Die preußischen Throne

  • Lieber kaffeesachse,

    ja, auf den ersten Blick dachte ich beim Anblick des 'Mandu Yenu' auch an Schußwaffen... :S

    Im Übrigen freue ich mich für Sie in Sachsen, daß die Dresdner Residenz ihren Thron bald zurückerhalten wird.

    Wenn Sie erlauben, dann wandle ich vor diesem Hintergrund einen bekannten Spruch einmal folgendermaßen ab:

    'Von den Wettinern lernen, heißt siegen lernen !' ;)

  • Das Thronpaar im Film

    Anbei noch einige Ausschnitte aus dem UFA-Spielfilm 'Andreas Schlüter' von 1942. In diesem Film hat das Thronpaar einen 'Star-Auftritt' und zwar in der Szene, welche die Rückkehr des aus Königsberg kommenden Friedrichs I. nach Berlin zeigt. Der Monarch betritt dabei erstmals den von Schlüter genial ausgestatteten Rittersaal. Der Film wurde am originalen Schauplatz mit authentischer Ausstattung gedreht, zu der eben auch das Thronpaar der preußischen Könige und Königinnen gehörte...

    Ein starker Auftritt !!! cclap:)

  • Heraldik und Rekonstruktionsversuch des Thronpaares


    Wenn das Thronpaar zu gleichen Zeit wie die heute noch existente Thronbank entstanden sein sollte (also im Zeitraum zwischen 1690 und 1695), dann hätte es – ebenso wie der Silberthron (das ist anscheinend die korrekte Bezeichnung für den bisher von mir als ‚Staatsthron Nr. 1’ betitelten Herrschersitz) bei den Krönungsfeierlichkeiten in Königsberg 1701 Verwendung finden können. Einer der Stiche von Georg zur Krönung scheint etwas Derartiges anzudeuten, denn dort sitzen Friedrich I. und Sophie Charlotte auf zwei identischen Sitzmöbeln, die auch deutlich anders aussehen, als das auf dem Blatt zur Stiftung des Schwarzen Adlerordens dargestellte Möbelstück, in welchem man den Silberthron vermuten darf. Einzig die Initialen von König und Königin (FR bzw. SC) im zentralen Oval des Rücklehnenaufsatzes irritieren etwas, da auf den späteren Darstellungen an dieser Stelle immer ein Ordensstern zu sehen ist. Wie dem auch sei, Anton von Werner hat jedenfalls in seinem Historiengemälde zur Stiftung des Schwarzen Adlerordens sowohl den Silberthron als auch einen der beiden Thronsessel hineinkomponiert, denn Königin Sophie Charlotte sitz am linken Bildrand eindeutig auf einem derselben. Krone, Ordensstern und Adler sind als schmückender Abschluß der Rückenlehne zweifellos zu erkennen.
    Die Ähnlichkeit im Aufbau des Zierrates mit dem der heute noch existierenden Thronbank haben mich veranlaßt, den letzteren einmal graphisch aufzubereiten und diesen dann zur Grundlage eines ersten Rekonstruktionsversuchs des Thronpaares zu machen, wobei die Frage der konkreten heraldischen Gestaltung vorerst offen bleiben muß.

    Abbildung 01:
    Mögliche Darstellung des Thronpaares auf einem der Stiche von Wolfgang Johann Georg zur Krönung in Königsberg 1701.

    Abbildung 02:
    Auf dem Historiengemälde Anton von Werners aus dem Kapitelsaal im Schloß sitzt Königin Sophie Charlotte auf einem der beiden Sessel des Thronpaares (sie ist rot eingekreist).

    Abbildung 03:
    Vergrößerung aus Abbildung 02.

    Abbildung 04:
    Heraldische Elemente des Aufsatzes der Rückenlehne.

    Abbildung 05:
    Die heute noch erhaltene Thronbank.

    Abbildung 06:
    Heraldische Elemente der Thronbank.

    Abbildung 07:
    Schema der Thronbank.

    Abbildung 08:
    Mögliche Alternativen der Heraldik des Thronpaares.

    Abbildung 09:
    Rekonstruktionsversuch der Rückenlehne des Thronpaares auf der Grundlage der Thronbank.

  • Fusion


    Lieber Vulgow,

    vielen Dank für den Hinweis auf diese weitere Throndarstellung. Diese wirft natürlich die Frage auf, ob es noch einen vierten Thron (möglicherweise in Königsberg) gegeben hat, oder ob dieses Gemälde lediglich eine modifizierte Variante des Silberthrones darstellt. Man hätte ja durchaus - nicht mehr adäquate - Teile des Zierrats einfach abmontieren, einschmelzen und neu gießen können.
    Sei es wie es sei, dieses Gemälde gibt jedenfalls Aufschluß darüber, woher Elemente in der Thronrekonstruktion von 1881 stammen, die nicht im Gericke Gemälde enthalten sind, wie z.B. die markanten Groteskenmasken an den vorderen Stuhlbeinen oder die Lorbeergehänge. Die ‚Reko’ von 1881 entpuppt sich somit als ‚Fusion’ der auf den zwei Gemälden präsentierten Throne / Thronvarianten !

    Abbildung 01:
    Gemälde ‚von Vulgow’, Stuhlrekonstruktion von 1881, Gemälde von Gericke.

    Abbildung 02:
    ‚Fusion’.

    Einmal editiert, zuletzt von Pagentorn (25. April 2016 um 10:06)

  • Phantastische Überlegungen, Tausend Dank Pagetorn! Woher dieses Wissen?

    In der Architektur muß sich ausdrücken, was eine Stadt zu sagen hat.
    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten

  • Anbei noch ein – leider recht ‚grobkörniger’ - Scan einer kolorierten Postkarte des Kapitelsaales. Sie vermittelt einen gewissen Eindruck von der Farbigkeit des rekonstruierten Silberthrons.

    Im Übrigen hoffe ich, einer – bereits bestellten - neueren Publikation von Guido Hinterkeuser noch nähere Informationen zum Silberthron entnehmen zu können. Für diejenigen, die ebenfalls nachlesen möchten, hier die Daten:

    Hinterkeuser, Guido: Silberthron und Silberbuffet: neue Quellen zur brandenburgischen Hofkultur 1692-1698. in: Mitteilungsblatt / Landesgeschichtliche Vereinigung für die Mark Brandenburg 116 (2015) S. 93-108.

  • Fundstück aus Konstantinopel

    In der ehemaligen Botschaft des Deutschen Kaiserreichs am Bosporus, die von der Bundesrepublik als Generalkonsulat genutzt wird, hängt - bis heute - ein posthumes, 1893 entstandenes Porträt Kaiser Wilhelms I., geschaffen vom Maler Reineke. Auf diesem Gemälde steht der Monarch vor der 1881 entstandenen Rekonstruktion des Silberthrons. Besonders schön sind hier nicht nur die deutlich sichtbare Groteskenmakse am vorderen Stuhlbein und das Lorbeergehänge, sondern auch das silbrige Schimmern des Thrones ! Also wenn das kein Fundstück ist, dann weiß ich es nicht... :rolleyes:

  • Die Thronreko als Mittel zur Verächtlichmachung des Kaisers


    In dem UFA-Spielfilm ‚Die Entlassung’ aus dem Jahre 1942, welcher das Ende von Bismarcks Kanzlerschaft thematisiert, wird in einer Szene die erste Reichstagseröffnung durch Kaiser Wilhelm II. im Jahre 1888 dargestellt. Die Eröffnung der Session fand traditioneller Weise im Weißen Saal des Schlosses statt und demzufolge haben die Filmmacher den den Monarchen darstellenden Werner Hinz seine Thronrede in eben jenem Saal halten lassen. Dafür ließen sie in den Babelsberger Studios die Stülersche Raumversion des Weißen Saales nachbauen, die ja infolge des Umbaus durch Ernst von Ihne in den Jahren 1892-1893 im Schloß nicht mehr erlebbar war. Weniger genau nahmen es Regisseur und Filmteam allerdings mit dem gewählten Thronsessel, der ja – nicht zuletzt durch die Vorstudie Anton von Werners (siehe weiter oben im hiesigen Themenstrang) – eindeutig als einer der beiden Throne aus dem Thronpaar zu identifizieren war. Im Film wurde demgegenüber aber ganz offensichtlich die aus dem Jahre 1881 stammende Rekonstruktion des Silberthrons verwandt. Bei diesem – wie ich vermute - bewußten Fehler kommt das Bemühen des nationalsozialistischen Regimes zum Ausdruck, unseren letzten Kaiser als einen prunksüchtigen und hohles Pathos pflegenden Menschen suggestiv zu diskreditieren und damit den Gedanken der Monarchie insgesamt vor dem Volk verächtlich zu machen. Mit dieser Maßnahme aber offenbarte das - letztendlich für die Absegnung jedes Filmes verantwortliche – Propagandaministerium seine kümmerliche Halbbildung, war doch der Thron schon unter dem ansonsten sehr bescheidenen und nüchternen ‚alten Kaiser’ – Wilhelm I. – und nicht erst unter dessen Enkel rekonstruiert worden. Erstaunlich ist darüberhinaus, daß das – zu diesem Zeitpunkt (1942) wegen drohender Kriegseinwirkungen wohl schon endgültig geschlossene - Schloßmusuem dieses veritable Exponat seiner Sammlung als cineastische Requisite zur Verfügung gestellt hat. Man kann jetzt natürlich trefflich darüber spekulieren, ob die Rekonstruktion des Silbethrons nach Abschluß der Dreharbeiten vorläufig in den Kapitelsaal zurückgebracht oder ob sie unmittelbar – wie bereits anderes, schon evakuiertes Kulturgut aus dem Schloß - in ein sicheres Depot ausgelagert wurde. Der Thron könnte natürlich auch einfach in Babelsberg verblieben und dort in der Endphase des Krieges verschwunden sein. Wenn er nicht zerstört wurde, kann man nicht wissen wo er sich heute befindet…. Vielleicht in einer Parzelle in einem Kleingartengebiet. floet:)

    Abbildung 01:
    Totale der Stüler’schen Raumversion des Weißen Saales.

    Abbildung 02:
    Monarch, Thron und Baldachin.

    Abbildung 03:
    Werner Hinz und die Reko des Silberthrons.

    Einmal editiert, zuletzt von Pagentorn (26. April 2016 um 08:12)

  • Vorliebe S.M.’s für den preußischen Königsthron


    Auch die bildliche Überlieferung spricht gegen die vom Film ‚Die Entlassung’ suggerierte Affinität Kaiser Wilhelms II. zum rekonsturierten Silberthron. Auf keinem der mir bekannten offiziellen Porträts ist dieser zu sehen. Demgegenüber taucht der traditionelle preußische Königsthron (aus dem Thronpaar) immer wieder auf. So ist er z.B. auf der berühmten Photographie zu sehen, welche den Monarchen in Garde du Corps Uniform zeigt und die später vielen Gemälden als Vorlage diente. Das Photo wurde im Rittersaal aufgenommen, dessen Baldachin-Rückwand im Hintergrund sichtbar wird. Die auf dem Photo basierenden Gemälde enthalten darüber hinaus auch noch die auf Tabourets drapierten Regalien des Königsreichs, also Krone, Zepter und Reichsapfel. Zusammen mit der vom Kaiser getragenen prachtvollen Uniform der Garde du Corps betonen sie den sozusagen staatlichen Charakter solcher Bilder. Aber auch auf weniger offiziösen Darstellungen, die mehr die Person und weniger den Rang betonen, ist der Königsthron zu sehen, dann aber – eher lässig – als repräsentatives Sitzmöbel schräg in den Raum gestellt.

    P.S.: Und wer jetzt wieder mit dem Argument kommen sollte, die Tatsache, daß der Kaiser Garde du Corps Uniform trage, beweise doch die vom Film behauptete Prunksucht, dem sei hier gesagt, daß sich auch andere Monarchen der damaligen Zeit im ‚Gewande’ ihrer Garde Kürassier Regimenter darstellen ließen, so z.B. auch Zar Nikolaus II., der sogar ‚hoch zu Roß’ zu sehen ist. Wilhelm II. wählte bei einem entsprechenden Porträt demgegenüber die bescheidene Rolle eines ‚Fußgängers’…

    Abbildung 01:
    Drei Versionen des Staatsporträts des Kaisers vor dem Königsthron.

    Abbildung 02:
    Privatere Darstellung des Monarchen mit dem Königsthron als leger drapiertem Möbel.

    Abbildung 03:
    Zar Nikolaus II. in der Uniform der zaristischen Panzerreiter vor dem Winterpalais.

    Abbildung 04:
    Der Kaiser vor dem zentralen Bogen der Kolonnade des Neuen Palais.

  • Hof-Holzbildhauer Adolf Hoffmann

    Der Schöpfer der Rekonstruktion des Silberthrons war der Hof-Holzbildhauer Adolf Hoffmann, der diesen auf der Grundlage des Gericke Gemäldes von 1713 im Auftrage Kaiser Wilhelms I. in den Jahren 1879/80 (hier muß ich mich also korrigieren, da ich bisher immer von 1881 ausgegangen war) anfertigte.

    Verfügt hier jemand im Forum eventuell über ein Porträt dieses Künstlers und kann es hier hochladen ? Das wäre sehr schön...

  • Bild des modifizierten originalen Silberthrons


    Auf einem Gericke zugeschriebenen weiteren ‚Thornbild’ aus dem Jahre 1707 sitzt Friedrich I. auf dem Silberthorn, dessen Rücklehnen-Aufsatz anstelle des von ‚wilden Männern’ gehaltenen großen Brandenburg-Preußischen Wappens (umgeben vom der Schnalle des Hosenbandordens) das Monogramm des Königs ‚FR’ zeigt. Fraglich ist nun, ob diese Anpassung an das, was – wohl – politisch opportun erschien ,lediglich auf dem Gemälde vorgenommen wurde, oder ob auch der Silberthron selber entsprechend modifiziert wurde. Das Material Silber hätte dies ja durchaus erlaubt. Fragen über Fragen…

    Abbildung 01:
    Das ‚Throngemälde’ aus dem Jahre 1707.

    Abbildung 02:
    Das Monogramm ‚FR’ anstelle des Brandenburg-Preußischen Wappens.

    Abbildung 03:
    Drei Varianten des originalen Silberthrons. Stellt das mittlere Bild möglicherweise den provisorischen Übergangsstatus dar, während dem der zentrale Teil des Aufsatzes ausgebaut war und umgeformt wurde ?

    Einmal editiert, zuletzt von Pagentorn (27. April 2016 um 12:32)

  • Königsthron und Garde du Corps einmal ganz ohne Monarch


    Auf der folgenden Lithographie aus dem Jahre 1843, die zu einem Tafelwerk über die damalige Uniformierung der preußischen Armee gehört, hat man die Illustration zur Gala-Uniform des Garde du Corps im Rittersaal des Berliner Schlosses angesiedelt. Der Betrachter steht unterhalb des Trompeterchores vor der Tür zur Rittersaaltreppe und blickt in Richtung Südwesten. Dort sieht er unter dem aus der Zeit Friedrich Wilhelms IV. stammenden Baldachin den Königsthron aus dem Thronpaar. Das Möbel steht hier stellvertretend für den Herrscher, dessen körperliche Unversehrtheit zu schützen ja die ureigenste Aufgabe der ‚Garde du Corps ’ war…

    Quelle der Abbildung: Kunstbibliothek, Staatliche Museen zu Berlin.

  • Gedanken zu einem zukünftigen Schloßmuseum


    Wenn – nach Etablierung der ethnographischen Sammlungen und des ‚Museums des Ortes’ im Humboldtforum – eines Tages die Zeit für ein richtiges Schloßmuseum reif sein sollte, wäre es gut, wenn man schon Überlegungen zur Präsentation der Throne angestellt hätte. Ausgehend von der Prämisse, daß dieses Museum zumindest den Schweizer Saal, die beiden Paradevorkammern und dann die Enfilade von Königkammer bis zum Kapitelsaal enthalten müsste, wäre ja für das unbedingt zu rekonstruierende Königsthronpaar, die erneute Reko des Silberthrons und selbstverständlich auch für die originale Thronbank nebst Tabourets an ihrem jeweils angestammten Platz ausreichend Raum vorhanden. Somit würde das Thronpaar wieder unter dem Doepler’schen Baldachin im Rittersaal seine Aufstellung finden. Die Silberthron-Reko käme in den Kapitelsaal und die Thronbank würde in die Rote Samt Kammer zurückkehren. Und wenn es dann noch gewünscht werden sollte, könnte man auch noch die beiden silbernen, scherenstuhlartigen Thronmöbel – die ich bisher noch nicht thematisiert habe - im rekonstruierten Thronsaal Gontards im ersten Obergeschoß (unter dem Kapitelsaal gelegen) aufstellen – von einer Wiedergewinnung des Weißen Saales, welcher selbstredend ein noch besserer Platz für die beiden wäre, mag man ja noch gar nicht sprechen…

    Ich weiß, alles ferne Träume…………. wie auch einst die Schoßfassade !

    Abbildung:
    Die Thronbank nebst Tabourets im Wappensaal von Schloß Köpenick. Leider ist die farbige Fassung der Wappen, die der Thronbank einen würdigen und stimmigen Rahmen gab, seit einigen Jahren weiß übertüncht worden. Meiner Ansicht nach ein Fehlgriff der Denkmalpflege !


    2 Mal editiert, zuletzt von Pagentorn (28. April 2016 um 10:23)

  • Silberthron und Silberbuffet

    Manchmal liegt Offensichtliches direkt vor unseren Augen und wir sehen es nicht ! Das nennt man dann wohl 'Betriebsblindheit' ! 8) Mir ging es jetzt so: Bisher war es mir nämlich verborgen geblieben, daß sich das große brandenburgische Wappen (inklusive Wappenhelmen und Schnalle des Hosenbandordens), welches die - wohl - ursprüngliche Fassung des Silberthorns Friedrichs (III.) I. schmückte, in identischer Gestaltung auf den älteren - vor 1701 entsandenen - Teilen des Silberbuffets aus dem Rittersaal befindet. Das könnte darauf hindeuten, daß auch der Silberthron schon zur kurfürstlichen Zeit entstanden ist. Dies würde eventuell auch den etwas ausladenden Aufbau des Zierrats der Rückenlehe erklären, denn die beiden die große Krone haltenden Adler könnten dann mitsamt der Krone erst nachträglich (1701) hinzugefügt worden sein.

    Abbildung:
    Vergleich des Wappens auf der Rückenlehne des Silberthrons (links) mit demjenigen auf der Handwaschschüssel des großen Silberbuffets (rechts).

  • Vorbild Silberthron ?

    Unter den Silbermöbeln des Welfenhauses findet sich ein um 1725/6 in Augsburg – möglicherweise von Philipp Heggenauer - hergestellter Spiegel, dessen obere Rahmenbekrönung hinsichtlich ihres Aufbaus und der wichtigsten Bestandteile eine frappierende Ähnlichkeit mit dem Rückenlehnenzierrat des Silberthrons auf dem Gericke Gemälde von 1701 aufweist.
    Ob es die zentrale Rolle des ovalen Wappens (hier das große brandenburg-preußische, dort das große des Gesamthauses Braunschweig-Lüneburg), die flankierende Rolle der identitätsstiftenden wichtigsten Wappentiere (hier zwei Adler, dort zwei Welfenrösser), das vierfache Vorkommen von Eckvoluten oder die Kronen als Abschluß sind, immer scheint es, daß hier das ältere Kunstwerk beim jüngeren Pate gestanden hat. Zeitlich möglich wäre dies immerhin, wurde der Silberthron des ersten Preußenkönigs doch erst in der Regierungszeit Friedrichs des Großen (also nach 1740) eingeschmolzen.

    Abbildung 01:
    Spiegel aus dem Silbermöbelschatz des Welfenhauses.

    Abbildung 02:
    Detail der oberen Rahmenbekrönung.

    Abbildung 03:
    Vergleich der Rahmenbekrönung mit dem Zierrat der Rückenlehne auf dem Gemälde von 1701.

  • Dislozierung der ‚mobilen’ Thronsessel


    Abgesehen vom rekonstruierten Silberthron, der anscheinend durchgehend im Kapitelsaal aufgestellt war, wechselten das (Königs-)Thronpaar und auch die beiden scherenstuhlartigen Silberstühle (heute im Kunstgewerbemuseum Schloß Köpenick) häufig ihren Standort. Nach dem Ende der Monarchie, also zu Zeiten des Schloßmuseums geschah dies sicherlich aufgrund kunsthistorischer Erwägungen, so waren z.B. die beiden Scherenstühle nach 1918 sowohl unter dem Doepler’schen Baldachin im Rittersaal, als auch im Thronsaal der Königskammern Friedrich Wilhelms II. im 1. Obergeschoß zu sehen. Was mich hier interessieren würde, wäre, nach welchen Kriterien vor 1918 durch das Oberhofmarschallamt die Auswahl der Throne für den jeweiligen Anlaß vorgenommen wurde. So scheint das (Königs-)Thronpaar zu den Neujahrsempfängen und bei den Reichstagseröffnungen (hierbei jedoch lediglich ein Thronsessel aus dem Paar) im Weißen Saal Verwendung gefunden zu haben. Zu anderen Gelegenheiten (eventuell bei Ordensfesten jenseits des Schwarzen Adlerordens) scheinen die Scherenstühle im größten Saal des Schlosses gestanden zu haben (siehe angefügte Abbildung). Manchmal – so scheint es – wurde das (Königs-)Thronpaar neben der Thronbank in der Roten Samtkammer ‚geparkt’ (dies geschah nicht erst zu Zeiten des Schloßmuseums nach der Revolution, sondern bereits während der Monarchie, wie Photographien belegen). Schön wäre auch zu erfahren, wie der Transport der Thronsessel von Raum zu Raum vonstatten ging. In feierlicher Prozession oder eher geschäftsmäßig auf einem ‚Rollwagen’ (ich tippe bei den nüchternen Preußen eher auf das letztere ;) ). Ungeklärt ist bisher auch, wie die Adaptierung der Baldachine, d.h. der Austausch der jeweils benötigten Bespannung (preußsich oder deutsch) handwerklich bewerkstelligt wurde und wo man dann die gerade nicht benötigten Textilien verwahrte. Ebenfalls unbekannt ist, ob die Thronpodeste jedes Mal neu gezimmert und mit Teppich bezogen wurden, oder ob fertige Stufenanlagen lediglich vor Ort geschoben wurden.

    Für viele dürften diese Aspekte nur spinnerte Detailfragen sein, ich weiß. Für mich aber sind sie ein Teil der Alltagskultur im Schloß, welcher noch der Aufklärung harrt…

    Es wäre doch schön, wenn man durch die Aufklärung dieser - und ähnlicher Fragen - die Arbeitsleistung all der vielen Mitarbeiter im Schloß dem Vergessen entreißen und sie in adäquater Weise würdigen würde. Ich denke, das haben die 'guten Geister' des Stadtschlosses mehr als verdient. Und mit den 'guten Geistern' ist hier ausnahmsweise nicht die 'Weiße Frau' gemeint... :rolleyes:

    Abbildung:
    Die silberbeschlagenen Scherenstühle anläßlich einer Veranstaltung unter dem – preußisch bespannten – Thronhimmel im Weißen Saal.

    2 Mal editiert, zuletzt von Pagentorn (2. Mai 2016 um 10:00)

  • ... und 1918 waren sie dann arbeitslos


    Anbei ein Photo welches Schloßmitarbeiter zeigt, wie sie im November 1918 ihre ehemalige Wohn- und Wirkungsstätte verlassen müssen. Auf dem Bild überqueren sie gerade den Schloßplatz in Richtung Brüderstraße. Im Hintergrund erkennt man die Südwestecke des Schlosses und - schemenhaft - die Südecke der Kolonnaden des Nationaldenkmals.

    Wer weiß, vielleicht war eine der Damen oder auch der Herr für die Instandhaltung der Thronsessel verantwortlich ?

    Insgesamt ein melancholisches Bild, welches am Beginn so vieler weiterer Verluste steht... ;(

    Einmal editiert, zuletzt von Pagentorn (2. Mai 2016 um 10:49)

  • Für viele dürften diese Aspekte nur spinnerte Detailfragen sein, ich weiß. Für mich aber sind sie ein Teil der Alltagskultur im Schloß, welcher noch der Aufklärung harrt…

    Nein, das sind sicher keine spinnerte Detailfragen. Im Gegenteil, Ihr Thema gibt doch eine Abwechslung ins Forum, und es gehört zur Inneneinrichtung - sprich Innenarchitektur - eines Bauwerks. Das Schlütersche Treppenhaus ist hier schon 100-fach erwähnt und gezeigt worden, und hatte doch nie den funktionalen Stellenwert im Schloss wie der Thron!

    Das Bild mit den arbeitslos gewordenen Schlossbediensteten hat wirklich was melancholisches...