Umfeld Berliner Schloss - Allgemeines

  • Statt sich einmal zu freuen, dass der Berliner Dom wieder aufgebaut wurde! Stellt euch vor, der Dom wäre nach dem Krieg genauso beseitigt worden wie das Schloss! Eine Komplettreko des Domes wäre heute nicht durchsetzbar. Wenn ihr nach Westen vom Schlossdach herunterschaut, seht ihr den Platz der Bauakademie. Da müsste sich mal was tun! Und an der Reichstagskuppel könnt ihr sehen, wie das wiedervereinigte Deutschland mit kriegszerstörten wilhelminischen Kuppeln umgeht.

    Die Domkuppel war zerstört. In den entbehrungsreichen Nachkriegsjahren wurde ein Notdach errichtet, das den wertvollen Innenraum der Predigtkirche vor weiteren Schäden bewahrte. Als dann Anfang der 70er Jahre der Wiederaufbau geplant wurde, gab es auch Pläne für eine stark vereinfachte Wiederherstellung des gesamten Domes. Dass es Denkmalpflegern, Kirchenvertretern, Architekten und anderen Beteiligten in der DDR mit Unterstützung durch die westdeutsche EKD unter schwierigen politischen Rahmenbedingungen gelang, den Dom so wiederaufzubauen, wie er heute dasteht, ist eine große Leistung, die auch heute noch Anerkennung verdient.

    Die Gestaltung der Kuppeln orientiert sich an klassischen Vorbildern. Die Bauarbeiten an der Hauptkuppel wurden 1981 abgeschlossen. Heute gibt es das wiedervereinigte Deutschland fast genauso lange wie damals die DDR, aber der Wiederaufbau der Bauakademie hat noch nicht mal begonnen! Die Sanierung der Fassaden und der Hohenzollerngruft sind die aktuell anstehenden Aufgaben am Dom. Ein Rekoprojekt mit einem gewissen praktischen Nutzen wäre gegebenenfalls der Wiederaufbau der Denkmalkirche.

    Der Berliner Dom von der Dachterrasse des Schlosses aus gesehen (Foto: GodeNehler, November 2018, CC-BY-SA-4.0)

    Mit dem Wiederaufbau des Schlosses erhält der Dom seinen inhaltlichen Bezugspunkt zurück. Die städtebauliche Wirkung ist grandios. Ich habe hier nur ein älteres Baustellenfoto (März 2017) zur Hand, noch mit Humboldtbox in der Mitte. Markantestes Zeichen für ein verändertes städtebauliches Umfeld ist der Fernsehturm. Vielleicht hat einer unserer Berliner Fotografen ein aktuelles Bild mit der Gesamtansicht Dom und Schloss von Westen her. Es gibt auch mehrere historische Fotos aus ähnlicher Perspektive. Ich zeige diese längst veraltete Ansicht hier, weil selbst mit dem ganzen Baustellengerümpel im Bild zu erkennen ist, was für ein schönes Ensemble hier entsteht - auch wenn weder der Dom noch das Schloss heute genauso aussehen wie vor dem Krieg.

    Dom und Schloss vom Schinkelplatz aus gesehen (Foto: Doovele, März 2017, CC0)

  • Ich bin einer der wenigen, der die neuen Kuppeln den alten vorzieht. Die alten waren meiner Meinung nach zu überladen, unruhig und übertrieben. Da sollten andere berühmte Kirchenkuppeln (Petersdom, Invalidendom, Sankt Pauls) übertroffen werden, es führte diese Vorbilder aber eher ad absurdum. Weniger ist manchmal eben wirklich mehr.
    Die heutigen Kuppeln wirken strenger, klarer und würdiger, und sie kommen klassischen Vorbildern viel näher.
    Eine einziges Manko sehe ich allerdings an der modernen Hauptkuppel: Die Laterne wirkt zu mickrig. Sie hätte insgesamt etwas größer skaliert werden müssen. So wirken die Proportionen leider etwas plump.

  • @Treverer Ich kann dem nur zustimmen. Ich weiß, es gibt hier einige Foristen, die alles Alte generell dem Neuen vorziehen. Aber, und das Thema hatten wir ja schon in dem Strang zum Dom, auch ich finde die heutige Kuppel besser - bis auf die Laterne, die mir in der Tat zu "mickrig" vorkommt. Die alte Kuppel war zu überladen, sie war schlecht proportioniert, vor allem im Verhältnis zum Tambour viel zu hoch. Die sehr breite Aussichtskanzel verhinderte, dass die Laterne schlüssig auf der Kalotte aufsaß. Im übrigen orientiert sich der heutige Zustand an Reduktionsvorschlägen, die schon in der Kaiserzeit vorgelegt wurden, während die reduzierten Turmhauben sehr Raschdorffs drittem Entwurf von 1895 ähneln.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Letztlich ist der Dom noch keine 130 Jahre alt - da gibt es sogar in den kulturlosen USA ältere Gebäude... Man kann auch nicht einfach sagen, alles vor Bauhaus war gut und alles danach war schlecht, und deshalb muss alles von davor 1:1 rekonstruiert werden. Wenn ich nicht wüsste, dass die aktuelle Kuppel des Doms eine abgespeckte Version ist, hätte ich beim Anblick wirklich nichts vermisst. Tausenden von Berlin-Besuchern geht es da genauso wie mir.

    Obwohl ich sonst mit Wonne Rastrellis Vorliebe für das Mischen von Alt und Modern kritisiere, teile ich seinen obigen Post uneingeschränkt. Das gilt insbesondere für die Freude, dass die DDR den Berliner Dom dauerhaft erhalten hat, sowie für den Eindruck, dass man von einem wiedervereinigten Deutschland durchaus eine konzentriertere Vorgehensweise in Sachen Bauakademie hätte erwarten können.

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    Gutmensch = Gut gemeint, nicht zuende gedacht, schlecht gemacht

  • Letztlich ist der Dom noch keine 130 Jahre alt - da gibt es sogar in den kulturlosen USA ältere Gebäude... Man kann auch nicht einfach sagen, alles vor Bauhaus war gut und alles danach war schlecht, und deshalb muss alles von davor 1:1 rekonstruiert werden. Wenn ich nicht wüsste, dass die aktuelle Kuppel des Doms eine abgespeckte Version ist, hätte ich beim Anblick wirklich nichts vermisst. Tausenden von Berlin-Besuchern geht es da genauso wie mir.

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    Es passt halt nur nicht so recht zueinander. Stell Dir mal den Kölner Dom mit Stahl/Glas Türmen vor? Es sollte doch irgendwie alles zum Baustil passen - warum dabei die Bedachung vernachlässigt wird, ist mir schleierhaft.

  • Schon etwas besser. Ich habe mal die folgende Variante irgendwo gesehen und für mich abgespeichert. Ich muss ehrlich sagen, dass ich nicht mehr weiß, woher sie stammt und ob hier Rechte vorbehalten sind. Ggf. bitte die Moderation das raus zu nehmen. Ich finde das Bild aber aufschlussreich, weil man sehen kann, wie sehr die vereinfachten Kuppeln der Ecktürme und der fehlende Umlauf zwischen Hauptkuppel und Laterne das Aussehen beeinträchtigen und das vielleicht auch eine Lösung mit teilweiser Rekonstruktion bei Erhalt der jetzigen Laterne denkbar wäre.

    Dom

    "Mens agitat molem!" "Der Geist bewegt die Materie!"

  • Das Bild entstammt dem 2. Siegerentwurf zur Umfeldgestaltung des Berliner Schlosses des Büros "WES GbR LandschaftsArchitektur mit Hans-Hermann Krafft, Berlin" (s. hier). Ganz nett, dass hier die historische Dachgestaltung des Doms in der Visualisierung aufgegriffen wurde – auch wenn sich mir nicht erschließt, warum.

  • Ja, das kann ich nachvollziehen. Wer sich übrigens für die Wiederaufbauplanungen des Doms nach dem Zweiten Weltkrieg (bzw. Umbauplanungen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts) interessiert, dem kann ich Lupis Beitrag im entsprechenden Faden ans Herz legen.

  • als regelmäßiger Betrachter der Pflasterung vor dem Nordflügel habe ich die Befürchtung dass diese Arbeiten noch etliche Jahre andauern werden, genauso die Verkleidungsarbeiten an der neuen Berliner Mauer auf der Ostseite.

  • Hatte mal etwa zur Jahreswende interne Informationen bekommen - u.a. dahingehend, dass das Schlossumfeld frühestens 2022 fertig ist und auch dann erst der Haupteingang durch das Westportal III geöffnet wird.
    Dafür ist wohl das Land Berlin verantwortlich, nicht die Stiftung Humboldtforum oder das Bundesbauministerium...

    Wer zwischen Steinen baut, sollte nicht (mit) Glashäuser(n) (ent)werfen...

  • Hier muss ich widersprechen: Der Dom in seiner historischen Form sah meiner Meinung nach einfach besser aus. Sein heutiges äußeres Erscheinungsbild wirkt geradezu hässlich. Die Kuppeln samt Laternen wirken wie gewollt und nicht gekonnt. Die Formsprache der historischen Kuppeln war zwar übertrieben und überladen, aber ohne sie wirkt der Dom als Ganzes nicht stimmig und verstümmelt. Außerdem fehlt natürlich sehr schmerzlich die Denkmalskirche. Die äußere Domgestalt ist nur noch ein schwacher Abglanz ihrer einstigen Pracht. Als Denkmal seiner Entstehungszeit sollte er auch wieder so aussehen dürfen, wie er einst erbaut wurde. Sein jetziger Zustand verfälscht den Denkmalscharakter. Eine vollständige Rekonstruktion wäre daher wünschens- und empfehlenswert. Rastrelli: Warum sollte man sich über einen missglückten Teilwiederaufbau freuen, wenn er sich stets als Ärgernis erweist?

  • Und wieder einmal verwechseln einige hier ihr subjektives Empfinden mit objektiven Tatsachen. Es ist eben keineswegs allgemein anerkannt, dass die jetzige Gestaltung der Kuppeln "geradezu hässlich" ist. Die einen empfinden es so, die anderen so. Unbestritten und ganz objektiv aber sind die jetzigen Kuppeln ein Zeugnis des Wiederaufbaus. Wie bereits jemand hier schrieb: ich finde den gesamten neuen Dom überladen und protzig, er stiehlt den barocken Schlossfassaden die Schau. Der klassizistische Schinkel-Dom passt viel besser dorthin. Trotzdem verlange ich keinen Abriss des Raschdorff-Klotzes...

  • Den Verlust der Denkmalskirche bedaure ich auch. Aber viel schlimmer als der reduzierte Wiederaufbau (!) des Domes wirkt für mich die nachträgliche Verstümmelung (!) des Reichstags. Hier hat die Entfernung des Dekors wirklich zu einem Qualitätsverlust geführt.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • noch ein schönes Bild aus dem Jahr 1920, auf die Burgstraße und das Nikolaiviertel, aufgenommen aus dem Schloss

    Sagt was ihr wollt, aber ich finde, die Burgstraße ist unter den Bürgerhauszeilen Alt-Berlins DER Reko-Kandidat schlechthin! :saint:;(:thumbup:

    Noch ein Bild: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Burg….jpg?uselang=de


    Gern auch in der Verlängerung, mit Alter Börse und Co später...