Umfeld Berliner Schloss - Allgemeines

  • Irgendwie verblüffend, zwar völlig andere Umgebung und Einbettung, dazu eine Terrassierung. Dennoch scheint hier schon ein ganz ähnlich klares Formgefühl zu herrschen wie bei Stella Jahrtausende später.

    Der größte Unterschied ist wohl, dass sich der Tempel der Hadschepsut harmonisch in sein (natürliches) Umfeld einbettet, die Ostfassade aber einen krassen Bruch zu den Barockfassaden bildet.

    Ich hoffe ja immer noch auf Efeu, wilden Wein o.ä. an den Seitenwänden der Ostfassade um dies abzumildern.

  • Mit den genannten 22 Mio. Euro wird doch wohl hoffentlich eine vollständige Rekonstruktion möglich sein!

    Und ich bin mir sicher, dass auch das Schlossumfeld noch positive Überraschungen bringen kann und wird!

  • Der größte Unterschied ist wohl, dass sich der Tempel der Hadschepsut harmonisch in sein (natürliches) Umfeld einbettet, die Ostfassade aber einen krassen Bruch zu den Barockfassaden bildet.

    Ich hoffe ja immer noch auf Efeu, wilden Wein o.ä. an den Seitenwänden der Ostfassade um dies abzumildern.

    Lieber newly,

    man kann sich auch was einreden!

    Ich war da und muss sagen, der Tempel ist ein absoluter Bruch mit dem Umfeld!

    Das macht ja gerade seine Wirkung aus.

    Auckland bei Nacht

  • Lieber Weissenseer,

    dann hast Du durch einen Einblick vor Ort vom Tempel einen anderen Eindruck als ich von den Bildern.

    Wobei ich schon auch denke, dass die Ostfassade des Humboldt Forums für sich allein, ohne die rekonstruierten Barockfassaden des Schlosses eine viel bescheidenere Wirkung hätte.

  • @Weissenseer Wenn dich das "Blabla" von Stauffer schon genervt hat, überlies bitte besser meinen folgenden Beitrag :wink:

    Beim Tempel von Hadschepsut geht es um genau diese Machtausstrahlung. Jeder Stuck, jede Figur würde mit dem Felse verlaufen und die Ausstrahlung des menschlichen Einbaus infrage stellen.

    Der Fels garniert förmlich den Tempel. Der Fels ersetzt also den Stuck. Sprich: Der Mensch dominiert die Natur, macht sie sich zu eigen, missbraucht sie, unterwirft sie - und strahlt damit eine wahnsinnige Stärke aus.

    D A S ist die Aussagekraft des Tempels von Hatschepsut.

    @Stauffer

    Was den Vergleich des Tempels von Hatschepsut mit dem Stadtschloss angeht ist es natürlich so, dass beide Gebäude (wie alle historischen Gebäude) auf die Menschen zu ihrer Zeit eine andere Ausstrahlung hatten als auf die unsere Generation.

    Beide Gebäude - so unterschiedlich sie auch sein mögen - sollten auch die Macht des Herrschers symbolisieren und dienten auch dem jeweiligen Gesellschaftssystem.

    Diese Funktion ist verschwunden und insoweit auch diese "Ausstrahlung" auf die Menschen. Wir können versuchen uns in die Zeit hinzuversetzen, wir können diese Gebäude heute aber auch ganz anders wahrnehmen. Auch das Schloss - so sehr wie uns heute wieder an seinen Fassaden erfreuen - diente anno dazumal allein schon durch seine Größe der Zurschaustellung von Macht und Reichtum.

    Wenn nun Harmonie für Einklang, Eintracht, Einigkeit steht, kann man den Begriff auf den Tempel durchaus heranziehen, da er wohl unmittelbar aus den ihn umgebenden Material hergestellt wurde. Allein die Farben des Naturgesteins und des Tempels wirken doch schon harmonischer als das Hellgrau der Ostfassade mit dem Rest des Schlosses.

    (Wie gesagt auf den Fotos, ich war nie vor Ort und kann mich irren)

    Ich habe bei dem Anblick des Tempels heute jedenfalls nicht die Assoziation, dass "der Mensch" die Natur "missbraucht" wie du schreibst. (Den hab ich eher bei plumpen Aussichtsplattformen aus Metall und Glas in den Alpen).

    Auch wüsste ich nicht, warum dort zusätzlicher Stuck die Ausstrahlung menschlichen Einflusses "in Frage stellen" sollte.

    (und ist es nicht ohnehin möglich, dass dort über die Jahrtausende zahlreiche Verzierungen, Stuck, weitere Statuen, Wandmalereien usw. abhanden gekommen sind, so dass dieser Tempel heute ganz anders wirkt?)

    Hatschepsut (und alle Herrscher, die sich als gottgleiche Wesen sahen) hatten sicher nicht im Sinn, die Überlegenheit "des Menschen" zu demonstrieren, vielleicht wollten sie aber eine Einheit mit der göttlichen Natur symbolisieren.

    Wir haben heute schon Probleme, uns in die Gedankenwelt unserer Vorfahren vor 100 Jahren hineinzuversetzen. Wer weiß schon sicher, was Menschen vor tausenden Jahren aus einem vollkommen anderen Kulturkreis bei einem solchen Gebäude genau im Sinn hatten.

    I.Ü. finde ich den Vergleich der Ostfassade mit dem Tempel von Hatschepsut mehr als gewagt. Ich denke, man interpretiert in diese Fassade etwas hinein, um von deren Banalität abzulenken. So sehr man Stella auch in anderer Hinsicht dankbar sein kann.

  • Bergischer,mir gefällt die Ostfassade auch nicht,aber um realistisch zu sein,ich glaube nicht das man sie in einigen Jahren(4,5,oder max 10 Jahren)wieder abreißt um den Ostflügel eben historisch zu Rekonstruieren.Wenn es zu einem Abriss der Ostfassade vielleicht irgendwann einmal kommen sollte, werden wir Foristen das jedenfalls nicht mehr erleben.Ich denke wir sollten uns jetzt lieber über den gesamten Aufbau und der baldigen schrittweisen Eröffnung des Humboldtforums freuen als immer nur kritisch auf den Ostflügel zu schauen.

  • Wird die Gigantentreppe vollständig rekonstruiert oder nur teilweise?

    Ich denke eher garnicht. Und wenn, dann wahrscheinlich in verspieltem Beton, so wie das Treppenhaus des Neuen Museums. dafür wird der Senat schon sorgen. Alles andere wäre zu weit rechts.

  • Ich denke eher garnicht. Und wenn, dann wahrscheinlich in verspieltem Beton, so wie das Treppenhaus des Neuen Museums. dafür wird der Senat schon sorgen. Alles andere wäre zu weit rechts.

    Glaube nicht dass der Senat da ein Mitspracherecht hat. Das Gebäude ist doch ein Bau des Bundes.

  • Der Senat hat da gar nichts zu melden. Wenn das Treppenhaus nicht komen sollte, dann deshalb, weil der Bund nicht will. Wenn der Bund will, dann kommt es, und zwar in aller Originaltreue.

  • In diesem Forum wird wohl mehrheitlich z. T. beißende Kritik an der Ostfassade geübt. Trotzdem möchte ich eine Lanze für Stellas Ostseite brechen, auch wenn ich mich dabei sicher unbeliebt mache:

    Als die Ostfassade gerade fertig wurde - in einem chaotischen Baustellenumfeld, hatte ich auch Gewöhnungsprobleme, obwohl die Kommentare mancher Ostfassadenskeptiker: "Banale Ödnis", „Sparkasse“ „Kaufhaus“, "Parkhaus" für mich ganz unangemessen waren. Auch den Wunsch, alles hinter Efeu verschwinden zu lassen, teile ich nicht. Inzwischen sehe ich in der Fassade eine ruhige, klare Ausstrahlung und etwas Edles, Großzügiges, sogar eine Verbindung zu Chipperfields Eingangsgebäude zu den Museen. Das wird für mich zunehmend deutlich, seit die Wege und Rampen fertig werden und diesen weiträumig ruhigen Stil zusätzlich großzügig betonen. Stella hat der Fassade Original-Sandstein in den Beton beigemischt, so dass auch die Farbe zu den Sandsteinelementen der Barockfassade passt. Mir gefällt auch die noble Bescheidenheit, mit der Franco Stella sich selbst zurücknimmt und als „späten Mitarbeiter Schlüters“ bezeichnet. Ich bin begeistert von den Barockfassaden und dem Schlüterhof, aber Stella zeigte Konsequenz und Stilsicherheit, indem er sich nach der Ostseite, hin zu einem neuen modernen Stadtteil nicht zu historisierenden, neobarocken Anpassungsversuchen und Spielerein hinreißen ließ. Es sieht übrigens so aus, als ob noch (moderne) Kandelaber auf der oberen Brüstung aufgestellt werden. Allerdings hätte ich mir ein schlichtes, akzentuierendes, modernes, zur Fassade passendes Portal vorstellen können, nachdem es ein West-, zwei Nord- und zwei Südportale gibt.

  • Solche Fassaden wie die Ostseite sieht man in Berlin überall, total banal ! In meinem Bekanntenkreis gibt es keinen Befürworter für diese architektonische Leistung. Wenn man am Fernsehturm steht denkt man , ach ja da steht ein Parkhaus.

  • Auch ich möchte mich anschließen. Eine Rekonstruktion des alten Flügels wäre toll gewesen, war aber wohl nie sehr realistisch - dazu war er zu kleinteilig und unregelmäßig. Unter den gegebenen Umständen ist Stellas Interpretation und Weiterführung von Schlüters Fassadengliederung in modernen Formen schon sehr edel und ästhetisch. Wer sagt, das gibt es dutzendfach in Berlin, der hat nicht genau hingeschaut. Ich bevorzuge diese Lösung gegenüber einer pseudohistoristischen Zufügung einer vierten Schlüter-Fassade, wie sie ja auch im Gespräch gewesen war.

  • WENN aber 'Kunst' heute so vordergründig für solch krasse Minderheiten gemacht wird, deren Argumentation dann auch noch schwer oder überhaupt nicht nachzuvollziehen ist, frage ich mich, was eigentlich mit unserer Debattenkultur geschehen ist. Wenn dieselben dann sogar jene angreifen, die für die Mehrheit argumentieren, weil diese 'das eben nicht verstehen würden' (also auf gut deutsch: zu dumm sind), dann frage ich mich, wo wir eigentlich gelandet sind. Das nennt man dann nämlich eigentlich Meinungsdiktatur.

    Hallo Stauffer, ich habe nur meine ganz persönliche Meinung dargelegt. Dabei nehme ich keine Rücksicht darauf, inwieweit ich eine krasse Minderheit oder sonst wen vertrete und ob Sie meine Meinung schwer oder überhaupt nicht nachvollziehen können. Ich jedenfalls greife niemanden, auch Sie, nicht an. Es interessiert mich wenig, ob und mit welchen Argumenten Sie eine Mehrheit vertreten, ob Sie irgendetwas verstehen oder meinen, von irgend jemand für zu dumm gehalten zu werden. Wenn ich Ihren Beitrag lese, wundere mich auch darüber, wo wir gelandet sind und bei wem und worin Sie plötzlich eine Meinungsdiktatur erkennen. Ich habe gar nicht vor, Ihre Meinung, infrage zu stellen. Schönheit, "Ästhetik" hat immer auch einen hohen subjektiven, emotionalen Gehalt und diesen sollten wir uns doch gegenseitig gönnen!?

  • Die Stella-Fassade ist vor allem dieses: eine Notlösung. Mehr wäre damals einfach nicht gegangen. Stella hätte das wohl aus eigenem niemals entworfen, so unkreativ darf man ihn sich nicht vorstellen. Stella hat viel "Schloss" durchgesetzt, mit dem Rondell sogar mehr als "erlaubt". Die Rückseite ging halt nicht aus ideologischen Gründen, dann hätte ein anderer den Zuschlag erhalten, über den wir uns weit weniger gefreut hätten. Alles in allem kann man Stella Klugheit und Besonnenheit nicht absprechen. Seine Fassade ist relativ klassisch- "verträglich", dazu wirklich nicht sehr aufwändig, tätigt aber dennoch jenen "Bruch" ohne welchen es einfach nicht ging. Mit seiner Anspielung auf die DDR-Zeit (obwohl man dort viel schöner zu bauen verstand und eine zeitgemäße Ergänzung dort wohl mehr Charme gehabt hätte) versöhnte er die Berliner Linke ein wenig. Ein Kompromiss nach allen Seiten also. Dieses Ergebnis als "schön" oder "befriedigend" ansehen zu wollen, ist natürlich eine Art Selbstbetrug à la des Kaisers neue Kleider. Ein beschränkter Reiz ergibt sich allenfalls aus schräger Fernsicht, wo die Inszenierung des Bruchs erlebt werden kann. Die Stella-Fassade braucht das Restschloss, um zu funktionieren, für sich alleine ist sie nur fade und öde. Für die künftige Gestaltung des Marx-Engels-Forums war das wohl keine sehr wertvoller Impuls. Aber diese Wüstenei zählte für die damaligen Planer (guten Willens, was Stella unbedingt zu unterstellen ist) naturgemäß weniger als die Unter den Linden-Seite, für welche vor allem die Kuppel unabdingbar war.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Ein beschränkter Reiz ergibt sich allenfalls aus schräger Fernsicht, wo die Inszenierung des Bruchs erlebt werden kann.

    Dass ausgerechnet die Inszenierung des Bruchs reizvoll sein soll, ist mehr als traurig. Denn dieser Bruch sollte und könnte doch abgemildert werden.