Fassadenanstrich für ein Jugendstilhaus

  • Ach ja, noch was anderes zu den Farben:
    bei Fenster- und Türfarben ist man ganz gut dran, wenn man RAL-Farben oder recht einfach zu mischende Farbtöne nimmt, weil man da immer mal ausflicken muß (genauer: manche Fenster werden stärker bewittert - besonders Westseite oben - und müssen öfter gestrichen werden als die an den geschützten Stellen).
    Am billigsten ist natürlich Weiß, das gibt es immer, aber es gibt auch ein RAL-Braun und ein RAL-Dunkelgrün, die man auch relativ leicht bekommt. Wie das mit dem Blau ist, hab ich noch nicht eruiert; ein Haus in der Nachbarschaft hatte lange Jahre sogar dunkelviolette Fenster und Türen. Also, geben tuts das schon, aber es kann sein, daß man es nur noch schwer bekommt, wenn das eine Modefarbe war.
    Der Sockel sollte eine ziemlich dunkle, "dreckneutralisierende" Farbe haben, die es möglichst "immer gibt", denn man wird da ab und an nachstreichen müssen.
    Das Erdgeschoß ist graffittigefährdet, deswegen sollte man da sich das Farbrezept genau aufschreiben lassen... praktisch wäre es natürlich, für das EG auch eine "Allerweltsfarbe" zu nehmen, die es genau gleich immer gibt, so daß man auch ausflicken kann und nicht die ganze Wand streichen muß, weil man die Nuance nicht hinbekommt (was ich von "unserem Altrosa" kenne), aber wer will schon überall Alpinaweiß...

    2 Mal editiert, zuletzt von Loggia (23. Februar 2017 um 20:48)

  • Vorsicht mit kalten Farben, diese wirken bei schlechtem Wetter abweisend. Bei weiß wird es schwierig, da es an sich kein weiß gibt, es sind nur sehr helle Farbtöne - wenn weiß, dann ein warmes weiß mit leichtem gelb - oder rotstich.

  • Weiß finde ich für diese Fassade, die von den gelben Ziegeln beherrscht ist, ohnehin allenfalls als Marginalie (weiße Fenster in manchen möglichen Fällen z.B.) angebracht.
    Es ist ohnehin keine weiße Fassade.
    Klassisches Fassadenweiß ist "kalkweiß", womit am Mittelmeer (Menorca, griechische Inseln) jeden Winter die Häuser getüncht werden (vor 100 Jahren auch bei uns, zumindest die Küchen, und bei Backsteingotikfassaden mit weißen Ornamenten diese.). Das ist nicht so knallweiß wie das Titan(-dioxid-)weiß, das seit Jahrzehnten in Deutschland als Standard-Wandfarbe üblich ist, und läßt nach einigen Jahren nach.
    Außer für weiße Fenster habe ich bei obigen Bildern nirgends weiß verwendet, sondern stets ein helles warmes Hellgrau (für die Gesimse und Ornamente, dunkler mitunter für den Sockel).

    Blaue oder türkisene Häuser sind farblich immer "kalt", einfach weil das "kalte Farben" sind.
    Ob das gefällt oder nicht, ist Geschmackssache.
    Gewiß hat man im Sommer bei 35° lieber einen türkisenen oder hellblauen ("schwimmbadmäßigen") Anblick als "Blutwurst" ("Ochsenblut", Eisendioxid-/Rostrot, wie nicht nur englische Zollhäuschen und das Basler Rathaus traditionell gestrichen sind), was eher was für den tiefen Winter bei -10° ist.

    Manche machen eine Wissenschaft aus Weißtönen, blaues, gelbes, graues Weiß; aber man sollte doch auch die Bewitterung (oder in der Wohnung: Fett, Staub und Rauch) nicht außer Acht lassen, die den Farbton innert weniger Jahre sehr verändern. D.h., sich nur auf den "Neufarbton" zu kaprizieren ist nicht so ganz realistisch.

    2 Mal editiert, zuletzt von Loggia (23. Februar 2017 um 20:44)

  • Goldstein: Die Rückseite ist definitiv sehr häßlich und marode. Sie wird renoviert. Bei der Front bleiben die Klinker und die Ornamente ect. möchten wir sehr hell streichen lassen.
    Retro79: Der Vorschlag mit den schmiedeeisernen Balkonbrüstungen finden wir gut. Nur haben unsere Mieter etwas dagegen wegen Sichtschutz. Ich weiß nicht, ob man das so lassen sollte und ein schmiedeeisernes Element davor setzen kann.
    Loggia: Sehr interessante Varianten. Ein Haus in altrosa-weiß-grau steht gegenüber.
    Auf den Bearbeitungen sieht das zinnoberrote Dach nicht so triste aus wie ein graues.

    Auf jeden Fall haben wir hier einiges zum Nach- und Bedenken bekommen.

  • @Kaoru: das sind ja mal interessante Erker. Leipzig scheint eine Stadt mit sehr schönen Häusern zu sein, bei den tollen Beispielen, die Du immer bringst. Diese Lattenkonstruktion ist mE eindeutig jugenstilig, erinnert mich an ornamentale Karnickelställe vor Peter-Behrens-Häusern (? nicht festnageln bitte, das war irgendwann mal so ein Streiflicht im Studium), da wurde auch ähnlich mit dem "Gestreiften" durch Latten gearbeitet.
    Ich weiß nicht, ob es auch historistische Lattenbalkone gibt. Vielleicht sollte man da mehr nach Binz und Heringsdorf schauen, Stichwort Bäderarchitektur, da wurden aus primitiven, öden Lochkästen die allertollsten Schmuckstücke gezaubert durch vorgesetzte Balkons - also imgrunde genau die Konstruktion, die es hier bräuchte (die Balkons sind ja auch nur vorgesetzt, kann man konstruktiv nicht ändern).
    Schmiedeeiserne Balkongitter sind natürlich etwas sehr Edles (und enorm teures), und wenn ich sowas irgendwo sehe, streiche ich immer ganz ehrfürchtig drüber und schaue es mir mit Begeisterung lange an.
    Aber.
    Der Gebrauch, der Gebrauch!
    Ich verstehe jede/n, der einen "undurchsichtigen" Balkon haben will. Man will sich nicht ausstellen, wenn man auf einer Liege fläzt. Das heißt, hinter das wunderbare Schmiedeeisen kommen dann unweigerlich Tücher, was immer irgendwie unordentlich aussieht.
    Es gab auch mal - das muß so zwischen 1880 und 1910 gewesen sein - eine Balkonmode mit Blechornamenten, auch flächiger, die den Balkon ziemlich "undurchsichtig" machten. In der Nachbarschaft gab es bis vor 5 Jahren noch so einen, leider hatte ich keine Kamera, und inzwischen ist er abgerissen und durch ein heutiges Sparstäbchengitter ersetzt, so daß ich leider kein Bild mehr davon habe.
    Nachteil bei Blech ist der viele Rost und das umständliche Streichen, mit Holz tut man sich da, glaube ich, leichter - wenn das abwittert, sieht es halt "alt" aus, aber rostet nicht gleich zusammen...
    Auch aus finanziellen Gründen würde ich eher zu Holzbalkonen tendieren, vielleicht mit Eisenstützen zwecks Stabilität (Gußeisensäulen gab es im Historismus viel, fällt mir gerade ein, aber das ergäbe dann wieder andere Konstruktionen).
    Die Balkonflächen sollten ornamental gestaltet sein (aber keinesfalls so ein Element wie das aufgemalte - sowas gehört unter ein Fenster oder an eine Lisene, aber auf gar keinen Fall an einen Balkon, das ist ein -optisch - "lasttragendes" Element, und ein Balkon trägt keine Last, er ist eine, und sollte sich daher "leicht" machen!), mit möglichst wenig "Durchguck". Das Glasdach auf dem obersten Balkon würde ich unbedingt beibehalten, zum einen ist das historisch nicht verkehrt, und zum anderen ist ein Balkon ganz oben ohne Dach drüber ein Elend für die Blumenkästen, ich kenne das von den Nachbarn über uns.

  • Ich finde, das oben schon angeführte Beispiel aus Leipzig http://fs5.directupload.net/images/170219/8gcm5koc.jpg zeigt, was auch für dieses Haus angemessen wäre: die Gesimse und Rustika im EG sowie den heute vereinfachten Giebel einheitlich in einem hellbeige zu streichen. Ein normales weiß würde zu hell und im Vergleich zum warmen Klinker zu kalt wirken. Dies gilt auch für alle grau-Töne. Also bitte nicht. Und Experimente mit Blautönen kann ich mir erst recht nicht vorstellen.
    Den genau richtigen Beige-Farbton findet man, in dem man vor Ort eine ausreichend große Musterfläche von Maler anlegen lässt (mind. 1/2 qm), am Besten neben der Klinkerfläche, um festzustellen, ob beide harmonieren.
    Technisch bitte keine Dispersionsfarbe verwenden (diese Farben werden rissig und blättern ab), sondern eine Mineralfarbe (z.B. Fa. Keim). Diese verbindet sich mit dem Putz, sieht wertiger aus, altert ohne schäbig auszusehen und hält darum letztlich länger.
    Wenn allerdings, was ich vermute, die jetzigen Farben schon Dispersion sind, müssen diese zuvor entfernt (abgestrahlt) werden. Das ist ziemlich aufwendig und teuer.
    Die Fenster werden in der Gründerzeit von außen grün (ein dunkles Moosgrün) oder Dunkelbraun gestrichen gewesen sein.
    Inwieweit sich diese Farbe auf die heutigen Fenster (vermutlich Kunststoff?) übertragen lasst, kann ich nicht beurteilen.
    Die heutigen Fenster entsprechen ja ohnehin so gar nicht den früheren (fehlende Teilungen, fehlende Zierleisten, Profile eher zu dick).
    Die Balkone (Brüstungen, Stützen) würde ich idealer Weise als eigenes "leichtes" Bauteil betrachten - also farblich nicht wie die Gesimse streichen, sondern bspw. in Fensterfarbe Moosgrün oder Dunkelbraun. Dazu müssten die heutigen modernen Brüstungen aber bspw. mit Holz (vertikale Bretter, die Balkonplatte mit überdeckend, am unteren Rand überstehend und profiliert) bekleidet werden. Inwieweit das technisch möglich ist, vermag ich auf dem Foto nicht erkennen.
    Die massive Brüstung des EG-Balkons gehört zum Originalbestand und ist in der Farbe der Rustika zu streichen, so wie es jetzt auch schon der Fall ist.

    Zur Rückfassade: Ziegelsteine streicht man nicht. Am Nachbarhaus links sieht man den "schönen" naturbelassenen Zustand, der gleichzeitig auch weitgehend schadensfrei ist. Aus meiner Sicht sollte daher die Farbe abgestrahlt werden, und soweit notwendig neu verfugt und die Risse geschlossen werden (sichtbar bleiben die weiterhin).
    Ich muss allerdings sagen, dass ich das Rissbild schon ziemlich bedrohlich finde, da es sich durch alle Geschosse zieht.
    Die nicht gemauerten Fensterstürze (ist das ein originales Betonelement?) würde ich in dem hellen Beige der Gesimse der Straßenseite streichen.
    Für die Fenster gilt auch hier das oben gesagte - vielleicht kann vor der Fassadensanierung zumindest der nachträglich angebaute Rolladen an dem einen Fenster entfernt werden, damit hinter den Führungsschienen die Farbe auch entfernt werden kann.

    Interessant wären natürlich historische Fotos des Gebäudes. Diesen könnte man einiges zum "richtigen" historischen Zustand entnehmen.

  • Das mit dem Sichtschutz mit geschmiedeten Gittern ist natürlich ein Problem aber selbst einfache Schilfrohrmatten sehen als Sichtschutz besser aus als die jetzige Bausituation. Hier wären noch tolle Beispiele einfach dem blauen Link folgen:

    Balkongeländer

    Das das alles seinen Preis hat muss ich hier ja nicht weiter anführen........aber es wertet das Haus enorm auf und langfristig kann man alleine darüber eine gewisse Mietpreiserhöhung bzw. bessere vermietbarkeit generieren. Eventuell spielt auch die Denkmalschutzbehörde, sofern das Haus unter Denkmalschutz steht mit, dann können solche Maßnahmen mit 8x9% AfA und 4x7% AfA innerhalb von 12 Jahren komplett von der Steuer abgeschrieben werden. Auch wäre eine fällige Balkonsanierung ohne Standardhebung innerhalb von 2-5 Jahren komplett absetzbar. Bei den fälligen Preisen aber kaum vorstellbar, dass das Finanzamt sowas zulässt.


    und dann noch eine sehr massive Ausführung mit gemauerten Sockeln:

    Einmal editiert, zuletzt von Retro79 (26. Februar 2017 um 10:06)

  • Um die Problematik des Sichtschutzes anzugehen wäre hier noch ein Lösungsansatz!
    Bei dem Link den ich in dem obigen Beitrag geteilt habe findet man auch Vordächer, bei denen hat man zwischen den geschmiedeten Teilen Kupferblech oder anthrazitfarbene Bleche eingesetzt. Sowas setzt sich farblich natürlich hervorragend zu dem weißen oder beigen Anstrich im Bereich der Balkone ab. Hier ein Beispiel mit Kupferblechen:

  • Retro79: ja, das zweite Bild mit dem blechhinterlegten Gitter geht in die richtige (praktisch brauchbare) Richtung, ist aber Jugendstil. Das erste Bild mit den neoklassizistischen Vierecken ist mE ein Beispiel, wie mans nicht machen sollte.

  • Kapitell: Die Balkone, so wie sie jetzt sind (=optisch massiv) in dunkelgrün streichen hast Du hoffentlich nicht gemeint? Das wäre wie ein Faustschlag aufs Auge. Vermutlich meinst Du aber schmiedeeiserne Gitter, ähnlich luftig wie Retro79s erstes Bild - bei so wenig sichtbarem Material ist die Fensterfarbe angebracht.
    Die allermeisten Häuser, die ich kenne, sind mit üblicher Dispersionsfarbe gestrichen. Probleme mit "abblättern" oder "Rissen" sehe ich da seit Jahrzehnten keinerlei. Die wenigen Gebäude, von denen ich weiß, daß sie mit Mineralfarbe gestrichen wurden (eine Kirche, ein Schloß) waren nach wenigen Jahren ausgewaschen. Das macht eine ganz andere Optik, die eher so "italienisch antik" aussieht als "durchschnittsdeutsch". Bei komplett verputzten Gebäuden, gerade Villen und Schlössern, kann das gut aussehen, aber zu einer einheitlichen Ziegelfläche sieht das für meine Sehgewohnheiten unpassend aus.

  • @BSLG, neues Bild:
    - den Sockel finde ich zu blau, er sollte eher minimal gelbstichig Grau sein. Der wirkt sonst "unmotiviert".
    - das Gitter ist optisch nicht schlecht, aber noch nicht so ganz passend - zu sehr 1950er-durchgehend-gerade, da gehören noch Blechmedaillons oder -Bänder dran, damit es zu den historistischen Fenstergesimsen paßt.
    Aber nochmals: wollt Ihr euch wirklich Gitterbalkone antun? Bedenkt die Wartung - wenn man das mal streichen muß, ist der Maler tagelang beschäftigt, das wird richtig teuer! Und wenn das Gitter auf den Balkonkasten aufgelegt wird, wird das noch sehr viel schlimmer, weil man mit dem Pinsel jeglichen Zwischenraum beschneiden muß!

  • Danke für die Hinweise. Der Sockel wird nicht blau, sondern - wie Du schreibst - eher warmes grau. Das Gitter war eigentlich eine Spielerei. Es sollte Schmiedeeisen imitieren. Das Argument mit dem Streichen zieht natürlich. Sichtschutz ist den Mietern wichtig, Bei Retro79 Foto sieht das natürlich Klasse aus.

  • Aber nochmals: wollt Ihr euch wirklich Gitterbalkone antun? Bedenkt die Wartung - wenn man das mal streichen muß, ist der Maler tagelang beschäftigt, das wird richtig teuer!

    Ist das dein Ernst? Das tönt ja fast danach, wie wenn jemand zu einer Entstuckung einer Fassade rät, damit künftige Malerarbeiten kostengünstiger werden. Oder jemand, der von einer Wiederbestuckung einer kahlen Fassade abrät. Oder jemand, der von einer Fachwerkfreilegung abrät.

  • Riegel: Ich finde, daß in diesem Fall - Balkone nicht zur Straße hin, sondern zum Hof, erwartbare mieterseitige "Innenabdeckungen" der Gitter - einfach nicht viel zu gewinnen ist.
    Ja, Balkone mit einigen Ornamenten und Schnörkeln, die zum Stuckstil passen, wären durchaus ansehnlich.
    Aber Stäbchen sind zuwenig, und die Vorstellung, dahinter in einem Stock Schilfmatten, im anderen Buntgeblümtes zu sehen, finde ich einfach sehr unschön.
    Dann eher in schönere Fenster beim Hinterhaus investieren und den Balkonen vielleicht ein Putzfeld, finde ich.

  • Im Görlitz-Strang habe ich gerade ein Photo mit 2 historistischen Balkonen gefunden: Zeitungsbild . Dies zur Anregung der Phantasie, daß eben bloße Stäbchen zuwenig sind und zu den Fenstergewänden nicht passen.