Westseite Berliner Schloss - Schlossfreiheit - ehem. Nationaldenkmal

  • Man könnte schreien, ob so viel Blödheit. Ich vermeide es normalerweise, solche drastischen Worte zu wählen, aber hier fällt mir nichts anderes mehr ein. Da wird mit viel Aufwand das Schloss wiedererrichtet, übersät mit "Symbolen der Monarchie", um im Duktus zu bleiben, aber ein par Mosaike sollen nun unvereinbar mit dem Charakter des Denkmals sein. Wie so ein Unsinn von durchaus gebildeten Menschen verzapft werden kann, ist mir völlig schleierhaft. Zeigt aber auch, in welchen Sphären dieses ganze Projekt mittlerweile schwebt. Mit der Wirklichkeit hat all das nichts mehr zu tun.

  • Aus dem von Meister Lampe verlinkten Medienbericht geht klar hervor, dass die Entfernung des Mosaiks vor allem der Wille von Kulturstaatsministerin Grütters war. Selbst die von mir immer wieder gescholtene Regula Lüscher war dagegen.

    „Das wilhelminische Mosaik beinhaltet neben Schmuckelementen zu weiten Teilen eine Huldigung des Kaiserhauses der Hohenzollern, die sich in der Darstellung des Monogramms Kaiser Wilhelms und der Kaiserkrone widerspiegelt“, (…) „warum eine Sichtbarmachung des Mosaiks auf dem Denkmalsockel mit dem Projekt Freiheits- und Einheitsdenkmal unvereinbar ist“. Die „prägnanten Symbole der Monarchie und des Obrigkeitsstaates stehen im eklatanten Widerspruch zu den Grundgedanken des Freiheits- und Einheitsdenkmals, mit dem die Friedliche Revolution in der DDR und die deutsche Einigung gewürdigt werden sollen“.

    Ehrlich gesagt ist es doch vor allem Frau Grütters, die hier ein lupenreines "obrigkeitsstaaliches" Denken und Handeln an den Tag legt. Sie meint entscheiden zu müssen, was wir Untertanen dort zukünftig sehen sollen, was historisch zu sehr 'kontaminiert' ist, und erdreistet sich, ein bedeutendes Mosaik der Kaiserzeit bis auf Weiteres in den Tiefen eines Depots verschwinden zu lassen (denn bezüglich eines alternativen Standorts gibt es ja keine Ideen, und man wird sich Zeit lassen...).

    Im Hintergrund klingt wieder mal deutlich der Hass unserer politischen Eliten auf das Kaiserreich durch, den wir ja vor wenigen Tagen auch schon in Bezug auf Herrn Steinmeier beklagt haben. Wenn der Torso des Nationaldenkmals nach Lesart von Frau Grütters in erster Linie ein finsteres "Symbol der Monarchie und des Obrigkeitsstaats" ist, dann ist es das Schloss erst recht. Von daher können wir heilfroh sein, dass die Grundsatzentscheidung zum Schlosswiederaufbau vor zwanzig Jahren gefällt wurde, heute wäre das wahrscheinlich nicht mehr möglich.

  • Irgendwie werde ich aus Dir nicht klug, "Maecenas".

    Wenn die Hohenzollern ein paar Räume zum Wohnen in Schloss Cecilienhof wünschen und ein paar Kunstwerke gerne wieder im Familienbesitz hätten, sind sie für Dich eine degenerierte "habgierige Adelssippe".

    Wenn sich hingegen Frau Grütters gegen eine "Huldigung des Kaiserhauses der Hohenzollern" unmittelbar neben einem neuen BRD-Nationaldenkmal ausspricht, wird von Dir (sicherlich nicht zu Unrecht) der "Hass unserer politischen Eliten auf das Kaiserreich" beklagt.

    Nimm das bitte nicht als Angriff. Es ist so gemeint, wie geschrieben. Ich verstehe es nur nicht ganz.

    Ansonsten kann ich Grütters Argumentation verstehen. Natürlich möchte die nicht ein BRD-Nationaldenkmal, das die Demokratie symbolisieren soll, auf deinem Sockel mit monarchistischen Insignien. Allerdings, was ja in diesem Forum auch bereits oft bemängelt wurde, hätte es ja auch ein anderer Standort des Denkmals sein können. Dann hätte man das Problem mit den Mosaiken und die Zerstörung der Gewölbe gar nicht gehabt. Und diese Zerstörung bzw. der Mosaiken-Abtransport in ein Depot ist natürlich sehr schade.

    Man muss eben das Positive sehen. Ich möchte mir nicht ausmalen, wie heute der Wettbewerb um ein solches Denkmal aussähe. Eine Losung wie "Wir sind das Volk" auf der Schale würde heute wohl nicht mehr kommen. Eher vermute ich: "We are one. We are different. We are the people. Against hate." Oder etwas in diese Richtung...

  • Irgendwie werde ich aus Dir nicht klug, "Maecenas".

    Es wäre auch zwecklos das zu versuchen, das hat bisher nicht mal meine Frau geschafft. :wink:

    Was die gegenwärtigen Hohenzollern angeht, ja, da habe ich vor einiger Zeit kräftig verbal auf die Pauke gehauen. Meinen Grundstandpunkt habe ich aber nicht geändert, weil die Hohenzollern sich eben nicht auf die Restitution von ein "paar Kunstwerken" für ihr heimisches Idyll beschränken, sondern ziemlich umfangreiche und maßlose Forderungen an die Allgemeinheit gestellt haben (zuletzt sogar gegenüber den Niederlanden mit Schloss Doorn).

    Dass ich also einerseits die Restitutionsforderungen der Hohenzollern kritisiere, aber andererseits das Kaiserreich und dessen Nationaldenkmäler verteidige mag für dich nicht ganz zusammenpassen. Aber man muss ja auch nicht grundsätzlich in den Schubladen denken, in die man von anderen einsortiert wird. Und bei mir gibt es eben nicht nur eine Schublade, in die man mich einsortieren kann. :tongue:

  • „Das wilhelminische Mosaik beinhaltet neben Schmuckelementen zu weiten Teilen eine Huldigung des Kaiserhauses der Hohenzollern, die sich in der Darstellung des Monogramms Kaiser Wilhelms und der Kaiserkrone widerspiegelt“, (…) „warum eine Sichtbarmachung des Mosaiks auf dem Denkmalsockel mit dem Projekt Freiheits- und Einheitsdenkmal unvereinbar ist“.

    Ganz in der Nähe steht das Staatsratsgebäude der DDR, in dem Schießbefehl und Mauerbau beschlossen wurden, von wo aus die Überwachung von Millionen Menschen ausging, hinein bis in privateste Bereiche.

    Man hat dieses höchst kontaminierte Gebäude dennoch zu Recht stehen lassen: Denkmale sind Zeugen ihres Zeitgeistes und als solche unersetzbar. Es ist falsch, hier Unterschiede zu machen. Der Geist von Monarchie und Feudalismus ist meiner Ansicht nach, aus ihrer Zeit verstanden, kaum oder sehr viel weniger unmenschlich als die Diktatur des Sozialismus. Die Überreste beider aber müssen als Zeugen toleriert werden: Beide sind unsere Geschichte.

    So schmerzhaft auch gerade das Staatsratsgebäude durch rücksichtslosen Einbruch in historische Bausubstanz und gewachsene Stadtstrukturen Geschichtslosigkeit geschaffen hat: z.B. Abbruch der aufbaufähigen Ruine des Wohnhauses von Andreas Schlüter, Abschneiden der Mitte vom Zentrum Cöllns.

    Alles prüfe der Mensch, sagen die Himmlischen,

    Daß er, kräftig genährt, danken für Alles lern‘,

    Und verstehe die Freiheit,


    Aufzubrechen, wohin er will.


    Hölderlin

  • Es gibt aber schon einen Unterschied, ob ich Etwas wiedererrichte oder aber es einfach stehen lasse speziell vom Geschichtswert. Ersteres ist dann nur noch indirekt mit der Geschichte verknüpft (in seinen Rudimenten), dafür umso mehr direkt mit meiner heutigen Positionierung. Sprich, wenn ich angenommen ein Denkmal für Kaiser Augustus in Augsburg wieder aufstelle, bekunde ich damit meine Verbundenheit mit dieser Person und möchte sie gesellschaftlich unter heutigen Voraussetzungen in Ehren stellen. Und das wird eben für Jenen, der uns als Oberhaupt in den ersten Weltkrieg geführt hat, abgelehnt. Dem Schloss fehlen übrigens auch jene spezifischen Zuordnungen z.B. am Portal.

  • Und das wird eben für Jenen, der uns als Oberhaupt in den ersten Weltkrieg geführt hat, abgelehnt.

    Wilhelm II hat Deutschland nicht anders "in den Krieg geführt" als zB Georg V Großbritannien. Es käme aber niemand auf die Idee, Letzterem die ihm gewidmeten Denkmäler, Gärten usw streitig zu machen.

    Einziger Grund: Großbritannien hat den Krieg gewonnen, es gab daher keine Revolution gefrusteter Untertanen und George durfte König bleiben.

    Allein der Ausgang des Krieges ist also dafür maßgebend, wie man sich derer erinnert, die ihre Völker " hineingeführt" haben.

  • Es gibt aber schon einen Unterschied, ob ich Etwas wiedererrichte oder aber es einfach stehen lasse speziell vom Geschichtswert.

    Das ist richtig, aber dann muss man auch bedenken, dass die Mosaike stets da waren. Sie waren jahrzehntelang verdeckt unter einer Asphaltschicht, aber sie waren da bis sie zur Restaurierung entfernt wurden. Ursprünglich sollten sie ja mal wieder den Weg an ihren angestammten Platz zurückfinden. Von daher geht es hier ja nicht um eine "Wiedererrichtung" im Sinne einer Rekonstruktion aus dem Nichts, sondern doch auch um ein "einfach stehen lassen".

  • Sie waren jahrzehntelang verdeckt unter einer Asphaltschicht, aber sie waren da bis sie zur Restaurierung entfernt wurden.

    Das ist interessant, war mir nicht bekannt und ist argumentativ stichhaltig. Damit bin ich auch der Meinung, das hätte nicht entfernt werden sollen. Zumindest hätte man es unter dem Pflaster behalten können als geschichtliches Zeugnis. Andererseits hat man es jetzt gesichert in einem Museumsdepot? Könnte es also auch ausstellen, was mehr wäre als unter Asphalt zu verstecken jetzt wo es schon aus dem Kontext gerissen wurde?

    Wilhelm II hat Deutschland nicht anders "in den Krieg geführt" als zB Georg V Großbritannien. Es käme aber niemand auf die Idee, Letzterem die ihm gewidmeten Denkmäler, Gärten usw streitig zu machen.

    Einziger Grund: Großbritannien hat den Krieg gewonnen, es gab daher keine Revolution gefrusteter Untertanen und George durfte König bleiben.

    Allein der Ausgang des Krieges ist also dafür maßgebend, wie man sich derer erinnert, die ihre Völker " hineingeführt" haben.

    Aber was ist falsch daran zu sagen, dass es ohne den Krieg 2 Mio. weniger deutsche Tote gegeben hätte und man damit die Landesführung verantwortlich macht? Warum die Briten ihren Herrscher nicht zur Verantwortung (700.000 Tote) für den zweifellos unnötigen Kriegseintritt machen weiß ich leider nicht. Was ebenso zweifellos ist, ist dass der Krieg katastrophal für unsere Landesentwicklung war. Wir haben 2010 die letzten Reparationszahlungen getätigt. Hat man damals so nicht wissen können, aber wir wissen es nun und können entsprechend handeln, nämlich sagen, das hat uns extrem geschadet, das war keine gute, vorausschauende Führung. Und falls jetzt kommt, man darf nicht mit heutigen Maßstäben messen: Dieses ,,Unrecht in der Bewertung" wird nahezu immer vorgenommen, weil fast immer Entscheidungen nachträglich so bewertet werden nach ihrem Ergebnis. Umgekehrt hieße es doch sonst Keiner ist wirklich verantwortlich für den Krieg, weil alle es nicht wissen konnten.

  • Da trinkt eher der Teufel Weihwasser, als dass man die Mosaike des Denkmals bereit wäre im HUF aufzustellen. Man wollte sie doch unbedingt am orignalen Platz vor dem Schloss weg haben, dann wird man sie doch jetzt nicht rein holen.

  • Kann man die ungeliebten Mosaike vllt für ein Neubauvorhaben günstig erwerben?

    Günstig wohl auf keinen Fall. Denn auch wenn man an den entsprechenden dafür zuständigen Stellen dem Kaiserreich eher ablehnend gegenübersteht, würde man sich für sie "monarchistischen" Mosaike sicherlich "fürstlich" entlohnen lassen :biggrin:

  • Da trinkt eher der Teufel Weihwasser, als dass man die Mosaike des Denkmals bereit wäre im HUF aufzustellen. Man wollte sie doch unbedingt am orignalen Platz vor dem Schloss weg haben, dann wird man sie doch jetzt nicht rein holen.

    Nicht unbedingt. An der Einheitswippe will man die Mosaike nicht, um am "neuen Nationaldenkmal" jede klitzekleine Verbindung der Bundesrepublik mit dem Kaiserreich zu vermeiden.

    Im Humboldt Forum wäre es im Museum ein Ausstellungsstück von vielen, von einer alten, untergegangen Kultur.

    Alternativ könnte man die Mosaike auch als Leihgabe Museen der Welt zur Verfügung stellen. Da fänden sich bestimmt interessierte Häuser, z.B. in Ostasien.

    So schließe sich dann der Kreis...

  • Die Mosaike sind in unterschiedlichen, nicht zusammenhängenden Teilen erhalten. Was spricht dagegen, einzelne, gut erhaltende und dekorative Stücke - ohne jede kontaminierte Verbindung mit "ungewollten, weil verwerflichen kaiserkultischen Nebenabsichten" an passender Stelle aufzustellen oder auszulegen?


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    Einmal editiert, zuletzt von Bauaesthet (23. Februar 2021 um 18:52)

  • Das hier ist die Firma die, die Bodenmosaike eingelagert hat. Sie haben auf Ihrer Homepage auch Bilder von der Aktion.

    Das Mosaik war fast vollständig erhalten, z.T. in sehr gutem Zustand! Bei der Anzahl der Kisten muss es eine ganze Lagerhalle füllen.

    Ein ungeheuerliches Kultures Verbrechen seitens der Denkmalpflege so einer Kulturbarbarei zuzustimmen.

  • Ich habe ein weitere mini Möglichkeit entdeckt um gegen die Einheitswippe vorgehen zu können. Die dort vertriebene Fledermaus ist nach EU Recht besonders geschützt. Für die vermeintliche Umsiedlung wurden oder sollen Ersatzquartiere geschaffen werden. Nun beschließt die EU, Deutschland wegen mangelhafter Umsetzung der Habitat Richtlinie zu verklagen. Da Deutschland die Habitat Richtlinie zum Schutz wildlebender Tier und Pflanzen nicht eingehalten hat. Hier könnte man ansetzen, da EU Recht über deutschem Recht steht. Vielleicht wiederspricht die geplante Ersatzmaßnahme dem EU Recht und ist somit nicht ausreichend für die Fledermäuse.

    Eine kleine Anfrage an der richtigen Stelle kann, vielleicht dass Kartenhaus zum Einsturz bringen. nono:)

  • Also mir gefällt die Wippe an dieser Stelle auch nicht, aber ehrlich gesagt, ist die Hoffnung doch sehr utopisch.

    Die Fledermäuse wurden inzwischen doch umgesiedelt bzw. sind jedenfalls nicht mehr da und können auch nicht so einfach wieder zurückgeholt werden.

    Faktisch gesehen sind die Fledermäuse also kein Hinderungsgrund.

    Auf der Seit von Milla steht übrigens, dass es falsch sei, dass wegen des Einheitsdenkmals geschützte Fledermäuse umgesiedelt werden mussten.

    https://www.milla.de/uploads/static…eitsdenkmal.pdf

    Dort steht: "Richtig ist, dass das historische Gewölbe unterhalb des zukünftigen Denkmals nach 100 Jahren feucht, rissig und marode war, weswegen es ohnehin dringend saniert werden musste. Diese Arbeiten wurden, vollkommen unabhängig von der Planung des Denkmals vom BBR durchgeführt. Dabei sind die besagten Fledermäuse wegen des Baumlärms und –Lichtes eigenständig in den Plänterwald ausgewichen. Sie werden immer wieder mit dem Denkmal in Verbindung gebracht, weil aus unerfindlichen Gründen die nach den Umweltgesetzen erforderliche Ausgleichszahlung des BBR an den Umweltsenat des Landes in Höhe von 137.000€ zu den Kosten des Denkmals addiert wurden."

  • "Dabei sind die besagten Fledermäuse wegen des Baumlärms und –Lichtes eigenständig in den Plänterwald ausgewichen."

    Das gilt als Argument?? Vielleicht sollten die deutschen Straßenbauer mal mit dieser Logik kommen, wenn wieder irgendwo eine vom Aussterben bedrohte Gelbbauchunke herhalten muss, um ein Infrastrukturprojekt zu behindern. Das gäbe ein Geschrei!

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    Gutmensch = Gut gemeint, nicht zuende gedacht, schlecht gemacht