Kassel in alten Bildern

  • Kassel, Stadtschloss.

    Das Kasseler Stadtschloss wurde vermutlich ebenso wie die Stadt Kassel im 2. Weltkrieg zerstört. Hier nun einige Bilder aus dem Kasseler Stadtschloss, die uns prächtige Räume bzw. Sääle aus dem Klassizismus zeigen. Das Schloss wurde 1821-1826 von Hofbaudirektor Johann Bromeis (+ 1851) neu eingerichtet und durch das sog. "Rote Palais" erweitert.


    Kassel, Stadtschloss. Die "Alte Stuckgalerie", 1821-1826 (5,50 m x 20,00 m)
    Wände antiker Stuckmarmor, Deckenornamente weiß auf perlgrauem Grund.

    Kassel, das Stadtschloss. Der Tanzsaal (Fläche 11 m x 25 m)Säulen aus Lapislazuli auf gelbem Stuckmarmor, blauseidene Vorhänge.

    Kassel.-Das Stadtschloss. Der grüne Empfangssaal (Fläche etwa 12,00 m x 17,00 m).
    Grünseidener Wandbezug, Pilaster und Decke rötlich grau.

    Kassel.-Das Stadtschloss. Der Thronsaal (etwa 12,00 m x 12,50 m).
    Wandbespannung roter Samt zwischen weißen Stuckpilastern mit Ornamenten in Altgold.

    Kassel. -Das Stadtschloss. Von einer der Schmalseiten des Tanzsaals:

  • Die gezeigten Bilder zeigen nicht Innenräume des Stadtschlosses, dass bereits 1811 abgebrannt ist und dessen Ruinen danach abgetragen wurden. Zu einem geplanten Neubau kam es nicht mehr.

    Es handelt sich vielmehr um die Innenraume des Weißen und des Roten Palais, die von den Kurfürsten als Residenz genutzt wurden.

    Außenansichten:

    http://www.presche-chr.de/christian/Residenzpalais.htm

    Innenansichten des Weißen Palais:

    http://www.presche-chr.de/christian/WeissesPalais.htm

    Innenansichten des Roten Palais:

    http://www.presche-chr.de/christian/RotesPalais.htm

  • Hallo Andreas,

    vielen Dank für die großartigen Bilder, die dem Auge des Betrachters einen Rundgang durch die Palais gestatten. Was für kostbare, wunderschöne Raumgestaltungen, von denen ich wirklich begeistert bin.

    Trotz des informativen und interessanten Textes zu den Fotos drängen sich mir folgende Fragen auf:


    Was ist von den Gebäuden noch vorhanden?

    Was von der Raumgestaltung und der Innenausstattung der Sääle und Zimmer? Außer den im Kriege ausgelagerten Möbeln fürchte ich, dürfte alles im Feuersturm des 2. Weltkriegs unter gegangen sein.


    Wurde etwas von den gezeigten Palais wieder wiederaufgebaut oder rekonstruiert und wenn ja, was?

    Vielleicht kannst du diese Fragen beantworten, die sicherlich außer mir auch noch andere Forumsmitglieder interessieren. Vielen Dank.

  • Das ist ja schrecklich und es tut richtig weh zu sehen, wie schön diese Gebäude einmal waren und wie grottenhässlich das nun geworden ist.

  • Was ist von den Gebäuden noch vorhanden?

    Die Frage hat Anschütz dankenswerter Weise im wesentlichen schon beantwortet.

    Hinzuzufügen wäre noch, dass beide Gebäude durch Bomben beschädigt wurden, das Weiße Palais wohl mehr als das Rote Palais. Im Jahre 1961 wurden die Ruinen abgerissen und an deren Stelle ein Kaufhaus (von Sep Ruf) errichtet. Der Portikus des Roten Palais wurde in den Bau integrieret, wie auf den Bildern zu sehen ist.

    Das Mobiliar beider Palais war vor der Zerstörung ausgelagert worden und dürfte sich heute in verschiedenen Museen bzw. Depots befinden (eventuell zu Teil im Weißensteinflügel des Schlosses Wilhelmshöhe?)

    http://www.kassel.de/kultur/sehensw…1692/index.html

    Von der einstigen Residenz der Regenten des Kurfürstentums Hessen ist daher an dessen Standort nicht mehr geblieben als der Portikus des Roten Palais und an dessen Stelle (wie es , so könnte man polemisch sagen ins das System des Kalten Krieges passt, kein Aufmarschplatz, sondern) ein Kaufhaus getreten.

  • @ Andreas,

    danke auch an dich für deine Erläuterungen. Es ist doch jammerschade, ja nachgerade bitter, dass man diese beiden ganz herausragenden Bauwerke nicht wieder aufgebaut hat. Sie waren ja bestens bis ins Detail dokumentiert und das bewegliche originale Mobiliar überdies geborgen und stand zur Verfügung. Was für wunderschöne Räume in edelstem Klassizismus wären das geworden! Hätten sich diese Räume in Bayern befunden und die Grundstücke sich überdies im Eigentum des Landes Bayern, dann, so bin ich ich davon überzeugt, man hätte sie wieder aufgebaut. Auch quasi als Geschenk für das im Kriege so schwer getroffene Kassel.

  • Natürlich waren die beiden Palais besser als die heutige Situation, aber so dolle fand ich die auch nicht...Das weiße könnte auch ein Rathaus einer malerischen Kleinstadt sein. Nicht sehr palais'isch. Und dem roten hätte ne zusätzliche Etage oder ein höheres Dach gut gestanden. So wirkt es eher, als hätte es den Krieg überstanden, aber man bei der Reko aufs 2.OG verzichtet hätte. Zu niedrig für die Breite? Kann auch an der abfallenden Straße liegen. Gilt auch fürs Kaufhaus.

  • Hallo Benni,

    hast du dir denn tatsächlich auch die Innenaufnahmen des Weißen Palais und des Roten Palais ahgesehen, die Andreas weiter oben eingestellt hat? Diese äußerst hochwertigen Raumschöpfungen incl. Wandgestaltung, Decken und Fußböden sowie die dazu gehörige Möblierung. Diese Sachgesamtheit meinte ich in erster Linie, die mich begeistert und deren Verlust ich sehr bedaure, viel mehr noch als die äußeren Fassaden. Freilich gehörte beides zusammen.

  • Es gibt sicher künstlerisch bedeutendere Residenzen in Deutschland. Aber für eine Residenzstadt der ersten Hälfte des 19 Jahrhunderts und des damit verbundenen Stadtausbau (hier von Kassel) waren sie schon sehr zeittypisch und auch den Ort Friedrichsplatz prägend.

    Hinzu kommt die geschichtliche Bedeutung für Kurhessen, die alleine den Erhalt gerechtfertigt hätte.

  • Hallo Villa, ich bezog mich aufs Äußere. Ums Innere ist es "schader", als ums Äußere. Gegen den Erhalt (oder vielleicht mal sogar Reko-Absichten) hätte ich natürlich auch nichts gehabt. Habe ja nicht gesagt "Die waren eh nicht schön, also nicht so schlimm, dass sie weg sind.".

  • Hallo Benni,

    das hatte ich auch so vermutet, nur denke ich, neben der Fassade, umso mehr bei einem Repräsentationsgebäude, sollte man auch das Interieur mit in Betracht ziehen. Dazu kommt dann auch noch die geschichtliche Bedeutung für den Staat Kurhessen, auf die Andreas zurecht verweist. Nach wie vor bin ich der Meinung, dass ein Wiederaufbau dieses Ensembles am Friedrichsplatz in Kassel hätte erfolgen sollen und müssen.

  • Zitat von Villa1895

    Nach wie vor bin ich der Meinung, dass ein Wiederaufbau dieses Ensembles am Friedrichsplatz in Kassel hätte erfolgen sollen und müssen.

    Sicher hätte es das, wie in 99% anderer vergleichbarer Fälle auch.

    Ich rede nicht vom Stil der Fassaden- oder Innengestaltung, sondern von den etwas misslungenen Proportionen des Roten Palais. Was haben die mit dessen geschichtlicher Bedeutung für Kurhessen zu tun? Das Problem besteht wie gesagt mMn auch weiterhin beim Kaufhaus.

  • Alles in allem wäre es leicht möglich gewesen, mit dem Friedrichsplatz den Charakter einer Residenzstadt zu erhalten und so Kassel trotz des wohl tatsächlich unwiederbringlichen Verlustes der Altstadt aufzuwerten. Das alles war ein fürchterliches Versäumnis und hat die Stadt so marginalisiert wie keine andere. Das heutige nur an der läppischen documenta orientierte Kassel ist ein klassisches widerwärtiges Beispiel für BRD- Geschichtsvergessenheit. Leider kann man es nicht völlig meiden bzw aus den Augen verlieren, leider wird es mit genügend Tourismus belohnt werden, denn der park Wilhelmshöhe zählt in der Tat zum Eindrucksvollsten, was es auf diesem Gebiet überhaupt gibt.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Ein Bild der Ruine des Weißen Palais:

    http://regiowiki.hna.de/images/thumb/1…rotesPalais.jpg

    und der Friedrichsplatz heute:

    http://www.jungfernkopf.info/wp-content/upl…drichsplatz.jpg

    Erhalten sind, neben der Platzgestalt als solche (abgesehen von er Durchgangsstraße) das Ottoneum von 1603–1606 und das Museum Fridericianum von 1769–1779.

    Ein für den Wiederaufbau Deutschlands nicht untypische Geschichte ist die er sog. Kommandantur. Diese war um 1770 erbaut worden. Das spätbarocke Gebäude wurde Zweiten Weltkrieg nur leicht beschädigt. Als es in den sechziger Jahren wegen (wohl angeblicher) Baufälligkeit entkernt werden sollte und der Fachwerkkern entfernt war, fiel die Fassade zusammen und man konnte den gewünschten Abriss vornehmen. Die Fassade des heutigen Hauses ist ein Nachbau von 1969, wobei wohl einige weniger historischer Fassadenteile wiederverwendet wurden.

    Einmal editiert, zuletzt von Andreas (1. April 2016 um 15:21)

  • Abgesehen vom Verlust des weißen und roten Palais ist auch der des einstigen Opernplatzes sehr bitter...

    (Quelle: https://s3.amazonaws.com/gs-waymarking-…70401f6cc_l.JPG)


    Gleiches gilt für das ehemalige preußische Staatstheater am gegenüberliegenden Ende des Friedrichsplatzes, zumal dieses nach dem Krieg durchaus hätte wiederaufgebaut werden können...


    (Quelle: http://www.hna.de/bilder/2016/01…aDq76HRBPNG.jpg)


    (Quelle: http://lagis.online.uni-marburg.de/img/edb/s2/383-F-10.jpg)

  • Hallo Anschütz,

    danke für deine neuerlichen interessanten Fotos. Beim Aufbau der kriegszerstörten deutschen Städte ist wirklich sehr viel schief gelaufen. Nicht nur in Kassel, aber dort wurde wohl besonders übel neu gebaut. Man hätte mit gutem Willen so Vieles retten können. Ja, das ist schon traurig.

    Aber die Entscheidungsträger wollten eben zeigen wie modern sie sind und die Architektenschaft war ohnehin auf Bauhaus und Moderne eingeschworen und wollte überdies unbedingt ihre eigenen geistigen Ergüsse verwirklichen. Im Grunde hat sich daran leider bis heute noch nicht allzuviel geändert, wie der Kampf um jede Rekonstruktion zeigt. Doch die Zeit der Betonklötze, der Glas- und Stahlkäfige, der Schuhschachteln neigt sich dennoch dem Ende zu. Auch wenn die Architekten und die sog. Intellektuellen derzeit noch so verbissen gegen Rekonstruktionen hetzen und auch bei Neubauten eine klassische Formensprache und das Ornament als Schmuck eines Hauses zumeist strikt ablehnen und zäh das Dogma verteidigen, was man ihnen auf den Universitäten eingetrichtert hat.

    2 Mal editiert, zuletzt von Villa1895 (1. April 2016 um 20:45)