebaut worden, ich gehe hier aber von einem Wiederaufbau aus (Vorbilder Apple Karten):

    Jetzt:

    Beim schon oft gezeigten Sorgenkind in der Herderstraße, das zwischendurch (s.o.) diese blaugrauen Fenster bekommen hatte, geht es auch weiter, zunächst Vorzustand bis vor einem Jahr:

    Heute:

    Und als letztes ein ebenfalls bereits mehrmals gezeigtes Ensemble, bei dem nur das rechte Haus im Originalzustand geblieben war, das mittlere dann ab 2021 ebenfalls in diesen gebracht wurde und jetzt auch das linke, in einem größerener Ensemble zentrale Haus mit Zwerchgiebel renoviert wird, wie immer Vorzustand 2020:

    Der Fenstereinbau des mittleren Hauses hatte bereits begonnen. Nun hat das linke Haus schonmal seine Fensterläden wiederbekommen, ich hoff(t)e noch auf neue Fenster, aber das ist noch nicht passiert:

    Auch die Aluhaustür wird dann hoffentlich im Weiteren ersetzt. Angesichts des Aufwands mit der Fassadenrenovierung und der Wiederanbringung von Fensterläden bin ich ganz optimistisch, dass hier gegliederte Fenster und eine passende Haustür noch folgen werden.

    Ein vielleicht kleines Beispiel für einen "Dominoeffekt", bei der die Aufwertung/Wiederherstellung eines Hauses Nachahmer in der Umgebung provoziert. Gab es leider auch umgekehrt früher.

  • Ja, es sind akzeptable Kompromisse, besser als früher. Man muss bedenken, dass Bremen sehr arm ist und 100% historische Rekonstruktion vielleicht erträumt wird, aber nicht umsetzbar ist. Immerhin erstaunlich, dass in der Nähe des Hauptbahnhofes dann doch eine Reihe originaler Gebäude nicht zerbombt wurden (wenn man an Parkallee und Hartwigstraße denkt), leider aber in den 1970ern manchmal ignorant abgerissen wurden...

  • Ja, es sind sehr viele, aber meist kleine Schritte. Viele fallen sogar Leuten wie mir kaum auf. Neben den Fassaden sind auch Dinge wie Vorgartengestaltung, Gartenzäune usw. wichtig für den Eindruck. Auch dort passiert relativ viel in die richtige Richtung, weg von komplett gepflasterten Einöden zu kleinen grünen Oasen, Jägerzäune werden durch immerhin an das Original angelehnte Spritzgusszäune ersetzt etc.

    Trotzdem geht es nur sehr langsam voran, in manchen Stadtteilen gar nicht. Das Haus in der Herderstraße, die hier wiederholt Thema war, ist nun praktisch fertig, vorher:

    Heute:

    Man hat sich für den sandfarbenen Anstrich des Nachbarn entschieden.

  • Das Haus ist jetzt wirklich fast fertig:

    Ich schätze aber, dass noch ein Wintergarten nach historischem Vorbild installiert wird. Es passt sich ganz hervorragend in einer der ohnehin schönsten Straßen des Fesenfelds ein:

    In der Parallelstraße Besselstraße hingegen zeigt sich mal wieder eine vertane Chance:

    Vorher:

    Neuer Anstrich und vom Efeu befreit. Sieht natürlich etwas besser aus als vorher. Aber eine Wiederherstellung der alten Fensterproportionen oben wäre gar nicht so viel teurer gewesen, zumindest, wenn man die Fenster ohnehin austauschen muss. Nun ist der Zustand natürlich wieder für mindestens eine Generation so zementiert.

  • Paar Kandidaten von mir.

    Einmal in der Humboldtstraße, nahe Dobben. Dieses größere Exemplar war arg heruntergekommen und man konnte schon Schlimmstes befürchten, aber laut der Handwerker wird nur drinnen gearbeitet. Die Fassade bleibt und wird saniert. Neue Fenster sind schon verbaut.

    In der Schönhausenstraße wird auch gerade gearbeitet. Mal sehen, was hier alles passiert:

    Am Dobben gab es übrigens auch eine Sanierung, bei der zum Glück dieser erkerartige Balkon, der zu verfallen drohte, wieder instand gesetzt wurde. Die Malereien dürften den Puristen nicht gefallen, es fügt sich aber allgemein in die Gegend ein:

  • Die Fenstergestaltung macht für mein Empfinden enorm viel aus. Ich verstehe nicht, dass viele eine mangelhafte Gestaltung gar nicht wahrzunehmen scheinen.

  • Die Fenstergestaltung macht für mein Empfinden enorm viel aus. Ich verstehe nicht, dass viele eine mangelhafte Gestaltung gar nicht wahrzunehmen scheinen.

    Ja, mein Reden. Bei dem letzten Haus von MAK bin ich aber auch so froh, denn das sah eine Zeitlang echt schlecht aus, so dass schon die Fassadensanierung sehr wichtig war. Für neue Fenster hat es dann nicht mehr gereicht.

    Ich hatte überlegt, das hier zu schreiben, weil das vielleicht zu pingelig wirkt, aber man achte mal auf die Proportionen der Fensteraufteilung des von mir jetzt sehr intensiv begleiteten Hauses in der Herderstraße: Das Oberlicht ist vergleichsweise klein im Verhältnis zum Rest des Fensters, auch wenn man es mit den Nachbarn vergleicht. Sowas ärgert mich auch immer, vollkommen "unforced". In Leipzig undenkbar, dass da jeder seine Fenster so bauen lässt, wie der Tischler/Fensterbauer eben meint. Das ist ja kein Hexenwerk, sich an den halbwegs exakten Proportionen der Nachbarn zu orientieren, wenn man schon so viel Geld für eine ansonsten überaus gelungene Sanierung ausgibt.

  • Wir haben uns bei uns seinerzeit vor der Kernsanierung unseres Finkenwerder Häuschens gründlich im Umfeld umgesehen. Die Fenster und die Haustür entsprechen von der Aufteilung her genau dem ortsüblichen Standard der Gründerzeit - inklusive Oberlicht über der Haustür. Einzig, dass auch die beiden unteren Felder der Haustür aus (Milch-)Glas statt aus Holz bestehen, ist bei uns eine "moderne Interpretation", um mehr Licht ins Haus zu lassen.

    Die durch die Wärmedämmung bedingte erhebliche Verdickung des Daches haben wir versucht, durch die Giebelgestaltung inkl. Farbgebung so unauffällig wie möglich zu halten.

  • Habe mal eine kleinere Runde gedreht und ein paar meiner "Sorgenkinder" begutachtet.

    In der Verdener Straße steht seit zwei Jahren so ein klassisches Messi-Haus. Mittlerweile wurde zwar Müll entfernt, aber wirklich voran geht es dort nicht.

    In der Brokstraße steht dieses tatsächlich bewohnte Haus. Dort hat sich seit über zehn Jahren nichts getan, es verfällt und verfällt.

    Und im Ostertor tut sich auch bei diesem Eckhaus seit Jahren nichts, was besonders schade ist, da diese Gegend mit zu den schönsten in dem Bereich ("Milchquartier") gehört. Mit den hölzernen Aufbauten ist das Gebäude bisschen sehr kurios.

    Bei vielen dieser Bruchbuden ist es meist eine zerstrittene Erbengemeinschaft oder ein psychiatrischer Fall, weswegen sich nichts tut. Denn jede Familie - oder jeder Investor besser gesagt - würde diese Häuser mit Handkuss kaufen. Bei einem der Häuser weiß ich, dass es eine psychiatrische Geschichte ist.

    In der schon von Heinzer gezeigten Blumenstraße wurde ja ein Neubau in eine der Brachen gequetscht. Sehr generisch, aber es könnte schlimmer sein.

    Was anderes: Es ist immer wieder erstaunlich wie selbst enge dunkle Straßen davon profitieren, wenn die Autos am Seitenstreifen auf einmal fehlen. Normalerweise kommt man hier kaum durch:

    Und was ganz anderes. Auf dem Heimweg ist mir in der Roonstraße mal wieder ein ganz normales Altbremerhaus aufgefallen, das sich wunderbar einfügt, aber doch etwas Spielerisches hat. Einfach naisu:

  • Lang, sehr lang ist es her, dass ich in der Herderstraße gewohnt hatte. Ich kam aus Hamburg, hatte in Bremen einen Job bekommen, eine Wohnung schon in Aussicht, aber der Mieter brauchte noch etwas Zeit. Für ca. ein Jahr war ich auf eine Zwischenlösung angewiesen. In der Herderstraße bekam ich ein Zimmer im Souterrain, höchstens 10 Quadratmeter groß, ohne Dusche und Küche, Toilettenbenutzung mit einem Studenten, der im rückwärtigen Bereich wohnte..

    In diesem damals noch nicht so schön sanierten Dreier-Häuser-Ensemble befand sich im Mittelbau meine Wohnung.

    Genau hier, ganz unten:

    Weiter vorne auf der gleichen Seite Stand ein Haus, das mir damals schon nicht gefiel. Ein Fremdkörper in einer Reihe schöner Altbremer Häuser.

    Der Eigentümer erzähle mir, er wolle das Haus verkaufen und lud mich ein, das Gebäude von innen anzusehen. Da war ich ziemlich überrascht. Nach vorne hin waren die Decken abgehängt, aber nach hinten gab es in allen Räumen die bremerhaus-typischen hohen Decken. Ich bewunderte die alten Kassettentüren, auch die Türgriffe waren noch Original. Was, verdammt noch mal, war hier passiert? Der Eigentümer klärte auf:

    In den 60er-Jahren hat meinem Vater die Fassade nicht mehr gefallen. Mit Begeisterung haben wir dann den Stuck abgehauen, wir wollten ein modernes Gebäude. Die zwei vertikalen Fenster auf jeder Etage wurden durch je ein horizontales Fenster ersetzt. Hätten wir es im alten Zustand gelassen, würde ich heute wohl mehr Geld für das Haus bekommen, sagte er mit Bedauern.

    Wenn ich meine Wohnung verließ, schaute ich halbrechts immer auf diese Fassaden. Ich glaube, sie wurden hier schon mal gezeigt. Aber so gelungen renoviert und gestrichen wie heute sahen die Gebäude damals noch nicht aus.

    Besonders schockierend sahen die beiden Gebäude etwas weiter Richtung Bismarckstraße aus, von Heinzer schon gezeigt und besprochen.

    Wenngleich mir der Anstrich nicht so gut gefällt, freue ich mich, dass hier nach vielen Jahrzehnten endlich was passiert ist. Die beiden Gebäude waren so heruntergekommen und es sah aus wie in bestimmten Straßenzügen von Ostberlin. Man hat hier wohl seit dem Krieg nichts mehr gemacht. Und ich meine damit nicht den Zweiten Weltkrieg. Ich freue mich immer wieder über diese privaten Renovierungsinitiativen, die zweifelsohne eine Verbesserung und Verschönerung des Stadtbildet darstellen.

    Zudem sehe ich in diesen privaten Bemühungen eine Art Gegenbewegung zur Baupolitik der letzten 70 Jahre in Bremen. Die Politik ist verantwortlich für Abrisse, Verschandelung und nachlässige Sanierungen. Medienhaus und Essighausensemble sind die jüngsten negativen Beispiele, die aber nur die jahrzehntelange Linie fortschreiben. Angesichts der vielen privaten positiven Beispiele, die hier aufgezeigt wurden und noch werden, müsste die politischen Klasse erröten.

    Das Gebäude der ehemaligen privat betriebenen Herder-Klinik

    Das Privatkrankenhaus Herder-Klinik bestand nach meiner Erinnerung noch bis in die 90er-Jahre. Es gab dort mehrere medizinische Fachbereiche wie Chirurgie, HNO, Innere Medizin, Gynäkologie sowie Augenheilkunde.

    Blick von der Bismarckstraße. Der gesamte Komplex wurde mit der Umwandlung der Patientenzimmer in Wohnungen vorbildlich renoviert.

    Herderstraße