Berlin - Kurfürstendamm

  • Nun, schlimmer wird die Ecke zumindest nicht. Eher im Gegenteil. Immerhin wird durch den Glaskasten in der Straßenflucht nun der dahinter liegende Schrott aus den 60ern etwas optisch verdeckt.

    Klasse ist ja der Werbetext:

    Zitat

    Berlin. Kurfürstendamm. Im Herzen der Stadt erfindet sich ein Standort vollständig neu. Elegant und harmonisch schließt sich die letzte Lücke an der traditionellen Flaniermeile: Am Kurfürstendamm N° 195 entsteht ein außergewöhnliches Ensemble aus Elementen der klassischen Moderne und der zeitgenössischen Architektur. Mit einem gläsernen Neubau, der stilsicher und innovativ ein denkmalgeschütztes Hochhaus aus den 60ern ergänzt. Mit High-End-Ausstattung für Offices und Retail. Mit meditativer Ruhe in einem neu geschaffenen und begrünten Innenhof. Umgeben von pulsierendem Leben zwischen Luxus und Lifestyle, zwischen Business und Kultur.
    Willkommen am Kudamm N° 195.

    Da muss ein Werbetexter bei dem Ergebnis erst mal drauf kommen. Passt übrigens auch gut zur konsequent englischen Menüführung auf der Internetseite des Projekts. Der Grundtext ist natürlich in Deutsch, da hierzulande die Zielgruppe der Mieter und eventuellen Käufer liegt. Aber ein bischen hip will man ja schon sein, deshalb heißt es auch location, idea, working usw. Sind richtige Füchse, diese Jungs. :lachen:

  • Zitat


    Konzept zur Umgestaltung

    Wohnungen statt Büros am Kudamm-Karree

    Die irische Ballymore-Gruppe stellt ihre neuen Pläne für das Kudamm-Karree vor. Die historischen Theaterbühnen werden abgerissen, neue sollen dafür entstehen. Im Karree sind außerdem nicht mehr nur Geschäfte und Büros geplant, sondern auch Wohnungen....

    ...Er rechne mit einem Baubeginn für das neue Kudamm-Karree im Frühjahr 2015, Fertigstellung soll in der zweiten Jahreshälfte 2017 sein. Die Nachfrage nach Standorten im Zentrum Berlins steige international: „Wir haben uns gefreut, wie stark sich die City West entwickelt hat“, sagte er....

    http://www.berliner-zeitung.de/berlin/konzept…8,22100778.html

    Ein riesiges Projekt in der City-West. Die Visualisierungen sind nicht schlecht, aber auch hier wäre meiner Meinung nach wieder mehr drin gewesen. Aber besser als der Vorzustand.

    APH - am Puls der Zeit

  • Palais Holler, Berlin Kurfürstendamm 170 , Architekt Tobias Nöfer


    http://www.noefer.de/projekte/show/kurfuerstendamm-170


    Das wäre eine große Aufwertung für den Ku'damm, allerdings bin ich nicht sicher, inwieweit durch die Holler Stiftung gebaut werden darf - ein Urteil des Landgerichts hat das fortbestehende Mietverhältnis des dortigen Fotoladens bis in das Jahr 2019 (!) festgestellt.
    Dämpfer für die Holler Stiftung – Landgericht Berlin: Verträge sind einzuhalten
    Vielleicht gibt's ja schon eine Entscheidung des Kammergerichts oder - was zu wünschen wäre - eine außergerichtliche Einigung?

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Also das ist recht aktuell: Fotostudio Urbschat am Ku'damm muss schließen

    http://www.tagesspiegel.de/berlin/raeumun…en/8996700.html

    So sehr ich mich über das mögliche Neubauprojekt freue, das einen wirklich enorm hässlichen Bestandsbau ersetzt, so bedauerlich sind die Umstände, durch die ein traditionsreiches Unternehmen nach großen Eigeninvestitionen gezwungen ist seinen Standort zu räumen. Ein zweischneidiges Schwert.

    In dubio pro reko

  • Volker: froh das Palais (?) Holler es Ihnen so gefällt. So wird wenigstens hier die Verlüscherisierung Berlins gestoppt. Das Haus hat auch ein richtiges Dach, was auf dem Bild nicht zu sehen ist. Meiner Meinung nach sehe ich aber keine typisch Berlinerische Architektur, sondern einen retro-modernistischen Bau.

  • Würde ich so nicht sagen. Siehe beispielsweise die für den Ku'damm typischen massiven Erker, eine Typologie, auf die seit den 30ern keine Rücksicht mehr genommen wurde, die aber viel zu seinem Erscheinungsbild beiträgt. Der moderne Einfluss ist in der Tat nicht zu verleugnen, allerdings ergeben Gesimse, Pilaster etc. doch ein eher klassisches Bild. Die Frühmoderne war viel glatter und fließender. Doch an und für sich ist festzuhalten, dass der Kurfürstendamm nun einmal in einem gerade einmal seit vielleicht 150 Jahren bebauten Areal, weit extra muros des alten Spreeathens, liegt. Unter den Linden war Hochpreußisch-Klassizistisch, der Ku'damm dagegen ist rein Wilhelminischer Natur. Die Charakteristika des Baus mögen so zwar vielleicht nur wenig - auch wenn sich das im Foyer erfreulicherweise schnell ändert - mit dem (ganz) alten Berlin zu tun haben (daher auch meine kritischere Haltung gegenüber der Überformung Mittes, aber das gehört jetzt nicht hierher), doch angesichts der mehrpolaren Stadtstruktur muss er das auch gar nicht. Denn in die überwiegend durch späte Gründerzeit und Frühmoderne geprägte Bautradition Charlottenburg-Wilmersdorfs mit Blockrandbebauung, schwereren Formen, monochrom-plastischer Gestaltung und späteren traditionell beeinflussten Modernisierungstendenzen passt er allemal.

    Form is Function.

    "Fürchte nicht, unmodern gescholten zu werden. Veränderungen der alten Bauweise sind nur dann erlaubt, wenn sie eine Verbesserung bedeuten, sonst aber bleibe beim Alten. Denn die Wahrheit, und sei sie hunderte von Jahren alt, hat mit uns mehr Zusammenhang als die Lüge, die neben uns schreitet."

    Adolf Loos (Ja, genau der.)

    Einmal editiert, zuletzt von TrierRekos95 (27. November 2013 um 19:52)

  • Ich finds sogar sehr typisch Berlin, hier findet sich ein Aufbau der Fassadengliederung wie bei den gründerzeitlichen Ku'damm-Gebäuden und gleichzeitig dezent modern anmutende, geschwungene Linien und Fensterbänder, wie sie z.B. das Shell-Haus besitzt. Beides ist in meinen Augen Berlin Pur. Eine außergewöhnlich gut gelungene Mischung, nicht überladen und auch nicht rein funktional-puristisch.
    Mir hat diese geschwungene Moderne schon immer gefallen, wie sie z.B. Erich Mendelsohn gestaltet hat (Mosse-Verlagshaus). Ich mags nur nicht eckig und kantig, das ist mir zu kalt und abweisend. Ich finde Nöfer schafft eine tolle Balance zwischen klassischem und modernem Ausdruck, etwas derartiges gab es bisher noch nicht.

    In dubio pro reko

    2 Mal editiert, zuletzt von reklov2708 (27. November 2013 um 20:13)

  • Ich finds sogar sehr typisch Berlin,

    Ich auch, hier vereinen sich klassizistische Gründerzeitelemente mit Annäherungen zum Jugendstil. Betrachtet man Alt-Berliner Fotos, wird meines Erachtens nach ersichtlich daß es sich um einen doch typischen Berliner Stil handelt. Gerade in Hinsicht auf die klassizistischen Elemente.
    Natürlich sähe ich es lieber wenn an dieser Stelle wieder das ursprüngliche Gebäude, was dort einst vor dem Krieg stand, errichtet würde, jedoch kann ich mit diesem doch sehr ansehnlichen Kompromiss recht gut anfreunden.

  • Habe diese Postkartenansicht gefunden mit dem Abschnitt zwischen der Brandenburgischen Straße und dem Olivaer Platz. Das dritte Haus mit dem Türmchen müsste die Nummer 169-170 sein, habe es mal markiert. Das Haus ganz links an der Ecke zur Wilmerdorfer Straße existiert noch heute:

    Anbei auch ein Vermessungsplanausschnitt:

    Hier die Häuser 170-173 zum Vergleich. Am Haus 171 kann man noch gut die Obelisken sehen, die auf der Postkarte zu erkennen sind:

    Einmal editiert, zuletzt von Spreetunnel (28. November 2013 um 23:31) aus folgendem Grund: Ergänzung

  • Moderationshinweis (Palantir): Beitrag geteilt

    Ich habe mir auch auf Bing mal den Kurfürstendamm angesehen. Kann man eigentlich sagen, wie viel Prozent die Gebäude noch erhalten sind. Oft ist nur schwer auszumachen, ob es sich um einen völlig entstuckten Gründerzeitbau handelt oder um einen Neubau.

    APH - am Puls der Zeit

  • Prozentual kann ich das nicht sagen. Ich habe nur mal in meiner Ausbildung gelernt, daß nach dem Krieg und den darauffolgenden Abrißorgien am ganzen 3,3,km langen Kurfürstendamm nur 59 Häuser aus der Anfangszeit stehen geblieben sind. Das erscheint mir jetzt zwar auch wenig, aber diese Zahl hat sich bei mir eingeprägt. Vielleicht ist es aber auch die Zahl der Häuser, die ihre Stuckfassaden behalten haben.

  • Prozentual kann ich das nicht sagen. Ich habe nur mal in meiner Ausbildung gelernt, daß nach dem Krieg und den darauffolgenden Abrißorgien am ganzen 3,3,km langen Kurfürstendamm nur 59 Häuser aus der Anfangszeit stehen geblieben sind.


    Gut, hört sich erst mal nicht viel an, aber die Häuser haben auch manchmal ziemlich gewaltige Ausmaße. 3 können da schon eine ganze Blockfront füllen. Ausserdem haben manchmal ganze Häusergruppen überlebt, manchmal nur einzelne Bauten. Bei entsprechender Wiederbestuckung, unter den Überlebenden sind auch viele Entstuckungsopfer, könnte der Kudamm deutlich gewinnen.

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.

  • Abgesehen davon stehen am Ku'damm ja auch viele wirklich gute Gebäude der Nachkriegsmoderne wie z.B. das Kranzler-Ecke, das Haus Hardenberg, das Bikini-Haus (soll ja wieder das offene Zwischengeschoss bekommen), der Zoo-Palast usw. Viele dieser Gebäude stehen für das alte West-Berlin und dessen Geschichte, deren symbolischer Wert auch nicht ganz zu unterschätzen ist. Vielleicht gibt es ja irgendwann mal einen guten Kompromiss zwischen etwas Nachkriegsmoderne (top restauriert), schöner "Neu-Berliner"-Neubauten und rekonstruierten Altbauten.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Naja, Bikini und Hardenberg stehen aber nicht am Kudamm. Dennoch gibt es einige Akzeptable Nachkriegsbauten. Ich mag z.B. das spitze Eckhaus Kudamm/Uhland-/Grolmannstr. Muss aus den 50ern stammen. Das Kempiski ist natürlich nicht mit seinem Vorgänger zu vergleichen, aber hat durchaus auch einen gewissen Charme. Die Schaubühne ist natürlich auch nicht zu verachten. usw. Und es gibt auch durchaus akzeptable Neubauten. Die größten Sünden dürften sich im Westen befinden. Einst große Eckgebäude, heute Flachbauten mit Matratzenlden oder so. Allerdings dürften die nicht schwer zu beheben sein - wenn man will.

  • Ein kleiner Artikel der Mopo.
    Neubauten sorgen am Kudamm für alte Pracht - Berliner Morgenpost

    Das Grundstück Kurfürstendamm N°170, wo das Palais Holler gebaut wird, im letzten Monat.

    Palais Holler - Nöfer Architekten

    Das wunderbare Nachbarhaus Kurfürstendamm N°171.

    Der im Artikel erwähnte Neubau der Baywobau von Stephan Höhne in der Albrecht-Achilles Straße (ein Steinwurf vom Ku'damm entfernt) lässt sich hier betrachten:
    Kurfürstenlogen
    Sieht den Nöfer'schen Beuth-Höfen sehr ähnlich - eine erfreuliche Verbesserung zum abzureißenden Nachkriegs-Bestandsbau.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)