München - Altstadt - Allgemeines

  • Wie gesagt, ganz so schlimm ist München wieder auch nicht. Mir hats letztens ganz gut gefallen. Aber natürlich wird es vom Masentourismus arg überschätzt.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Und da kann Wien mit deiner Aufzählung einfach nicht mit

    Das heißt dann wohl, dass es in der Weltmetropole Wien nicht mehr als 10 mittelalterliche Häuser mehr gibt? Das ist schon arg, wie Barock und Nachfolgezeiten da gewütet haben.

    (Wobei ich die Zahl 10 jetzt einfach mal so aus dem Handgelenk geschüttelt habe, das muuss aber so die Größenordnung sein.)

  • Tatsächlich kaum zu glauben, dass es in M heutzutage noch mehr Mittelalter geben soll als in W. Hinter den barocken Fassaden auch nicht?

  • @Markus

    Doch, doch gibt es eh, aber ist halt viel überformt worden. Wenn man an so manchen Barockgebäude in die Tiefe geht, dann kommt man - wie unlängst erst in der Herrengasse - auf die ursprüngliche Bausubstanz aus dem 14 Jahrhundert! Gerade eine Stadt wie Wien, die in ihrer Bedeutung seit dem Mittelalter bis zum Ende der Monarchie immer wieder prosperierende Phasen erlebte, hat seine Bausubstanz Stück für Stück in ihren "Aufblühphasen" erneuert, modisch überformt und aus ihrer Sicht verbessert. Große Sprünge machte hier Wien vor allem nach der Vertreibung der Türken aus Mitteleuropa und auch wieder nach 1848 als der Kaiser dem Hochadel als Ausgleich für die Aufhebung der Leibeigenschaft ordentliche Ausgleichszahlungen leistete, die dieser (der Hochadel) in die Neugestaltung (zumeist im Inneren, aber nicht nur) ihrer Palais steckte.

    In der Wiener Altstadt gibt es noch recht viel mittelalterliche Substanz in den EG Zonen und vor allem den Kellern. Allein gleich 3 mittelalterliche Wohntürme fallen mir auf Anhieb in der Altstadt ein! Womöglich gibt es sogar noch mehr davon - wäre eigentlich eine interssante Forschungsfrage! Man muss eben nur ein bisserl am Putz kratzen ;)

    2 Mal editiert, zuletzt von Exilwiener (4. Mai 2016 um 19:10)

  • @Markus, exilwiener
    Klar, ich sprach ja auch vom "Phänotyp".
    Das reale Alter der Wiener Altstadt ist schwer auszumachen. Durch die verfluchten Türkenkriege wurden einerseits mittelalterliche Vorstädte beseitigt, andererseits jegliche Entwicklung auf die Innenstadt beschränkt. An und für muss man annehmen, dass der vorbarocke Bestand an Bürgerhäusern eigentlich futsch ist (vgl den berühmten Merian-Stich, auf dem Wien tatsächlich wieein großes Steyr aussieht). https://www.google.at/search?q=wien+…A9l6AuZlQ-rM%3A

    Natürlich hat man auf Grundmauern, Kellern, Fundamenten, teilweiee Umfassungsmauern gebaut, weiter gewurschtelt. Aber so, wie's sich uns heute von außen darstellt, ist alles barock.
    Das muss im Übrigen kein Nachteil sein. Ich bin der Überzeugung, dass der Barock das Beste war, was die bürgerliche Stadtbaukunst Wines zustande gebracht hat. Wie in meinen Galerien dargestellt, war das Renaissance-Vokabular Wiens äußerst beschränkt. Die meinsten unserer Renaissancefassaden sehen wie ganz schlichte, unscheinbare Barock-oder gar Klassizismusfassaden aus. Sicher wird es hier etliche Beispiele geben, die indes nicht ins Auge fallen - vgl die Ballgasse: die Frage nach dem "Stil" der Fassaden (ist es nicht überhaupt eine einzige?" stellt sich bei dieser Hinterhofarchitketur einfach nicht.

    Alles in allem bleib ich dabei: zehn wirklich phänotypisch und genuin mittelalterliche Hausfassaden gibt es in Wien definitiv nicht.


    Zitat von Zeno

    Das heißt dann wohl, dass es in der Weltmetropole Wien nicht mehr als 10 mittelalterliche Häuser mehr gibt? Das ist schon arg, wie Barock und Nachfolgezeiten da gewütet haben.

    Wiexagt: ich würd drauf ja sagen.
    Dh natürlich nur in der Inneren Stadt, nicht in den (dörflichen oder kleinstädtischen) Vororten wie vor allem Nussdorf.
    Noch einmal: natürlich wirkt die Altstadt - zurecht- älter, hat man niemals den Eindruck, durch eine so junge Stadt zu gehen.

    Probieren 's wir mal: ein bisschen was in der Griechengasse, ein Haus am Judenplatz, der König von Ungarn in der Domgasse, so'n schlichtes Renaissancehaus in oder hinter der Kumpfgasse - ich bin am Ende wer hilft mir weiter?
    Aber so richtig "mittelalterlich" wie die Mingener Beispiele ist das alles nicht!

    so gesehen soll man Minga keineswegs herabtun! Ich find wirklich, dass noch viel erhalten ist. Wobei ich den "Wiederaufbau" der Innenstadt alles anere als billige oder schönreden will.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

    3 Mal editiert, zuletzt von ursus carpaticus (6. Mai 2016 um 10:46)

  • Damenstiftstr.18


    Zu diesem offenbar in jüngerer Zeit renovierten Gebäude kann ich im Internet irgendwie nicht viel finden. Eine Aufnahme von vor der Renovierung würde mich sehr interessieren, die jetzige Fassadengestaltung finde ich - für heutige Verhältnisse - jedenfalls erstaunlich gut gelungen.

    Weit weniger toll sind dafür diese neuen, fürchterlichen viereckigen Dachfenster bei der Damenstiftstr. 6 (wie kann man so was nur genehmigen...):

  • Und gleich noch eine Aufnahme vom Lückenschluss - ein paar Jährchen ist es bereits wieder her - in der Westenrieder Straße neben dem Wirtshaus Beim Sedlmayr:

    Westenrieder Str. 14, 10


    2008

    Einmal editiert, zuletzt von Markus (17. September 2016 um 16:25)

  • Damenstiftstr. 18

    Danke. Sieht jedenfalls so aus als ob ab dem 3. OG neu gebaut wurde. Mir gefällt es mal ausnahmsweise.

    Einige ältere Bilder aus dem Denkmalatlas hab ich mir gestern erst angeschaut, u.a. von der Neuhauser Straße, Südseite.

    Einmal editiert, zuletzt von Markus (18. September 2016 um 11:18)

  • Hotterstraße 18, ehem. Gasthaus zur Hundskugel

    Zwei Aufnahmen, vor und nach der Restaurierung des ältesten (und jetzt ehemaligen) Gasthauses in München, der Hundskugel.

    2008

    Aktuell:

    Wie so viele weitere traditionsreiche bayrische Wirtshäuser nun Vergangenheit – in diesem Falle nach über 500 Jahren...Immerhin, dieses Altmünchner Bürgerhaus hat es – wie auch immer - geschafft in die heutige Zeit, welch Wunder...

  • Hackenstraße 7

    Das Radspielerhaus wird derzeit renoviert.

    Zwei ältere Artikel dazu:
    Sorge um den letzen Privatgarten der Altstadt

    Umstrittenes Projekt – Sorgen um den Radspielergarten


    Beide Aufnahmen von 2008.

    Das Radspielerhaus zählt zu den 8 gut erhaltenen Münchner Palais (bei einigen weiteren ist zumindest noch die Fassade erhalten) von einstmals 54. Interessant fände ich, wie viel beim Radspielerhaus innen noch erhalten ist.

    3 Mal editiert, zuletzt von Markus (18. September 2016 um 11:20)

  • Und gleich noch eine Aufnahme vom Lückenschluss - ein paar Jährchen ist es bereits wieder her - in der Westenrieder Straße neben dem Wirtshaus Beim Sedlmayr:

    Der "Lückenschluss" tut nicht massiv weh, fällt also nicht allzu arg negativ auf. Aber dennoch frage ich mich, wie gruselig es um die Phantasie eines Architekten bestellt sein muss, in einer solchen Lage, in einen solchen Straßenzug eine derartig langweilige, vollkommen belanglose Fassade hineinzustellen. Da ist nicht einmal ein kleiner Ansatz von Lebensfreude oder Gestaltungswillen erkennbar. Für mich ist dieses künstlerische Ergebnis einfach nur armselig.

  • Der "Lückenschluss" tut nicht massiv weh, fällt also nicht allzu arg negativ auf. Aber dennoch frage ich mich, wie gruselig es um die Phantasie eines Architekten bestellt sein muss, in einer solchen Lage, in einen solchen Straßenzug eine derartig langweilige, vollkommen belanglose Fassade hineinzustellen. Da ist nicht einmal ein kleiner Ansatz von Lebensfreude oder Gestaltungswillen erkennbar. Für mich ist dieses künstlerische Ergebnis einfach nur armselig.

    Yep, sieht wie ein billiger 50er Jahre Lückenfüller aus. Traurig.


  • Der "Lückenschluss" tut nicht massiv weh, fällt also nicht allzu arg negativ auf. Aber dennoch frage ich mich, wie gruselig es um die Phantasie eines Architekten bestellt sein muss, in einer solchen Lage, in einen solchen Straßenzug eine derartig langweilige, vollkommen belanglose Fassade hineinzustellen. Da ist nicht einmal ein kleiner Ansatz von Lebensfreude oder Gestaltungswillen erkennbar. Für mich ist dieses künstlerische Ergebnis einfach nur armselig.


    Dies ist einer der besten Sätze, die ich je zu diesem Thema gelesen habe! Genauso ist es. Ich hab mich auch schon oft gefragt, wie es wohl im Seelenleben so mancher Architekten ausschaut...
    Leider halten sich die meisten Architekten an das Diktat der Modernität, d.h. dass an jedem neuen Bauwerk erkennbar sein muss, dass es aus unserer Zeit stammt. Die Sensibilität, ob etwas zu den bestehenden Gebäuden passt oder nicht, scheinen sie aber leider nicht zu besitzen...

    "In der Vergangenheit sind wir den andern Völkern weit voraus."

    Karl Kraus

  • Leider halten sich die meisten Architekten an das Diktat der Modernität, d.h. dass an jedem neuen Bauwerk erkennbar sein muss, dass es aus unserer Zeit stammt. Die Sensibilität, ob etwas zu den bestehenden Gebäuden passt oder nicht, scheinen sie aber leider nicht zu besitzen...

    Ein Gebäude kann aber auch so errichtet werden, dass es in die bestehende Umgebung passt und trotzdem erkennen lässt, dass es aus der Zeit seiner Erbauung stammt. Dies muss sich nicht widersprechen.

    Das dies geht, sieht man zB. bei einigen der Neubauten der Frankfurter Altstadt.

    Der hier gezeigte "Lückenschluss" zeigt auch nicht aus welcher Zeit er stammt, sondern ist einfach nur phantasielos und langweilig (was unser Zeit sicher nicht per se ist!).

  • Zitat von Stephan Riedel


    Dieser Gesichtsausdruck entstand sicher beim Bau des Kaufhofs, an der Ecke des Platzes ;)

    Der Nachfolgebau des Hugendubel ist schon besser als der Vorgänger. Aber natürlich wäre er auch ganz leicht noch viel besser zu machen gewesen. Man hätte nur die Rundbögen des linken Nachbarn aufgreifen müssen.

  • Noch ein Neubau am Rande der Altstadt, der schon 2015 fertiggestellt worden ist, bis jetzt hier aber noch nicht vorgestellt wurde: Am Einlass 1a und 3 (hier war ehemals ein Stadttor der zweiten Stadtmauer des mittelalterlichen Münchens, daher der Name). Laut Beschreibung des Architekturbüros handelt es sich hierbei um die Schließung einer Baulücke (http://kaufmann-architekten.com/77-2/projekte/neubau/am-einlass-3); es war defacto allerdings nur teilweise unbebaut, nämlich auf der Fläche der neuen Nr.1a, während sich auf dem Grundstück Nr.3 der Rest eines Altbaus befand, der nach den Bombardierungen im 2. Weltkrieg übriggeblieben und hernach als zweistöckiges Haus wiederhergestellt worden war, siehe ein älterer Artikel in der tz und Google Maps. Laut Zeitungsartikel handelt es sich um Sozialwohnungen, in welchen der qm nur ca. 5€ kosten soll - für München, zumal an dieser zentralen Stelle, ein irrsinniger Preis, fast g'schenkt! Das Grundstück gehörte bereits der Stadt München, von daher konnten sie so etwas machen. Der Zweck ist sehr löblich, da kann man nix dagegen sagen.

    Schade ist es um den Altbau, man hätte die Gelegenheit nutzen können, das alte Haus mit den ursprünglichen oberen Etagen wieder herzustellen, aber dann hätten sie wahrscheinlich zu wenig Wohnflächen für die Sozialwohnungen gehabt...

    Die Architektur ist zwar langweilig, stört aber nicht sehr bzw. fügt sich einigermaßen anständig in die Umgebung ein.

    Hier 2 Fotos:


    "In der Vergangenheit sind wir den andern Völkern weit voraus."

    Karl Kraus

  • Hier ein Artikel aus der Süddeutschen Zeitung über die Neugestaltung des Sattlerplatzes, die hier auch schon diskutiert wurde.

    http://www.sueddeutsche.de/muenchen/altst…winnt-1.3838853

    Noch in diesem Jahr soll ein Architektenwettbewerb darüber Aufschluss geben, wie das Gebiet um den Sattlerplatz einmal aussehen könnte. Zu hohe und zu dichte Gebäude und zu moderne Architektur mit Stahl und Glas - in einigen Redebeiträgen wurden Befürchtungen laut, die Altstadt werde mit den neuen Plänen alles andere als attraktiv für die Passanten. "Statt eines Platzes entsteht eine Schlucht", sagte zum Beispiel ein Teilnehmer der Veranstaltung.

    Moderne Architektur solle man nicht von vornherein verurteilen, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Alexander Reissl.

  • Danke für die Verlinkung des SZ-Artikels, ich wäre gerne auf die erwähnte Veranstaltung im Hofbräuhaus am Dienstag Abend gegangen, musste aber leider arbeiten. Der Sattlerplatz ist im Moment eh ziemlich häßlich und Altbauten stehen da auch nicht mehr, von daher kann es mit dem Abriss des Parkhauses eigentlich nur besser werden, mehr verschandeln geht eigentlich nicht mehr. Große Hoffnungen braucht man aber sicher nicht haben.

    "In der Vergangenheit sind wir den andern Völkern weit voraus."

    Karl Kraus