Dresden - Postplatz

  • @ Harmonica

    ich bin natürlich gegen eine Bebauung nach dem Vorbild des Wiener Platzes. Wenn ich mir aber einen der beiden Plätze aussuchen müsste, dann doch lieber den Wiener Platz.
    Und man soll doch mal ganz ehrlich sein, wenn ein Platz nur dadurch zu ertragen ist, dass möglichst viele Gebäude von Bäumen verdeckt werden, ist das schon ein riesiges Armutszeugnis. Und dazu muß angemerkt werden, dass Bäume eben ein knappes halbes Jahr ohne Blätter sind.
    Ich kann je verstehen, dass Menschen, die in Dresden leben, an ihrer Stadt hängen. Aber dieser Zustand ist unentschuldbar.

    APH - am Puls der Zeit

  • Naja, eigentlich ist's so ja ganz gut... so kann wenigstens der alte Postplatz zum Teil noch auferstehen wenn die Stadtplaner in Dresden reif dafür sind. z.B. die Hauptpost, die Fassade des Telegraphenamtes, die o. angesprochene Gambrinus Gaststätte und auch diese Gaststäte, die mitten auf dem Platz stand (vom Feldschlösschen oder so)

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Zitat von "GanskeStortSett"

    Das bedrückende ist, daß die Dresdner Innenstadt auf gut 20 Quadratkilometer so ähnlich aussieht, von kleinen Inseln mit erhaltener Bausubstanz mal abgesehen. ...


    Das heutige Dresden kommt gegenüber dem Vorkriegsdresden mit viel weniger City-Fläche aus, weil es a) viel weniger Einwohner hat und b) sich vieles in die Stadtteile verlagert hat.
    Deshalb gab und gibt es keinen Bedarf und keinen wirtschaftlichen Druck, die zerrupften Brachflächen zu beseitigen.
    Zumal kein privater Investor gern den ersten Schritt tut, denn das Risiko ist viel zu hoch, daß er dann wie z.B. am Ferdinandplatz für Jahrzehnte mit einer halbfertigen Situation oder Baustelle leben muß, die für Kunden und Passanten nicht sehr attraktiv ist.

    Die Frage ist, ob man in Anbetracht dieser Situation nicht für bestimmte Areale die ganze Reglementierung aufheben, die Wenn und Abers von Stadtplanung und Denkmalsschutz beiseite schieben sollte, damit überhaupt erstmal gebaut wird und wieder Leben rein kommt
    oder ob man lieber einebnen, begrünen und auf bessere Zeiten warten soll, bis vielleicht irgendwann doch einmal der Trauminvestor erscheint ...

  • Zitat

    Die alte Baracke ist beseitigt, mit ihr auch die letzten Grundfundamente der alten Post. Wieder eine Brachfläche mehr im Stadtzentrum.

    Bist Du Dir sicher, dass Du wirklich die Post meinst und nicht vielleicht das Telegraphenamt? Ich denke die Reste der Post stehen unter Denkmalschutz?

    Zitat

    Dort auch noch deutlich die Cambrinus-Gaststätte am Postplatz (vor dem Schauspielhaus) zu sehen, die in den späten 60ern abgerissen wurde


    Stimmt, ist glaube ich mit der Sophienkirche beseitigt worden. Aber ein städtebauliches Juwel war es zugegebenermaßen auch nicht, wie eigentlich der gesamte Postplatz vor dem Krieg ziemlich improvisiert und zusammengewürfelt wirkte.

    Zitat

    An jener Ecke existierten in den 60ern auch noch Gründerzeitler, die später rücksichtslos abgerissen wurden.

    Die standen etwa bis 1986/87.

  • Also ich finde um sich ein abschließendes Urteil über die neue Haltestelle am Postplatz machen zu können, sollte man erst einmal abwarten, bis es fertig ist.
    An Hand einiger Stahlkonstruktionen kann zumindest ich noch nicht erkennen, wie das Endergebnis aussieht.

    Das Modell fand ich immer ganz zufriedenstellend und edel.
    Das man die Züge möglicherweise besser an zwei Bahnsteigen nebeneinander hätte halten lassen sollen, um ein Gedränge und Gerenne von vorn nach hinten zu vermeiden, ist ein ganz anderes Problem.

  • Die Haltestelle am Postplatz nimmt nun Formen an, wie ich vergangenes Wochenende feststellen konnte. Grauenhaft!

    Die Bauten am Wiener Platz finde ich ebenfalls, wie bereits oben erwähnt, primitiv. Glas-Beton-Stahl, nicht mal Sandsteinfassaden wie beim Karstadt in der Prager Straße. Auch die unterirdische Passage ist vollkommen gesichtloser Beton.

    Dresden ist und bleibt eine Wüste mit einer barocken Kultur-Insel. Lediglich die Neustadt ist sehr urban und schön.

    Für weniger Ideologie!

  • leider sind die gegensätze in dresden sehr groß. auf der einen seite die (zum großen teil) wiederhergestellten quartiere um den neumarkt; auf der anderen seite wüten architekten ihn ihrem stahl- und betonwahn (postplatz) ohne rücksicht auf die historische umgebung (zwinger).

    denk ich an deutsche innenstädte in der nacht - bin ich um den schlaf gebracht (frei nach schäiksbier) :zwinkern:

    man sollte eine zeitmaschine erfinden, die gebäude aus der vergangenheit in die gegenwart bringt.

  • Zitat von "Sebaldt"

    Es ist sehr schade, daß Dresden nur in seiner Kultur-Insel wiederhergstellt wird.

    Wenn man bedenkt, wie groß die mächtige Reko-Gegner-Architektur-Lobby ist, so kann man dennoch stolz auf die "Kultur-Insel" sein. Der Neumarkt ist das größte innerstädtische Rekonstruktionsprojekt in Deutschland seit Jahrzehnten. Noch ist der Postplatz nicht verloren und je länger die Brache dort vorherrscht, umso größer sehe ich die Chance, dass der "Funke Neumarkt" überspringt - nicht in der Reko des ohnehin schon stark zerklüfteten historischen Postplatzes, aber zumindest in angepasster und traditioneller Architektursprache.

  • Zitat von "Harmonica"

    Wenn man bedenkt, wie groß die mächtige Reko-Gegner-Architektur-Lobby ist, so kann man dennoch stolz auf die "Kultur-Insel" sein. Der Neumarkt ist das größte innerstädtische Rekonstruktionsprojekt in Deutschland seit Jahrzehnten. Noch ist der Postplatz nicht verloren und je länger die Brache dort vorherrscht, umso größer sehe ich die Chance, dass der "Funke Neumarkt" überspringt - nicht in der Reko des ohnehin schon stark zerklüfteten historischen Postplatzes, aber zumindest in angepasster und traditioneller Architektursprache.

    [lexicon='Neumarkt Dresden'][/lexicon]-projekt ist ja auch einzigartig von eine Europäische Dimension. In Schweden wurde man auch solche Projekte brauchen.....

    ....im Gegenteil zeigt Neumarkt dass Reko-gegner hat viel verloren....dass wir können eine kleine Trendwechsel beobachten....

  • Am Postplatz stehen doch noch die Reste der alten Post (?), vielleicht wird auch sie irgendwann wiederaufgebaut. Das wäre doch schon ein großer Schritt.

    Die Haltestelle ist bisher zwar nicht schön, aber auch nicht unglaublich hässlich, wie ich finde. Immerhin wird so das Schienengewirr etwas entflochten. Viel schlimmer finde ich, dass man auch unten um die Linde-Platte herum gepflastert hat, was ich als Zeichen deute, dass dieses hässliche Gebäude noch eine Weile erhalten bleibt.

    --
    Aenos

  • Die Linde-Platte ist wirklich mehr als schlimm. Schaut sie doch auch noch so fies über den Zwinger.

    Besteht eigentlich theoretisch noch die Möglichkeit die gotische Sophienkirche zu rekonstruieren? Oder ist ihr ehem. Standort schon bebaut?

    Am letzten Wochenende war ich in Dresden und habe im Ibis gewohnt. Dann habe ich den verhängnisvollen Fehler begangen, einmal paralel zur Prager Straße, also hinter dem Ibis, zum Postplatz zu gehen. Die Wüste Gobi könnte nicht anders aussehen. :sehrtraurig:

    Für weniger Ideologie!

  • >> und habe im Ibis gewohnt

    Eigentlich sollte man in solchen Hotels nicht auch noch für Umsatz sorgen...

    Eine der vorzüglichsten Eigenschaften von Gebäuden ist historische Tiefe.
    Die Quelle aller Geschichte ist Tradition. (Schiller)
    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten.

  • Hallo

    Ich bin in Dresden geboren und habe da ca 30 Jahre gelebt.

    Tja der Postplatz. Die Bilder die ich hier gesehen habe,sehen in der Tat erschreckend aus. Aber das Ganze ist noch ne Baustelle. Ich bin auch der Meinung, man sollte abwarten, bis das Teil fertig ist.

    Noch nen Wort zur Zentralhaltestelle. Ich sehe nen Problem darin,das man zum Umsteigen ne Ampel passieren muss. Im Klartext: Viele Fahrgäste werden versuchen,wenn sie ihre Bahn sehen,bei Rot rüberzurennen.

    Ich glaube ich weiss wovon ich rede ,denn ich war Strassenbahnfahrer in Dresden. Stammlinie war die 8 damals Leutewitz-Hellerau,für die Insider.

    Ok erstmal

    Gruss claus56

  • Zitat von "Antiquitus"

    >> und habe im Ibis gewohnt

    Eigentlich sollte man in solchen Hotels nicht auch noch für Umsatz sorgen...

    Ich habe nischt im Lotto gewonnen, daß ich im Hilton oder Bellevue absteigen konnte.

    Für weniger Ideologie!

  • denk ich an deutsche innenstädte in der nacht - bin ich um den schlaf gebracht (frei nach schäiksbier)

    Hallo Campus,
    der Spruch klingt mir eher sehr frei nach Heine...

    Zum Thema Kulturinsel:

    Ich persönlich finde die Gegensätze in Dresden, großflächig gesehen, eher spannend. Wenn man vom Hauptbahnhof aus in die Stadt geht, begibt man sich sozusagen auf eine Zeitreise: 21.Jhd.- 1970- 1950- 1800-Elbe(prähistorisch :zwinkern: ).
    Mir gefällt es auch besser, die einzelnen Gebiete sozusagen stilrein zu bebauen.(am Wiener Platz alles Glas (Ensemblewirkung!), dann steinern am Altmarkt und alles Rekos am Neumarkt) Das hat auch Charakter (wenn auch noch vieles unfertig ist) und es entsteht nicht so ein Salat an Stilen und Materialien wie in vielen westlichen Innenstädten. (Wie gesagt, man muß jetzt auch mal 20 Jahre warten können, bis das Zentrum vielleicht halbwegs verdichtet ist, und nicht die momentane Innenstadtbaustelle als Endprodukt verdammen, wie viele Vorredner das mit dem Postplatz tun)
    Eine Komplette Reko der Prager Straße zum Beispiel (an sich ja wohl eher illusorisch)fände ich nicht so toll wie viele hier. Man schaue sich mal alte Fotos an: Diese Straße ist zu schmal für die Höhe der Bebauung, düster (die Häuser wären heute alles düstere Klötzer wie das Ständehaus) , eintönig und wenig repräsentativ. Keinerlei Grün, keine Verweilqualität nur Kommerz hunderte Meter weit.
    Will man das wirklich wieder haben?
    Da sollte man die knappen Ressourcen doch lieber in die Reko des Viertels südlich der Wilsdruffer investieren und dieses möglichst einheitlich nach altem Vorbild bebauen und dort ein wirklich urbanes Viertel schaffen.
    So wird es kommen und das finde ich persönlich sehr ansprechend.

    P.S. Ich werde im Juli nach Dresden ziehen und freue mich schon sehr darauf, die Entwicklung der Stadt in den nächsten Jahren hautnah miterleben zu können. (Auch das Wachsen der Platanen auf der neuen Prager Straße :D )[/quote]

  • @ Vossi

    Man kann sich wohl alles schönreden, oder? Die Gründerzeitbauten der alten Prager Straße müssen heute keinesfalls dunkel sein, wenn man sie entsprechend renoviert hätte. Auch ist es möglich Bäume zu pflanzen!

    Aber irgendwie hat die heutige Prager Str. auch was, doch das drumherum ist wüst. Auch der Postplatz.

    Nun, da sie ja den Ost-West-Konflikt aufleben lassen wollen, in dem Sie schreiben, daß manch westdeutsche Stadt einen Architektur-Mix aus allem möglichen bzw. unmöglichen hat, gebe Ihnen sogar Recht. Die westdeutschen Städte sind durch die Bank hindurch häßlich, wenn sie im 2. Wk. zerstört wurden und dann meist billig "wiederaufgebaut" wurden. Aber, die Städte im Osten hätten nach der Wende die einmalige Chance gehabt ihr zerstörtes Stadtbild vorbildlich zu rekonstruieren. Die wenigsten Städte haben es genutzt.

    Für weniger Ideologie!

  • Es war nicht meine Absicht, einen Ost-West-Konflikt heraufzubeschwören (die Lage sollte sich eigentlich im 17ten Jahr nach der Wende langsam normalisieren), sondern lediglich eine persönliche Meinung die Einheitlichkeit eines Stadtbildentwurfs betreffend.
    Die hier lauthals verkündete These, die Städte im Osten hätten die Chance gehabt, alles wieder aufzubauen und diese nicht genutzt, kann ich wirklich nicht nachvollziehen.
    Erstens, ist der Wiederaufbauprozess bei so viel Brachfläche in Dresden noch lange nicht abgeschlossen, sondern eher voll im Gange. Ca. 10-15 Jahre hat es nach der Wende gedauert, offene Grundstücksfragen zu klären, an manchen Stellen im Zentrum sind sie noch nicht geklärt(Gebiet zwischen Karstadt und Petersburger Straße-die größte Wüste im Zentrum).
    Zweitens:Von welchem Geld hätte der Wieder-Wiederaufbau seitens der Stadt bezahlt werden sollen (Abriß-und Erschließungskosten), welche Investoren hätten für die geringe Kaufkraft (keine vermögende bürgerliche Schicht, geringere Löhne, hohe Arbeitslosigkeit) im Nachwendedresden ein komplettes Vorkriegszentrum hinstellen wollen und wie hätte man als Stadtverwaltung solch einen in Größenordnungen flächendeckenden Wiederaufbau überhaupt steuern sollen. (da man ja auf private Investoren angewiesen ist, die auch nichts zu verschenken haben und sich bei der heutigen Lohnstruktur diese aufwendigen Gründerzeitfassaden nicht leisten können).
    Drittens:Der Prozeß der wirtschaftlichen Erholung und Stabilisierung hat doch gerade erst begonnen.Die Städte im Osten waren die ersten Jahre nach der Wende faktisch Pleite, die gesamte wirtschaftliche Grundlage war weggebrochen. Und die Erholung dauert ihre Zeit.

    Ich finde wirklich, daß die Diskussion um die angeblich vertane Chance der Städte im Osten eine sehr theoretische ist und wer sich mit Bildern von 89 im Hinterkopf heute umschaut, muß zugeben, daß sie auf einem guten Weg sind und sicher für immer (völlig unideologisch gemeint) ein anderes Flair als die Städte im Westen haben werden, obwohl sie alle in einer gemeinsamen deutschen Geschichte vor 45 wurzeln.

  • letztens ist mir am Fürstenzug eine Tafel aufgefallen, wo sinngemäß drauf steht:
    "Wiederhergestellt anläßlich des 30.Jahrestages der DDR"

    Mittlerweile denke ich mir:
    Gut daß damals solche Tafeln aufgehängt wurden!
    Manche Dresden-Touristen denken ja tatsächlich, das sei alles von ihrem Soli bezahlt...