Im Strang "Schloß Berlin - Wiederaufbau als Humboldtforum" ging die Diskussion mal kurzzeitig um eine Veränderung der modernen Ostfassade.
Diese wurde von mir und anderen als zu kraß gegensätzlich zu den rekonstruierten Barockfassaden empfunden.
Da ich nun noch ziemlich viel gezeichnet habe und das gerne diskutieren möchte, mache ich hiermit einen neuen Strang auf, um die bisherigen nicht zu überfrachten und zu sehr vom eigentlichen Thema abzubringen.
Nun zuerst eine kurze Vorstellung des Gebäudes.
Grundsätzlich entspricht es der Evolution des Gebäudes, an den Stellen, wo früher die ältesten Teile aus der Renaissance und sogar noch Gotik standen, Fassaden eines anderen Baustils zu haben. Andernseits wollte aber bereits der Hauptarchitekt des großen barocken Um- und Ausbaus, Schlüter, diesen alten Teil zumindest barock überformen, wenn nicht sogar abreißen und verändert neu aufbauen, was aber der Bauherr (Kurfürst Friedrich II., der zu Friedrich I., erster König in Preußen wurde) nicht wollte. Bei diesem massiven barocken Umbau blieb von dem Renaissanceschloß nicht sehr viel stehen, hauptsächlich der gesamte Ostflügel (an der Spree) und der "Verbindungsflügel", der die beiden großen Schloßhöfe voneinander abgrenzte.
Der große Um- und Neubau erfolgte von Osten her (Spreeseite) nach Westen (Schloßfreiheit), also von der Spree Richtung Kupfergraben hin, zuerst als Quadrat mit dem Schlüterhof (neue Barockflügel im Norden und Süden, "Altbauten" im Osten und Westen), dann wurde durch Eosander von Göthe ein weiteres Quadrat davorgesetzt (bisheriger, alter Westflügel wurde "Verbindungsflügel") mit dem noch größeren Eosanderhof und dem Triumphbogenportal im neuen Westflügel. Über dem Triumphbogenportal war ein großer, ca. 100 m hoher Kuppelturm von Eosander vorgesehen, dieser wurde aber nicht ausgeführt, stattdessen blieb das Dach erstmal recht flach und auf die Südwestecke wurde ein sehr kleines überkuppeltes Glockentürmchen (für die Schloßkapelle) gesetzt. Erst recht viel später wurde eine nicht ganz so hohe klassizistische Kuppel - die dann für das Stadtbild des 19. und 20. Jhdts ikonisch wurde - doch noch gebaut.
Ca. 1950-51 wurde das ganze Gebäude komplett abgerissen, in den 1970ern mit dem "Palast der Republik" überbaut, der dann seit den Nuller Jahren im Zuge der großen Neubauwelle in Mitte wieder abgerissen wurde.
Man entschloß sich zu einer weitgehenden Rekonstruktion des Schlosses, da dieses städtebaulich und kunsthistorisch an diesem Ort eine Ensemblewirkung hatte, die auf die ganze Stadt ausstrahlte, und man von "Loch in der Mitte" genug hatte. Hierbei setzte man weitgehend beim Baustand 1910/1914 an, allerdings unter vorrangiger Behandlung der Barockteile, die Renaissance- und gotischen Bereiche wurden nicht rekonstruiert, sondern durch moderne Gebäudeteile abgelöst, die andere Dimensionen haben.
Statt des verwinkelten Ostflügels mit seinen Türmchen bekam das Schloß nun eine blockhafte Fassade mit einem großen Eingang im Osten und 2 kleinen Lieferanteneingängen (Lkw-Zufahrten) in der "Ansatzfuge" des modernen Ostflügels an Nord-(Lustgarten-) und Süd(Schloßplatz-)-Seite.
Die Ostfassade liegt an der Spree zwischen dem Marstall, einem erhalten gebliebenen, mehrfach um- und angebauten Gebäude im Süden und dem Berliner Dom im Norden. Ihre "Kahlheit" empfinde ich dabei als Fremdkörper, und den Anblick vom Ufer des Nikolaiviertels, der Rathausstraße aus und vom gegenüberliegenden Park aus als ein monotones Verwaltungsgebäude, was eine Art unnützer Tarnung der Kante der verlängerten Museumsinsel darstellt.
Ich finde also, die Ostfassade des Schloßes sollte "schloßartiger" werden, damit man das Schloß als solches überhaupt erkennt.