Ist das wirklich eine gute Nachricht? Gründerzeitfassaden (abgesehen vom Rathaus) sind doch in diesem Viertel nur sehr wenige zu finden, an die man sich angleichen könnte. Vielmehr steht hier doch schlichte Nachkriegsarchitektur, aber trotzdem irgendwie "münchnerisch". Zudem wieder mal eine zweigeschossige Ladenfront - genau das, was ich den meisten echten Gründerzeitbauten in Altstädten ankreide. Konsumrausch vor Gemütlichkeit.
Ich finde, dass dieser Entwurf eine fantastische Nachricht ist, vor allem wenn man bedenkt, was sonst so in den deutschen Innenstädten in letzter Zeit an Neubauten geschaffen wird, das hier ist doch eine hochelegante Fassadengliederung! Wann verwendet man bei neuen Fassaden denn schon klassische Gestaltungselemente wie nach Etagen abgewandelte und rhythmisierte Fensterformen, Pilaster, Kapitelle sowie kleinteilige und filigrane Dekorationen? Dass das ganze nicht plastisch, sondern als Sgraffito ausgeführt werden soll, finde ich zwar etwas eigenwillig, aber durchaus akzeptabel. Wahrscheinlich handelt es sich um einen Kompromiss und eine Annäherung an modernere, flachere Fassadengestaltungen, wie Philoikódomos richtig angemerkt hat, außerdem vielleicht trotz aller historisierenden Fassadenelemente eine Einreihung in die Reihe der bemalten Fassaden am Anfang der Weinstraße.
Die zweigeschossigen Vitrinenfronten sind eine kommerzielle Notwendigkeit, auch schon damals zur Gründerzeit, wie du richtig bemerkt hast, und wenn diese Vitrinen einigermaßen schön umrahmt werden von Rustizierung, Pilastern und girlandenhaften Verzierungen, finde ich das schon in Ordnung. Auf jeden Fall ist ein gründerzeitliches Kaufhaus in meinen Augen um ein Vielfaches schöner als die meisten modernen Kaufhausfassaden.
Gründerzeitdekor fusst in erster Linie auf geometrischen Architekturplastiken wie Simsen, Säulen, Diamantbuckeln, Rustika, aber auch bildhauerischen Hermen. Sekundärer Dekor wie Fruchtbündel, Girlanden etc., also auch freihändische Bildhauer- oder Sukkateurarbeit, wird dann von diesen Architekturelementen eingefasst.
Ähnliches ist ja auf diesem Fassadenentwurf ja auch zu sehen, halt nur nicht in plastischer Form!
An weiteren gründerzeitlichen Fassaden in der unmittelbaren Umgebung gibt es die Weinstraße 11 (Bild) und Weinstraße 4 (eher Jugendstil, Bild).
Die Verbindung von Gründerzeitdekor und Sgraffito-Technik wäre ein interessanter Ansatz. Kennt jemand solche Beispiele? Man sollte einfach nicht im Sichtfeld eines bedeutenden Baudenkmals solche Experimente versuchen.
Lieber so ein Experiment als der moderne und nüchterne Einheitsbrei.