• Rastrelli möchte ich an dieser Stelle zu den schönen Bildern aus Leipzig beglückwünschen. Sicherlich sind sowohl die Woehl - Orgel in der Thomaskirche, als auch die Eule - Orgel in der Paulinerkirche keine wirklichen, den Räumen entsprechenden "Rekonstruktionen", aber diese Instrumente sind für unsere Augen "spannend". Sie verschmelzen mit den Gegebenheiten vor Ort.

    Anders zum Beispiel bei der kleinen Orgel in der Paulinerkirche. Das Orgelgehäuse ist ein modernen Kasten, auf dem man Orgelmusik des Mittelalters und der Renaissance spielen kann. Nix Bach, nix Mendelssohn. Aber vielleicht war es auch hier eine Kostenfrage oder optische Reduzierung nach Wunsch des Architekten.

  • Allerdings muss man auch hochgradig anerkennen, dass die von Frank O. Gehry für die Walt Disney Concert Hall in Los Angels ein optisches und architektonisches Meisterwerk ist!

    http://disneyhallorgan.com/

    Orgelpfeifen aus Holz und Metall so zu platzieren, als seien sie übergroße Mikado - Stäbe, die gerade fallen möchten, aber jemand auf die "Pause" - Taste gedrückt hat... Phänomenal. Und hinter dieser chaotischen Fassade verbirgt sich eine typisch - zeitgemäße Orgel wie in der Elbphilharmonie, der Philharmonie in Paris oder in sonst einem Konzerthaus auf der Welt ...

  • Hier mal die Orgel von St. Peter und Paul in München Trudering:

    https://de.wikipedia.org/wiki/St._Peter…_Paul_Orgel.jpg

    Sicherlich sehr schlicht gehalten, jedoch mit einer gefälligen Pfeifenanordnung. Diese Orgel verfügt zu dem über einen Zimbelstern - das ist ein Glockenspiel welches neben der Orgel eingesetzt werden kann. Interessanterweise verziehen sich die Glocken anders als die Pfeifen bei Luftfeuchtigkeits und Temperaturänderungen, was dann einen recht interessanten, ja schon leicht schrägen Effekt hat, wenn die Pfeifen plötzlich etwas tiefer als die Glocken sind.

  • Danke für den Orgelbeitrag aus Leipzig, Rastrelli und auch für die Erläuterungen unseres ostwestfälischen Orgelbauers.

    Ja, Du hast es ja erläutert, mit den derzeitigen Gestaltungstendenzen. Ich dachte halt die Freipfeifenprospekte wären längst überwunden, das hatten wir ja schon mal, deshalb schrieb ich "total retro"., Aber es ist wie in der Architektur: auch wieder vermehrt Rückgriff auf total Bauhaus in ziglei öden Variationen. Der Orgelbau hat da etwas verspätet offensichtlich mitgezogen.

    Jetzt mal die Frage an Ostwestfale zu Orgeln in Deiner Gegend: in den 80igern, ja schon lange her (damals freilich keine Digitalfotografie) war ich mit einem Orgelfreak bei den historsichen Orgeln von Corvey und Marienmünster. Wir durften spielen. Also mein Freund spielte hauptsächlich und ich blätterte die Noten um und registrierte. Wir waren auf vielen historischen Orgel, Land auf Land ab. Das war eine herrliche Zeit.

    Sag, hast Du vielleicht Bildmaterial von diesen Instrumenten oder links und magst es uns bei Zeit hier einstellen? Das wäre fein.

    Vielleicht scanne ich mal meine alten Dias ein, von all den Orgeln, die ich mal hautnah erleben durfte. Mit Neresheim hatte ich ja diesen Strang hier begonnen.

  • Wenn am kommenden Wochenende etwas Zeit ist, dann präsentiere ich hier gerne mal ein paar schöne Bilder von unseren historischen Orgeln in OWL.

    Die von Dir angesprochenen Instrumente in Marienmünster und Corvey sind bzw inzwischen restauriert!!! Marienmünster ist neben der einzigartigen Klosteranlage eine musikalische Pilgerstätte geworden. Ebenso Borgentreich und Melle im benachbarten Niedersachsen.

    Und die Rekonstruktion einer Orgel des Frühbarock in der evangelischen Marienkirche in Wallenbrück im Kreis Herford durch eine bekannte Firma aus Leer steht unmittelbar bevor!

  • Ostwestfale ,

    was in vielen reformierten Kirchen auffällt, sprich in alten Kirchen, die dann protestantisch wurden, daß die neuen Orgeln ziemlich "rücksichtslos" in den Innenraum platziert wurden. Das wurde schon mal ein Polygonalchor total verbaut, oder ein Chorbogen verstellt, oder ein Querhaus gefüllt oder ein Vierungspfeiler umbaut. Na ja , halt dem besten Klangort geschuldet oder bei den Evangelen steht halt Wort und Gesang im Vordergrund und weniger die architektonische Gestaltung. Sparsamkeitsgründe, mangelndes Geld und baustatisches Unvermögen spielten vielleicht auch noch eine Rolle.

    Gut, im Norden entwickelte sich ja dann die Einheit von Altar, Kanzel und Orgel, siehe Potsdam Garnisonkirche oder Frauenkirche Dresden. Aber das waren alles Neubauten. Die alten Bauten wurden halt "verunstaltet" oder sehen nun reichlich pittoresk aus. Man hat sich ja hier und da dann auch mit allerlei Zierrat, Gemälden und Emporenwerk ausgetobt. Dann war die hineinverbaute Orgel nicht mehr so allein auffällig. Allerdings mit teils heute noch erhaltenen hervorragenden Orgeln. Beispiel die Orgel in Norden, was ich weiter oben schon mal brachte.

  • Ein Nachtrag zur Orgel in der Kathedrale St. Gallen (siehe hier) :

    Der Ostergottesdienst 2020 musste aus bekannten Gründen ohne Besucher abgehalten werden (war es in Analogie zu Geisterfussballspielen nun ein Geisterostergottesdienst?). Dazu ein Ausschnitt des im Fernsehen übertragenen Gottesdienstes: https://www.bzbasel.ch/mediathek/videos/1_kho2l84y

    Die Orgel hört sich ohne Besucher ganz anders an; man kann dies erleben, wenn ein Organist mitten im Tag mal übt, wenn nur wenige Leute umherwandeln.

  • Die Orgel hört sich ohne Besucher ganz anders an; man kann dies erleben, wenn ein Organist mitten im Tag mal übt, wenn nur wenige Leute umherwandeln.

    Ist normal - umso imposanter der Bau ist, je mehr hat man einen ordentlichen Hall Effekt im Raum - so er leer ist. Wenn ich im leeren Konzertsaal ein Flügel stimme, klingt der auch völlig anders als wenn der Saal mit Besucher gefüllt ist und so eine Orgel ist ja klanglich noch weitaus imposanter als so ein kleines Steinway D Flügelchen von mickrigen 275cm :harfe:

  • Allerdings gibt es auch unterfreuliche Neuigkeiten aus Niedersachsen!

    Im Bodenfelder Ortsteil Wahmbeck (Kreis Nordheim) wurde in der evangelischen St. Christopheruskirche die 300 Jahre alte Orgel mutwillig beschädigt:

    https://www.ndr.de/nachrichten/ni…chweig6814.html

    https://www.goettinger-tageblatt.de/Die-Region/Nor…eck-beschaedigt

    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Datei:Chr…Orgelempore.jpg

    Was gibt es doch für dumme Leute in dieser Welt!!! :gehtsnoch:

  • Für die herrliche Trost-Orgel in der Altenburger Schlosskirche wird ein neuer Organist gesucht. Dr. Felix Friedrich geht nach mehr als vier Jahrzehnten Tätigkeit am und Forschung zum Instrument in den wohlverdienten Ruhestand. Die Orgel wurde 1739 fertiggestellt. Es handelt sich nach der anderen Trost-Orgel in Waltershausen um das zweitgrößte Barockinstrument in Thüringen. Bach spielte hier im Jahr 1739, sein berühmter Schüler Johann Ludwig Krebs war von 1756 bis 1780 Schlossorganist.

    https://www.music-job.com/job/schlossorganist-in-m-w-d/

  • Die Anforderungen sind aber schon recht sportlich - A Schein, man sucht also einen Berufsprofi....erweist sich nicht als leicht.

    Das dieser dann auch die Orgel selber zu stimmen hat.....so etwas ist eigentlich der Job eines Orgelbauers.

    Eine Orgel zu stimmen, ist schon eine ganz andere Dimension als ein Klavier zu stimmen - und selbst letzteres machen Pianisten (aus gutem Grund ) nicht selbst.

  • Die Orgel wird einmal jährlich vom Orgelbau Eule aus Bautzen gewartet. Kleinere Arbeiten hat Dr. Friedrich häufig selbst durchgeführt. Bedingt durch die nicht unerheblichen Schwankungen von Temperatur und Luftfeuchtigkeit in der Kirche, sind vor Konzerten wohl aber immer mal Stimmarbeiten durchzuführen (da bin ich kein Experte).

  • Es sind vor Konzerten meist die Zungenstimmen der Gesamtstimmung anzupassen. Und dies kann auch ein erfahrener Organist machen. Die Zungenstimmen sind z.B. Trompete, Posaune, Krummhorn, Schalmei etc., also Orgelpfeifen , die gänzlich anders aufgebaut sind, als die klassischen Orgelpfeifen die man z.B. im Prospekt des Gehäuses sieht. Die Zungenstimmen haben im Kern, d.h. im Fuß der Pfeife eine Metallzunge so eingebaut, daß diese durch den Luftstrom schwingen kann. Obendrauf ist noch ein Resonanzkörper angesetzt, der die Tonhöhe mitbestimmt. Ein Metallstift ist nun so über die Zunge gebogen und geschoben, daß die Schwingungslänge bestimmt werden kann, indem man diesen Metallstift verschiebt. Dazu gibt es ein einfaches Stimmwerkzeug, mit dem man durch leichtes Klopfen die Stimmstifte korrigiert und damit die Tonhöhe feinjustieren kann. Hat man noch einen Gehilfen, der die Tasten drückt sind die Zungenstimmen rasch eingestimmt. Man nimmt als Tonhöhenreferenz ein in der Stimmung stabiles Register der Orgel und zieht beide Register zusammen. Also z.B. ein Gedackt 8 Fuß plus Krummhorn 8 Fuß, das zu stimmen ist und über die Schwebung kann man mit dem Gehör das Krummhorn, dann leicht an das Gedacktregister anpassen. Oder man nimmt den Prinzipal 8 Fuß. So jedenfalls einfachst beschrieben kenne ich es noch aus meiner eigenen Laienorganistenzeit. So eine feine historische Orgel, wie die Altenburger verlangt freilich ein achtsames Fingerspitzengefühl und eine Stimmkompetenz. Aber wegen den Zungenstimmen vor einem Konzert muß man nicht den Orgelbauer rufen!

  • Ach, das hatten wir doch schon mal, lieber Ostwestfale, vor einiger Zeit! Ihr seid ja so weit weg. Falls Ihr auf Außenmontage mal seid, weiter unten hier im Süden, kannste mich ja als temporären Mitarbeiter anwerben. Wäre mir eine Ehre. Dann schau'n wir, sehen wir weiter, ... ! :smile::harfe:

    (PS: in den smileys fehlt noch eine Orgel)

  • Elbphilharmonie

    Stimmt es, dass in der Elbphilharmonie eine sehr teure Orgel eingebaut wurde? Es gibt aber gar keine Orgel-Konzerte. Kann es stimmen, dass die Akustik auch hier eine völlige Fehlplanung ist? Ich vermute, dass darüber wenig berichtet wird, weil die gesamten Medienvertreter in HH sitzen und über ihre Stadt nach den 866 Mio. Baukosten nicht ehrlich und kritisch berichten wollen oder können.