Neubau des Hauptgebäudes der Uni Leipzig

  • Kolhoff wäre aber nur um den Preis eines weiteren Hochhauses direkt neben der Paulinerkirche möglich gewesen, jedenfalls laut dieser Visuakisierung. Nein, danke, das wäre zwar ein Platz mit Paulinerkirche, aber im Gesamteindruck auch nicht viel besser gewesen. Eine Dresdner Frauenkirche zum Preis eines Fernsehturms auf dem Nachbargrundstück wäre auch nicht der Knüller geworden....

    " Dem Wahren, Schönen, Guten "

  • Du wirkst mir in deiner Argumentation häufig etwas absolutistisch, Münchner. Ein klassisch gestaltetes Hochhaus an der Stelle hätte doch gut gepasst und ein Tor zum Stadtzentrum gebildet, gemeinsam mit dem nebenan gelegenen Krochhochhaus von 1928:


    https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Kroc….jpg?uselang=de

    Der Augustusplatz hätte dann schon eine recht metropolische Anmutung bekommen, mit einer Abstufung vom Uniriesen hinunter zum Krochhochhaus. Ich finde, das hätte richtig gut gewirkt. Zumal Kollhoffbauten mir fast grundsätzlich gut gefallen. Schade, dass es nicht sein Entwurf wurde.

  • Das "Kunstjournal" leipzigart hat noch nicht einmal ein Impressum.

    Als Nichtbeteiligter kann ich mich auch nur auf die doch recht zahlreich erschienen, seriösen Veröffentlichungen stützen. Da findet man zum Beispiel folgendes:

    Zitat

    Am 18. Februar 2003 lud der sächsische Wissenschaftsminister Matthias Rößler Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee und Franz Häuser, damals noch Universitätsrektor, ins barocke Elbflorenz ein. In Sichtweite der Baustelle Frauenkirche einigte man sich. Die Teilnehmer legten fest, dass weder die Fläche der ehemaligen Universitätskirche freigehalten noch ihr originalgetreuer Wiederaufbau durchgeführt werden würden. Das Bauwerk solle "gleichgewichtig" Universitätskirche und Aula repräsentieren, die Fassadengestaltung ein sichtbares Zeichen des Erinnerns sein und das Volumen des Innenraumes sich an die Kirche anlehnen.


    Quelle: Engmann, Der große Wurf handschriftliche Notiz von Stadtrat Obser

    Zum Kollhoffentwurf findet man dort:

    Zitat

    Der Münchner Architekturprofessor Peter Zlonicky, der den Jury-Vorsitz ausübte, äußerte sich zu den Gründen der Ablehnung des Entwurfs. Kollhoff schlage eine "postmoderne Überformung des gesamten Ensembles vor -ein 22-geschossiges Hochhaus, eine historisierende Fassade für die Universität, die mit dem historischen Augusteum nichts zu tun hat, Walmdächer für alle universitären Bauten ..."


    Quelle: Engmann, Der große Wurf

  • Prinzipiell wäre der Kollhoff-Entwurf tatsächlich ziemlich gut geworden. Allerdings muss ich dem Münchner zumindest ansatzweise darin zustimmen, dass ein Hochhaus direkt neben der Kirche diese zu sehr erschlagen hätte. Das Krochhaus bildet den bündigen Mittepunkt eines Häuserblocks, die Situation an der Paulinerkirche ist schlcht eine andere. Ein Rücksprung auf Standardtraufhöhe hätte geholfen. Gegen den Duktus Kollhoffs ist an sich natürlich nichts einzuwenden, aber seine Präferenzen für den Expressionismus hätten sich in meinen Augen einfach zu sehr mit der behäbigen Optik der Kirche gebissen.
    Aber was soll's. Gemacht wurde nichts, da ist das Rumkritteln eigentlich auch obsolet. Es bleibt bei der Enttäuschung, dass es beim Entwurf schon endete.

    Form is Function.

    "Fürchte nicht, unmodern gescholten zu werden. Veränderungen der alten Bauweise sind nur dann erlaubt, wenn sie eine Verbesserung bedeuten, sonst aber bleibe beim Alten. Denn die Wahrheit, und sei sie hunderte von Jahren alt, hat mit uns mehr Zusammenhang als die Lüge, die neben uns schreitet."

    Adolf Loos (Ja, genau der.)

  • Sowohl das Paulinum an sich als auch die im Augusteum gezeigten Stücke sind eine einzige Anklage gegen die Vernichter der Universitätskirche St. Pauli. Wer es nicht sofort versteht, kann es am Paulinum nachlesen:



    PaulinumTafel [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], von Concord (Eigenes Werk), vom Wikimedia Commons

    Die Entscheidung, das Paulinum so zu bauen wie es jetzt da steht, wurde öffentlich diskutiert. Die Auswahl traff eine Jury. Das Ergebniss ist ein Kompromiss zu dem folgendes von Günther Blobel überliefert ist:

    Zitat

    Der Paulinerverein hat sein Hauptziel erreicht: eine gotische Halle in den historischen Ausmaßen der Paulinerkirche. (...) Persönlich aber finde ich den Fassadenentwurf von Egeraat genial, besser noch als die neugotische Roßbach-Fassade.


    Quelle: Engmann, Der große Wurf


    Nicht alle im Paulinerverein folgten ihrem Vorsitzenden Blobel und können die doch recht demokratisch gefundene Lösung akzeptieren. Arnold Bartetzky urteilt darüber so:

    Zitat

    Mit aggressiver Rhetorik und häufigen Verunglimpfungen Andersdenkender vertieften Vertreter des Paulinervereins immer wieder die Gräben, statt Brücken zu bauen. Leider haben einige seiner Unterstützer bis heute nichts aus dieser Erfahrung gelernt.


    Quelle: Bartetzky, Die gerettete Stadt

  • Der Heimatsender hat einen kleinen Beitrag über den Baufortschritt im Paulinum der Universität [lexicon='Leipzig'][/lexicon] produziert. Zwar werden die Epitaphien eingebaut und ist der Paulineraltar aufgestellt, aber einen Eröffnungstermin kann der Bauherr, der Freistaat Sachsen, immer noch nicht nennen. Die Glasverkleidungen der Säulen sind und bleiben ein Problem. Noch konnte kein Hersteller gefunden werden.

  • Und ich verstehe immer noch nicht, warum man dafür nicht ersteinmal ein kostengünstiges Provisorium, zB. Einfaches Milchglas, verwenden kann, damit die Paulinerkirche endlich eröffnet werden kann. Das Spezialglas könnte man dann ggf. immer noch in ein paar Jahren einsetzen.
    Es ist doch lachhaft, wenn sich die Eröffnung eines fast fertigen Raumes (nicht nur irgendein Raum, eine Unikirche und -Aula) auf unbestimmte Zeit veschiebt, nur weil bestimmte, ich nenn es mal, Dekoelemente, nicht geliefert werden können. Das hat jetzt sich deswegen schon um Jahre verzögert, in denen der teure (und repräsentative) Raum deswegen nicht genutzt werden kann.

  • Im Paulinum der Universität [lexicon='Leipzig'][/lexicon] wird nach der Schwalbennestorgel jetzt auch die große Orgel eingebaut. Die Jehmlich-Orgel mit 46 Registern und mehr als 2900 Pfeifen soll am 26. Februar 2016 abgenommen werden. Der Bauherr aus Dresden hat durchblicken lassen, dass sich auch für die Glasverkleidung der Säulen eine Lösung abzeichnet, vermeldet die Leipziger Volkszeitung und zeigt auch Fotos.

  • Danke für die schönen Bilder aus dem Inneren des neuen Paulinums. Die Kapelle finde ich wirklich gelungen.

    Als ehemaliger Student der KMU freu ich mich besonders an der "Wiederauferstehung" von Paulinum und Augusteum. Von wann sind die Bilder? Bei meinem letzten Besuch in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] Ende Oktober waren die Türen zu der Kapelle noch fest verschlossen mit dem Hinweis, dass noch gearbeitet wird.

    Das Äußere des neuen Gebäudes verschreckt mich jedoch immer wieder, wenn ich davor stehe ...

    Gruß aus Potsdam

  • Das wirkt! Das muss man eingestehen. Innen hui (naja, es hätte schlimmer kommen können) und außen pfui. Im Besten Fall ist die jetzige Lösung eine progressiv-gefälliger Platzhalter für eine spätere Reko der Paulinerkirche, wenn die Kultur der Sonne wieder im Zenith steht (fromme Hoffnung).

  • Beim Neubau des Universitätshauptgebäudes durch den Freistaat Sachsen wurde entschieden, dass modern gebaut wird. Nur die Kubaturen erinnern entfernt an die 1968 gesprengten historischen Universitätsgebäude Paulinerkirche und Augusteum.



    Einige erhalten gebliebene Teile wurden in die Neubauten integriert. Im Campushof z.B. das Schinkeltor.



    Fresken aus dem im 19. Jahrhundert abgerissenen mittelalterlichen Dominikanerkloster wurden restauriert und im Übergang zum Hörsaalgebäude aufgestellt.

    "Die Wandmalereien stammen aus dem 15. und 16. Jahrhundert und zeigen Szenen aus dem Marienleben, die Kreuzigung Christi, Heiligenlegenden sowie einen Dominikanerstamm­baum. Es handelt sich um die einzigen figürlichen Wandmalereien Leipzigs aus dem Mittelalter und den größten Zyklus mittelalterlicher Wandmalerei in ganz Sachsen."


    Eigene Fotos.

    Einmal editiert, zuletzt von Stahlbauer (29. April 2017 um 23:19)

  • Im Neuen Augusteum wurden vier Regententugenden, geschaffen vom Bildhauer Ernst Rietschel, aufgestellt. Es handelt sich um Gipsmodelle. Nach diesen Modellen wurden Bronzen für das Dresdner Denkmal des sächsischen Königs Friedrich August I. gegossen.


    Eigene Fotos.

  • Die Figuren verkörpern Frömmigkeit, Gerechtigkeit, Milde und Weisheit. Tugenden, die König Friedrich August I. von Sachsen ausgezeichnet haben sollen.


    Der römische Senat hatte 27. v. Chr. Octavian als "Retter des Staates" den Ehrennamen "Augustus" verliehen. Dem römischen "Augustus" hat der Senat die Tugenden: "Virtus" (Tapferkeit im Kriege verbunden mit der Sieghaftigkeit), "Clementia" (Milde), "Iustitia" (Gerechtigkeit) und "Pietas" (Frömmigkeit und Pflichterfüllung) zugesprochen.


    Tapferkeit im Kriege verbunden mit der Sieghaftigkeit? Virtus wurde zwar nicht als Tugend von August I. gewählt. Aber so ein Bezug auf Augustus? Der sächsische August soll sich während der Völkerschlacht bei Leipzig im Keller des Königshauses am Leipziger Markt versteckt haben. 1815, auf dem Wiener Kongress, konnten nur andere verhindern, dass Sachsen nicht komplett in Preußen aufging. Verstehe einer die Sachsen.


    Rietschels Gipse sind aber gelungen.

    Eigene Fotos

    Einmal editiert, zuletzt von Stahlbauer (29. April 2017 um 18:16)

  • 1815, auf dem Wiener Kongress, konnten nur andere verhindern, dass Sachsen nicht komplett in Preußen aufging. Verstehe einer die Sachsen.


    Wechsel mal die Allianzen, wenn dein bisheriger "Verbündeter" dein Territorium als Hauptaufmarsch- und Nachschubgebiet missbraucht. Sachsen hatte leider kaum eine andere Wahl, nachdem es 1806 von den Preußen im Stich gelassen worden war.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Zum Paulinum gibt es kaum neue Nachrichten. Der Bauherr in Dresden hat wohl eine Nachrichtensperre verhängt. Ein Blick durch etwas verschmierte Fenster zeigt aber, dass die Lampenverkleidungen montiert werden. Dann sollte es bis zur Einweihung des Paulinums nicht mehr allzu lange dauern.


    Eigene Fotos.

  • Wechsel mal die Allianzen, wenn dein bisheriger "Verbündeter" dein Territorium als Hauptaufmarsch- und Nachschubgebiet missbraucht. Sachsen hatte leider kaum eine andere Wahl, nachdem es 1806 von den Preußen im Stich gelassen worden war.

    Wer sich dem Thema ausführlicher widmen möchte, dem kann ich die Dissertation von Isabella Blank empfehlen: "Der bestrafte König? Die Sächsische Frage 1813-1815".
    Zumindest mir hat sich hernach schon die Frage gestellt, warum es auch heute noch Straßen in Sachsen gibt, die u.a. nach den Herren von und zum Stein bzw. Hardenberg benannt sind...