Die preußischen Throne

  • Vielen Dank Aedificium,

    genau an derartige 'Genre-Szenen' hatte ich gedacht. Derartiges bekommt man ja selten zu sehen.

    Eine Laube auf dem Dach des Schlosses, wer hat bisher schon davon gehört !?

    Klasse ! :applaus:

    Wenn jetzt auch noch Bilder auftauchen, die den Berliner Hof zu Friedenszeiten in noch voller Funktion zeigen, also z.B. Herrn Schönfelder beim Verspachteln der Wand eines der unter S.M. in den Mecklenburgischen Kammern neu eingerichteten Gästezimmer....

    oder, um im Bilde zu bleiben, den - turnusmäßigen - Austausch der Bespannung des Baldachins im Weißen Saal, durch den hierfür zuständigen 'weitläufigen' Kollegen von Herrn Schönfelder ... ;)

    Einmal editiert, zuletzt von Pagentorn (2. Mai 2016 um 19:06)

  • Uhhps !

    Da sind mir wohl die Begriffe 'Polier' und 'Polierer' etwas durcheinander geraten... :peinlich:

    Ob der Hofschloßpolierer wohl auch für den Hochglanz der Throne verantwortlich war ? Oder hat er nur die zigtausend Schlösser in den Schloßtüren in Schuß gehalten ? Na ja, wer soll das heute noch wissen - ohne Quellenstudium...

    ;)

  • Hallo Pagentorn,

    es gab am Hof zu Berlin auch viele Hofdamen. Was deren Aufgabe genau war, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich erinnere mich gelesen zu haben, dass diese Hofdamen im Alter im ehemaligen Kloster Heiligengrabe in der Priegnitz bei Perleberg untergebracht und wohl auch verpflegt wurden. Ein Teil der dortigen Gebäude war im ersten Weltkrieg abgebrannt, worauf der Kaiser sofort den Wiederaufbau angewiesen hatte (wenn ich mich recht erinnere soll das 1917 gewesen sein). Das Damenstift bestand bis 1945. Es wäre interessant zu wissen, ob ehemalige Hofdamen schriftliche Erinnerungen über deren Zeit als Hofdame im Berliner Stadtschloss hinterlassen haben.

    Einmal editiert, zuletzt von Villa1895 (2. Mai 2016 um 20:09)

  • In den Momoiren der Kaiserin Friedrich (Gemahlin des 99-Tage-Kaisers Friedrich III. und Tochter der Königin Victoria von England) schreibt diese zum Berliner Stadtschloss, in dem dem jung vermählten Paar eine Wohnung zugewiesen worden war sinngemäß Folgendes: Die an sich breiten Gänge des Schlosses waren voll gestellt mit alten Möbeln. So standen auf den Fluren alte Schränke, Kommoden, Sessel, Tische, Gemälde, Spiegel usw. Entsetzlich sei es aber für sie aber gewesen, dass öfters unvermittelt plötzlich um die Ecke oder wie aus dem Nichts kommend eine große Schar von Ratten dahergehuscht kam. Die Ursache hierfür sei wohl gewesen, dass man zu große Abwasserrohre aus dem Schloss in die Spree geleitet habe, so dass die Ratten durch diese Abwasserrohre sehr einfach ins Gebäude eindringen konnten. Ob sich unter den auf den Gängen abgestellten Möbeln wohl auch momentan nicht benötigt Throne befunden haben?

    Einmal editiert, zuletzt von Villa1895 (2. Mai 2016 um 21:20)

  • Lieber Villa1895,

    solche Memoiren der pensionierten Hofdamen im Stift Heiligengrabe wären natürlich eine sehr schöne Ergänzung zu den Aufzeichnungen von Gräfin Mathilde Keller, die ja vierzig Jahre im Dienste Kaiserin Auguste Viktorias stand. Mir war gar nicht bewußt, daß es diese Altenfürsorgeeinrichtung von Seiten des Hofes gab. Vielen Dank für Ihren Hinweis !

    Und für 'Vicky' war es natürlich ein gewisser 'Kulturschock' vom mondänen London ins damals noch etwas verschlafene Berlin mit seinem spartanischen Hof zu kommen...
    Ich glaube allerdings nicht, daß die vor 1879/80 im Schloß existenten vier Thronmöbel (das Königsthronpaar und die beiden versilberten Scherenstühle Augsburger Produktion) die repräsentative 2. Etage verlassen haben, um dann auf einem der von der 'Princess Royal' beschriebenen breiten Fluren abgestellt zu werden. Für Reparaturzwecke dürften sie aber natürlich in den Werkstattbereich des Schlosses verbracht worden sein, z.B. für Aufpolsterungen. Letztere spiegeln sich ja in den klar unterscheidbaren Stoffbespannungen der Rückenlehnen wieder, die auf den aus unterschiedlichen Jahren stammenden Photos zu erkennen sind.

  • Guido Hinterkeuser forscht bereits zu den Thronen

    Im (heute bei mir eingetroffenen) Heft 2 aus 2015 des Mitteilungsblatts der Landesgeschichtlichen Vereinigung für die Mark Brandenburg e.V., kündigt Guido Hinterkeuser am Ende seines Aufsatzes ‚Silberthron und Silberbuffet – Neue Quellen zur brandenburgischen Hofkultur 1692-1698’ auf Seite 107 Folgendes an:

    „Weitere Überlegungen bleiben einer detaillierten Untersuchung zu den Thronen und ihren Standorten im Berliner Schloß vorbehalten, die sich in Vorbereitung befindet.“

    Wir brauchen hier im Forum also nicht weiter zu spekulieren, sondern können uns auf zukünftige fundierte Erkenntnisse dieses verdienten Autors freuen ! Vielleicht wird das Werk ja schon vor Eröffnung des Humboldtforums erscheinen…???

  • Ich behalt mal das mal im Sinn, falls mir ein entsprechendes Mitteilungsblatt vor die Augen gerät, bzw. ich frage gerne auch mal nach.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Lieber Vulgow,

    wenn Sie bei Gelegenheit einmal nachfragen könnten,wäre das wirklich sehr schön.

    Denn wenn man sich etwas intensiver mit einer neuen Materie beschäftigt hat und sich dabei immer neue Fragestellungen ergeben haben, dann drängt es einen natürlich Antworten zu erhalten. Und wenn diese aus so berufener Feder, wie der von Guido Hinterkeuser stammen werden, dann um so besser !


    :buchlesen:

  • Ein Thron für den deutschen Kaiser ?

    Da die Frage nach den historischen Thronen des 18. Jahrhunderts ja nun von Guido Hinterkeuser bearbeitet wird, können wir uns hier im Forum nun gänzlich der neueren Geschichte der Throne im Berliner Schloß widmen. Ein Aspekt wären dabei mögliche Planungen für einen Kaiserthron. Ob solche jemals unternommen wurden, entzieht sich bisher meiner Kenntnis. Einen Kaiserthron hat es in der Realität jedenfalls nicht gegeben, ebenso wenig wie die Krone des Deutschen Kaiserreichs, die ja lediglich als heraldisches Symbol existierte. Wenn dennoch Überlegungen zur Anfertigung eines derartigen Möbels bestanden haben sollten, dann wäre ein günstiger Zeitpunkt sicherlich das silberne Thronjubiläum von S.M. im Jahre 1913 gewesen. Und tatsächlich findet sich auf einer dieses Ereignis feiernden Postkarte ein Motiv, welches vom Aufbau her sehr an die Struktur der Reko des Silberthrones aus dem Kapitelsaal erinnert (von zwei Adlern gehaltene Krone, zentrales Medaillon), jedoch die heraldische Kaiserkrone zeigt und insgesamt moderner aufgefasst ist (übrigens ist sogar die adlerbestickte Rückwand eines Baldachins im Hintergrund zu sehen). Standen hier möglicherweise – nie umgesetzte - Planungen für einen dem Kaiser zu seinem 25. jährigen Jubiläum zu verehrenden deutschen Thron im Hintergrund ? Wer kann das heute noch sagen ?

    Abbildung 01:
    Der Ansatz zu einem Kaiserthron ?


    Abbildung 02:
    Zum Vergleich die Rekonstruktion des Silberthrons von 1879/80.

  • Lieber Vulgow,

    erlauben Sie, wenn ich einmal nachfrage: Haben Sie eventuell schon etwas über die neue Publikation von Guido Hinterkeuser gehört ? Ist schon etwas über den Erscheinungstermin bekannt ?

  • Hallo Pagentorn,

    ich hatte jüngst mal bei Herrn Dr. Bahl von der Landesgeschichtlichen Vereinigung nachgefragt und auch die jüngsten Mitteilungsbätter durchgesehen. Es gibt keine über die Ankündigung von Herrn Hinterkeuser hinausgehenden Erkenntnisse. Man wird wohl noch ein wenig warten müssen, oder wie wäre es, Guido Hinterkeuser direkt zu kontaktieren, da der neue Aufsatz nicht zwangsläufig auch in den Mitteilungsblättern veröffentlicht werden muss?

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Sehr geehrter Mantikor und lieber Vulgow,

    da ich es bisher leider nicht geschafft habe, Professor Hinterkeuser selber zu kontaktieren, erlauben Sie mir bitte die kurze Frage, ob es etwas Neues hinsichtlich seiner geplanten Publikation zum Thema gibt.

    Gerade jetzt, wo die Räumlichkeiten bald begehbar sein werden, in denen diese speziellen 'Möbel' einst gestanden haben - insbesondere natürlich der legendäre Silberthron...

  • Pagentorn:
    Leider gibt es nichts Neues zu vermelden; ich habe schon gelegentlich ein Auge darauf.
    Hinsichtlich etwaiger Publikationen von Hinterkeuser empfehle ich einen Blick auf diese Seite. Die meisten der dort aufgeführten Veröffentlichungen können übrigens online gelesen bzw. heruntergeladen werden.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Transport des Preußischen Königsthrons von Berlin nach Potsdam ?


    Ganz offenbar scheint der unter Kaiser Wilhelm II. im Berliner Schloß verwendete Thronsessel zeitweise auch im Potsdamer Neuen Palais im Einsatz gewesen zu sein. Zumindest stellt ihn der Maler William Pape im Jahre 1901 anläßlich einer Zeremonie (Akkreditierung des päpstlichen Nuntius ? / Beileidsbekundung des katholischen Klerus anläßlich des Todes von Queen Victoria bzw. Kaiserin Friedrich ? - beide starben 1901 und der Monarch trägt eine schwarze Armbinde) im Muschelsaal - inklusive eines Baldachins dar.
    Auch beim Empfang des 'Sühneprinzen' Chun, der die Abbitte des chineischen Kaiserhauses für die Geschehnisse während des Boxeraufstandes zu überbringen hatte, fanden Thron und Baldachin Verwendung.

    Weiß hier jemand etwas Näheres zu diesen mutmaßlichen 'Throntransporten' ? Existieren möglicherweise Abbildungen davon ?

  • Endlich im Rittersaal

    Am vergangenen Samstag, den 13. Juni 2023, unternahm der Bremer Freundeskreis des Fördervereins Berliner Schloss e.V. unter Leitung von Herrn Dr. Paulenz einen Tagesausflug zum Schloss: Gut Fünf Stunden Hinfahrt über Helmstädt / Marienborn, fünf Stunden Aufenthalt und gut fünf Stunden Rückfahrt über Gudow / Zarrentin. Ein dichtes Programm. Nach einer Begrüßung und Einführung durch den großen - und wie immer äußerst bescheiden auftretenden - Wilhelm von Boddien, wurden wir Bremer zunächst in zwei Gruppen von sachkundigen 'Hauptamtlichen' des Vereins durch Schlüterhof und Schloßumfeld geführt. Hernach wurde im Bistro im Schlüterhof zu Mittag gegessen und sodann bestand die Möglichkeit, die Museen im Gebäude auf eigene Faust zu erkunden. Nach Schlosskeller und Dachterrasse zog mich vor allem das 2. Obergeschoss mit den ehemaligen Paradekammern magisch an. Im vollen Bewußtsein, lediglich die Raumkubatur vorzufinden, steuerte ich den Rittersaal an, die einstige innerste Herzkammer des Königreichs Preußen. Dort erwartete mich eine Ausstellung über den Omaha Indianer Francis La Flesche aus Nebraska, der seinerzeit im Auftrag der Königlichem Museen Ethnographica seiner Heimatregion gesammelt und nach Berlin verbracht hatte. Für mich war das ein Wechselbad der Gefühle: Einerseits schon seltsam, anstelle von Thronhimmel und Silberbuffet großformatige Porträtfotos von La Flesche anzutreffen; andererseits für jemanden wie mich, der gute Freunde in Nebraska hat, ein idealer Anknüpfungspunkt, diesen das Berliner Schloss noch näher zu bringen...

    Bedauerlich war, dass die sehr höflichen, jungen Museumsaufsichten des Humboldt-Forums offensichtlich keine Ahnung darüber hatten, an was für einem historischen Ort, die Sammlung von La Flesche ausgestellt wird.

    Anbei einige vom mir aufgenommene Fotos des Saales.

    Der Blick nach Westen zur Thronwand.


    Die selbe Blickrichtung aus etwas anderer Perspektive

    Den Standort von Thron und Himmel nimmt ein überdimensioniertes Foto von La Flesch in europäischer Kleidung ein.

    Das Pendant: La Flesche in der Tracht eines Häuptlings seines Stammes der Omaha. An der Stelle des Fotos stand einst das Silberbuffet (heute ja im 'Exil' in Köpenick).

    Abgesehen von dieser - vor dem Hintergrund der Rolle die dieser Raum einst hatte - etwas schrägen Nutzung, verließ ich den Raum erstaunt darüber, wie relativ klein er ist und welch humanen Maßtab er doch hat. Der König von Preußen war - anders als die Diktatoren des 20. Jahrhunderts - halt nicht auf megalomanische Dimensionen angewiesen, um seine Würde darzustellen. Dazu bediente er sich vielmehr der klassischen europäischen Ikonographie, die eines Tages, wenn Herr La Flesche in einen anderen Bereich des Gebäudes umgezogen ist , im wiederauferstandenen Rittersaal neu erlebbar sein wird !

    P.S.: Natürlich beeinträchtigt die zu Dreivierteln der Raumbreite eingezogene Zwischendecke den Raumeindruck schon sehr ! Die eigentliche Höhe ist lediglich im Bereich unmittelbar vor den drei historischen Fenstern zu erahnen.