Rekonstruktion von Fassadenbemalungen

  • Hallo Benni,
    eine Gaube mit jugendstilistischem Schwung? Wie könnte das aussehen? Ich dachte eine solche Turmhaube wäre ein solcher Schwung. Allerdings weiß ich auch nicht ob vielleicht ein quadratischer Haubengrundriss besser wäre als ein achteckiger?

    Hallo Schinkel,
    Das sind ja süße kleine Türmchen in der Straße. Ja so in etwa könnte es aussehen.

  • Mit Schwung meine ich eben nicht rechteckig, wenn man von vorne schaut, sondern mit einer Rundung, wie die großen Fenster oder die Nachbarstür oder sowas wie die Spitze des Giebels (was allerdings etwas kompliziert werden könnte).

  • Eine Zwiebeltürmchen-Dachgaube sieht zwar pittoresk und nett aus, scheint mir aber nicht zum Haus passen zu wollen, auch nicht in der Form, wie das Beispiel von Schinkel aus Ihringen am Kaiserstuhl zeigt.
    Ich würde nach Beispielen von Jugendstil-Dachgauben Aussschau halten. Das Haus hat ja eine Kombi aus Spätgotik und Jugendstilapplizierungen. Der Giebel gibt eigentlich die Umformung der Gaube vor. Das gleicht ja spätgotischen Vorhangfenstergewänden. Diese schwingenden Abstufungen wären zu übernehmen für eine "Umschleierung" und Bekrönung mit einem solcherart gestalteten Giebel für die Dachgaube. Die sollte ja so groß im Prinzip bleiben, damit ihr da genügend Licht noch im Dachraum habt. Der "Vorhangschleiergiebel" (So nenne ich den jetzt mal) für die Dachgaube könnte ja mit einer kleinen Turmspitze mit Knauf dann bekrönt werden, damit Deine zweite Hälfte auch zufrieden ist!
    (Und den Zimmermann wechseln, sonst wird`s bei seiner Einstellung nix!)

  • Danke für die nützlichen Ratschläge.
    Ich werde nun mal eine passende Gaube suchen und dann dort einarbeiten um zu sehen wie es wirkt. Das ist gar nicht so einfach im Geiste des Historismus etwas zu bauen, was dann auch passt und harmonisch aussieht. Meistens wirkt es wohl eher kitschig.
    Das ist bestimmt der Hauptgrund, warum sich kein Architekt mehr an die alten Bauformen ran wagt.

  • Der Giebelabschluss böte die Möglichkeit eine Galanteriespenglerwetterfahne mit euren Renovierungsdatum Namensinitialien et cetera zusetzen. Damit wäre sowohl ein hübscher schlüssiger Akzent gegeben als auch ein Architekturelement schlüssig betont. Den hölzernen Horizontalsturz der Gaupe würde ich wie ihre Blechgewände Fassadenfarbig in gebrochenem Weiß fassen und vorher mit ausgesägten hölzernen Quadraten, Parallelstäben oder Scheiben(Jugendstilgebrauchsdekor) in ihrer Wuchtigkeit schmälern und formal einbinden – alles in allem ohne allzu großem Aufwand. Anbei eine schnelle Skizze meinerseits! Ein frohes Schaffen wohin auch immer die Reise mit dem schönen Objekt geht wünscht Rinascente!

  • Was ein schönes und stilechtes Detail! :) Das wäre ein wahrer Hingucker und eine tolle Erinnerung an die aufwendige Renovierung.
    Zum Thema Gaube: lieber schlicht und elegant als zu auffällig. Der Giebel muss die unbestrittene Dominante bleiben. Das vorgeschlagene spitze Gaubentürmchen wirkt auch eher nach Neorenaissance und Neogotik als waschechter Jugendstil.

  • In diesem Faden soll es um Beispiele für Rekonstruktionen von Fassadenbemalungen gehen.

    Ich suche nach Anschauungsobjekten, vor allem aus der Zeit des Historismus, die nach historischen Entwürfen in Abstimmung mit der Denkmalpflege rekonstruiert wurden? Es geht nicht um die Restauration von verblichenen Wandmalereien, die als Spuren oder Fragmente an einer Fassade erhalten blieben, sondern tatsächlich um deren Rekonstruktion nach Verlust z.B. durch neuen Verputz etc.

    Spontan fallen mir hier keine Beispiele ein. Vielleicht weiß die eine oder der andere aber solche zu nennen?

  • Vielleicht nicht ganz das, was du suchst: Schloss Moritzburg bei Dresden.

    Schloss Moritzburg bei Dresden von Südosten (Foto: Stromer7, September 2015, CC-BY-SA-4.0)

    Plastisch hervortretende Fassadenelemente gibt es in dieser Ansicht nur folgende: Ganz rechts an der Seite der Balkon sowie die Fensterverdachungen der beiden darüberliegenden Geschosse. Sie zeichnen die östliche Stirnwand des Speisesaaals aus. Ferner an der Südseite zwischen den Türmen der Balkon über dem Haupteingang sowie die Verdachungen und die Gewände (Sandstein) der beiden darüberliegenden Fenster der Mittelachse sowie unter der Dachtraufe sechs Hirschgeweihe. Die übrige architektonische Gliederung der Fassade (Sockelgeschoss, Fenstergewände, Putzspiegel, Pilaster) ist nur aufgemalt. Vor der Rekonstruktion der Farbfassung war die Fassade eine ungegliederte gelblich-graue Putzfläche.

    Schloss Moritzburg bei Dresden von Südwesten (Foto: Kunstverlag Brück & Sohn, Meißen, Ansichtskarte von 1971, CC-BY-SA-3.0)

    Ich weiß nicht exakt, wann die barocke Farbfassung rekonstruiert wurde, kann die Rekonstruktion aber aufgrund von Vergleichsbildern ziemlich genau auf den Zeitraum 1979 bis 1982 schätzen.

    Schloss Moritzburg, Mittelteil der Südseite (Foto: Brücke-Osteuropa, Juli 2012, CC0)

    Hier sieht man es nochmal gut. Es ist fast alles nur gemalt. Lediglich an der Mittelachse finden wir Quaderputz beiderseits des Portals sowie den Balkon und die beiden Fenster darüber als plastische Arbeiten. Selbst die mittleren Pilaster und die Rahmung des dritten Fensters sind nur aufgemalt. Die Gewände der übrigen Fenster zeigen eine nach innen gerichtete, nicht aus der Fassade hervortretende dezente Profilierung, die ohne die farbliche Absetzung als Element der Fassadengestaltung nahezu unsichtbar wäre. Unter der Dachtraufe ein plastisches Gesims und die Hirschtrophäen. Die malerische Hauptleistung an der Fassade stellen sicher die Rokoko-Kapitelle der Pilaster dar.

  • Zu nennen wäre auch das Residenzschloss Dresden.


    Dresdner Schloss, Nordseite des Großen Schlosshofes mit der Loggia (Foto: Z thomas, Oktober 2011, CC-BY-SA-3.0)

    Hier werden im Großen Schlosshof Sgraffiti und polychrome Fresken des 16. Jahrhunderts rekonstruiert, die nur bis Ende des 17. Jahrhunderts vorhanden waren. Die Rückwand der Loggia wird mit Fresken geschmückt. Das ist in Arbeit. Die übrigen Hoffassaden wurden mit Sgraffiti verziert. Die Arbeiten sind abgeschlossen. Auf dem Bild ist ein Zwischenstand zu sehen: rechts der Loggia noch ohne Sgraffiti, links der Loggia mit Sgraffiti. Im Stallhof waren Sgraffiti bereits um 1980 rekonstruiert worden. Die Rekonstruktion im Großen Schlosshof stützt sich auf historische Kupferstiche, Studien zum Bildprogramm, einzelne Sgraffitoreste und Zeichnungen der Freskanten.

  • falken drogerie st.gallen

    Goliathgasse 1. Die ursprüngliche Bemalung stammte von etwa 1900 und bestand bis in die 1920er-Jahre. Sie wurde vor etwa zehn Jahren rekonstruiert. Befunde waren keine mehr vorhanden, daher erfolgte die "Rekonstruktion" nach S/W-Aufnahmen. Meiner Meinung nach ist sie hier Fehl am Platz und stört das Gesamtbild der Häuserzeile. Die Rekonstruktion erfolgte von der Bewilligungspraxis her sowieso unter fragwürdigen Umständen.

    Falls Du nähere Angaben benötigst, kann ich Dir schon was zusammenstellen.

  • Vielleicht nicht ganz das, was du suchst: Schloss Moritzburg bei Dresden.

    Schloss Moritzburg bei Dresden von Südosten (Foto: Stromer7, September 2015, CC-BY-SA-4.0)

    Doch, interessant und hilfreich, vielen Dank. Weißt Du auch worauf sich die Rekonstruktion dieser Bemalung von Schloss Moritzburg stützt? Im Fall des Dresdner Residenzschlosses erwähnst Du die einzelnen Sgraffitofragmente (Substanz), auf die sich die Rekonstruktion dort beziehen kann und nicht ausschließlich auf Stiche, Studien oder Zeichnungen.

  • falken drogerie st.gallen

    Goliathgasse 1. Die ursprüngliche Bemalung stammte von etwa 1900 und bestand bis in die 1920er-Jahre. Sie wurde vor etwa zehn Jahren rekonstruiert. Befunde waren keine mehr vorhanden, daher erfolgte die "Rekonstruktion" nach S/W-Aufnahmen. Meiner Meinung nach ist sie hier Fehl am Platz und stört das Gesamtbild der Häuserzeile. Die Rekonstruktion erfolgte von der Bewilligungspraxis her sowieso unter fragwürdigen Umständen.

    Falls Du nähere Angaben benötigst, kann ich Dir schon was zusammenstellen.

    Vielen Dank, das Angebot nehmen ich gerne an. Das Genehmigungsverfahren würde mich interessieren und die Postion der Denkmalpflege.

  • Ich werde morgen Fotos machen (Südostfassade), eine historische Ansichtskarte einscannen und Erläuterungen zum Baugenehmigungsverfahren schreiben.

  • Scheint wohl so als ob "Morgen" ausfällt, weshalb auch immer nun wieder.

    Zum Thema Fassaden Malerei, kann ich nur Jugend Stil Fassaden Rektos einbringen. Ein großer Wunsch wehre für mich diese hier mit samt Gebäude Hofatelier Elvira. Es steht in so vielen dingen für Fortschritt, da wehren erstes Frauen unternehmen Deutschlands,einzig artige Architektur und gewissermaßen wehre es ein Zeichen gegen Nazis. Im 3.reich wurde die Fassadenmalerei und der Stuck einfernt,im bomben hagel ging das Gebäude dann komplett unter.

    Hier noch eine nach kolorirte aufname die, die alte pracht zeigt.

    https://www.google.com/search?client=…UQQRX--J2gR01M:

  • Vermutlich kennt Zeitlos dies bereits.

    In Meßkirch wurde 2004 die Bemalung am Turm der ehemaligen Herz-Jesu-Kirche rekonstruiert. Der damals vorhandene überstrichene Außenputz war bis auf zwei Fragmente an denen die Freilegung der Malerei erfolgte, abgeschlagen worden. Zuvor als die Rekonstruktion beschlossen wurde ging man glaube ich davon aus dass die Originalmalereien abgeschlagen worden waren. Die Errichtung des Turmes, bzw. die Aufstockung eines bestehenden Risaliten erfolgte 1880. Stilistisch handelt es sich um die Beuroner Kunstschule. Im Rahmen des Umbaus zum Gemeindezentrum verschwanden alle Malereien gegen Ende der 1950er. Ergänzt wurde die Fassadenrekonstruktion durch ein freie Rekonstruktion der Eingangsüberdachung.

  • Nun zur angekündigten Präsentation einer rekonstruierten Fassadenmalerei an Goliathgasse 1 in St. Gallen:

    Die Altstadt von St. Gallen zählt heute rund 450 Häuser. Bei 30 bis 40 von ihnen konnte ich Fassadenmalereien aus den 1890er-Jahren ausmachen, die heute alle wieder verschwunden sind. Sie waren nie typisch für unsere Stadt und hatten eine Lebensdauer von 20 bis 30 Jahren. An die letzte von ihnen, an Webergasse 15 "zu den vier Winden", mag ich mich noch erinnern. Zugunsten einer Fachwerkfreilegung im Jahr 1976 wurde damals der Verputz abgeschlagen.

    Zur Bewilligungspraxis von Fassadenanstrichen:
    In der Altstadt und besonders wertvollen Quartieren (Ortsbilder) sind alle Fassadenanstriche, also auch von Neubauten, bewilligungspflichtig. Hier liegt es im Ermessen des Amtsleiters, diese öffentlich auszuschreiben, damit allenfalls Einsprache gemacht werden kann. Er kann auch des vereinfachte Verfahren (für Bagatellfälle) wählen und selber die Bewilligung erteilen (mit der Auflage, dass die Arbeiten im Einvernehmen mit der Denmmalpflege abzustimmen seien). So wird die Baubewilligungskommission von kleinen Fällen entlastet. Nur behandelte der damalige Amtsleiter diesen Ermessenspielraum sehr nach seinem eigenen Gutdünken... Einsprache (in Deutschland 'Widerspruch') kann jedermann erheben, der ein persönliches Interesse geltend macht, also vor allem benachbarte Hausbesitzer. Zudem hatten bestimmte gemeinnützige Organisationen (wie z. B. der 'Heimatschutz') ebenfalls eine Einsprachelegitimation.

    Bei Goliathgasse 1 wurde 2005 das Gesuch öffentlich ausgeschrieben. Das Gesuch sah nur einen Fassadenanstrich vor. Also kein Einsprachegrund für irgend jemand. Nun kam aber während der Renovation der Eigentümer (ein Spekulant, der es geschafft hat, in der Öffentlichkeit gut dazustehen), auf die Idee, hier die Fassadenmalerei zu rekonstruieren, nachdem er eine alte Fotografie davon gesehen hatte.

    Die Malerei war meines Erachtens nicht qualitätsvoll, und vor allem stört sie nun das Gesamtbild der Häuserzeile. Ich hätte deshalb dem Heimatschutz zu einer Einsprache geraten. Nur aber erfolgte die weitere Bewilligung verwaltungsintern und nicht auf dem legal vorgesehenen Weg.

    Von der Malerei war nichts mehr vorhanden, auch auf älteren Putzschichten nicht. Farbaufnahmen waren keine vorhanden, da die Malerei nur bis etwa 1930 exiastierte. Die Rekonstruktion der Malerei erfolgte von einem Feld-, Wald- und Wiesenkünstler, der schon mehrere andere Arbeiten für den Bauherrn schuf.

    Zur Arbeit des städtischen Denkmalpflegers:
    Dem gleichen Bauherrn gehörte auch das rechte Nachbarhaus Nr. 3. Ein Fachwerk mit blau gestrichenen Balken, das 1974 freigelegt worden war. Ab den späten 1960er-Jahren bis in die späten 1980er-Jahren hatte St. Gallen das Glück, gleich drei nationale Koryphäen in Sachen Denkmalpflege und Bauforschung zu haben! Das blaue Fachwerk ging auf deren Initiative und Wissen zurück. - Mit der Fassadenmalerei erfolgte auch ein Neuanstrich des Fachwerkfassade, diesmal aber in Grau. Auf meine Frage an den städtischen Denkmalpfleger, weshalb man vom Blau abgekommen sei, erwiderte er, dass er bei einem Augenschein mit einem Schlüssel oder Messer selber die Farben abgekratzt hätte und nirgends auf das Blau gestossen sei... So 'fachmännisch' erfolgt bei uns nun schon seit zwanzig Jahren Denkmalpflege...

    In diesem Galeriebeitrag gibt es noch weitere Bilder der Häuserzeile (Bilder 4 und 11). Über drei weitere Malereirekonstruktionen in St. Gallen werde ich noch berichten.


    (Aufnahmen von heute Morgen)

    goliathgasse-1_13.06.2019_5967

    ak_goliathgasse-1x Ausschnitt aus einer ungelaufenen Ansichtskarte aus den 1920er-Jahren, Photo Hans Gross, St. Gallen.

    goliathgasse-1_13.06.2019_5964

    goliathgasse-1_13.06.2019_5970

    goliathgasse-1_13.06.2019_5968

    goliathgasse-1_13.06.2019_5969

    2 Mal editiert, zuletzt von Riegel (13. Juni 2019 um 20:05)

  • Ein weiteres missratenes Beispiel vom selben Bauherrn und Ausführenden: Goliathgasse 30


    goliathgasse-30_08.06.2019_5949


    goliathgasse-30_08.06.2019_5949x

    Die vier Figuren entstammen einem Vorlagenbuch, das ich eher dem Thatoobereich zuordnen würde. Grundsätzlich richtig ist das Absetzen des obersten Geschosses, wodurch die Fassade mit einer Attika abgeschlossen wird. Nur hängen die vier Figuren völlig in der Luft. Sie hätten unbedingt von Rahmen eingefasst werden müssen, die direkt an die Fenstergewände anschliessen. Eine Dekorationsmalerei sollte Teil der Fassadenarchitektur sein. Ursprünglich war dies hier so. Ganz schlecht ist, dass die weisse Fassadenfarbe nahtlos in die weisse Dachuntersicht übergeht. Mir ist es wirklich ein Rätsel, weshalb die Denkmalpfege das alles durchgehen liess.

    Die Eckquader aus Styropor fallen regelmässig herunter und müssen neu angeklebt werden... Zudem sind sie links und rechts nicht auf gleicher Höhe angeordnet, was zwar den wenigsten auffallen dürfte. Aber dass man nicht einmal das Gurtsims links auch bis zur Hauskante verlängert hat, spricht für die Qualität der 'Rekonstruktion'... Bei den Dachuntersichtkonsölchen konnte ich es aber nicht verkneifen, zu raten, wenigstens doppelt soviele anzukleben, was im Nachhinein mit einem Hubkran dann noch gemacht wurde.

    Das ganze darf nicht als Rekonstruktion bezeichnet werden.